Car2Car Communication
Mit Car to Car communication (Car2Car) bezeichnet man den Austausch von Informationen und Daten zwischen Kraftfahrzeugen mit dem Hintergrund, dem Fahrer frühzeitig kritische/gefährliche Situationen zu melden. Hierzu gibt es verschiedene Projekte in Europa, die letztendlich alle die Erhöhung der Sicherheit im Verkehr sowie die Optimierung des Verkehrsflusses anstreben.
Das häufig genannte Beispiel: Ein Auto kommt auf einer unübersichtlichen Landstraße vor einem Hindernis gerade noch zu stehen. Sekunden später wird ein nachfolgendes sich näherndes Fahrzeug automatisch per Summton und mit einem Pannensymbol eingeblendet in die Windschutzscheibe vor der Situation gewarnt. Der Fahrer kann rechtzeitig Geschwindigkeit verringern, die elektronische Warnung des vorausfahrenden Autos hat einen Unfall vermieden.
Technik
Bei der Kommunikation sollen z. B. über Funk (W-LAN, UMTS,..) Daten im Auto wie Ansprechen des ABS, Lenkwinkel, Position, Richtung und Geschwindigkeit ausgewertet und entsprechend weitergegeben werden. Dabei soll die "Sichtweite" des Fahrers mit elektronischen Mitteln verlängert werden. Das System könnte z. B. im Umkreis von 300 m Notbremsungen, Eis und Aquaplaning melden, sowie beim Spurwechsel und Einfädeln helfen, vor Einsatzfahrzeugen mit Blaulicht warnen und Unfälle und Baustellen anzeigen.
Im Rhein-Main Gebiet in Hessen wird 2007 das durch die deutsche Automobilindustrie über den VDA initiierte Pilotprojekt "Sichere Intelligente Mobilität - Testfeld Deutschland SIM-TD" starten, was außer der Kommunikation von Autos untereinander auch den Datenaustausch mit Verkehrsleitzentralen verfolgt. Langfristig gibt es das Ziel, europäische bzw. globale Standards für die Car-to-X-Technologie zu erarbeiten.
Herausforderungen bezüglich der Markteinführung
Die Hauptherausforderung dieser Technik ist das Henne-Ei-Problem: Eine potentielle Ausrüstung eines Fahrzeuges mit einer z.B. WLAN basierenden Car2Car Technik (u.a. für Antennen, WLAN-Modul, Steuergerät, Anzeigen für den Fahrer) ist durchaus nicht günstig. Die ersten Kunden dieser Technik würden aber keine bzw. kaum je andere Fahrzeuge antreffen, die im Ernstfall mit Ihnen kommunizieren können, so dass sich diese Investition für die ersten Kunden ggf. nie auszahlen wird. Studien im Bereich der Car2Car Gremien und Fahrzeughersteller (VDA-Kongress) sagen aus, dass oft mindestens 10-15 Prozent aller Fahrzeuge im Verkehr mit der Car2Car Technik ausgerüstet sein müssten, damit das System überhaupt sinnvoll eingesetzt werden kann. Eine Alternative für die übliche Car2Car Technik, die selber noch in der Entwicklung im Bereich der Forschung ist, könnte das SOTIS Verfahren sein. Letztendlich stehen aber die Kosten des Systems in einem ggf. kritisch zu bewertendem Verhältnis zum potentiellen Nutzen, wenn nur die unfallpräventiven Anwendungen alleine betrachtet werden.
Mehrfach nutzen der Car2Car Technik
Auch die Maut Industrie ist an der Car2Car Kommunikation auf IEEE 802.11 Basis interessiert, da hier Möglichkeiten bestehen würden, das System auch für die Übertragung von Mautdaten bzw. zur Fahrzeugerfassung an Mautstellen zu nutzen. So könnte auf spezielle Maut-Boxen verzichtete werden und auf die für Car2Car Anwendungen nötige Infrastruktur (u.a. für Antennen, WLAN-Modul, Steuergerät, Anzeigen für den Fahrer) zurückgegriffen werden. Zusammen mit der ggf. durch eCall eingeführten GSM basierten Infrastruktur im Fahrzeug würden dadurch viele neue Anwendungen im Bereich der Mauterfassung und Abrechnung möglich.
