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Diese Übersicht der Strömungen des Marxismus bietet einen groben Überblick über Gruppierungen und Schulen, die sich an den Anschauungen und Lehren von Karl Marx und Friedrich Engels anlehnen beziehungsweise durch diese inspiriert sind. Nachdem die genaue Unterscheidung der unterschiedlichen Strömungen in Forschung und Politik umstritten sind, kann diese Übersicht nur eine ungefähre Annäherung liefern. Die Auflistung erfolgt in ungefährer historischer Reihenfolge.
Klassischer Marxismus
- Siehe auch: Classical Marxism
Der Begriff Klassischer Marxismus bezieht sich auf die von Karl Marx und Friedrich Engels dargelegte Gesellschaftstheorie in Unterscheidung zu den späteren Entwicklungen des Marxismus. Die Zusammenfassung der Ansichten von Marx und Engels zu einer Lehre ist bei Anhängern wie Kritikern des Marxismus gleichermaßen umstritten und war bereits zu deren Lebenszeiten Gegenstand von Polemiken. Louis Althusser beispielsweise meint, bei Marx selbst einen „epistemologischen Bruch“ zwischen dem philosophischen „jungen Marx“ (Stichwort: Entfremdung) und dem wertkritischen „reifen Marx“ (Stichwort: Warenfetisch) ausmachen zu können.
Marxistische Weltanschauung
Grundlegend für die kommunistische Weltanschauung von Marx und Engels sind unter anderem folgende Auffassungen. Später wurde diese Anschauung als historischer Materialismus bezeichnet.
- Die Produktionsverhältnisse innerhalb einer Klassengesellschaft bilden fortwährend eine Schranke für die weitere Entwicklung der Gesellschaft.
- Die Entwicklung der Produktivkräfte wird durch diese Schranken gehemmt und führt zu Klassenkämpfen zwischen Ausbeutern und Beherrschten. Diese Auseinandersetzungen bilden den Hauptantrieb beziehungsweise das Leitmotiv der Geschichte.
- Die allmähliche Sprengung dieser sozialen und wirtschaftlichen Schranken führt schließlich zu sozialen und politischen Revolutionen.
- Die verschiedenen Teile der Ausbeuterklassen festigen ihre wirtschaftliche und soziale Macht mit Hilfe von Religion (Ideologie) und Staat (Politik). Über den „ökonomischen Unterbau“, die materielle Basis der Gesellschaft, erhebt sich ein „ideeller Überbau“, zu dem Marx und Engels die Ideologie, die Philosophie, die Religion, das Recht, die Kultur und die Wissenschaft zählen (siehe: Basis und Überbau).
Kapitalismus-Analyse
Im Mittelpunkt des Schaffens von Marx und Engels steht die Analyse der bürgerlichen Gesellschaft und deren Überwindung durch das Proletariat, die besitzlose Klasse der Lohnabhängigen. Während im Kapitalismus „blinde Kräfte“ am Werk sind und die Produktion und Realisation von Mehrwert das Leben der Menschen bestimmt, soll im Kommunismus an deren Stelle eine „freie Assoziation von freien Produzenten“ treten. Die Wirtschaft orientiert sich dann nicht mehr am privaten Profit einer Minderheit („Kapitalistenklasse“), sondern an den gesellschaftlichen Bedürfnissen der gesamten Bevölkerung. Die moderne bürgerliche Gesellschaft wird in etwa folgendermaßen charakterisiert:
- Die allgemeine Warenproduktion tritt an die Stelle der alten Subsistenzwirtschaft (Bedürfniswirtschaft). Im Zentrum der Produktion steht nicht mehr der individuelle Nutzen von Gütern, ihr Gebrauchswert, sondern ihr Tausch- oder Geldwert.
- Das alte offene Ausbeutungsverhältnis (Sklave/Sklavenhalter, Frohndiener/Feudalherr) tritt ein Vertrag zwischen „Gleichen“ (Arbeitsvertrag): freien Unternehmern und freien Arbeitern.
