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Das Schwarze Auge

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Das Schwarze Auge
Veröffentlichung
Originalverlag Schmidt Spiele
Originalveröffentlichung 1984-
Originalsprache deutsch
Deutscher Verlag Ulisses Spiele
Welt und System
Genre Fantasy
Spielwelt Dere, Aventurien
Aufstieg stufenbasiert (bis 3. Edit.)
EP-Kaufsystem (ab 4. Edit.)
Würfel W20 / W6 / (W3)
bis zur 3. Edition opt.: W12 / W10 / W100

Das Schwarze Auge (DSA) ist ein deutsches Pen-&-Paper-Rollenspiel, das von Ulrich Kiesow 1984 für Schmidt Spiele in Kooperation mit Droemer Knaur herausgegeben wurde. Es basiert auf der Hintergrundwelt Aventurien, die von Hans Joachim Alpers, Werner Fuchs und Ulrich Kiesow entworfen wurde.

Spielmechanismus

Das Spiel ist ein klassisches Pen-&-Paper-Rollenspiel und wurde im Laufe der über zwanzigjährigen Entwicklungszeit stark verändert. Die aktuelle vierte Regeledition hat ein komplexes Regelwerk.

Die Spielercharaktere werden zufallsunabhängig nach einem Punktesystem generiert, wobei es Spielrassen, Kulturen, Berufe und Vor- und Nachteile gibt. Starre Charakterklassen existieren nicht mehr; die Charaktererschaffung ähnelt in vielen Elementen GURPS. Erfolgsproben werden mit dem zwanzigseitigen Würfel abgelegt, wobei 1 das beste und 20 das schlechteste Ergebnis ist. Die wichtigsten Eigenschaften sind Mut, Klugheit, Intuition, Charisma, Fingerfertigkeit, Gewandtheit, Konstitution und Körperkraft. Diese können Werte von 1 bis über 21 haben und liegen bei neu erschaffenen Helden zwischen 8 und 14.

Bestmögliches Ergebnis einer Talentprobe

Verfeinert wird die Spielmechanik durch Talente (z.B. Schleichen oder Menschenkenntnis), die der Spielfigur eine besondere Ausrichtung geben. Eine Talentprobe setzt sich aus drei Eigenschaftsproben zusammen, so dass stets drei Würfe erforderlich sind. Die Talentfähigkeit kann zum Ausgleich überwürfelter Ergebnisse verwendet werden. Das Kampfsystem baut auf Attacken und Paraden auf. Gelingt es, einen Gegner anzugreifen, hat dieser die Chance, mit einem Paradewurf den Treffer zu vereiteln. Das Magiesystem basiert auf einzeln festgelegten Sprüchen, die wie Talente gehandhabt werden. Über die Astralenergie werden die Fähigkeiten von Zauberern begrenzt.

Im Laufe des Spiels erhalten Charaktere Abenteuerpunkte, mit denen die Werte verbessert werden können. Es gibt verschiedene Kriterien, um diese Punkte zu bestimmen; dazu zählen beispielsweise das Erreichen von Zielen, Erfolg im Kampf oder das Lösen von Rätseln.

Spielwelten und Kontinente

Auf der Welt Dere befindet sich der Hauptkontinent Aventurien, der mit dem Spiel seit 1984 entwickelt wird. Andere Kontinente wie Myranor oder die Hohlwelt Tharun wurden erst später oder nur inoffiziell ausgearbeitet. Gewöhnlicherweise spielt eine Spielfigur nur auf einer dieser Spielwelten.

Aventurien

Hauptartikel: Aventurien

Spielmaterialien von "Das Schwarze Auge".

