Leonhardskirche (Frankfurt am Main)


Die Leonhardskirche, nach dem Hauptheiligen auch Sankt Leonhard, ist eine im Jahre 1219 errichtete spätromanische Basilika in Frankfurt am Main. Die katholische Kirche liegt am Rande der Altstadt am nördlichen Mainufer, unweit des eisernen Stegs, des Karmeliterklosters und des Römers. Sie ist ein hervorragendes, an der historischen Bedeutung gemessen etwas wenig beachtetes Schmuckstück der Frankfurter Stadt- und Kirchengeschichte sowie des mittelrheinischen Kunsthandwerks des Mittelalters.
Bedeutung

Sankt Leonhard hat für die Stadt Frankfurt eine besondere Bedeutung. Sie war nach dem Frankfurter Dom die zweite Stiftskirche der Stadt. In der Urkunde vom 15. August 1219,[1] mit der der Stauferkönig Friedrich II. der Stadt das Grundstück schenkte, wird erstmals die Stadtgemeinde in ihrer Gesamtheit erwähnt und unter kaiserlichen Schutz gestellt. Außerdem erhielten die Bürger das zu dieser Zeit sehr seltene Recht, den Priester zu bestimmen. Ihre erhaltenen spätromanischen Teile sind nach der im Kern karolingischen Justinuskirche im Stadtteil Höchst und der hochromanischen Saalhofkapelle die ältesten noch erhaltenen eines Kirchenbaus Frankfurts.
Die Kirche hatte bis weit über das Mittelalter hinaus eine weitere wichtige Funktion als Zwischenstation und Pilgerkirche auf zwei bedeutenden Wallfahrtspfaden. Der eine war der besonders zur Zeit der Kreuzzüge und Bauzeit der Kirche wichtige Weg nach Jerusalem, der andere der historische Jakobsweg, ein Pilgerpfad, der über die Grabeskirche des Kirchenpatrones im französischen Saint-Léonard-de-Noblat nach Santiago de Compostela führt. Sichtbares Zeichen dieser Funktion ist der Tympanon des romanischen Pilgertores aus dem Jahr 1220.
Daran, dass die Leonhardskirche auch Station des Jakobsweges war, der heute allerdings nicht mehr über Frankfurt führt, erinnert eine Figurengruppe auf dem Leonhardskirchplatz vor dem nördlichen, mainabgewandtem Hauptportal. Die drei Wanderer der lebensgroßen Bronzeplastik von 1990 sind am Emblem der Jakobsmuschel, das sie tragen, deutlich als Jakobspilger erkennbar.
Geschichte und Baubeschreibung
Von der romanischen Kapelle zur Stiftskirche (1219 - 1317)



Der 1219 vom Kaiser geschenkte Baugrund war zum Bau eines Gotteshauses, das in der damaligen, erst locker bebauten Niederstadt noch fehlte, sehr geeignet. Im Süden grenzte er an den Main, einen stark befahrenen Handelsweg, dessen Ufer als Aufenthaltsort der Fischer und Schiffer diente, und zum Land hin am südlichen Ende des Kornmarktes, in der Schenkungsurkunde als forum frumenti bezeichnet, dessen unterer Teil erst später den Namen Buchgasse annahm. Die wohl umgehend in Angriff genommene Kapelle war zunächst der Jungfrau Maria und dem heiligen Georg geweiht. Erstere erfreute sich in der damaligen Blütezeit des Minnegesanges einer erhöhten Beliebtheit, letzerer war eine der Schutzheiligen der Kreuzfahrer.
Der spätromanische Ursprungsbau bestand aus einer 25 Meter langen und 16 Meter breiten dreischiffigen Emporenbasilika mit zwei rund 30 Meter hohen Apsidentürmen seitlich des damals wohl rechteckigen Hauptchores. Während man die massiven Mauern weitestgehend aus Bruchsteinen errichtete, wurde für nahezu alle künstlerisch gestalteten Elemente roter Mainsandstein verwendet. Am Außenbau hat sich von der romanischen Substanz, abgesehen von den bis heute kaum veränderten Türmen, nur die Lisenengliederung der unteren Hälfte der Westseite erhalten.
