Panhard EBR
Der EBR-75 (Engin Blindé de Reconnaissance) war ein Aufklärungspanzer der französischen Armee.
Geschichte
Der EBR ist das Ergebnis einer bereits vor dem Zweiten Weltkrieg in Frankreich begonnenen Entwicklungslinie schwerer Panzerspähwagen. Als deren Anfangspunkt kann der Gendron-Poniatowski der Firma SOMUA gesehen werden, der als dreiachsiges Fahrzeug erstmals das Konzept des einziehbaren Mittelrades umsetzte. Dadurch war sowohl eine hervorragende Geländegängigkeit gewährleistet (der Grendon-SOMUA genannte Prototyp erreichte hier bessere Werte als der konkurrierende AMR 35 ZT, obwohl dieser ein Kettenlaufwerk besaß) als auch ein ruhiges und beherrschbares Fahrverhalten auf der Straße. Bereits 1937 begann auch Panhard mit der Umsetzung dieses Konzepts und stellte noch 1940 einen Prototypen des Panhard 201 vor. Dieses vierachsige Fahrzeug zeigte bereits die wesentlichen Konstruktionsmerkmale und Vorteile des Antriebskonzeptes des EBR: Vorwärts- wie Rückwärtsfahrt in gleicher Geschwindigkeit und ausgezeichnete Geländegängigkeit unter Beibehaltung eines guten Fahrverhaltens bei hohen Geschwindigkeiten auf der Straße. Ebenso revolutionär war der Wiegenturm, in dessen oberen Teil eine 25 mm Kanone L/73 und ein Maschinengewehr starr befestigt waren. Dieses Turm-Oberteil war auf dem kugelförmigen, die Seitenrichtung bewerkstelligenden, unterem Turmteil beweglich gelagert und wurde mit der Bewaffnung vertikal gerichtet, indem sich der Unterteil unter dem fest stehendem Oberteil drehte. Durch die französische Kapitulation gingen allerdings sowohl der einzige Prototyp, als auch die Konstruktionszeichnungen verloren.
Nach der Niederlage der Wehrmacht und der Kapitulation des Deutschen Reiches wurde bereits im Juli 1945 eine Forderung der französischen Streitkräfte nach einem schweren Panzerspähwagen herausgegeben, um den Ersatz des bis dahin fast ausschlißlich aus US-Gerät bestehenden Fahrzeugparks zu voranzutreiben. Diese Forderung erfüllte Panhard im Januar 1946 mit einer vergrößerten Version des Typs 201 und stellte schon im Juli 1948 zwei Prototypen unter der Werksbezeichnung Type 212 bereit. Als "E.B.R. 75 modèle 1951" wurde der Entwurf schließlich von den Streitkräften genehmigt und im August 1950 mit der Produktion begonnen. Bei Einstellung der Fertigung 1960 waren etwa 1.200 Exemplare hergestellt worden. Erst in den 80er Jahren wurde der EBR durch den AMX-10 RC ersetzt.
Der EBR war ein Panzerspähwagen mit hervorragender Geländegängigkeit, hoher Beweglichkeit und außerordentlich starker Bewaffnung, gleichzeitig war er erstaunlich niedrig und bot damit einen, für ein Aufklärungsfahrzeug unabdingbaren, guten Schutz gegen Entdeckung. Durch den symmetrischen Aufbau, mit Fahrer und Rückwärtsfahrer, war Vorwärts- wie Rückwärtsfahrt in voller Geschwindigkeit möglich. Die anhebbaren Stahlräder der beiden Mittelachsen ermöglichten eine schnellere und für die Besatzung komfortablere Straßenfahrt. Die hohe Beweglichkeit im Gelände wurde vor allem durch den niedrigen Schwerpunkt bewirkt, der auf den unter dem Turm untergebrachten Mittelmotor zurückzuführen war. Die Konstruktion des Fahrzeuges beinhaltete aber auch eine Reihe von Nachteilen, so war es vergleichsweise teuer und schwer instand zu halten. Vor allem der Motor war erst voll zugänglich, wenn der gesamte Turm entfernt wurde. Diese Nachteile zwangen die französische Armee für ihre Aufgaben in den Kolonien mit dem AML ein gesondertes Fahrzeuge zu beschaffen.