Auch ist es denkbar, dass die Car2Car spezifische WLAN-Sendeeinrichtung im Kfz nicht nur den 802.11p Standard, sondern auch 802.11 in den Varianten a, b und g unterstützt. Damit könnten dann Mobilgeräte (Mobiltelefon, PDA, Notebook, etc.) auf das Infotainment eines Kfz zugreifen oder eingebunden werden, wie z.B. als UPnP Streaming Server, was auch den Szenarien der DLNA entsprechen würde.
Kritik an den unfallpräventiven Anwendungen
Die größeste Kritik an den unfallpräventiven Car2Car Applikationen ist, das das nichtvorhandensein einer Warnmeldung nicht bedeutet, das keine Gefahr auf der Fahrtstrecke besteht. Selbst wenn die Car2Car Technik ab einem Stichtag auf gesetzlicher Basis verpflichtet eingeführt werden würde, würde auch nach über 10 Jahren weniger als 70% aller Kfz in Deutschland über diese Technik verfügen. Auch im unwahrscheinlichen Fall das alle Kfz mit dieser Technik ausgestattet sein würden, auch Oldtimer, würden Radfahrer und Fußgänger ggf. zu den neuen Gefährdeten gehören. Dies, da Führer von Kfz fälschlicherweise davon ausgehen könnten das eine nicht vorhandene Warnung auch keine Gefahr voraus bedeutet, was aber kreuzende Fußgänger oder gestürzte Radfahrer nicht mit einbeziehen würde. Ähnliche Gründe werden auch gegen das Tagfahrlicht angeführt - die Wahrnehmung der Kfz untereinander wird vergrößert, aber unbeleuchtete Fußgänger und Radfahrer werden leichter übersehen.
Datenschutz und Sicherheit
Um eine mutwillige Fälschung oder Manipulation der ausgesendeten Warnmeldungen zu verhindern müssten die gesendeten Meldungen eine elektronische Signatur haben und empfangenen Meldungen auf eine gültige Signatur geprüft werden. Dabei sollte aber die Anonymität der Kfz Benutzer nicht verletzt werden. Wie der Missbrauch von Car2Car Sendeeinheiten aus älteren Kfz verhindert werden soll, ohne das jedes Kfz über ein eigenes Digitales Zertifikat verfügt, was im Zweifelsfall auch widerrufen werden kann ist noch nicht geklärt. Eine Lösung ähnlich der Geldkarte wäre möglich, würde aber bedeuten, dass Behörden letztendlich immer noch die Identität der sendenden Kfz feststellen können.
In den aktuellen Verfahren, die im Projekt Network-On-Wheels genutzt werden, sendet jedes Fahrzeug dazu noch eine zyklische Botschaft im Abstand von wenigen Sekunden aus, die eine Fahrzeug-ID, die Geschwindigkeit, Richtung und Position enthält. Auf Basis dieser Informationen könnten zum Beispiel gezielt Fahrprofile aber auch elektronische Strafzettel bei Geschwindigkeitsüberschreitung oder überqueren einer roten Ampel erstellt werden. Dies ist möglich, wenn zum Beispiel eigenständige Empfangseinrichtungen an Ampeln oder in (Polizei-) Fahrzeugen die Car2Car Daten empfangen würden. Das Aussenden dieser zyklischen Botschaften, auch Beacon genannt, wird deshalb kritisch betrachtet. In diesem Zusammenhang ist auch eine fahrzeugbezogene Signatur der ausgesendeten Botschaften kritisch zu bewerten.
Da ein Car2Car fähiges Kfz öffentlich ausgesendete Nachrichtenpakete ggf. unbekannter Herkunft empfängt und verarbeitet, ist das Kfz oder ein designiertes Steuergerät auch gegen manipulierte Nachrichtenpakete und darauf basierende Buffer overflow Angriffe zu schützen.
Weblinks
- Car2Car communication Consortium (EU-Projekt)
- Network on Wheels (BMBF-Projekt)
- CoCar: Cooperative Cars (BMBF-Projekt)
- Hessen siehe "Sichere Intelligente Mobilität - Testfeld Deutschland SIM-TD
- BMBF siehe "Sichere Intelligente Mobilität - Testfeld Deutschland SIM-TD
- SOTIS Self Organizing Traffic Information System
- Vehicle Infrastructure Initiative - Car2Car Aktivitäten im Rahmen des US DOT
- Digital Living Network Alliance