Küchenabfallzerkleinerer
Ein Küchenabfallzerkleinerer (KAZ) ist ein insbesondere in den USA und Kanada verbreitetes Gerät zur ausschließlichen Zerkleinerung organischer Küchenabfälle. Weitere Verbreitung haben KAZ in Grossbritannien, Schweden, Norwegen, Spanien, Italien, Japan, China, Neuseeland, Australien.
Die Abfälle werden bei fließendem Wasser fein zerteilt und als Abwasser über die normale Hausinstallation und die öffentliche Kanalisation in die Kläranlagen transportiert. Die erforderliche Transportarbeit leistet dabei die Schubkraft des Wassers, d.h. etwaige Zusatzenergie ist nicht erforderlich, wenn man von ggf. vorhandenen Hebepumpen absieht.
Ein KAZ ist insbesondere kein "Müllschlucker" im heutzutage verstandenen Sinne. Als der Begriff "Müllschlucker" geprägt wurde, bestand "Müll" größtenteils aus biodegradiblen Abfällen und zu einem kleineren Teil aus Ofenasche, sowie aus "Kehricht", also dem was man in Haus und Wohnung "zusammengekehrt" hat. Aktuell subsummiert man unter dem Begriff "Müll" hauptsächlich das in den Restmülltonnen vorzufindende Gemisch aus Verpackungen, Papier, Pappe, Speiseresten, usw. Dieses Gemisch, dieser "Müll" kann mit einem Haushalts-KAZ nicht verarbeitet werden, weil die Geräte sofort verklemmen würden. In einigen deutschsprachigen Gebieten, wie z.B. der Schweiz bezeichnet man "Müll" auch als "Kehricht" und nimmt mit dem Begriff "Kehrichtzerkleinerer" Bezug auf KAZ. Einige Senioren in Deutschland verwenden diesen Begriff noch. Ein KAZ ist also auch kein "Kehrichtzerkleinerer", sondern ausschließlich ein Gerät mit dessen Hilfe biodegradible Abfälle aus Privathaushalten und Kleingewerbe für den Transport in die Kläranlage konditioniert werden.
Geschichte
Der Abfallzerkleinerer wurde 1927 von John Hammes in den USA erfunden und in den folgenden Jahren von seiner 1938 gegründeten, bald aber auch von verschiedenen anderen Firmen auf den dortigen Markt gebracht.
Eigenschaften
Die Geräte sind etwa 30cm hoch, weisen einen Durchmesser von 15-20 cm auf und werden zwischen den Spülenablauf und das Siphon unterhalb der Küchenspüle installiert. Für den Betrieb ist ein Stromanschluss erforderlich, der Wasserabfluss ist auch bei abgeschaltetem Gerät gewährleistet, z.B. beim normalen Abspülen in der Spüle.
Durch den Spülenablauf fallen Küchenabfälle auf eine rotierende Scheibe, auf der kleine, bewegliche Hämmer angebracht sind, die die Abfälle durch Zentrifugalkraft gegen die Wand drücken, an der kleine Löcher sie so lange zerkleinern, bis sie durch die Öffnungen in den Abfluss gespült werden. Je nach Fabrikat können faserige Abfälle von einigen Geräten nicht immer optimal verarbeitet werden.
Die Rotorscheibe dreht i.d.R. mit 1400 bis 1800 oder mit 2800 Umdrehungen pro Minute. Die Motoren haben eine Leistungsaufnahme von 200 bis 1.000 Watt.
Rechtliche Situation
In der EU ist der Einsatz standardmäßig nicht zugelassen. So heißt es in EN 12056-1 Kapitel 4, Absatz 6: „Die Anforderungen an die Qualität und die Volumenströme von Abwasser, welches direkt in das öffentliche Kanalnetz eingeleitet wird, sind Gegenstand nationaler und regionaler Vorschriften und Technischer Regeln und sind einzuhalten. Das Eindringen von Stoffen in die Anlage, die deren Wirksamkeit stören oder die von den zuständigen Behörden nicht zugelassen sind, ist zu verhindern. Nationale und regionale Vorschriften und Technische Regeln können den Gebrauch von Abfallzerkleinerern zulassen“; außerdem regelt die Norm, dass bei der Installation ein Röhrengeruchsverschluss von mindestens 75 mm verwendet werden muss in Gebieten, wo das Gerät erlaubt ist.[1] In Deutschland wird eine solche Zulassung, wie in den meisten EU-Ländern auch, abgelehnt in DIN 1986-100, Nr. 6.5 vom Oktober 2001.[2]: „Zerkleinerungsgeräte für Küchenabfälle, Müll, Papier usw. sowie Handtuchspender mit Spülvorrichtung, bei denen das zerkleinerte Spülgut in die Entwässerungsanlage gelangen kann, dürfen nicht an die Abwasseranlage angeschlossen werden.“[3] Innerhalb der Schweiz verbietet das örtliche Abwasserreglement normalerweise den Einsatz ebenfalls.