Aventurien ist ein fiktiver Kontinent und die Hintergrundwelt von DSA. Der Kontinent der Welt Dere hat etwa ein Viertel der Fläche Europas, dennoch befinden sich dort sämtliche von der Erde bekannten Klimazonen, sowie viele verschiedene Rassen und Kulturen. Neben Menschen gibt es Elfen, Halbelfen, Zwerge, Orks, Oger, Goblins, Echsenmenschen, Riesen, Trolle und Drachen. Das kulturelle Niveau variiert zwischen Jungsteinzeit und Renaissance, angereichert durch fantastische Elemente. Als größtes Land ist das Mittelreich mit der Hauptstadt Gareth zu nennen, das feudal in Lehen aufgeteilt ist. In vielen Teilen Aventuriens herrscht der Glaube an die Zwölfgötter, wobei der Gott des Lichtes oberster Gott ist. Diese Götter waren nicht an der Schöpfung der Welt beteiligt. Es gab einst die Urwesen Los uns Sumu, die einander in der Ewigkeit trafen. Aus Zorn tötete Los Sumu und ihr Leib wurde zur bestehenden Welt. Los bereute seine Tat und weinte Tausend und Abertausend Tränen, die auf Sumus toten Leib fielen und dort, wo sie auftrafen, Lebewesen entstehen ließen. Los war verwundet worden und aus seiner Wunde fielen 13 Blutstropfen. Der erste war noch voller Hass des Kampfes wegen und wurde zum Namenlosen. Die anderen 12 wurden zu den Zwölfgöttern. Mächtige Gegenspieler der Götter sind zum einen die zwölf Erzdämonen und zum anderen der Namenlose, ein böser Gott. Bei fast allen Rassen gibt es magiebegabte Individuen wie Magier, Druiden, Hexen, Schamanen oder Geoden, mit einer ausgefeilten Spruchmagie, der jedoch deutliche Grenzen gesetzt sind. Die Geschichte der Welt ist detailliert ausgearbeitet und wird durch epische Kampagnen wie die „Borbarad-Kampagne“, die „Phileasson-Saga“ und die Kampagne „Das Jahr des Feuers“ gestaltet. Einen entscheidenden geschichtlichen Wendepunkt stellt die Rückkehr des Zauberers Borbarad dar, wodurch High Fantasy-Elemente einbezogen wurden.

Myranor

Hauptartikel: Myranor

Myranor ist eine im Vergleich zu Aventurien exotischere Spielwelt. Der Kontinent ist wesentlich größer als Aventurien, klimatisch reicht er von der Arktis im Norden bis zur Antarktis im Süden, und besitzt eine außergewöhnliche Fauna und Flora (z. B. Riesenbäume). Die Hauptbevölkerung sind Menschen, weiter leben dort zahlreiche Mischrassen, wie Katzen-, Löwen- oder Fischmenschen. Kulturell ist das Imperium hervorzuheben, ein zerfallendes, mehrere tausend Jahre altes Reich, es existieren abenteuerliche Konstrukte wie Flugschiffe oder fliegende Städte. Ein Pantheon von acht Staatsgöttern herrscht vor, wobei Brajan Gott der Sonne und der Ordnung ist.

Riesland

Das Riesland ist von Aventurien durch ein unüberwindbares Gebirge (das Eherne Schwert) getrennt und fast vollständig unbekannt. Vom Verlag existiert keine offizielle Ausarbeitung, Fans haben jedoch eine umfassende Beschreibung entworfen.

Uthuria

Der kaum bekannte Kontinent Uthuria liegt im Süden der Welt Dere und ist von Aventurien durch das Südmeer getrennt. Eine offizielle Ausarbeitung wurde 2007 vom Verlag langfristig angekündigt. Auch hierzu entwerfen Fans eine Beschreibung. [1]

Tharun

Tharun ist eine von Hadmar von Wieser erfundene Hohlwelt. Sie wurde mit der Erweiterung „DSA Professional“ als exotischeres Gegenstück zu Aventurien für hochstufige Charaktere entworfen. Das eigenständige Regelwerk wurde von Ulrich Kiesow geschrieben, hervorzuheben ist das - sich von DSA völlig unterscheidende - freie Magiesystem. Nach der Veröffentlichung von zwei Boxen wurden das System eingestellt und wird nur noch von Fans und einigen wenigen Autoren fortgeführt.

Publikationen

Die Regeln werden in Spielboxen und in Buchform veröffentlicht. Daneben existieren Regionalbeschreibungen und Abenteuerbände. Die Hauptregeln der aktuellen vierten Regelauflage bilden die Kästen Schwerter und Helden, Zauberei und Hexenwerk und Götter und Dämonen. Diese umfassen und erweitern die im Grundkasten Das Schwarze Auge dargelegte Basisversion der Regeln. Letztgenannter Kasten richtet sich laut Verlagsplanung an Einsteiger.

Die Box Schwerter und Helden erweitert das Basis-Regelsystem um Optional- und Expertenregeln, sowie um ausführliche Generierungsmöglichkeiten für nicht magiebegabte Helden. Zauberei und Hexenwerk vertieft die Regeln für die Magie und erlaubt es, eine Vielzahl zauberkundiger Charaktere zu erstellen. Götter und Dämonen widmet sich religiös motivierten Charakteren und behandelt die Mythologie und Kosmologie der Hintergrundwelt Aventurien. Diese Boxen werden inzwischen durch überarbeitete Regelwerke ersetzt: „Der Weg des Helden“, „Der Weg des Kämpfers“ und „Der Weg des Zauberers“ sind bereits erschienen.