Die beiden Türme sind im Erdgeschoss rund, werden im weiteren Verlauf dann aber achteckig und waren ursprünglich über Rundbögen als Seitenchöre zu der Kirche hin offen. Dies konnte man im späten 19. Jahrhundert durch damals unter dem Putz gefundene Architekturteile nachweisen. Nach urkundlichen Nachrichten des Leonhardsstifts beherbergte ein jeder Turm auch eigene Altäre, die aber schon 1508 abgebrochen wurden. Die vier Obergeschosse der Türme sind in der äußeren Gliederung zu zwei zusammengefasst, und wie das unterste Geschoss mit Lisenen und Bogenfriesen versehen, die Fenster haben rundbogige Profile. Einzig im obersten Geschoss sind finden sich gekuppelte Fenster, die typischen Mittelsäulchen zeigen in ihren Kapitellen einfache Ornamentik. Die Türme werden von achteckigen Giebelhelmen bekrönt, deren kleine Fenster Kleeblattbogenprofile aufweisen. In ihrer Form stellen die Helme ein Zitat der Jerusalemer Grabeskirche dar. Dem Vorbild sind diese allerdings schon im 19. Jahrhundert verloren gegangen. Schließlich findet sich auf der nördlichen Spitze ein Reichsadler, der südlichen ein Kreuz.
Aus der Erbauungszeit sind im Inneren zwei Portale mit romanischem Tympanon erhalten, die wegen der späterer Erweiterungen nun innerhalb des nördlichen Seitenschiffs liegen: im Westen befindet sich das ursprüngliche Hauptportal mit einer Darstellung der beiden Patrone, wegen der Inschrift auch als Engelbertusportal bezeichnet. Kapitelle und Wulste sind mit Blattwerk von sehr hoher Qualität geschmückt, das allerdings nur zu einem geringen Teil fertig gestellt wurde. Die bildliche Darstellung zeigt als Mittelfigur Christus, ein aufgeschlagenes Buch haltend, in dem die Worte Pax vobis geschrieben stehen. Daneben befinden sich Maria und Petrus sowie kniend Johannes und Georg, bezeichnet werden sie auch durch eine im Halbkreis laufende Inschrift: s. Johanes. e. Maria + Jesvs Naz. + s. Petrvs. + s. Goervs.
Im unteren Bereich nennt eine Inschrift mit Engelbertvs f(ecit) möglicherweise den verantwortlichen Steinmetzmeister. Da sich seine Tätigkeit vor Beginn der städtischen Selbstverwaltung erstreckt, haben sich darüber keinerlei schriftliche Zeugnisse, und auch andernorts keine weiteren Werke erhalten. Dennoch erhielt Engelbertus Ende des 19. Jahrhunderts beim Rathausneubau eine Phantasiestatue im sogenannten Kapellchen des Ratskellers. Dies ist aus heutiger Sicht ebenso haltlos wie Versuche, Engelbertus gar den Status des Baumeisters der ganzen Kirche zuzuschreiben.[2] Neuere Literatur vermutet hinter der Inschrift gar Engelbertvs f(ieri fecit), in seiner Person also eher einen Stifter als einen Künstler, war das Signieren von Werkstücken zumindest in dieser Art in der Romanik doch eher ungewöhnlich.
Der künstlerischen Handschrift nach hat der selbe Steinmetz aber auch das kleinere, östlich in Turmrichtung anschließende und heute zugemauerte Pilgerportal ausgeführt. Sein mit einem Kleeblattbogen geschlossener Tympanon stellt, auch hier in einer sehr reinen romanischen Bildsprache, den stehenden Hl. Jakobus mit der Pilgermuschel und zwei ihn verehrende Pilger dar. Die Gewände und der Bogen des Portals zeigen Zickzackmuster, Pyramiden und Äpfel. Im unteren Bereich, der weit unter dem Niveau des gotischen Bodens liegt, und somit nur schwer zu erkennen ist, laufen die Gewände im Westen in einem Fratzenkopf, im Osten in einem stilisierten Akanthusblatt aus. Die Kapitelle der inneren Säulen zeigen einfache Ringe, dazwischen spannt sich ein Wulst ohne jegliches Ornament.
Urkundliche Nachrichten über die Fortentwicklung der Kapelle im 13. Jahrhundert sind spärlich gesät. 1259 wurde erstmals ein Geistlicher namens Reinhold als Reinoldus cappellanus sancti Georgii erwähnt,[3] 1275 war von einem Petrus als rector capelle s. Georgii die Rede.[4] Man kann davon ausgehen, dass hier in den frühen Jahren nur Kaplane tätig waren, da noch 1310 in einer Urkunde[5] gleich mehrere von ihnen zur Sprache kommen. 1297 berichten die Quellen von der Kapelle als noviter exstructa, was man sich darunter vorzustellen hat, bleibt dunkel, zumal die erhaltenen romanischen Teile zweifelsfrei in das frühe 13. Jahrhundert zu datieren sind. Im selben Jahr sind auch erste Stiftungen Frankfurter Bürger für das Gotteshaus dokumentiert.