In der Praxis hat sich gezeigt, dass die gängigen Küchenabwasserleitungen mit Durchmessern von 40-50 mm vollkommen ausreichend sind. Die Abwässer korrekt genutzter KAZ unterscheiden sich in ihrer Viskosität nicht sonderlich von denen herkömmmlicher Spülenabwässer, mit erhöhtem Anteil an Speiseresten. Die Anforderungen der EN 12056-1 sind daher mehr akademischer Natur.
Argumente der Befürworter
Küchenabfälle bestehen bis zu 85 % aus Wasser, deshalb läge es nahe, diese zusammen mit dem Abwasser zu entsorgen. Ferner sei es weithin Praxis, dass - trotz Verbot - organische Küchenabfälle über die Toiletten entsorgt würden. Eine vorherige Zerkleinerung wäre da eine deutlich bessere Alternative, da die zerkleinerten Partikel in der Kläranlage besser verarbeitet werden könnten. Ein zusätzliches Anlocken von Ratten sei nicht zu befürchten, da Ratten nur Nahrung bestimmter Konsistenz und Größe als Nahrung akzeptierten. Wissenschaftliche Untersuchungen und die jahrzehntelange Praxis in den USA hätten gezeigt, dass sich durch den Einsatz von KAZ die Rattenpopulationen eindämmen ließen, da den Tieren ein Teil der Nahrungsgrundlage entzogen werde. Wichtig sei dabei allerdings, dass man Ratten keine Möglichkeit mehr bietet sich ihre Nahrung in Restmülltonnen und insbesondere Biotonnen zu besorgen.
Fricke[4] hat 2003 und in den Jahren davor genaue Untersuchungen hinsichtlich des häuslichen Wegwerfverhaltens unternommen. Im Ergebnis wurde der Anteil pflanzlicher Abfälle im Hausmüll bei 48% Gewichtsprozenten ermittelt.
Ebenfalls gäbe es häufig Fremdmaterialien in der Biotonne, insbesondere wenn diese durch viele Parteien genutzt wird. Dies mache eine aufwändige Nachsortierung bzw. eine Entsorgung mit dem Hausmüll erforderlich. Auch die geringe Akzeptanz der Biotonne könne durch eine komfortable Entsorgungsmöglichkeit innerhalb der Wohnung beseitigt werden.
Des Weiteren erhofft man sich erhebliche Kostenvorteile für den Bürger, da der Entsorgungsaufwand der Biotonne entfiele oder verringert würde und sich der Betriebsablauf in den Kläranlagen verbessern würde.
Mit zunehmender Tendenz werde auch in deutschen Kläranlagen die so genannte CO-Vergärung betrieben, d.h. zersetzbare Abfälle mit hohem Wasser- und ausreichend hohem Energieinhalt werden zusammen mit dem Schlamm aus dem Vorklärbecken im Faulbehälter vergoren. Das entstehende Biogas mit einem hohen Methangehalt wird in der Anlage verstromt, die Abwärme zur Beheizung der Betriebsgebäude und Faulbehälter genutzt.
Dank des Einsatzes von Küchenabfallzerkleinerern könne man auf das verkehrsintensive und teure Hol-System der so genannten "Biotonne" verzichten. Der Transport der fertig konditionierten (zerkleinert und mit Wasser vermischten) Biomasse würde allein durch die Schubkraft der Abwässer im Kanal sicher gestellt. Im Gegensatz zu dem extrem hohen Kraftstoffverbrauch von Müll-Lastwagen (bis zu 100 Liter Dieselkraftstoff / 100 km) entstünde hier kein weiterer Aufwand Energie zumeist fossilen Ursprungs.
Im Gegensatz zum herkömmlichen Kompostieren, welches mit einer naturgemäß sehr schlechten Klimabilanz aufwarte, könne man den durchschnittlichen Energiegehalt von 3,9 MJ von Küchenabfall im Rahmen der CO-Vergärung im Faulbehälter der Kläranlage fast vollständig nutzen.
Kläranlagen verbrauchen je nach Bau- und Betriebsweise teilweise sehr viel Energie, welche teuer in Form von Heizöl, Erdgas und vor allem Strom hinzugekauft werden muss. Einen Großteil der Energie könnte die Kläranlage selbst durch eine drastisch gesteigerte Biogasproduktion herstellen.