- Der moderne Lohnarbeiter oder Proletarier ist doppelt frei: frei von Produktionsmitteln (besitzlos) und rechtlich frei.[1]
- Die kapitalistischen Produktionsverhältnisse haben eine Entfremdung des Menschen von der Natur, seiner Arbeit, der Gemeinschaft und von sich selbst (Selbstentfremdung) zur Folge.[2]
- Aus dem Waren- und Geldfetischismus resultiert eine Verdinglichung des Bewusstseins. Der Kapitalist ist die Personifizierung des Kapitals. Die Menschen werden zu Charaktermasken der kapitalistischen Produktion.[3]
- Die bürgerlichen Verhältnisse führen zu einer Trennung des Menschen in den Bourgeois (Bürger), den „egoistischen Menschen“ (Zitat Marx) mit seiner Meinungs- und Religionsfreiheit, und den Citoyen (Staatsbürger), den „politischen Menschen“ mit seiner Staatsgemeinschaft. In den Menschenrechten, als deren zentrale Rolle Marx und Engels das Recht auf Privateigentum und dessen Sicherung bezeichnen, wird der Bourgeois zum „wahren Menschen“ überhaupt erhoben.[4]
- Die politische Emanzipation und deren Vollendung, die bürgerliche Demokratie ist beschränkt, da sie im Rahmen der bestehenden Gesellschaft verharrt. Dennoch bildet sie einen wichtigen Fortschritt auf dem Weg zur „menschlichen Emanzipation“. Darunter verstehen Marx und Engels das Absterben von Staat und Geld in der kommunistischen Gesellschaft.[5]
Siehe auch
Hauptströmungen
In den späten 1890er Jahren versucht Eduard Bernstein, die Praxis des Reformismus in der deutschen Sozialdemokratie theoretisch zu untermauern. Ähnlich wie die Fabian Society in Großbritannien plädiert er für eine Revision des klassischen Marxismus in Richtung eines „evolutionären Sozialismus“ und argumentiert, dass das „Endziel“ des Sozialismus (Zitat Bernstein) nicht durch eine Revolution, sondern durch Sozialreformen erreicht werden müsse. Vor allem während und nach dem Kalten Krieg wurde diese vom Marxismus abweichende Auffassung als demokratischer Sozialismus bezeichnet, der einen dritten Weg zu Kapitalismus und Kommunismus bilden soll. Als solcher bildet so genannte „demokratische Sozialismus“ die Hauptrichtung innerhalb der Sozialdemokratie der Nachkriegszeit und des Eurokommunismus. Charakteristisch hierfür ist der Ausspruch Bernsteins „Die Bewegung ist alles. Das Endziel ist nichts.“ Die entschiedenste Gegnerin Bernsteins in der Revisionismusdebatte war Rosa Luxemburg mit ihrer Broschüre „Sozialreform oder Revolution“. Zwar grenzte sich der Reformismus der klassischen Sozialdemokratie formell vom Revisionismus Bernsteins ab, in der Praxis verfochten sie jedoch meist dieselbe Politik. Auf philosophischem Gebiet ist eine Annäherung an den Neukantianismus und andere nichtmarxistische Strömungen für Revisionismus und Reformismus kennzeichnend.
Klassische Sozialdemokratie
Bereits Marx kritisierte die versöhnlerische Haltung von Teilen der Sozialdemokratie, die in erster Linie die Staatsmacht erlangen wollten. Die Ergreifung der ökonomischen Macht durch das Proletariat, die sozialistische Revolution, rückte zusehends in den Hintergrund. Die Hochburgen der klassische Sozialdemokratie befanden sich in Deutschland und Österreich. Die führenden Strömungen waren hier das so genannte „marxistische Zentrum“ um Karl Kautsky und der Austromarxismus um Victor Adler und später um Karl Renner, Max Adler, Friedrich Adler und Otto Bauer. Während die Notwendigkeit vom Sozialismus im Programm und auf Reden erwähnt wurde, verstärkte sich in der Praxis die Zusammenarbeit mit Teilen des Bürgertums. Dieses Schwanken zwischen rechten Revisionisten und linken Revolutionären wird nach Kautskys „Zentrum“ als Zentrismus bezeichnet. Diese Politik führte schließlich am Vorabend des Ersten Weltkriegs zur Unterstützung der jeweiligen „nationalen Bourgeoisie“ und zur Zustimmung zu den Kriegskrediten im Parlament. Nur die russischen Bolschewiki um Lenin, die serbische Sozialdemokratie und der deutsche Spartakusbund um Karl Liebknecht (Abgeordneter zum Reichstag) und Rosa Luxemburg vertraten eine internationalistische Position und legten gemeinsam mit Kriegsgegnern in anderen Ländern den Grundstein für die Gründung der Kommunistischen Internationale. Die Grenze zwischen Reformismus (marxistisches Zentrum, Austromarxisten, russische Menschewiki, belgische und französische Sozialisten …) und Revisionismus (der deutsche Kathedersozialismus, das Genossenschaftswesen und die Arbeiterselbsthilfevereine um Ferdinand Lasalle und später die Gewerkschaftsführung um Eduard Bernstein, die Fabian Society und die aus ihr hervorgegangene Labour Party …) ist fließend.