Mit Genehmigung des Mainzer Erzbischofs Peter von Aspelt[6] etablierte sich 1317 ein Kollegiatstift aus den drei zuletzt an der Kirche tätigen Kaplänen sowie einigen Landpfarrern.[7] Das Stift verfügte über zunächst 12 Kanonikern und ebenso viele Vikarien, an deren Spitze ein Nikolaus von Wöllstadt als erster Dekan sowie ein Arnold Bumeyster als Kantor erwähnt wird. Da in der Gründungsurkunde auch von einem Nikolaus Rose als scolasticus die Rede ist, fiel mit dem Aufbau des Stifts wohl die Einrichtung einer Schule zusammen. Damit wurde die Kapelle ab diesem Zeitpunkt in den Urkunden auch nicht mehr als capella, sondern als ecclesia, also Kirche bezeichnet. Schriftliche Zeugnisse, inwieweit die Tatsache, dass Grund und Boden der Kirche der Stadt gehörte, zu Konflikten führte, sind nicht erhalten. Sie können aber aus der Gründungsurkunde herausgelesen werden, die sehr energisch die Unabhängigkeit des Stiftes betont und den Rat der Stadt mit keiner Erwähnung bedenkt.
Vom Erwerb der Leonhardsreliquie bis zum Ende des gotischen Umbaus (1317 - 1523)




Man bemühte sich nun offenbar verstärkt um die Beschaffung der Reliquie eines Heiligen, was 1323 von Erfolg gekrönt war. Der Arzt Heinrich von Wiener-Neustadt übersandte den Arm des heiligen Leonhard, des Schutzheiligen der Gefangenen. Dies geschah auf Bitten des Abtes Moritz vom Schottenkloster in Wien und des Mainzer Presbyters Johannes, der Vikar am Frankfurter Domstift war; Übersendungs-[8] und Begleitschreiben[9] haben sich bis heute erhalten. Der Heilige gab dem Stift und der Kirche den bis heute gültigen Namen, auch wenn sich dieser erst in der frühen Neuzeit endgültig durchsetzte. So erschienen Maria und Georg neben Leonhard noch 1618 im Siegel des Stifts.[10]
Die folgende Jahre waren überschattet von den Kämpfen zwischen Kaiser Ludwig IV. und Papst Johannes XXII.. Obwohl man auch innerhalb der Stadt durchaus Partei für den Papst ergriff, hielt der Leonhardsstift, ganz offensichtlich anbetrachts seiner Gründungsgeschichte, streng zum Kaisertum. Im Verlaufe des 14. Jahrhunderts mehrten sich durch Stiftungen langsam die von der Kirche beherbergten Kunstschätze, wenngleich die große Flut des Jahres 1342, die unter anderem den Sachsenhäuser Brückenturm zum Einsturz brachte, zweifellos große Schäden auch an der noch wesentlich niedriger gelegenen Kirche anrichtete. 1381 erhielt das Stift durch den päpstlichen Legaten Kardinal Pileus das besondere Vorrecht, während aller über die Stadt verhängten Interdikte im Chor der Kirche Gottesdienst abzuhalten, aber nur bei verschlossenen Türen, ohne Glockengeläute und unter Ausschluss der Gebannten.
Ende des des 14. Jahrhunderts kam es mit dem Rat der Stadt zu einem erbitterten Streit darüber, das Stift künftig auch zur Zahlung von Steuern heran zu ziehen. Das Ganze wurde überschattet vom Ausbau der städtischen Verteidigungsanlagen am Main im Zuge der Zweiten Stadterweiterung: 1388 bis 1391 errichtete man direkt südlich der Kirche einen sie deutlich überragenden, massiven Verteidigungsturm, auf den im Volksmund alsbald auch die Bezeichnung Leonhardsturm überging. Das Stift setzte sich dagegen letztlich genauso ergebnislos zur Wehr wie in der Angelegenheit der Zahlung von Steuern. Letzteres regelte man am 25. August 1407 in einem Vertrag zwischen dem Erzbischof von Mainz, Johann II. von Nassau, und dem Rat. Der schon im frühen 19. Jahrhundert abgerissene Turm mit dem gleichnamigen Stadtor zum Mainhafen ist der eigentliche Grund für die heute zu sehende, gedrungene Gestalt der Kirche. Sie konnte so in den folgenden Jahrhunderten nicht weiter in die Länge, sondern nur in die Breite wachsen.
