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Streisand-Effekt

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Der „Streisand-Effekt“ ist ein Phänomen im Internet, nach dem der Versuch der Zensur oder das Entfernen einer bestimmten Information dazu führt, dass diese noch stärker verbreitet wird. Beispiele hierfür sind die Zensur eines Fotos, einer Datei, oder auch einer ganzen Website durch vermeintlichen vorläufigen Rechtsschutz. Anstatt dass die Information unterdrückt wird, breitet sie sich oft durch so genannte Spiegelungen im Internet oder Verbreitung in Filesharing-Netzen aus.[1][2] Der Effekt ist verwandt mit der Beobachtung John Gilmores, dass „das Internet die Zensur als Schädigung interpretiert und um die Zensur herum leitet“ [3], oder vergleichbar mit einem regenerativem Organismus.

Begriffsherkunft

Seinen Namen verdankt der Effekt Barbra Streisand, die den Fotografen Kenneth Adelman und die Website Pictopia.com auf 50 Millionen US-Dollar verklagte, weil eine Luftaufnahme ihres Hauses zwischen 12.000 anderen Fotos von der Küste Kaliforniens zu finden war. Adelman behauptete, er habe Anwesen am Strand fotografiert, um Küstenerosionen für das California Coastal Records Project zu dokumentieren. Der Journalist Paul Rogers bemerkte später, dass das Bild von Streisands Haus im Internet sehr beliebt war.

Beispiele

Weltweites Internet

  • Der Versuch, den geheimen HD-DVD-Schlüssel von Digg und anderen Webseiten zu verbannen, schlug fehl. Anstatt der Löschung wurde durch massive Proteste erreicht, dass der Code auf einer riesigen Zahl von Webseiten verbreitet und in Liedern, Bildern, Gedichten und vielen weiteren Medien codiert wurde [4].
  • Nachdem der thailändische König Bhumibol Adulyadej in einem Video auf Youtube beleidigt wurde, sperrte die thailändische Regierung aufgrund von Majestätsbeleidigung den Zugriff auf die Seite. Dies führte aber nur dazu, dass weitere, teilweise beleidigendere Videos entstanden und das Thema eine große Aufmerksamkeit erreichte.[5]
  • Ein Paparazzi-Film, der die brasilianische TV-Prominente Daniela Cicarelli beim Sex mit ihrem Freund zeigte, führte zu der Sperrung von Youtube in Brasilien. Dies gab dem Video noch mehr Aufmerksamkeit und führte dazu, dass das Video auf alternativen Wegen Verbreitung fand.
  • Scientologys Versuch, ein Video von Tom Cruise über Scientology aus dem Internet zu verbannen, führte zur Bildung der Protest-Bewegung Project Chanology.
  • Im Februar 2008 versuchte die Schweizer Bank Julius Bär die Veröffentlichung interner, von ihr als Fälschung bezeichneter Dokumente auf der Whistleblower-Webseite Wikileaks gerichtlich entfernen zu lassen. Dieses führte zunächst zu einer Dekonnektierung der Domain von Wikileaks per gerichtlicher einstweiliger Verfügung. Jedoch wurden die Dokumente durch weltweite Spiegelungen und andere Webseiten weiter verbreitet. Die Veröffentlichung des Vorgangs in den Medien sorgte für internationale Aufmerksamkeit und die Unterstützung von Wikileaks durch Bürgerrechtsorganisationen. Die Aufhebung der Verfügung im weiteren Verlauf wurde auch mit ihrer Erfolglosigkeit begründet.[6]

Deutschsprachiges Internet

  • Die Eltern des verstorbenen Hackers Tron versuchten gerichtlich die Nennung seines Klarnamens bei der Wikipedia zu verbieten, scheiterten letztendlich vor Gericht. Durch eine einstweilige Verfügung wurde die Weiterleitung von Wikipedia.de auf de.wikipedia.org unterbunden, was ein großes Medienecho hervorrief.[7][8][9][10][11]
  • Der deutsche Comedian Atze Schröder versuchte, die Veröffentlichung seines bürgerlichen Namens im Weser-Kurier vom 20. Dezember 2006 mit einer Klage beim Landgericht Berlin zu untersagen. Dieser wurde zwar stattgegeben, das Urteil ist aber nicht rechtskräftig, da der Verlag beim Kammergericht Berufung eingelegt hat, über die noch nicht entschieden wurde. Bisher hatte der Klarname nur wenige interessiert, nach Bekanntwerden der Klage gingen das Pseudonym und der bürgerliche Name durch zahlreiche Blogs.

Einzelnachweise

  1. Canton, David. „TODAY’S BUSINESS LAW: Attempt to suppress can backfire“, London Free Press, 5. November 2005. Zugriff am 21. Juli 2007. The „Streisand effect is what happens when someone tries to suppress something and the opposite occurs. The act of suppressing it raises the profile, making it much more well known than it ever would have been.“
  2. Mugrabi, Sunshine. „YouTube–Censored? Offending Paula Abdul clips are abruptly taken down.“, Red Herring (magazine), 22. Januar 2007. Zugriff am 21 Juli 2007. „Another unintended consequence of this move could be that it extends the kerfuffle over Ms. Abdul’s behavior rather than quelling it. Mr. Nguyen called this the “Barbra Streisand effect,” referring to that actress’s insistence that paparazzi photos of her mansion not be used.“
  3. Philip Elmer-Dewitt. „First Nation in Cyberspace“. Time International, 6. Dezember 1993, No. 49. Siehe auch Wikiquote:John Gilmore.
  4. http://en.wikipedia.org/wiki/AACS_encryption_key_controversy#Impact
  5. „NETZWELT-TICKER – Thailand blockiert Youtube“ http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,475887,00.html
  6. heise online „Wikileaks erhält Domain zurück.“
  7. http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,394374,00.html
  8. http://www.e-recht24.de/news/sonstige/323.html
  9. http://berlin.ccc.de/~andy/CCC/TRON/wikipedia/
  10. http://193.99.144.85/newsticker/meldung/69410
  11. http://www.heise.de/newsticker/meldung/69056