Beschreibung
Antrieb
Ein einzigartiges Merkmal der EBR ist sein unter dem Turm liegender luftgekühlter 12-Zylinder Boxermotor. Dieser wurde von Panhard speziell in Hinblick auf eine geringe Fahrzeughöhe und einen niedrigen Schwerpunkt konstruiert und mißt in der Höhe nur 21,8 Zentimeter. Folglich war es möglich eine Fahrzeugwanne zu entwerfen, die kaum mehr als 1 m hoch ist. Der Motor verfügt über zwei Vergaser und ist, um auch minderwertigen Treibstoff nutzen zu können, auf ein niedriges Verdichtungsverhältnis von 6,6:1 ausgelegt. Trotzdem leistet er bis zu 200 PS und bringt damit den EBR auf eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h. Besonders aufwendig musste die Kühlung gestaltet werden, die durch mehrere ovale Löcher vor dem Turm Luft anzieht und durch ebensolche Öffnungen hinter dem Turm wieder ausstößt. Von dem selben Bedürfnis nach einem niedrigen Aufbau ist auch die Konstruktion der Kraftübertragung geprägt, deren Antriebstränge links und rechts in der Wanne verlaufen, so dass dazwischen Raum für Motor und Besatzung bleibt. An den Motor schließt sich vorn direkt die Vierscheiben-Kupplung an, über die die Motorleistung zuerst an ein 4-Gang-Getriebe, dann über ein Getriebe zur Vor- und Rückwärtsfahrt und daraufhin an ein weiteres 4-Gang-Getriebe weitergeleitet wird. Zusammen bieten die beiden Getriebe also 16 Gänge, sowohl für die Vorwärts- als auch für die Rückwärtsfahrt. Allerdings werden im Gelände meist nur die 4 Gänge der ersten Getriebebox verwendet während die zweite im 1. Gang läuft. Zur Straßenfahrt werden ebenfalls in der Regel nur 6 Gänge benötigt. An den Getriebekomplex schließen sich zwei Lavaud Differentiale an, die die Leistung über H-förmige Wellen je an die vier Räder einer Seite leiten. Die Lavaud Differentiale werden nur bei Straßenfahrt mit angehobenen Mittelrädern benötigt und bei Geländefahrt auf allen 8 Rädern gesperrt. An den Rädern wird der Kraftfluss um 90° umgelenkt und dann durch die gefederten Schwingarme an die Räder weitergeleitet. Die Verwendung von Schwingarmen statt der konventionellen schwingenden Achsen ist zuverlässiger und deutlich platzsparender. Das vordere und hintere Räderpaar ist jeweils lenkbar und verfügt daher über ein weiteres Umlenkgetriebe.
Fahrwerk
Die vorderen und hinteren Räder jeder Seite sind jeweils unabhängig an einfachen Schraubenfedern mit hydraulischen Dämpfern aufgehängt. Die Federung der mittleren Räder erfolgt hydro-pneumatisch und verfügt über einen Hydraulikzylinder um die Räder für Straßenfahrt anzuheben. Die Hydraulikflüssigkeit wird dabei zentral an die einzelnen Radaufhängungen verteilt. Dasselbe Hydrauliksystem versorgt auch die Lenkung und die Bremsanlage. Fährt das Fahrzeug auf 4 Rädern ist in der Regel nur das vordere Radpaar lenkbar, allerdings kann der Fahrer, für enge Kurven auch das hintere Paar entsperren, was automatisch geschieht wenn die mittleren Räder abgesenkt werden. Gebremst werden ebenfalls nur die äußeren beiden Radpaare. Diese verfügen über Gummibereifung vom Typ Michelin F24 14-00x24 mit Veil-Picard Schläuchen, deren Zellenstruktur auch nach mehreren Treffern noch Luft halten kann. Die Mittelräder bestehen aus Duraluminium-Felgen mit aufgezogenen Stahlreifen. Auf den Stahlreifen sind Schrägstege aufgeschweißt, um die Griffigkeit im schweren Gelände zu erhöhen. Die Vibrationen werden durch einen zwischen Felge und Stahlreifen eingefügten Gummiwulst verringert. Auf allen 8 Rädern stehend hat der EBR einen Bodendruck von 0,7 kg/cm², also etwas geringer als der eines mittleren Kampfpanzers. Entsprechend steht auch die Fahrleistung im Gelände der von Kettenfahrzeugen kaum nach. Das Fahrzeug war mit je einem Vorwärts- und Rückwärtsfahrer besetzt. Bei Bedarf konnte so durch das Umschalten der Lenkung in gleicher Geschwindigkeit in beide Richtungen gefahren werden.