Ab dem Jahre 1425 wurden Teile der Kirche mit einer spätgotischen, fünfschiffigen Hallenkirche überbaut, die vermutlich nach einem Entwurf des Dombaumeisters Madern Gerthener konzipiert war. Die Baumaßnahmen, die sich, hauptsächlich aus immer wieder auftretendenen finanziellen Engpässen, im Wesentlichen bis ins Jahr 1523 zogen, brachten der Kirche die in weitesten Teilen noch heute zu sehende äußere und innere Gestalt. Der zwei Joch tiefe Chor mit 3/6-Schluß wurde wohl zum größten Teil noch unter der baulichen Leitung des 1430 gestorbenen Gertheners 1434 fertiggestellt. Er ist mit einem reichen Sterngewölbe überdeckt und verfügt über fünf große, in der Mitte mit einem Maßwerkfries geteilte Fenster mit Fischblasenornamentik, die im Chorschluss drei-, auf der Südseite vier- und zweibahnig sind. Das restliche 15. Jahrhundert waren die Baumaßnahmen vor allem auf die Sakristeien und den Treppenturm nördlich des Chores konzentriert, die heute nicht mehr öffentlich zugänglich, aber gut östlichen Außenseite zu erkennen sind.
Erst ab dem frühen 16. Jahrhundert erfolgte dann der Umbau des Hauptschiffs und der Anbau von zwei Seitenschiffen. Schließlich erfolgte der Anbau je einer Kapelle am östlichen Ende eines jeden Seitenschiffs. Entsprechend ist die Kirche auf dem Belagerungsplan der Stadt von 1552 auch noch gut in ihrem ursprünglichen Zustand zu erkennen. Die drei Hallenschiffe des Langhauses haben drei Joche, ebenso wie im Chor kamen im mittleren und nördlichen Schiff auf 1518 datierte Sterngewölbe zur Ausführung, während das südliche mit einfachen dreieckigen Kreuzgewölben ohne Rippen überdeckt ist. Es wurde vor den Wirren der Reformationszeit und den damit verbundenen monetären Nöten nicht mehr fertig und erst 1698 auf diese vergleichsweise einfache und wohl auch kostensparende Weise eingewölbt. Die Schiffe werden von achteckigen Pfeilern getrennt, die beiden Seitenschiffe sind über einfache Rundbögen angebunden. Oberhalb der Bögen befindet sich auf der zum Hauptschiff gewandten Seite ein schön gearbeitetes, umlaufendes Fries mit Fischblasenmaßwerk, das gleichzeitig als Brüstung der darüber liegenden Emporen dient. Die Fenster in der Süd-, West- und Nordwand sind in zwei übereinander laufenden Bahnen angeordnet und von verschiedener Größe, die einzige Gemeinsamkeit ist auch hier die Fischblasenornamentik.
Geradezu einem Musterbuch mittelalterlicher Kirchengewölbe erscheinen die zwischen 1507 und 1520 errichteten Seitenschiffe mit je vier Jochen entnommen, bedenkt man die Vielfalt der hier zu sehenden Deckenabschlüsse. Ihre Schlußsteine und Knoten sind vielfach mit Wappen der als Stifter aufgetretenen Frankfurter Familien geschmückt, so finden sich u. a. die Familien Holzhausen, Martorff, Preussen, Kempen, Nigebur, Lichtenstein, Brommen, Geichen, Glauburg, Freud, Rohrbach, Melem, Weisen von Limpurg, Frosch, Völcker, Knoblauch, Rhein, Kellner, Storchen, Schmidten, Hengsperg, Humbracht, Ergersheim, Neuhaus, Degen, Börlein, Grünberg und Echtzel.
Eine Besonderheit ist das Gewölbe im nordöstlichen Seitenschiff, wo zwei Rippensysteme übereinander angeordnet sind. In ihrem Ansätzen befinden sich die Gewölberippen zudem frei im Raum. Wie schon mit seinem Stammhaus, dem prächtigste Profanbau der Gotik in Frankfurt, wollte der Stifter, Claus Stalburg, neben seiner Frömmigkeit wohl auch seinen enormen Reichtum zum Ausdruck bringen. Auf ihn weist neben dem Familienwappen mit drei Muscheln ein weiteres Wappen im Gewölbescheitel mit der Aufschrift Clos Stalp, auf die Entstehung eines mit der Jahreszahl 1507 hin.

