Jean-Jacques Rousseau


Jean-Jacques Rousseau (* 28. Juni 1712 in Genf, † 2. Juli 1778 in Ermenonville bei Paris) war ein französischer Schriftsteller und Philosoph schweizerischer Abstammung. Er wird u.a. zu den ersten Frühsozialisten gezählt.
Leben
Rousseaus Mutter starb bald nach seiner Geburt, sein Vater, ein Genfer Uhrmacher, übergab ihn im Alter von 10 Jahren der Obhut seines Onkels, der ihn 1722 wiederum zu einem calvinistischen Pfarrer weiterschickte, bei dem er eine unglückliche Kindheit verlebte. Der junge Rousseau probierte es mit einer Schreiber- und einer Graveurlehre. Mit 15 Jahren brach er seine Lehre ab und verließ seine Heimatstadt. Nach kurzer Wanderschaft landete er in einem Hospiz in Turin, in dem er zum katholischen Glauben übertrat. Dazu überredete ihn Françoise-Louise de Warens, deren Schüler und jugendlicher Liebhaber er wurde. Nach erfolglosen Versuchen, in ein Priesterseminar aufgenommen zu werden, durchwanderte er 1730 die Schweiz und Frankreich. Er verdiente dabei seinen Lebensunterhalt durch Musikunterricht, bis er sich schließlich 1742 in Paris niederließ, wo er dann einige Jahre später Denis Diderot kennenlernte. Hierdurch wurde Rousseau zu einem der zahlreichen Mitarbeiter der Encyclopédie. Er verfasste einige Artikel über Musik, seine große Leidenschaft, und einen über die politische Ökonomie.
Durch die Veröffentlichung seines Romans Émile ou de l'éducation und des Contrat Social (1762) geriet er in Konflikt mit der Obrigkeit, weswegen er 1766 auf Einladung David Humes nach England floh. 1767 kehrte er unter einem Decknamen nach Frankreich zurück, wo er ein Jahr später seine langjährige Geliebte Thérèse Levasseur heiratete. Seine eigenen fünf Kinder kamen ins Findelhaus und blieben in ihrer Erziehung der öffentlichen Fürsorge überlassen.
Die sterblichen Überreste Rousseaus sind beigesetzt im Pariser Panthéon.
Denken
Rousseau macht die Gesellschaft dafür verantwortlich, dass der Menschheit die natürlichen Stärken verloren gingen. Die Gesellschaft dient dem einzigen Zweck, Eigentum und Macht der Besitzenden zu sichern. Das Eigentum führt jedoch zu Ungleichheit und Unfreiheit. Er fordert, dass den Menschen die „Ungewissheit, die Unschuld und die Armut“ zurückgegeben werden solle, damit sie von den Übeln des wissenschaftlichen Fortschritts erlöst sei. In seinen Werken setzt er sich mit dem Problem auseinander, wie eine Erziehung ohne negative Beeinflussung durch die Gesellschaft möglich sein könnte (siehe sein Werk: Emile oder Über die Erziehung.) Damit beeinflusste er u.a. Leo Tolstoi und dessen Bauernschule von Jasnaja Poljana.
Anders als die Masse der Aufklärer fordert Rousseau nicht, den Verstand zu gebrauchen. Vielmehr will er den Menschen dazu bringen, auf sein Gefühl zu vertrauen. Da für ihn jeder Mensch ein natürliches Kontrollorgan (Gewissen) besitzt, haben Entscheidungen, die er unbeeinflusst trifft stets gute Absichten. Die Übel, die man in der Welt findet, sind auf Handlungen zurückzuführen, die von der Gesellschaft beeinflusst wurden.
Der Mensch ist ergo durch die Vergesellschaftung ein Gefangener geworden. Aus diesem Grund forderte Rousseau die Volkssouveränität, da „der Gehorsam gegenüber dem Gesetz, das man sich selbst vorschreibt, Freiheit sei“.