Bewaffnung
Die Bewaffnung des EBR wurde mehrfach überarbeitet. Die ersten Modelle waren mit einer mittellangen 75 mm Kanone und einem 7,5 mm Koaxial-MG in einem F.L. 11 Turm ausgerüstet, der auch Kommandant und Richtschütze aufnahm. Da aber die Panzerabwehrfähigkeit dieser Kanone unzureichend war, wurden ab 1954 einige EBR (E.B.R. 75 modèle 1954-10 und modèle 1955-10) mit dem schwereren F.L. 10 Turm des AMX-13 ausgerüstet. Dieser war mit einer Ladeautomatik und einer längeren Kanone ausgerüstet. Durch das längere Rohr stieg die Vo der Panzergranaten von 600 auf 1.000 m/s. Allerdings erhöhte sich auch das Gewicht des Fahrzeuges auf über 15 t und die Fahrzeughöhe wuchs um 24 cm auf 2,58 m. Dadurch ergaben sich Einschränkungen für Beweglichkeit, Geländegängigkeit und Überlebensfähigkeit. Aus diesen Gründen wurden nach dem Verfügbarwerden einer neuen 90 mm Glattrohrkanone, die ein HEAT-Geschoss mit 320 mm Durchschlagsleistung bei 750 m/s verschießen konnte, alle EBR auf das Standard E.B.R. 90 F2 mit einem F.L. 11 Turm und der entsprechenden 90 mm Kanone umgerüstet. Zusätzlich besitzen alle Varianten des EBR, in der Front bzw. Heckpanzerplatte, Maschinengewehre für Fahrer und Rückwärtsfahrer, die jedoch nur selten montiert wurden.
Modellvarianten
- EBR 75 FL 11: (E.B.R. 75 modèle 1951), Version mit dem FL 11 Turm mit mittellanger 75 mm Kanone.
- EBR 75 FL 10: (E.B.R. 75 modèle 1954-10 oder modele 1955-10), Version mit dem FL 10 Turm des AMX-13 und langer 75 mm Kanone.
- EBR 90 F2: (E.B.R. 90 modèle 66), Version mit FL 11 Turm und 90 mm Glattrohrkanone. Durch die größeren Geschosse können nur noch 43 Schuss 90 mm mitgeführt werden.
- EBR DCA: (Canon automoteur de défense contre-aérien), Prototyp eines Flak-Panzers mit zwei 30 mm MK Hispano-Suiza Type 831.
- EBR-ETT: Gepanzerter Mannschaftstransporter, 30 Stück sind für den Einsatz in Nordafrika 1957 hergestellt worden. Die Bewaffnung bestand lediglich aus je einem MG in zwei kleinen Türmen vorn und hinten, dafür konnte das Fahrzeug in einem vergrößertem Aufbau 14 Schützen aufnehmen.
Verwendet von
Quellen
- F.M. von Senger und Etterlin: Tanks of the World 1983. Arms and Armor Press, London 1983, ISBN 0-85368-585-1.
- Panzer und andere Kampffahrzeuge 1916 bis heute. Buch und Zeit Verlagsgesellschaft, Köln 1977.
- R.M. Ogorkiewicz: Panhard Armoured Cars (AFV Weapons Profile 39). Profile Publication Ltd, Windsoer 1972.