Zwischen 1508 und 1515 wurde am Ende des nördlichen Seitenschiffes, direkt am Nordturm, eine Salvatorkapelle vom Architekten Hans Baltz von Mertenstein eingefügt. Ursprünglich war diese nicht nur nach Süden offen, sondern stand auch mit dem dahinter liegenden, dreiviertelkreisförmigen Raum über einen rundbogigen Durchgang in Verbindung. Dieser wurde geschlossen, als man den Raum zur Sakristei zog. Wegen des hängenden Gewölbes, das aus frei sich im Raum kreuzenden Bogenrippen aus Sandstein besteht, zählte das sogenannte Salvatorchörlein schon ab dem 17. Jh. zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt Frankfurt. Die farbig gefassten Figuren, ein Christus an der Geißelsäule, ein darüber im Maßwerk thronender Gottvater und das tropfenförmig hängende abschließende Wappen der bekannten Frankfurter Familie Holzhausen sind ebenfalls ein Meisterwerk der Steinmetztechnik in Buntsandstein.
Wann die Leonhardskapelle, auch Leonhardschor, am Ende des südlichen Seitenschiffes errichtet wurde, ist heute nicht mehr genau feststellbar. Dendrochronologischen Untersuchungen des Dachstuhls nach wurde sein Holz um 1518 geschlagen, das Sterngewölbe darunter den Schlußsteinen nach 1520 eingewölbt. Die Kapelle ist von der Grundform her rechteckig und besitzt im Osten einen 3/8-Schluß. Die hier befindlichen drei zweibahnigen Fenster haben ebenso wie ein dreibahniges im Süden wieder Fischblasenmaßwerk.
Im Inneren der Leonhardskirche finden sich noch einige architektonische und kunsthandwerkliche Kleinode vorwiegend spätgotischer Ausstattung, insbesondere die Schnitzaltäre verdienen Beachtung.
Von der Reformation bis zur Säkularisation (1523 - 1802)
Noch während der Schlußphase des gotischen Umbaus brach die Reformation auch über Frankfurt herein. Im April 1521 hatte Martin Luther auf seiner Reise zum Wormser Reichstag nur wenige Meter von der Leonhardskirche im Gasthaus Strauß in der Buchgasse Quartier bezogen. Viele der ohnehin schon dem Humanismus zugewandten Frankfurter Patrizier, mit ihren Stiftungen ganz erheblich am Umbau der Kirche beteiligt, wurden Anhänger seiner Ideen. 1525 ließ der Rat, wohl in Befürchtung eines Bildersturms, Inventare vieler Frankfurter Kirchen anlegen, für den Fall, dass es zu ihrer Aufhebung kommen sollte. 1533 wurde die katholische Messe vom Rat vollständig verboten, sein Beitritt zum Schmalkaldischen Bund 1536 isolierte das streng katholische Stift weiter.
Als es zum Krieg zwischen dem Kaiser und dem Bund kam, zog die Stadt Teile des Kirchenschatzes ein, um seine militärischen Verpflichtungen zu finanzieren, und selbst die Geistlichen wurden zu militärischen Hilfsdiensten herangezogen. Nach der Niederlage 1546 wurde Frankfurt vom Kaiser nicht zur Rückkehr zum Katholizismus gezwungen, wohl aber vom Kaiser darauf verpflichtet, die bis dato katholisch gebliebenen Klöster und Stifte zu tolerieren. Mit dem Augsburger Interim konnte 1548 auch der Gottesdienst in der Leonhardskirche wieder aufgenommen werden.
Durch die Umwälzungen jener Jahre stürzte das Stift in große Geldnöte, die abschließende Einwölbung des Hauptschiffs kam kurz vor dem Ende zum Erliegen. Die Zahl der Kanoniker sank bis 1589 auf einen historischen Tiefstand von nur drei Personen herab, von denen einer laut urkundlichen Quellen zudem stets bettlägerig und wenig zum Chorgesang und Zelebrieren dienlich war. Anfang des 17. Jahrhunderts waren selbst die Geistlichen in ihrem Pflichtbewußtsein offenbar so weit herabgesunken, dass laut zeitgenössischen Berichten "die Andersgläbuigen spotten, den Leonhardspfaffen sei es völlig gleichgültig, ob einer oder keiner in die Kirche komme".