1903 spaltet sich die russische Sozialdemokratie anlässlich der Debatte über das Parteistatut in Bolschewiki („Mehrheitler“) und Menschewiki („Minderheitler“). Während die Bolschewiki um Lenin den Aufbau einer straffen Partei von Berufsrevolutionären verfolgt, treten die Menschewiki für lose Mitgliedskriterien ein. Nachdem die Menschewiki sich in der Sozialistischen Internationale zusehends dem Revisionismus und Reformismus annähern, kommt es 1912 endgültig zum organisatorischen Bruch mit Lenins Bolschewiki, deren zentralistische Kaderpartei nach dem Ersten Weltkrieg zum Vorbild der Kommunistischen Parteien wird. Zentral für den Leninismus sind neben der „Partei neuen Typs“ (demokratischer Zentralismus) Lenins Imperialismustheorie, der ausgeprägte „proletarische Internationalismus“, das entschiedene Eintreten für eine sozialistische Revolution und die Errichtung einer Räterepublik sowie die Verteidigung des Selbstbestimmungsrechts der Völker (d.h. das Recht auf nationale Autonomie und staatliche Lostrennung).
Der Begriff kam erstmals in der Sowjetunion in der Auseinandersetzung mit oppositionellen Gruppen um den „wahren Marxismus“ auf. Josef Stalin schuf einen Personenkult um Lenin und stellte seine Politik als direkte Fortsetzung der Politik der Bolschewiki dar. Der Marxismus-Leninismus wurde in der Folge die offizielle Staatsdoktrin in den Diktaturen des Realsozialismus. Charakteristisch für diese Kanonisierung des Marxismus sind – in Anlehnung an die Orthodoxie der klassischen Sozialdemokratie – neben dem Personenkult um Lenin, Stalin und andere Staatsoberhäupter insbesondere die Schaffung einer dogmatischen marxistischen Philosophie und Wirtschaftstheorie. Dazu zählen der Dialektische Materialismus (DIAMAT; der Begriff wurde erstmals von Joseph Dietzgen gebraucht), die Arbeitswerttheorie (AWT; der Begriff wurde erstmals von Karl Kautsky gebraucht) und die sozialistische Politische Ökonomie (POLÖK; Marx und Engels sprachen stets von der Kritik der politischen Ökonomie und schufen keine eigene sozialistische Wirtschaftstheorie).
Erschaffen wurde der Marxismus-Leninismus unter Stalin. Daher rührt die Bezeichnung Stalinismus durch Kritiker dieser Variation des Marxismus und der meist damit verbundenen repressiven Politik. Während Marx, Engels und andere in ihrem Denken von den realen Verhältnissen und den Kämpfen abstrahierten, wird dem Marxismus-Leninismus vorgeworfen, die Eigeninteressen der herrschenden politischen Kaste zur philosophischen Grundlage zu erheben. Die Unterschiede zu verwandten Strömungen sind dabei weniger philosophischer Natur, sondern vielmehr Resultat eines gewissen ökonomischen und sozialen Drucks, der meist zu einem Bruch zwischen befreundeten staatssozialistischen Regimes führte (Jugoslawien–Sowjetunion; China–Sowjetunion; Albanien–China; Korea–China …), sowie Ausdruck unterschiedlicher nationaler Interessen.
Hoxhaismus
Oppositionelle Strömungen
Weitere Strömungen
Staatskapitalisten
Verwandte Strömungen
Siehe auch
- Kategorie:Marxistische Strömung
- Categoría:Corrientes marxistas
- Catégorie:Courant d'inspiration marxiste
- Anexo:Lista de marxistas
- Liste marxistischer Theoretiker und Politiker
Einzelnachweise
- ↑ Das Kapital
- ↑ Ökonomisch-philosophische Manuskripte, 1844
Die Heilige Familie oder Kritik der kritischen Kritik, 1845 - ↑ Vorwort zu Das Kapital
Theorien über den Mehrwert, 1861-1865 - ↑ Die deutsche Ideologie, 1846
Zur Kritik des Hegelschen Staatsrechts, 1843
Zur Judenfrage, 1844 - ↑ Zur Judenfrage, 1844