Maxwell-Gleichungen
Die vier maxwellschen Gleichungen beschreiben die elektromagnetischen Felder und ihre zeitliche Abhängigkeit vollständig in sowohl differenzieller als auch integraler Form. Sie wurden in den Jahren 1861 bis 1864 von James Clerk Maxwell entwickelt.
Die maxwellschen Gleichungen
Die Quellen elektromagnetischer Felder sind elektrische Ladungen und Ströme. Aus ihnen resultieren zeitabhängige elektrische und magnetische Felder. Die maxwellschen Gleichungen beschreiben somit die Ursache, die Wirkung, die Wechselwirkungen und die zeitliche Abhängigkeit dieser Felder. Sie sind die Grundlage der Elektrodynamik und der Theoretischen Elektrotechnik.
Übersicht
Um die folgenden Gleichungen verstehen zu können, benötigt man Grundkenntnisse der Vektoranalysis. Es gibt zwei verbreitete Formulierungen der maxwellschen Gleichungen, eine differenzielle und eine Integralform. Mit dem Satz von Stokes und dem Satz von Gauß lässt sich die Äquivalenz beider Formulierungen zeigen. (Salopp formuliert handelt es sich um Bilanzen im Kleinen bzw. im Grossen) Daneben gibt es eine elegantere vierdimensionale Formulierung, die z.B. in der Quantenelektrodynamik verwendet wird, siehe kovariante Form unten.
differenzielle Form | verknüpfender Integralsatz | Integralform |
---|---|---|
Das -Feld ist ein Quellenfeld. Die Ladung (Ladungsdichte) ist Quelle des elektrischen Feldes. | Gauß | Der (elektrische) Fluss durch den Rand eines Volumens ist gleich der elektrischen Ladung in seinem Inneren. |
Das -Feld ist quellenfrei. Es gibt keine magnetischen Monopole. | Gauß | Der magnetische Fluß durch den Rand eines Volumens ist gleich der magnetischen Ladung in seinem Inneren, nämlich Null, da es keine magnetischen Monopole gibt. |
Induktionsgesetz: Jede Änderung des -Feldes führt zu einem elektrischen Gegenfeld. Die Wirbel des elektrischen Feldes sind von der zeitlichen Änderung der magnetischen Induktion abhängig. | Stokes | Die (elektrische) Zirkulation über dem Rand einer Fläche ist gleich der negativen zeitlichen Änderung des magnetischen Flusses durch die Fläche. |
Verallgemeinertes Durchflutungsgesetz: Die Wirbel des Magnetfeldes hängen von der elektrischen Stromdichte und von der Verschiebungsstromdichte ab. | Stokes | Die magnetische Zirkulation über dem Rand einer Fläche ist gleich dem Verschiebungsfluss plus der zeitlichen Änderung des elektrischen Flusses durch die Fläche. |
Man beachte die Position der zeitlichen Ableitungen vor den Integralen im Induktionsgesetz und im Durchflutungsgesetz.
Erläuterungen
Skalare Felder
Das Symbol ρ steht für die Ladungsdichte ohne Berücksichtigung von Beiträgen, die durch eine elektrische Polarisation eines evtl. vorhandenen Mediums entstehen.
Vektorfelder
Die Stromdichte gibt an, wieviel Strom pro Fläche in welche Richtung fließt. Dabei sind Beiträge nicht berücksichtigt, die durch Paramagnetismus und Diamagnetismus in einem evtl. vorhandenen Medium induziert werden.
ist die elektrische Flussdichte, elektrische Verschiebungsdichte oder elektrische Erregung. Hierbei handelt es sich um die elektrische Feldstärke ohne Berücksichtigung von Beiträgen durch die Polarisation des Mediums. Im Vakuum ist die elektrische Flussdichte bis auf einen Faktor, der nur durch das Einheitensystem bedingt ist, identisch mit der elektrischen Feldstärke.
Die magnetische Feldstärke oder magnetische Erregung ist die magnetische Flussdichte oder Induktion ohne Berücksichtigung von paramagnetischen und diamagnetischen Beiträgen durch das Medium. Im Vakuum sind die magnetische Flussdichte und die magnetische Feldstärke wiederum bis auf einen Faktor identisch, der nur durch das Einheitensystem bedingt ist.
Die Beziehungen zwischen der elektrischen Flussdichte und der elektrischen Feldstärke, der magnetischen Feldstärke und der magnetischen Flussdichte sowie der Stromdichte und der elektrischen Feldstärke werden durch die Materialgleichungen der Elektrodynamik beschrieben.
Die elektrische Feldstärke und die magnetische Flussdichte sind die physikalischen Felder. Bei Anwesenheit eines Mediums sind die elektrische Flussdichte und die magnetische Feldstärke Hilfsgrößen, die die Berechnung der Felder vereinfachen, da der Beitrag des Mediums nicht von vornherein bekannt sein muss.
Zusammenhänge
- Diese Gleichungen vereinfachen sich in bestimmten Sonderfällen. So entfallen im stationären Fall die zeitabhängigen Terme und im Vakuum ρ und .
- Man bezeichnet ρ auch als Quelle bzw. Senke des elektrischen Feldes.