Erst Ende des 16. Jahrhunderts besserte sich die Situation wieder. Das oberhessische Kollegiatsstift der Heiligen Donatus, Nazarius und Martinus verlegte seinen Sitz von Obermockstadt nach Frankfurt und wurde hier vom Leonhardsstift aufgenommen. Beide Stifte feierten ab diesem Zeitpunkt abwechselnd Gottesdienst in der Kirche, blieben aber formaljuristisch voneinander getrennt. Dennoch waren so vor allem die personellen Sorgen dauerhaft gelöst. Auch als Frankfurt im Dreißigjährigen Krieg 1631 bis 1635 von schwedischen Truppen besetzt war, hatte St. Leonhard Glück im Unglück, wurde es doch als einziges Gotteshaus bestimmt, in dem noch katholische Messe gehalten werden durfte. Den Dom und die Liebfrauenkirche musste der Rat dem schwedischen König Gustav Adolf für den lutherischen Gottesdienst zur Verfügung stellen. Dabei wurden nicht unwesentliche Teile der hier befindlichen Kirchenschätze eingezogen und von ihm großzügig an seine Anhänger verschenkt, einzig die Leonhardskirche blieb hiervon verschont.
[...]
Von der Wiederherstellung unter Dalberg bis zur Gegenwart (1802 - heute)
[Text folgt in Kürze]
Ausstattung
Glasfenster
Chor
Die Glasmalerei der Fenster des Hochchors ist trotz der bewegten, kaum mehr nachvollziehbaren Geschichte und der unterschiedlichen Provenienz der Scheiben insofern bemerkenswert, als es sich um eine der umfangreichsten Ansammlungen alter Kirchenfenster in Hessen handelt. Die meisten Fenster stammen im Kern noch aus der Zeit der Chorweihe im Jahr 1434, viele andere Scheiben demselben Jahrhundert, vor allem einer zweiten Verglasungsperiode in den 1490er Jahren. Hagelschäden wurde nach dem Verfall der Glasmalerei in der frühen Neuzeit im 18. Jahrhundert nur laienhaft ausgebessert, was heute noch stellenweise zu sehen ist. Nach der Zeit der Säkularisation, in der manches Fenster durch Verkauf, teils aber auch durch Zweckentfremdung der Kirche u. a. als Lagerhaus verlorenging, wurden die Reste 1808 bzw. 1813 wieder im Chor zusammengeführt. 1851 sowie 1898 erfolgte eine gründliche Restaurierung sowie historistisch Ergänzungen, zuletzt durch den berühmten Frankfurter Glasmaler Alexander Linnemann. Alle Fenster überstanden den Zweiten Weltkrieg durch Auslagerung.
Das links bzw. nördlich die Fenster des Chors eröffnende Katharinenfenster besitzt nur noch sehr wenig originale Substanz aus dem 15. Jahrhundert, weite Teile sind historische Neuschöpfungen Linnemanns. In der untersten Reihe ist die Anbetung der Könige zu sehen, darüber die Sendung eines Boten von Maxentius zu den heidnischen Philosophen sowie der Besuch von Faustinus und Porphyria bei der inhaftierten Katharina. Die mittlere Scheibe entstammt ursprünglich einem anderen Fenster und stellt die Abtsweihe des heiligen Leonhard dar. In der darüberliegenden Reihe schließt sich eine Darstellung von Katharina vor Maxentius bzw. ihren Kampf gegen den Götzendienst vor dem Kaiser an. In der nachfolgenden, wieder historisch einem anderen Fenster entstammenden Reihe ist das Stabwunder des heiligen Josef aus dem apokryphen Jakobusevangelium zu sehen, die oberste Reihe schließlich enthält Darstellungen des Martyriums der Magier und der heiligen Katharina.
Rechts schließt das zentrale Chorfenster, auch Marienfenster, oberhalb des Hochaltares an, das als einziges seit dem Mittelalter am originalen Standort erhalten ist. Hier wurde vergleichsweise noch am wenigsten durch Linnemann ergänzt. Dargestellt ist eine Kreuzigung in weiß, flankiert von reicher gotischer Architektur, darüber befindet sich eine Marienkrönung, bei der Maria links neben dem Gottvater und seinem Sohn bzw. unterhalb des Heiligen Geistes in Form einer Taube zu sehen ist. Durch die Darstellung der Jungfrau Maria wird Bezug auf einen der zwei ursprünglichen Hauptheiligen der Kirche genommen.
Das nun folgende Georgsfenster, im Kern ebenfalls aus dem Jahr 1434 stammend, wurde im Laufe der Jahrhunderte stark und oft unsachgemäß repariert, wie es etwa durch falsche Größenverhältnisse vor allem im Bereich der Köpfe der verschiendenen Heiligen noch heute sichtbar ist. Bei der letzten Instandsetzung hat Linnemann 1898 sein Werk im unteren Bereich der Mittelbahn signiert. Das Fenster zeigt in einigen noch heute sehr drastisch erscheinenden Bildern das lange Martyrium des heiligen Georg, aber auch seine Taten, etwa, wie er bei der Eroberung Jerusalems half. Die oberste Bahn enthält bekrönende gotische Architektur, die der des Katharinenfensters sehr ähnlich ist.
