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Gustav Hilger

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Gustav Hilger ( * ? in Moskau [1], † 27. Juli 1965 in München) war ein deutscher Diplomat. Er wurde vor allem bekannt als Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Moskau vor dem Zweiten Weltkrieg, und als russlandpolitischer Berater des Auswärtigen Amtes während des Zweiten Weltkrieges, sowie der deutschen und amerikanischen Regierungen der 1950er und 1960er Jahre.

Leben und Wirken

Hilger (vordere Reihe, aus Betrachtersicht links) legt dem sowjetischen Außenminister Molotow den Deutsch-Sowjetischen Nichtangriffsvertrag zur Unterschrift vor, Moskau 23. August 1938

Hilger lebte von 1918 bis 1941 nahezu ununterbrochen in Moskau, wo er das Aufkommen des Sowjetsystems und den Aufstieg Stalins aus nächster Nähe miterlebte. Von 1918 wirkte Hilger in Moskau als Mitarbeiter des Roten Kreuzes, ab 1923 war er für fast achtzehn Jahre als Mitarbeiter der Botschafter Brockdorff-Rantzau, Dirksen und von der Schulenburg in der Deutschen Botschaft in der Stadt tätig, wo er bis zum Legationsrat aufstieg und aufgrund seiner guten Russischkenntnisse häufig zu Verhandlungen herangezogen wurde.

Dort war Hilger im August 1939 als Dolmetscher an den Verhandlungen über den Deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt zwischen dem deutschen Außenminister Joachim von Ribbentrop und den deutschen Botschafter von der Schulenburg einerseits und dem sowjetischen Diktator Josef Stalin und seinen Außenminister Wjatscheslaw Molotow andrerseits beteiligt. Am 23. August nahm er zudem an der Unterzeichnung des Vertrages in Moskau teil, wo er die sowjetische Ausfertigung des Vertragstextes ein letztes Mal Probe las, bevor dieser von den deutschen Vertretern signiert wurde.

Danach kam Hilger in die Kanzlei des Reichsaußenminister Joachim von Ribbentrop, wo er zum politischen Chefberater für Ostfragen wurde. Während des Zweiten Weltkrieges fungierte er in dieser Eigenschaft unter anderem als Verbindungsmann zwischen dem Auswärtigen Amt und den zuständigen Stellen der SS. Als Vertreter des Auswärtigen Amtes war er ab 1943 mit an der Koordination der Deportation italienischen Juden beteiligt.

Nach dem Ende des Krieges fahndeten die Alliierten nach Hilger, den sie wegen „Folter“ suchten. Nachdem er sich im Mai den US-Streitkräften ergeben hatte wurde er zunächst in einem Kriegsgefangenenlager in Mannheim interniert. Zur Auswertung von erbeuteten deutschen Unterlagen über die UdSSR wurde er in die USA überstellt. Als Berater des CIA und des State Departments, des US-Außenministeriums, sollte er, insbesondere durch seine Freundschaft zu George Kennan, bis zu seinem Tod Einfluss auf die Macher der amerikanischen Außenpolitik ausüben. Im Frühjahr 1946 trat Hilger als Zeuge während des Prozesses gegen die „Hauptkriegsverbrecher“ in Nürnberg auf, kehrte danach jedoch in seine Heimat zurück.

In den frühen 1950er Jahren war Hilger als eine Art parteimäßiger Sonderbotschafter der CDU für Adenauer in Washington DC tätig. Unter öffentlichen Druck, der zustande kam, nachdem Hilgers Verstrickung in Kriegsverbrechen während des Zweiten Weltkrieges zunehmend bekannt wurden, musste er 1953 nach Deutschland zurückkehren, absolvierte jedoch auch weiterhin häufige Besuchsreisen nach Deutschland. Dort tat er sich in den 1950er und 60er Jahren durch einige Buchveröffentlichungen zur Sowjetunion, zur Person Stalins, sowie zur zweckmäßigsten, in der Zukunft einzuschlagenden Politik dem „Osten“ gegenüber.

EInzelnachweise

  1. Geburtsort nach Die Zeit vom 22. August 1957.

Schriften

  • Pierre Bucher der "Apostel" französischer Propaganda im deutschen Elsaß. 1897-1918. Eine Lebensskizze nach französischen Quellen, Freiburg i.B. 1926.
  • Zur Lehre vom Unternehmergewinn, München 1930. (Dissertation der Friedrich Maximilans Universität München)
  • Bayerisches Ausführungsgesetze zu den Justizgesetzen, München 1932.
  • Personenstandswesen, München 1934.
  • Wir und der Kreml. Deutsch-sowjetische Beziehungen 1918-1941. Erinnerungen eines deutschen Diplomaten, Frankfurt a.M. 1956.
  • Probleme deutscher Ostpolitik, 1957.
  • Stalin. Aufstieg der UdSSR zur Weltmacht, Göttingen 1959.