Nabucco-Pipeline
Das Nabucco-Pipeline-Projekt sieht den Bau einer Erdgaspipeline beginnend in der Türkei bis in das österreichische Baumgarten an der March nahe der slowakischen Grenze, wo das zentrale Verteilerzentrum der OMV für Erdgas liegt, vor. Die Pipeline soll ca. 5 Milliarden Euro kosten, die durch ein Bankenkonsortium aufgebracht werden. Sie ist in einer Länge von ca. 3300 km und einem Durchmesser von ca. 1,42 m geplant[1]. Die Fertigstellung soll nach derzeitigen Plänen bis 2013 erfolgen. Die Pipeline soll die EU mit den kaspischen und iranischen Erdgasvorkommen verbinden und so neue Gasquellen für Europa zu erschließen. Im EU-Programm Transeuropäische Netze gilt die Pipeline als eines der vier wichtigsten Vorhaben beim Ausbau des europäischen Energieleitungsnetzes.
Notwendig wird dieses Projekt durch den steigenden Erdgasbedarf der EU sowie den politischen Wunsch einer Diversifizierung der Erdgasquellen, um die Abhängigkeit von russischen Lieferungen zu vermindern. Europa verbrauchte 2006 rund 500 Milliarden Kubikmeter Erdgas. Nach Schätzungen der Internationalen Energieagentur und des Branchenverbands Eurogas könnte der Bedarf bis 2030 auf ca. 800 Milliarden Kubikmeter steigen. Dem gegenüber steht eine sinkende Eigenproduktion in Europa selbst. Dadurch ist die Erschließung neuer Erdgasquellen ein wichtiger Beitrag zur Energieversorgungssicherheit Europas.
Beteiligte
Initiator des Projektes ist die österreichische OMV AG. Eigentümer sind neben der OMV Gas International GmbH die MOL aus Ungarn, S.N.T.G.N. Transgaz S.A. aus Rumänien, Bulgargaz-Holding EAD aus Bulgarien und BOTAŞ Petroleum Pipeline Corporation aus der Türkei. Die Entscheidung für einen weiteren sechsten Partner ist im Februar 2008 auf RWE gefallen. Der entsprechende Vertrag wurde am 5. Februar 2008 in Wien unterzeichnet. Bis dahin hielt jeder der Beteiligten einen Anteil von 20 % an der Nabucco Gas Pipeline International GmbH. Möglicherweise könnte im Lauf des Jahres 2008 noch ein weiterer Partner in das Konsortium aufgenommen werden.
An den Kosten beteiligen wird sich auch die Europäische Investitionsbank (EIB). Zur Absicherung der Finanzierung des Projektes streben die beteiligten Unternehmen ein „intergovernmental agreement“ zwischen den betroffenen fünf Staaten an. Die endgültige Bauentscheidung wird 2008 fallen.
Trotz seiner Beteiligung am Nabucco-Konsortium hatte Ungarns Ministerpräsident Ferenc Gyurcsány im März 2007 überraschend seine Präferenz für die Verlängerung der russischen Bluestream-Pipeline nach Mitteleuropa kundgetan, welches der Gazprom (neben bestehenden Leitungen über Weißrussland und die Ukraine sowie der geplanten Ostseepipeline) einen weiteren Zugang zum europäischen Markt geboten hätte. Dieses Projekt ist mittlerweile nicht mehr aktuell. Statt dessen wird voraussichtlich die Gaspipeline South Stream verwirklicht. Sie soll von Russland durch das Schwarze Meer zunächst nach Bulgarien führen. Der südliche Strang wird über Griechenland nach Italien geführt, der nördliche - mit Nabucco direkt konkurrierende - über Serbien nach Ungarn. [2]
Projektierung
Die Durchführung des Projektes soll über nationale Gesellschaften erfolgen, die als Tochtergesellschaften der Nabucco Gas Pipeline International GmbH derzeit in Gründung begriffen sind (Österreich, Ungarn, Rumänien und Bulgarien gegründet; Türkei in Gründung). Mit der Bestellung der britischen Firma Penspen als Generalingenieur Anfang Jänner 2008 geht das Projekt nunmehr in die technische Detailplanung. Diese soll mit Jahresende abgeschlossen werden. Nach Beendigung der ersten Bauphase 2013 wird nach den Plänen der Nabucco Gas Pipeline International GmbH mit einer Anfangskapazität von jährlich acht bis zehn Milliarden Kubikmeter begonnen werden. Der Markt soll in weitere Folge die Ausbaugeschwindigkeit auf die maximale technische Kapazität von rund 31 Milliarden Kubikmeter pro Jahr mitentscheiden. Die ersten Lieferungen könnten aus Aserbeidschan kommen, darüber hinaus bestehen derzeit keinerlei Lieferzusagen. In der Diskussion ist die Einspeisung von turkmenischem, irakischem und vor allem iranischen Gas.
Wirtschaftskonzept
Als Logistikprojekt bietet die Nabucco-Pipeline technische und die logistische Infrastruktur für Gastransporteure („shippers“), kauft aber selber kein Gas. Potentielle Gastransporteure müssen daher selbst entscheiden, woher sie das Gas beziehen wollen und daher auch Lieferverträge abschließen. Die Nabucco-Gesellschaft schließt ihrerseits daher Transportverträge mit den entsprechenden Transportkunden ab. Hier besteht bereits großes Interesse am Markt und es gibt bereits eine Reihe von unterfertigten Absichtserklärungen.
Siehe auch
- Russisch-ukrainischer Gasstreit
- Energiewirtschaft Russlands
- Österreichische Energiewirtschaft
- Energiepolitik der Europäischen Union
Quellen
Weblinks
- Bericht über das Projekt
- Homepage des Nabucco-Pipeline-Projektes
- Interview mit dem Geschäftsführer von OMV Gas
- Europa sucht nach Alternativen zu russischem Gas
- Trauerspiel Nabucco
- Die „Nabucco”-Gaspipeline als Teil der EU-Energieaußenpolitik – vom Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestags