Geschichte der Schrift
Balkan
Die Vinča-Schrift wird von einigen Forschern als älteste Schrift überhaupt angesehen. Dies ist jedoch recht umstritten.
Naher Osten
Im Bereich des Fruchtbaren Halbmondes sind wohl die frühesten Schriftsysteme der Welt zu finden. Die Erfindung der Schrift begann vermutlich mit der Keilschrift. Erheblich jünger sind die verschiedenen ägyptischen Schriften (Hieroglyphen, Hieratisch, Demotisch), die hebräische Schrift und die arabische Schrift.
Man nimmt heute an, dass die Erfindung der Schrift mit der Buchführung im alten Mesopotamien ihren Anfang nahm. Hohlkugeln aus Ton (so genannte Bullen) enthielten verschiedene tönerne Symbole, die zur Kontrolle des Inhalts auf der Außenseite in den Ton eingedrückt waren. Eine Änderung des Betrages war jetzt nur durch Zerschlagen der Tonhülle möglich. Später ersetzten Zeichnungen der Symbole diese tönernen Calculi und deren Abdrücke.
Keilschrift in Mesopotamien
Das Mesopotamien des 4. vorchristlichen Jahrtausends, ein Gebiet zwischen Euphrat und Tigris gliederte sich in das Reich der Akkader im Norden und dem der Sumerer im Süden. Im sumerischen Uruk werden die ersten Tontafeln mit Keilschrift hergestellt. Diese ersten schriftlichen Aufzeichnungen stellen keine Mythen oder Versdichtungen dar, sondern sind in erster Linie landwirtschaftliche Listen und Tabellen, die als Gedächtnisstütze für die Buchführung und als Informationen über die soziale Verwaltung des Reiches verstanden werden können. Durch die Aufzeichnungen wird deutlich, dass die Sumerer sowohl ein Rechensystem und Zahlungsmittel erfunden haben, als auch Zinsen und Darlehen kannten. Eigentumsurkunden wurden gleichfalls gefunden.
Die Entwicklung der Keilschrift konnte über Abschriften auf jeweils einer Tontafel, die Tempelschüler bei ihren Lehrern machten, nachvollzogen werden. Anfänglich handelt es sich bei den verwendeten Zeichen um Piktogramme, um vereinfachte bildhafte Darstellungen eines Gegenstandes oder Wesens. In der Folge werden mehrere dieser Zeichen miteinander verbunden, um einen komplexeren Gedankengang zu formulieren, die Geburtsstunde von Ideogrammen. Die Form der Keilschriftzeichen wird schon sehr früh in Registern festgelegt.
Durch jahrhundertelange Weiterentwicklung und Veränderung verlieren die Piktogramme um 2900 v. Chr. ihre ehemalige Funktion und ihren ursprünglichen Bezug. Nun kann ein einzelnes Zeichen je nach Sinnzusammenhang verschiedene Bedeutungen haben. Im nächsten Entwicklungsschritt wird nur noch eine Bedeutung mit einem Zeichen in Verbindung gebracht. Aus ursprünglich 1.500 Piktogrammen entwickeln sich so 600 Zeichen, die regelmäßig verwendet werden. Mit der Zeit beziehen sich die verwendeten Zeichen immer mehr auf die Lautwerte der Worte, die gesprochen werden. Es entstehen Bilderrätsel, in denen ein Piktogramm nicht mehr für das dargestellte Objekt steht, sondern für ein ähnlich gesprochenes Wort. In Sumer wie auch im alten Ägypten entsteht über lange Zeiträume hinweg eine Phonetisierung der Zeichen. Damit ein eindeutiges Lesen möglich wird, müssen die Schreiber Determinative einführen, um die Zeichen nach Objektbedeutung und Lautbedeutung zu klassifizieren.

Die beginnende Vorherrschaft der Akkader führt um 2000 v. Chr. dazu, dass nur noch Akkadisch gesprochen wird. Die Keilschrift kann nun sowohl Akkadisch als auch das alte Sumerisch darstellen, das inzwischen zu einer heiligen Sprache geworden ist. Das Königreich Babylon (ab 1760 v. Chr.) und das Assyrer-Reich im Norden übernehmen ebenfalls die Keilschrift. Nun kann alles in der Schrift festgehalten werden. Ein Briefwechsel zwischen den Völkern entsteht, eine Einrichtung, die wir heute als Post bezeichnen würden, und Umschläge aus Ton. Neben dem Rechnungswesen und anderen wichtigen Informationen werden religiöse Hymnen, Wahrsagesprüche und Literatur, wie das Gilgamesch-Epos aufgeschrieben. Es bildet sich der privilegierte Stand des Schreibers heraus, der über das Ansehen eines Aristokraten verfügt, und aufgrund seines Zuganges zu einer Vielzahl an Informationen zum Teil mächtiger ist, als die analphabetischen Herrscher. Schreiberschulen werden eingerichtet, deren Disziplin und Strenge auch anhand von Hausaufgaben dokumentiert wird.
Weitere Völker übernehmen die Keilschrift: Die Bewohner des Landes Elam mit der Hauptstadt Susa (heutiger Iran) und die Hethiter, deren indoeuropäische Sprache sich vom semitischstämmigen Akkadisch sehr unterscheidet. Die Hethiter ersetzen zunächst ihre eigenen ganz andersartigen Piktogramme durch die Keilschrift. Auch das Perserreich verwendet etwas später die Keilschrift. Die Verbreitung der Keilschrift verläuft im Norden bis nach Armenien, wo Urartäisch gesprochen wird, im Süden bis nach Palästina, wo Kanaanäisch die vorherrschende Sprache ist.
Schriftmedien
Die vorherrschenden Schriftmedien im Zweistromland dieser Zeit (3000 v. Chr. bis 500 v. Chr.) sind vor allem weicher Ton und Stein, in die Keilschriftzeichen mittels eines Schilfrohr- oder Holzgriffels eingeprägt werden. Es werden aber auch Texte mit einem Stichel in Silberplatten geprägt.
Hieroglyphen in Ägypten
Die frühesten Hieroglyphenfunde stammen aus dem Zeitraum von 3000 v. Chr., es ist aber nicht gesichert, ob die Schrift nicht schon früher entstand. Bis ca. 390 n. Chr. bleibt die Schrift im wesentlichen erhalten, die Anzahl der verwendeten Zeichen erhöht sich aber von etwa 700 auf erstaunliche 5000. Erst durch den Ägyptologen Jean-Francois Champollion wird die Hieroglyphenschrift 1822 entziffert, und damit die Geschichte des Alten Ägypten bekannt.
Die Hieroglyphenschrift besteht, wie die Piktogramme der Keilschrift gleicher Zeit, aus stilisierten Zeichnungen. Sie unterscheidet sich aber von ihr insofern, als die einzelnen Zeichen schon die gesprochene Sprache wiedergeben, und sie in der Lage ist, sowohl konkrete als auch abstrakte Realitäten zu formulieren. Landwirtschaftliche und medizinische Texte werden ebenso niedergeschrieben, wie Texte zu Erziehungsfragen, Gebete, Legenden, Rechtstexte und Literatur verschiedener couleur. Die Hieroglyphenschrift erlaubt eine enorme Vielfalt und Originalität, weil sie 3 Arten von Zeichen enthält:
- Piktogramme, die stilisierte Bildzeichen für Objekte und Lebewesen darstellen, die in spezieller Zeichenkombination aber auch Gedanken ausdrücken können,
- Phonogramme, oft dieselben Zeichen, die aber Laute kennzeichnen, und
- Determinative, Zeichen, die eine Unterscheidung zwischen Piktogrammen und Phonogrammen deutlich machen.
Hieroglyphen werden von den Ägyptern selbst als ein Geschenk der Götter und insofern als heilig betrachtet. Vermutlich daher rührt auch ihr Name, griechisch hieros, heilig, und glyphein, einmeißeln. Im selben Sinn werden Götter überall auf Grab- und Tempelwänden mit den heiligen Zeichen verehrt und verewigt. Die eigene Geschichte wird aufgezeichnet, Königslisten, Hochzeiten und Schlachten werden niedergeschrieben, Verkaufs- und Eheverträge erstellt, und eine Fülle an literarischen Werken angefertigt. Das bekannteste Literaturdenkmal ist das Totenbuch der 19. Dynastie, aus dem 13. Jahrhundert v. Chr.. Gleichfalls entstehen geographische und naturwissenschaftliche Dokumente, Schriften über Pharmazie, Medizin, Weissagekunst, Magie, Küche, Astronomie und Zeitmessung. Bereits im 3. Jahrtausend v. Chr. wird statt des Mondkalenders der Sonnenkalender mit 365 1/4 Tagen pro Jahr eingeführt.