Es schließt nun das einzige vierbahnige Fenster des Chores an. Die Darstellung der Anbetung der Könige, Joachim und Anna an der Goldenen Pforte, die vier Heiligen der obersten figürlichen Darstellung, Katharina, Cäcilia, Dorothea und Margaretha sowie die bekrönende Tabernakelarchitektur mit musizierenden Engeln entstammen noch dem 15. Jahrhundert, der Rest mit weiteren Heiligendarstellungen sowie Szenen aus dem Leben Jesu ist eine Neuschöpfung aus dem Jahr 1898.
Das die Fensterfolge des Chores beschließende, ganz rechts in der Südwand befindliche Fenster hat nur zwei Bahnen. Es wirkt etwas unbeholfen, als hier ohne Ergänzung ausschließlich Stifterwappen aus den zwei Verglasungsperioden des 15. Jahrhunderts zusammengeführt sind. Dadurch ist es andererseits nach dem Marienfenster das mit der meisten mittelalterlichen Substanz, obgleich diese heute dem ursprünglichen Kontext entzogen ist. Unter einer ornamentalen Bekrönung sind die Ehewappen der Familien Monis / Commeter, Monis / Prusse, Blume / Lamm, Rohrbach / Holzhausen, Rohrbach / Werstadt, Rohrbach / Leidermann, Monis / Budelkiste, Holzhausen-Prusse / Marburg, Degen / Blume sowie Blume / Lamm dargestellt.
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Katharinenfenster | Marienfenster | Georgsfenster | Vierbahniges Fenster | Wappenfenster |
Übrige Fenster
Außerhalb des Hochchors ist nur ein weiteres figürliches Fenster zu sehen, das sich in der Südwand des Leonhardschors befindet. Die gestalterisch ausgefallene Scheibe des Glaskünstlers Wilhelm Buschulte ist eine Zusammenfügung von Glasmalereien des 17. bis 19. Jahrhunderts mit unterschiedlicher Provenienz. Einige Elemente der Scheibe sind offensichtlich glaskünstlerische Umsetzungen bekannter Druckgrafiken etwa von Albrecht Dürer.
1990 - 2003 wurden in den übrigen Fenstern der Kirche Bögen moderne Scheiben eingebaut, die die historische Entwicklung der Fenstermalerei und der Glaskunst bis in die Gegenwart fortführen. Zahlreiche Frankfurter Bürger und Institutionen haben sich daran beteiligt, was durch eine kleine Inschrift auf den Scheiben vermerkt ist. Die abstrakte künstlerische Gestaltung erlaubt verschiedene Deutungen, farblich sind die Gläser in einem weiten Spektrum von Gelb über Grün, Blau, Türkis bis hin zu lachsroten Tönen gehalten. Als Besonderheit enthalten die Scheiben vollplastische Elemente in Form von Glaskugeln, die bei Lichteinfall zu ungewöhnlichen optischen Effekten führen.
Der Alsdorfer Professor und Glasmaler Ludwig Schaffrath gestaltete drei Fenster, die sich in den Ostfenstern des Leonhardschors befinden.[11]
Wandmalereien

Von der Ausmalung der verputzten Flächen und Gewölbe hat sich in St. Leonhard mehr mittelalterliche Substanz erhalten als in jeder anderen Frankfurter Kirche. Sie ist heute von starken historistischen Übermalungen befreit und denkmalgerecht konserviert. Am besten erhalten ist eine Darstellung über dem Triumphbogen des Chores. Sie zeigt Christus als Weltenrichter, mit Maria und Johannes auf einem Regenbogen sitzend, zur Rechten die Lilie und den Chor der Seligen, zur Linken das Schwert und die Verdammten, darunter befinden sich die vereinten Wappen der Familien Rorbach und Melem, weswegen das Bild nur eine Stiftung von Bernhard Rohrbach und Ursula von Melem sein kann, die 1501 heirateten.
Weitere fast vollständig erhaltene Wandmalerei findet sich an der Nordwand des Chores. Sie zeigt apostolische Glaubensbekenntnisse in Spruchbänden, welche mit den Figuren der zwölf Apostel an einem Baum in Verbindung gebracht sind, darüber thront Christus. Im hinteren, östlichen Bereich des Chores ist unterhalb der Fenster noch etwas ältere Malerei zu sehen, weitere Reste haben sich vor allem in den Gewölben des nördlichen Seitenschiffs erhalten.