Strukturschwache, feuchte Bioabfälle eignen sich nicht sonderlich gut zur Kompostierung, weil sich in den Kompostmieten während der Rotte unvermeidlich anaerobe Zonen bilden, in denen große Mengen hochpotenter Treibhausgase entstehen (vor allem Methan, aber nicht nur). Deswegen müssen die Dreiecksmieten auf den Komposthöfen in der Regel während der Rotte bis zu 30x mittels fossiler Energie (Traktor) umgesetzt werden. Auch das kostet sehr viel Energie, so dass die Kompostbereitung energetisch eine sehr schlechte Bilanz aufweist.
All diese gravierenden Nachteile entfallen bei einer Verarbeitung von Küchenanfällen im Rahmen der CO-Vergärung.
Das "Verwertungsgebot" aus dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrWG/AbfG) steht der Verwendung der Bioabfälle in einer Kläranlage nicht entgegen, da bei der Vergärung im Gegensatz zur Kompostierung nicht nur eine stoffliche Verwertung, sondern auch eine energetische Nutzung erfolgt.
Gegenargumente und Reaktionen
Die Entsorgung von Küchenabfällen in Küchenabfallzerkleinerern liefe dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrWG und AbfG) zuwider, welches der Verwertung Vorrang vor der Beseitigung gäbe. Durch Vermischung mit anderen Stoffen sei der Bioabfall aus dem Klärschlamm weniger hochwertig als bei der Sammlung über Biotonnen, was im Gegensatz zu §5, Abs.2, Satz 1 und 2 des Gesetzes stünde.
Durch die Einbringung von zusätzlichem Bioabfall erhöhe sich der Zulauf der Kläranlagen mit Abwässern organischen Materials. In vielen Fällen seien die Anlagen für diese zusätzlichen Mengen nicht ausgelegt. Eine Vergrößerung der Anlagen nur wegen der Bioabfälle wäre erforderlich, aber nicht wirtschaftlich sinnvoll. Es wird auch als volkswirtschaftlich fragwürdig dargestellt, erst feste Abfälle mit Aufwand an Energie und Trinkwasser dem Abwasser zuzufügen, um sie andererseits mit erhöhtem Aufwand innerhalb der Kläranlagen wieder zu trennen. Aufgrund der Vermischung mit anderen Stoffen sei dann keine hochwertige Verwertung mehr möglich.
Ebenfalls wird befürchtet, dass sich innerhalb des Kanalnetzes verstärkt Ablagerungen bildeten und damit ein höherer Wartungsaufwand einher ginge. Da in Deutschland etwa die Hälfte aller Kanalsysteme als Mischsystem für Regen- und Abwasser ausgelegt sei, käme es bei Starkregenereignissen dort zu einem zusätzlichen Austrag über die Entlastungsanlagen direkt in die Vorfluter. Lediglich ein Trennsystem würde die Belastung und die Gefahr, Ratten anzuziehen, verringern, das aber nicht überall vorhanden ist.
Man ist der Meinung, dass die Biotonne durch die Einführung von Küchenabfallzerkleinerern letztlich nicht überflüssig würde, da über sie auch Gartenabfälle wie Laub und Grasschnitt zu entsorgen seien, falls keine Kompostierung auf dem Grundstück oder anderweitige Verwendung auf dem Grundstück stattfindet. Hier könne eine Doppelbelastung bezüglich der Kosten entstehen.
Quellen
- ↑ (DIN) EN 12056-1, CEN (Europäisches Komitee für Normung), 19861, 2001, Kapitel 4, Absatz 6, S. 5; darin auch: „Eine EN hat den Status einer Deutschen Norm“. Installation siehe S. 10
- ↑ Franz-Josef Heinrichs: Neue europäische Entwässerungsnorm - Welche Veränderungen bringt sie für den Sanitärfachmann? in IKZ-Haustechnik, Ausgabe 8/2001, Seite 27 ff.
- ↑ DIN, Normenausschuss Wasserwesen, 1986-100:2002-03, 6.5, Berlin 2002, S. 18
- ↑ Fricke, Goedecke, Einzmann: Die Getrenntsammlung und Verwertung von Bioabfällen – Bestandsaufnahme 2003 (PDF, 319 KB); In: „Die Zukunft der Getrenntsammlung von Bioabfällen“, Schriftenreihe des ANS 44, Orbitverlag, Weimar, S. 11–64; Abschnitt 3.1.1