Im Laufe von mehr als 20 Jahren wurden vier Regelauflagen, knapp zwei Dutzend Regionalbeschreibungen, über 150 Abenteuerbände und mehr als 100 Romane publiziert. Eine Übersicht bietet die Publikationen-Sektion der Wiki Aventurica (siehe Weblinks).

Entstehungsgeschichte

Ulrich Kiesow hatte mit Ina Kramer, Hans Joachim Alpers und Werner Fuchs zunächst im privaten Kreis ein eigenes Spielsystem mit passender Hintergrundwelt (ursprünglich Aventuria) entworfen.[2]

Der Droemer Knaur-Verlag wollte Anfang der achtziger Jahre ein Rollenspiel auf dem deutschen Markt veröffentlichen, ein Kauf der Dungeon&Dragons-Lizenz des US-amerikanischen Spieleverlags TSR scheiterte an den Kosten. Ende 1983 fragte der Verlag deshalb bei Fantasy Productions an, ob ein deutschsprachiges Fantasy-Rollenspiel entwickelt werden könne. Folglich stellte Ulrich Kiesow sein bisheriges Material vor. In Kooperation mit dem Spiele-Hersteller Schmidt Spiele wurde dann „Das Schwarze Auge“ Anfang 1984 auf der Spielwarenmesse in Nürnberg präsentiert. Durch Werbung und die große Marktpräsenz von Schmidt Spiele wurden in jenem Jahr 100.000 Exemplare verkauft. Die erste Version des Spiels wurde nach zwei Wochen wieder vom Markt genommen und in Text und Bild entschärft, da Kritiker dem Spiel zu große Gewalttätigkeit vorwarfen. Der Buchverlag Droemer Knaur zog sich bald aus dem Projekt zurück und Schmidt Spiele setzte es allein fort. In den Folgejahren erschienen vielen Spielemodule, Abenteuerbücher, Soloabenteuerbücher und Computerspiele. Auch der Aventurische Bote, eine zweimonatlich erscheinende Rollenspielzeitung, die über die aktuelle politische Lage in Aventurien informiert, hat sich etabliert.

Nach der Insolvenz von Schmidt Spiele im Jahr 1997 wurde das Spiel von Fantasy Productions (kurz FanPro) übernommen, 2002 erschien die vierte Auflage. 2004 feierte DSA seinen 20. Geburtstag. Nachdem Anfang 2007 die Lizenz für Myranor zu Ulisses Spiele wechselte, wurde im April des gleichen Jahres der Übergang auf das ganze Spielsystem ausgedehnt. Lediglich die Romane werden weiterhin von FanPro verlegt.

Prägend waren neben dem Begründer Ulrich Kiesow die Autoren Hadmar von Wieser, Thomas Römer, Bernhard Hennen, Jörg Raddatz, Thomas Finn, Karl-Heinz Witzko, Lena Falkenhagen, Peter Diehn, Florian Don-Schauen, Stefan Küppers, Anton Weste, Ralf Hlawatsch, Werner Fuchs und Ina Kramer.

Einflüsse zur Entstehung

Das Schwarze Auge, das dem Spiel den Namen gibt, ist ein magisches Artefakt innerhalb des Spiels und entspricht dem tolkienschen Palantir. Dessen Verwendung als Spielelement verwundert nicht, wenn man die Entstehung des Spiels in Beziehung zu den beiden von Ulrich Kiesow aus dem Englischen ins Deutsche übersetzten RPGs Dungeons & Dragons und dessen ironischer Antwort Tunnels & Trolls betrachtet.[3] Dungeons & Dragons erschien in Kiesows Übersetzung unter dem Kürzel D&D 1983 bei der Fantasy Spiele Verlags-GmbH, während Tunnels & Trolls unter dem Titel Schwerter & Dämonen von FanPro veröffentlicht wurde.

Das 1974 von Gary Gygax mitentwickelte Dungeons & Dragons und das 1975 erschienene Tunnels & Trolls sind die beiden ersten eigenständigen Pen-&-Paper-Rollenspiele überhaupt und prägten die Entstehung von DSA entscheidend. Die erste Regelversion von 1984 für Das Schwarze Auge wurde Tunnels & Trolls entlehnt. Dungeons & Dragons wurde damals von der Tolkien-Trilogie Der Herr der Ringe inspiriert erfunden, welche Ulrich Kiesow ebenfalls beeinflusst hat.

