Norilsk
Norilsk (russisch Норильск) ist eine Stadt in Russland und liegt im Nordwesten des Mittelsibirischen Berglandes. Die Stadt hat 129.800 Einwohner (Stand: 2004). Die geographischen Koordinaten sind: 69,34° Nord, 88,22° Ost. Somit ist Norilsk die nördlichste Großstadt der Welt.
In Norilsk werden vor allem Nickel-, Kupfer-, Kobalt- und Platinerze sowie Steinkohle abgebaut. Die Erze mit bis zu 35% Schwefel werden vor Ort verhüttet und teilweise auch raffiniert.
Norilsk wurde 1935 gegründet und ist seit 1953 Stadt. In den ersten beiden Jahrzehnten wurde Norilsk, sowie das dortige Nickelkombinat fast ausschließlich von Gefangenen gebaut und betrieben, die in dem von 1935 bis 1956 bestehenden "Norilsker Besserungsarbeitslager" (russische Kurzform: Noril'lag) inhaftiert waren. Die Insassenzahl dieses Lagers stieg bis zu Stalins Tod 1953 stetig an und erreichte in den frühen 1950er Jahren etwa 70.000 Personen.
Von 1948 bis 1954 existierte in Norilsk zudem das "Speziallager Nr. 2" (auch: "Gornyj lager'" / "Gorlag"), in dem zusätzlich ca. 20.000 (fast ausschließlich "politische") Häftlinge unter besonders strengen Haftbedingungen interniert waren. Im Sommer 1953, wenige Monate nach Stalins Tod, traten die Insassen dieses Lagers in einen mehrmonatigen Häftlingsaufstand. Unter anderem forderten sie eine Lockerung der Haftbedingungen, eine strafrechtliche Verfolgung von durch das Lagerpersonal verübten Verbrechen, sowie eine generelle Überprüfung der Fälle aller für politische ("konterrevolutionäre") Vergehen verurteilten Gefangenen. Eine eigens aus Moskau angereiste Kommission stellte Zugeständnisse in vielen, jedoch nicht allen Punkten in Aussicht. In einigen der Lagerabteilungen nahmen die Häftlinge daraufhin die Arbeit wieder auf. Nachdem die Lageradministration jedoch damit begann, die Organisatoren des Aufstands von den übrigen Häftlingen zu isolieren, traten viele dieser Häftlinge erneut in Ausstand. Die Lageradministration brach daraufhin den Widerstand, indem sie jede einzelne Lagerabteilung von Wachtruppen und Einheiten des Innenministeriums stürmen ließ, wobei Dutzende Gefangene zu Tode kamen. Viele der am Aufstand beteiligten Häftlinge wurden systematisch mißhandelt, vereinzelt wird auch von Erschießungen berichtet. Über tausend am Aufstand beteiligte Häftlinge wurden in andere Gefangenenlager verlegt.
Im nahegelegenen (120 km) Dudinka befindet sich ein Flusshafen am Jenissej zur Verschiffung des verhütteten und raffinierten Erzes. Zwischen den beiden Orten existiert eine Bahnlinie.
Norilsk ist mit 20% der russischen Schadstoffemissionen der größte Einzelverschmutzer der Welt. Vor 1993 wurden etwa 3,6 Millionen t Schwefeldioxid (SO2) pro Jahr emmittiert. Dies entspricht ungefähr dem gesamten Ausstoß aller thermischen Kraftwerke der USA Anfang der 1990er Jahre.
In der Stadt vorhandene weiterführende Bildungseinrichtungen
- Filiale des Moskauer Instituts für Unternehmertum und Recht
- Kolleg für Management und Recht
- Norilsker Industrielles Institut
- Norilsker Ökonomisches Institut
Literatur:
- Simon Ertz: Building Norilsk, in: The Economics of Forced Labour: The Soviet Gulag, ed. by Paul Gregory, Stanford: Hoover Institution Press, 2003, S. 127–150, siehe: [1]
- Leonid Borodkin, Simon Ertz: Coercion versus Motivation: Forced Labor in Norilsk, in: The Economics of Forced Labour: The Soviet Gulag, ed. by Paul Gregory, Stanford: Hoover Institution Press, 2003, pp. 75-104, siehe: [2]