- Da es keine magnetischen Monopole gibt, ist das B-Feld quellenfrei. Alle B-Feldlinien sind geschlossen.
- In statischen Feldern gibt es keine geschlossenen E-Feldlinien.
- In ladungsfreien Feldern gibt es nur geschlossene E-Feldlinien.
- Jede Änderung des B-Feldes führt zu einem elektrischen Wirbelfeld. Die Wirbel des elektrischen Feldes hängen von der zeitlichen Änderung der magnetischen Induktion ab.
- Jeder Änderung des D-Feldes führt zu einem magnetischen Wirbelfeld. Die Wirbel des Magnetfeldes hängen vom elektrischen Strom und vom Verschiebungsstrom ab.
Kovariante Formulierung der Maxwellgleichungen
- In diesem Absatz wird, wie im übrigen Artikel, das SI-Einheitensystem verwendet. Dieses und die damit verbundenen Faktoren , etc. empfinden viele Theoretiker gerade bei der kovarianten Formulierung der Elektrodynamik als unnatürlich und verwenden andere Systeme, etwa Gauß-Einheiten oder Heaviside-Lorentz-Einheiten, in denen die Grundgrößen der Elektrodynamik anders definiert werden. In der Literatur können deshalb verglichen mit dieser Darstellung Vorfaktoren wegfallen, hinzukommen oder an andere Stellen rücken.
Die Elektrodynamik, wie sie durch die Maxwellgleichungen beschrieben wird, ist verträglich mit der speziellen Relativitätstheorie. Dazu gehört, dass die Maxwellgleichungen in jedem Inertialsystem gelten, ohne dass sich beim Wechsel des Bezugssystems ihre Form ändert. Dies spielte historisch für die Entwicklung der Relativitätstheorie durch Albert Einstein eine wichtige Rolle.
Technischer formuliert sind die Maxwellgleichungen relativistisch kovariant oder forminvariant, das heißt, dass sie ihre Gestalt unter Lorentz-Transformationen nicht ändern.
Diese Eigenschaft ist den Maxwellgleichungen in der oben beschriebenen Form jedoch nicht ohne weiteres anzusehen. Es kann deshalb nützlich sein, durch eine Umformulierung der Theorie die Forminvarianz herauszuarbeiten, anders ausgedrückt: die Theorie „manifest kovariant“ zu schreiben.
Hierzu muss man die oben auftretenden Größen , usw. durch Größen ausdrücken, die ein klar definiertes, einfaches Transformationsverhalten unter Lorentz-Transformationen haben, also durch Lorentz-Skalare, Vierervektoren und Vierer-Tensoren höherer Stufen.
Ausgangspunkt für diese Umformulierung bilden die elektromagnetischen Potentiale (skalares Potential) und (Vektorpotential), aus denen man die elektrischen und magnetischen Felder wie folgt erhält (siehe auch Elektrodynamik):
Diese Größen lassen sich zu einem Vierervektor, dem Viererpotential
zusammenfassen. Ebenso kann man aus Ladungsdichte und Stromdichte die Viererstromdichte zusammensetzen:
Aus dem Vierpotential wird der elektrodynamische Feldstärketensor abgeleitet, dessen Komponenten bis auf Vorzeichen und konstante Vorfaktoren, die vom Einheitensystem abhängen, gerade die der elektrischen und magnetischen Felder sind:
Mit diesen Größen geschrieben kann man die beiden inhomogenen Maxwellgleichungen im Vakuum durch folgende kovariante Gleichung ersetzen:
Dabei wird, wie üblich, die Einsteinsche Summenkonvention benutzt, das heißt, über doppelt auftretende Indizes in Produkten (hier ) wird summiert.
Man beachte, dass wegen der Antisymmetrie des Feldstärketensors auch die Kontinuitätsgleichung (Verschwinden der 4-er Divergenz) folgt:
Die beiden homogenen Maxwellgleichungen erhalten im Vakuum die manifest kovariante Form
Dies wird auch häufig mit dem Levi-Civita-Symbol kompakter geschrieben als
oder
mit dem dualen Feldstärketensor
dessen Komponenten man auch aus denen von erhalten kann, indem man durch und durch ersetzt.
Sonstiges
Im ladungsfreien Raum mit ρ = 0 und = 0 kann man aus diesen Gleichungen eine Wellengleichung ableiten, deren Lösungen sich mit Lichtgeschwindigkeit fortpflanzen. Hierbei handelt es sich um die elektromagnetischen Wellen. Maxwell erkannte damit die elektromagnetische Natur von Licht und fand die tiefere Ursache für den mathematischen Zusammenhang
zwischen der Vakuum-Lichtgeschwindigkeit c0 und der Permeabilität μ0 und der Permittivität ε0 des leeren Raumes.
und sind bei hinreichend kleinen Feldstärken in guter Näherung proportional zu einander. Die Abweichungen von dieser Proportionalität bei höheren Feldstärken bilden die Grundlage der nichtlinearen Optik.
Die Maxwellgleichungen beschreiben die elektromagnetische Wechselwirkung im Rahmen der klassischen Physik. In der Quantenphysik ist dazu die Quantenelektrodynamik erforderlich.
Siehe auch
- James Clerk Maxwell
- Maxwell-Beziehungen (für die Zustandsgrößen der Thermodynamik)