Glocken
Das sechsstimmige Geläute der Pfarr- und ehemaligen Stiftskirche wurde 1956 von Friedrich Wilhelm Schilling (Heidelberg) gegossen. Die Klanghöhen sind nach dem Konzept des Mainzer Musikprofessors Paul Smets auch auf das Frankfurter Stadtgeläute abgestimmt.
Nr. | Name | Nominal (16tel) |
Gewicht (kg) |
Durchmesser (mm) |
Inschrift |
1 | Christus | fis1+1 | 890 | 1094 | PAX VOBIS („Friede sei mit euch“) |
2 | Maria | a1+2 | 603 | 953 | AVE MARIA („Gegrüßt seist du Maria“) |
3 | Johannes | h1+/-0 | 409 | 847 | DEUS CARITAS („Gott ist die Liebe“) |
4 | Petrus | cis2+/-0 | 290 | 753 | TV ES PETRVS („Du bist Petrus“) |
5 | Georgius | e2+2 | 249 | 704 | GEORGIVS GLORIOSVS CHRISTI ATHLETA („Georg ist siegreicher Kämpfer für Christus“) |
6 | Leonardus | fis2+4 | 178 | 629 | LEONARDVS PATRONVS („Leonhard, Patron“) |
Aktuelles
- Ende 2005 wurde mit umfangreichen Sanierungsarbeiten begonnen, die vor allem den Außenbereich betreffen und deretwegen die Kirche nicht geschlossen werden soll.
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September 2007
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Detail der Sanierung
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linker Seitenaltar
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rechter Seitenaltar
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Beichtstuhl
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Beichtstuhl
- In der Leonhardskirche findet an jedem Sonn- und Feiertag um 18:00 Uhr eine Messe im überlieferten tridentinischen Ritus statt. Zur Zeit ist sie damit die einzige Kirche in Frankfurt, in der diese Form des Gottesdienstes angeboten wird.
Literatur
- Matthias Theodor Kloft, St. Leonhard Frankfurt am Main, Regensburg, 4. Aufl. 2005, Schnell & Steiner Kunstführer Nr. 2196, ISBN 3-7954-5944-3
- Vorlage:Setzepfandt
Quellen
- ↑ In voller Länge abgedruckt bei Johann Friedrich Boehmer, Friedrich Lau: Urkundenbuch der Reichsstadt Frankfurt. Bd. I 794 - 1314, J. Baer & Co, Frankfurt am Main 1901 - 1905, S. 23 & 24, Urkunde Nr. 47
- ↑ Siehe beispielsweise die Ausführungen von Philipp Friedrich Gwinner: Kunst und Künstler in Frankfurt am Main vom dreizehnten Jahrhundert bis zur Eröffnung des Städel'schen Kunstinstituts. Verlag von Joseph Baer, Frankfurt am Main 1862, S. 4
- ↑ In voller Länge abgedruckt bei Boehmer (a. a. O.), Bd. I 794 - 1314, S. 109, Urkunde Nr. 225
- ↑ In voller Länge abgedruckt bei Boehmer (a. a. O.), Bd. I 794 - 1314, S. 175 & 176, Urkunden Nr. 361 & 362
- ↑ In voller Länge abgedruckt bei Boehmer (a. a. O.), Bd. I 794 - 1314, S. 483, Urkunde Nr. 935
- ↑ Genehmigung in voller Länge abgedruckt bei Boehmer (a. a. O.), Bd. II 1314 - 1340, S. 75 & 76, Urkunde Nr. 75
- ↑ Gründungsurkunde in voller Länge abgedruckt bei Boehmer (a. a. O.), Bd. II 1314 - 1340, S. 74 & 75, Urkunde Nr. 74
- ↑ In voller Länge abgedruckt bei Boehmer (a. a. O.), Bd. II 1314 - 1340, S. 179, Urkunde Nr. 222
- ↑ In voller Länge abgedruckt bei Boehmer (a. a. O.), Bd. II 1314 - 1340, S. 180, Urkunde Nr. 223
- ↑ Herbert Natale: Die St. Leonhardskirche im Spiegel der Frankfurter Stadt- und Kirchengeschichte, in: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte. 18. Jahrgang, Jaeger Druck GmbH, Speyer 1966, S. 12
- ↑ Foto von Schaffraths Fenstern
Weblinks
Die Leonhardskirche. In: altfrankfurt.com., archiviert vom Original.