Für DSA1stEd wurde unter anderem das Charakterformular fast identisch von Schwerter & Dämonen übernommen, dessen Originaltitel Tunnels & Trolls [4][5] eine Persiflage auf Dungeons & Dragons darstellt. Auch die vollmundigen Formeln der Zaubersprüche bei DSA finden in Tunnels & Trolls ihre Ursprünge.[6]

Internationale Verbreitung

Bei der englischen Übersetzung 2003 wurde auf die wörtliche Übersetzung „black eye“ verzichtet, da dies im Englischen „Veilchen“ beziehungsweise „blaues Auge“ bedeutet. Stattdessen wurde der Titel „The Dark Eye“ gewählt. Das Spiel wurde Mitte der 1980er Jahre ins Französische (L’Œil noir), Italienische (Uno Sguardo nel Buio) und Niederländische (Het Oog des Meesters) übersetzt und wurde nach Einführung bald wieder eingestellt. Alle internationalen Ausgaben sind 2008 eingestellt.

Trivia

  • Der Name der Spielwelt „Dere“ stellt ein Anagramm von „Erde“ dar.
  • Der Name des Spiels sollte ursprünglich „Aventuria" lauten, die Werbeexperten des Verlags setzten gegen den Willen der Autoren „Das Schwarze Auge“ durch [7].
  • Der ersten Ausgabe der Werkzeuge des Meisters, einer Zusatzbox zum damaligen Basisspiel, lag die Maske des Meisters bei, eine dünne Plastikmaske mit schrägen Sehschlitzen in Form einer Fledermaus für Kinderköpfe. Um das Spiel bekannt zu machen, wurden Schokoladenstücke in Maskenform an die Presse verteilt.
  • Mitte der 80er Jahre gab es zur Einführung des Rollenspiels Werbung im Fernsehen für die Produkte des Schwarzen Auges und damit in Deutschland das einzige Beispiel für Fernsehwerbung zu Pen-&-Paper-Rollenspielen.
  • 2007 wurde Das Schwarze Auge neben dem Onlinerollenspiel World of Warcraft in einem halbstündigen Bericht im Fernsehen vorgestellt. [8]

Weitere DSA-Produkte

1985 gab es erste Romane zum Spiel, seit 1995 erscheinen diese regelmäßig. Bis Mitte 2006 wurden nahezu 100 Aventurien-Romane in verschiedenen Verlagen veröffentlicht. Schmidt Spiele vermarktete zwei Brettspiele zum Schwarzen Auge, die mit Pappdungeon und Plastikfiguren ausgestattet waren. Nach Veröffentlichung von einzelnen Zinnfiguren zu DSA wurden diese schließlich in das Tabletop Armalion integriert, das von 1998 bis 2002 als Schlachtsimulation entwickelt wurde. Weiterhin gibt es die dreiteilige Computerspielreihe Nordlandtrilogie, bestehend aus den Teilen Schicksalsklinge, Sternenschweif und Schatten über Riva, eine Serie von Spielen für Mobiltelefone und ein Sammelkartenspiel namens Dark Force. Im Horchposten-Verlag erscheint zudem eine Reihe von DSA-Hörbüchern. Im Computerspiel Drakensang wurde eng mit DSA-Autoren zusammengearbeitet und DSA-Regeln übernommen.

Quellenangaben

  1. RatCon 2007: Bericht über den Workshop zum Südkontinent Uthuria
  2. Aventurischer Bote, Nr. 50, S. 22 - 24 - 10 Jahre DSA: Ein erstaunter Blick zurück von Ulrich Kiesow
  3. Dies ist dem jeweiligen Impressum von D&D und Schwerter & Dämonen zu entnehmen.
  4. Tunnels & Trolls Hersteller: www.flyingbuffalo.com
  5. Tunnels and Trolls Free Rules: bucheibon.wordpress.com
  6. Testbericht bei Ciao zu Schwerter und Dämonen - Tunnels & Trolls
  7. Aventurischer Bote, Nr. 50, S. 22 - 24 - 10 Jahre DSA: Ein erstaunter Blick zurück von Ulrich Kiesow
  8. 3sat, neues spezial, Sendung vom 22.04.2007, Titel „Von Kriegern & Magiern - Das zweite Ich“.