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Friedrich Jung (Mediziner)

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Friedrich Jung (* 21. April 1915 in Friedrichshafen; † 5. August 1997 in Berlin) war ein deutscher Arzt und einer der führenden Pharmakologen in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Er wirkte unter anderem als Professor an der Humboldt-Universität zu Berlin sowie als Direktor eines außeruniversitären Forschungsinstituts der Akademie der Wissenschaften der DDR, und hatte als Vorsitzender des Zentralen Gutachterausschusses für das Arzneimittelwesen großen Einfluss auf die Zulassung von Medikamenten in der DDR.

Leben

Friedrich Jung studierte Medizin und promovierte 1943 an der Universität Tübingen[1], wo er auch nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zunächst noch für kurze Zeit tätig war, bevor er von 1946 bis 1949 als kommissarischer Leiter des Instituts für Pharmakologie der Universität Würzburg wirkte. Anschließend wechselte er an das zwei Jahre zuvor auf Befehl der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) gegründete Institut für Medizin und Biologie der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin in Berlin-Buch. Seine Berufung war eine der wenigen Ausnahmen im Rahmen der weitestgehend erfolglosen hochschulpolitischen Bemühungen der SMAD und später der DDR, in den ersten Jahren nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs Wissenschaftler aus dem Westen Deutschlands durch Angebote entsprechender Lehrstühle und anderer Leitungspositionen zur Übersiedlung in die Sowjetische Besatzungszone beziehungsweise in die DDR zu bewegen[2].

Friedrich Jung übernahm am Akademieinstitut für Medizin und Biologie zunächst die Leitung einer Abteilung für Pharmakologie und Experimentelle Pathologie und wirkte später bis 1982 als Direktor des 1961 aus dem Institut hervorgegangenen Instituts für Pharmakologie sowie dessen Nachfolgeeinrichtung, des 1972 durch Neugliederungen mehrerer Akademieinstitute entstandenen Zentralinstituts für Molekularbiologie. Darüber hinaus war er Professor für Pharmakologie und Toxikologie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Sein Nachfolger als Direktor des Zentralinstituts wurde der Pathologe Karl-Wolfgang Zschiesche, der 1979 vom Zentralinstitut für Mikrobiologie und Experimentelle Therapie in Jena nach Berlin-Buch gewechselt war. Ab 1950 war Jung darüber hinaus Vorsitzender des Zentralen Gutachterausschusses für das Arzneimittelwesen (ZGA) in der DDR und damit wesentlich mitverantwortlich für die Zulassung von Medikamenten für den DDR-Markt. An den Universitäten in der DDR wurden die Mehrzahl der Lehrstühle für Pharmakologie und eine Reihe von leitenden Positionen an den biomedizinisch ausgerichteten Akademie-Instituten mit Schülern von Jung besetzt. Hierzu zählte beispielsweise auch Werner Scheler[3], Pharmakologie-Professor an der Universität Greifswald und letzter Präsident der Akademie.

Das Forschungsinteresse von Friedrich Jung galt dem Bau und der Funktion der roten Blutkörperchen (Erythrozyten) sowie Untersuchungen zur Wirkung von Phenylhydrazin und anderen Blutgiften[4]. Er erhielt 1957 den Nationalpreis der DDR[5] und war ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften der DDR in der Klasse Biowissenschaften.

Werke (Auswahl)

  • Arzneiverordnungen. Hirzel, Leipzig 1958 (als Mitherausgeber)
  • Arzt und Philosophie. Humanismus, Erkenntnis, Praxis. Verlag Volk und Gesundheit, Berlin 1961 (mit anderen Autoren)
  • Kommentar zum Deutschen Arzneibuch. 7. Ausgabe. Akademie-Verlag, Berlin 1969
  • mehrere Tagungsbände zu den von der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin veranstalteten Internationalen Symposien über Struktur und Funktion der Erythrocyten. Akademie-Verlag, Berlin zwischen 1959 und 1975 (als Mitherausgeber)
  • Student und Arzt in jener Zeit. In: Samuel Mitja Rapoport, Achim Thom (Hrsg.): Das Schicksal der Medizin im Faschismus. Auftrag und Verpflichtung zur Bewahrung von Humanismus und Frieden. Internationales wissenschaftliches Symposium europäischer Sektionen der IPPNW (17.–18. November 1988, Erfurt/Weimar/DDR). Verlag Volk und Gesundheit, Berlin 1989, S. 274–281

Einzelnachweise

  1. Leistungen und Erfolge einer Stuttgarter Privatklinik an 1000 reinklinischen Geburten 1930–1941. Dissertation an der Medizinischen Fakultät der Universität Tübingen, 1943; Angaben entsprechend Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  2. Rüdiger vom Bruch, Uta Gerhardt, Aleksandra Pawliczek: Kontinuitäten und Diskontinuitäten in der Wissenschaftsgeschichte des 20. Jahrhunderts. Franz Steiner Verlag, 2006, ISBN 3-51-508965-9, S. 108
  3. Leibniz Intern. Mitteilungen der Leibniz-Sozietät. Nr. 20 vom 15. November 2003, S. 6)
  4. Nachruf im Deutschen Ärzteblatt. Ausgabe 94(40)/1997, A-2589/ B-2214/ C-1966
  5. Friedrich Herneck: Forschen und Wirken: Festschrift zur 150-Jahr-Feier der Humboldt-Universität zu Berlin 1810–1960. Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1960

Literatur

  • Werner Scheler, Peter Oehme: Zwischen Arznei und Gesellschaft. Zum Leben und Wirken des Friedrich Jung. Band 8 der Abhandlungen der Leibniz-Sozietät. trafo verlag, Berlin 2002, ISBN 3-89626-345-5

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