Demokratietheorie
Ausgangspunkt von Rousseaus Demokratietheorie ist das Bestehen eines gemeinsamen Willens des Volkes (volonté générale), der zugunsten des allgemeinen Wohls ausgerichtet ist und sich von dem gesamten Willen des Volkes (volonté de tous) insofern abhebt, als dass keine Sonderinteressen Einzelner (volonté particulière) vorhanden sind. Das Gemeinwohl kann nur durch vernunftgetragene Diskussionen herausgebildet werden und ihm entsprechend wird regiert.
Zu seiner Zeit galt Rousseau mit seinen Auffassungen und Forderungen als revolutionär, seine Theorien wurden oft kritisiert, aber später auch aufgegriffen und neu interpretiert. Er wandte sich strikt gegen die aufkommende repräsentative Demokratie aber auch gegen Montesquieus Gewaltenteilung oder John Lockes und Adam Smiths ökonomische Lösungsstrategie. Stattdessen stellte er sich die Demokratie als freie Vereinbarung und Selbstverwaltung mit starkem basisdemokratischen Fundament vor. Er lehnte somit den Souveränitätstransfer z.B. an ein gewähltes Parlament kategorisch ab. Somit ist seine Demokratiekonzeption als Identitätstheorie zwischen Herrschenden und Beherrschten zu sehen und deshalb als radikal-direktdemokratisch einzustufen.
Pädagogik
In Rousseaus pädagogischen Hauptwerk Emile wird die fiktive Erziehung eines Zöglings (Emile) Rousseaus beschrieben. Die Erziehung beginnt im Kindesalter und erstreckt sich bis zum ca. 25. Lebensjahr, dann heiratet Emile seine Sophie. Die Kindheit ist zunächst das Alter der Natur, in dieser Zeit lernt Emile v.a. die Naturwissenschaften kennen. Dann folgt der Abschnitt der Pubertät und schließlich das Alter der Vernunft: die Jugendzeit. Erst jetzt kann man an den Zögling mit geistigen „Inhalten“ (Philosophie, Religion, Politik,...) herantreten. Viele Pädagogen nach Rousseau verkennen die Bedeutung die er der Natur beimisst und setzten Erziehung mit Entwicklung gleich (z.B. Maria Montessori, Ellen Key). So wie sich die Natur selbständig entwickelt soll sich auch das Kind einfach entwickeln und jegliche Eingriffe von außen sind zu unterlassen. Rousseau versteht unter „natürlicher Entwicklung“ aber die Herausbildung der menschlichen Vernunft und nicht die Entwicklung eines urwüchsigen Wilden der in der Natur haust. Rousseau betont zwar immer wieder die Selbständigkeit des Zöglings der sich vieles selbst aneignet (das Ziel, das der Erzieher vor Augen hat, ist ihn zum Menschen zu erziehen und das ist schwierig genug) wenn es denn für ihn nützlich ist; die eigentliche Kunst der Erziehung aber besteht darin, dass der Zögling nur das will was er wollen soll. Er wird also doch indirekt durch den Erzieher Rousseau geleitet.
Seine Theorien besonders bezüglich der Erziehung beeinflussten wichtige Persönlichkeiten wie Giovanni Bosco und Johann Heinrich Pestalozzi.
Weblinks
- Artikel im Biographisch-Bibliographischen Kirchenlexikon
- Gert Pinkernell: Artikel in Namen, Titel und Daten der franz. Literatur, Teil.1, http://www.pinkernell.de/romanistikstudium
Personendaten | |
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NAME | Rousseau, Jean-Jacques |
KURZBESCHREIBUNG | französischer Schriftsteller und Philosoph |
GEBURTSDATUM | 28. Juni 1712 |
GEBURTSORT | Genf |
STERBEDATUM | 2. Juli 1778 |
STERBEORT | Ermenonville bei Paris |