Auch in Ägypten bildet die Schreiberzunft zunehmend eine privilegierte Kaste innerhalb der Gesellschaft. Schreiber kontrollieren die Steuereinnahmen und die Ausbildung, die durch die Vielfalt der hieroglyphischen Zeichen sehr schwierig ist. Nur die begabtesten Schüler studieren bis in das Erwachsenenalter hinein. Diktate und Abschreibübungen sind an der Tagesordnung. Faule Schüler werden durch körperliche Züchtigungen und sogar Gefängnisstrafen diszipliniert.
Hieratisch und Demotisch
Um schnelles Schreiben zu gewährleisten, erfinden die Schreiber neben der aufwändigen Hieroglyphenschrift eine Kursivschrift, die auch Hieratisch, priesterlich, genannt wird. Herodot überliefert, dass sie vorwiegend von Priestern verwendet wird. Sie besteht aus den gleichen Elementen wie die Hieroglyphen. Dadurch, dass sie schnell geschrieben wird, fließen die Zeichen aber öfter ineinander und abstrahieren im Laufe der Zeit immer stärker von den ursprünglichen Bildern. Hieratisch wird anders als die Hieroglyphen, von links nach rechts gelesen. Um 650 v. Chr. wird eine noch flüssigere und übersichtlichere Kursivschrift, das Demotisch, auch Volksschrift genannt, entwickelt. Ihre Zeichen hängen zusammen und sie wird zur Gebrauchsschrift in Ägypten. Der Stein von Rosetta ist das Schlüsseldokument, anhand dessen Champollion die Hieroglyphen entziffern kann, denn sein Text ist in drei Sprachen abgefasst: in Hieroglyphen, in Demotisch und Griechisch.
Schriftmedien
Die Ägypter verwenden als Schriftmedien Stein, Ton, aber auch Rollen aus Papyrus, Leder und Leinen, die sie kunstvoll mit kolorierten Bildern versehen. Die Werkzeuge des Schreibers sind
- ein meist hölzernes Etui mit mehreren Schreibrohren, die am Ende entweder flachgehämmert oder schräg geschnitten sind,
- eine Platte als Unterlage und zum Glätten des Papyrus,
- ein Fässchen mit schwarzer Tinte (aus Rußpulver und Wasser, als Bindemittel wird Gummiarabicum verwendet),
- und roter Tinte für Titel, Überschriften und Kapitelanfänge, sowie für Götternamen (aus Zinnoberpulver, einer Quecksilber-Schwefel-Verbindung oder aus Bleioxid)
- und ein Messer zum Schneiden des Papyrus.
Der längste erhaltene Papyrus misst 40 Meter. Leder wird vorwiegend für Texte von großer Bedeutung verwendet.
Frühe Schriften im ägäischen Raum
Bereits in der ersten Hälfte des zweiten vorchristlichen Jahrtausends wurde auf Kreta die Linearschrift A gebraucht, die aber bis heute nur teilweise entziffert werden kann. Auf sie folgt die Linearschrift B, die vorallem vom 14. Jahrhundert v. Chr. bis zum 12. Jahrhundert v. Chr. in Gebrauch war. Linearschrift B ist wie Linear A vorwiegend eine Silbenschrift. Die wohl verwandte Kyprische Schrift ist eine reine Silbenschrift und wurde auf Zypern vom 11. bis ins 3. Jahrhundert v. Chr. gebraucht.
Das Alphabet der Phönizier
Hauptartikel: Alphabetschrift
Der Ursprung des phönizischen Alphabets ist bis heute ungeklärt. Eine Theorie führt diese Neuerung innerhalb der Schriften auf eine schrittweise umgewandelte Keilschrift zurück. Eine andere These besagt, dass sich die phönizischen Zeichen aus dem Demotischen abgeleitet haben. Es wurde auch versucht, das Alphabet auf ein babylonisches System von Tierkreiszeichen zurückzuführen. Und es gibt auch die These, dass das phönizische Alphabet von einer Person erfunden wurde. Für letzteres spricht die Tatsache(ganz unabhängig von der äußeren Form der Zeichen, die sich an bekannte Formen anschließen mögen) dass dieses Schriftsystem einen qualitativen Sprung darstellt. Das phönizische Alphabet enthielt zunächst nur Konsonanten. Später wurden einige der Konsonanten (alef, he, wav, jod) auch als Vokalzeichen benutzt. Das hebräische und das arabische Alphabet wurde durch Punkte und Häkchen, die als Vokal- und Aussprachezeichen dienen, ergänzt. Die Griechen deuteten einige Laute als Vokale um (z.B. 'ajin' zu 'o') und ergänzten das Alphabet mit fehlenden Buchstaben (z.B. Psi).
Aramäische und Hebräische Schrift
Im 8. Jahrhundert v. Chr. befindet sich das Land Aram, im heutigen Syrien, im Gebrauch des aramäischen Alphabets, das in nur wenigen Details vom ehemaligen phönizischen Alphabet abweicht. In dieser Schrift werden einige Bücher des Alten Testaments verfasst. Die ältesten Schriftfunde des alten Hebräisch, auch eckiges Hebräisch bezeichnet, gehen bis in das 7. Jahrhundert v. Chr. zurück. Die größten Teile des Alten Testaments wurden in Hebräisch niedergeschrieben. Schrift und Sprache unterscheidet sich nicht wesentlich von der heutigen offiziellen Schriftsprache Israels. Neben einer Druckschrift werden für das alltägliche Schreiben Kursivbuchstaben verwendet. Die bekanntesten Schriftfragmente sind die Lederrollen aus Qumran am Toten Meer, die in Hebräisch und Aramäisch verfasst wurden.
Arabische Schrift
Die ersten arabischen Inschriften werden auf 512/513 n. Chr. datiert, die Verbreitung der Schrift beginnt aber erst, als die Gefährten des Propheten Mohammed den Koran als Botschaft Allahs niederschreiben. Mit der Flucht des Propheten 622 nach Medina beginnt die moslemische Zeitrechnung, und die Etablierung der Worte Mohammeds durch seine Nachfolger in arabischer Schrift.
Europa
Ausgangspunkt der europäischen Schriften ist die griechische Schrift, von der sich die lateinische Schrift, die kyrillische Schrift und letzten Endes auch die Runen ableiten lassen. Bei der Übernahme der phönizischen Schrift ist den Griechen ein folgen- und segensreicher Fehler unterlaufen, als sie z. B. das Aleph nicht als einen (semitischen) Konsonanten erkannten, sondern für den Laut "a" hielten. Sie übernahmen aber noch die semitischen Buchstabennamen (Alpha, Beta, Gamma ...), die die Etrusker und in ihrer Folge die Römer fallen ließen (a, be, ce ...). Die Unterscheidung zwischen Groß- und Kleinbuchstaben (Majuskeln und Minuskeln) kam erst mit der Renaissance auf als die Humanisten die lateinischen Texte in karolingischen Minuskeln lasen und die Inschriften auf den altrömischen Monumenten vor Augen hatten.
Chinesische Schrift
Im 2. Jahrtausend v. Chr. entsteht die chinesische Schrift, ungefähr 1500 v. Chr. wird sie kodifiziert, und zwischen 200 v. Chr. und 200 n. Chr. in ein Ordnungssystem gebracht. Diese alte Schrift entspricht bis auf ein paar Vereinfachungen im wesentlichen dem noch heute geschriebenem Chinesisch. Anfänglich schreiben Priester Schriftzeichen auf Schildkrötenpanzer und Knochen, die ihnen zu Orakelzwecken dienen. Piktogramme sind in China ebenfalls die ersten verwendeten Zeichen. Eine Abstraktion von den Piktogrammen, wie in anderen Schriften, hat in der chinesischen Schrift in der Form nicht stattgefunden. Heute noch sind die ursprünglichen Bildzeichen in dieser Schrift erkennbar. Die chinesische Schrift hat eine ganz besondere Eigenheit: der gesprochene Laut kann je nach Schreibweise Träger für ganz verschiedene Bedeutungen sein. Damit ist die Schrift in China das Hauptelement der sprachlichen Verständigung, und weitaus wichtiger als die gesprochene Sprache, die sich geographisch ohnehin extrem voneinander unterscheidet. Die Chinesen verwenden Pinsel und schwarze und rote Tusche, um ihre Schriftzeichen auf Papier und Seide zu kalligraphieren. Siegelabdrücke waren schon lange vor dem 14. Jahrhundert bekannt.
Japanische und Koreanische Schriften
Die chinesische Schrift verbreitete sich nach Korea und von dort aus nach Japan, beides Länder mit völlig anders gearteten Sprachen. Ist Chinesisch eine isolierende Sprache, bei der jedes Wort in jedem Zusammenhang unverändert ist, sind Koreanisch und Japanisch agglutinierende Sprachen, bei denen Endungen und Partikel enorm wichtig sind. Dies führte dazu, dass sich in Japan zwei Silbenalphabete, Katakana für Fremdwörter (in buddhistischen Texten) und Hiragana für japanische Partikel heraus bildeten. Korea führte unter König Sejong eine Alphabetschrift ein, die heute die chinesischen Schriftzeichen fast verdrängt hat. Die Koreanische Schrift (Hangeul) ist eine Buchstabenschrift der besonderen Art. Sie ahmt die quadratische Form der chinesischen Schriftzeichen nach, gibt aber die Laute der koreanischen Sprache gänzlich wieder. Außerdem führte in beiden Ländern die Übernahme der fremden Schrift dazu, dass für die meisten Zeichen die originale Aussprache der koreanischen bzw. japanischen Wörter beibehalten wurden, aber mit den chinesischen Schriftzeichen auch die chinesische Aussprache übernommen wurde.
Indische Schriften
Ausgehend von der altindischen Brahmi-Schrift bildeten sich in der gesamten Region Silbenschriften heraus. Die bekannteste dieser Schriften ist die indische Devanagari-Schrift (kurz: Nagari = Stadt). Gemeinsamkeit aller dieser Schriften ist, dass sie alle Silbenschriften sind und nahezu alle den Vokal "a" quasi in jeder Silbe eingebaut haben. Soll ein anderer Vokal folgen, wird dies durch diakritische Zeichen über, unter oder neben der Silbe angezeigt. Die Form der Zeichen ändert sich mit dem verwendeten Schreibmaterial. Lassen die Birkenrinden in Nordindien gerade Linien zu, würden diese, die in Südindien verwendeten Palmblätter spalten. Die Eckpunkte dieser Entwicklung sind die Devanagari-Schrift, bei der alle Silben an einer Linie wie an einer Wäscheleine aufgehängt sind und die birmanische Schrift, die im Wesentlichen aus Kreisen besteht.
Amerika
Beweis einer unabhängigen Schrifterfindung scheint die mittelamerikanische Mayaschrift zu sein. Bei dem Schriftsystem der Azteken und den Quipus (khipu) der Inkas handelt es sich nicht um eine Vollschrift. Die Rongorongo der Osterinsel (Rapanui) sind bis heute noch nicht entziffert. Neueren Datums sind die Schrift der Cherokees (Alphabetschrift) und der Cree (Alphabetschrift). Der Analphabet Sequoyah (ihm zu Ehren haben die Mammutbäume ihren wissenschaftlichen Namen Sequoiadendron giganteum) schuf für den Stamm der Cherokee eine Silbenschrift, die sich rasch durchsetzte. Die Schrift der Cree-Indianer wurde von dem Missionar James Evans geschaffen und ist ebenfalls eine Silbenschrift, die allerdings keine lateinischen Buchstaben verwendet, sondern durch Drehung der einzelnen Elemente verschiedene Silben ausdrückt. Diese Schrift wird heute auch von den kanadischen Inuit für ihre Sprache Inuktitut verwendet.