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Hamburg-Niendorf

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Lage des Stadtteils

Niendorf

Lage des Bezirks

Eimsbüttel

Datei:Pincerno - Niendorf 2008.gif
Basisdaten
Bundesland: Hamburg
Bezirk: Hamburg-Eimsbüttel
Geografische Lage: 53° 37′ 4″ n. B.
9° 57′ 1" ö. L.
Fläche: 12,7 km²
Einwohner: 39.861 (2004)
Bevölkerungsdichte: 3.139 Einwohner je km²
Vorwahl: 040
Kfz-Kennzeichen: HH

Niendorf ist ein Stadtteil der Freien und Hansestadt Hamburg. Er gehört zum Bezirk Eimsbüttel und liegt zwischen Schnelsen, Lokstedt und dem Flughafen (Hamburg Airport) in Fuhlsbüttel.

Geografie

Niendorf liegt im Nordwesten Hamburgs an der Grenze zu Schleswig-Holstein. Im Westen liegen die Stadtteile Eidelstedt und Schnelsen, im Süden Stellingen und Lokstedt. Die südliche und westliche Grenze bildet die Kollau, die in Groß Borstel in die Tarpenbek mündet. Östlich wird Niendorf vom Flughafengelände in Fuhlsbüttel begrenzt.


Geschichte

Vorgeschichte

Das Ortsgebiet war spätestens seit der mittleren Steinzeit besiedelt. Zwei große Siedlungsplätze bestanden von der Mittel- bis zur Jungsteinzeit im Norden in der Nähe der Moorgebiete. Alte Flurkarten verzeichnen auch bronzezeitliche Grabhügel; diese sind nicht erhalten geblieben. Sofern sie nicht der Landwirtschaft oder Neubauvorhaben im Wege standen, wurden sie spätestens bei der Flughafenerweiterung eingeebnet. In der Eisenzeit verlagerte sich die Siedlung nach Süden. Auf dem alten Friedhof fanden sich Topfscherben, Eisenschlacken und ein Mahlstein. Ein Flurstück nordöstlich davon hieß noch im 18. Jahrhundert „Ohl Dörp“. Als die hier gelegene Siedlung unterging, entstand das „neue Dorf“ am Tibarg, dem heutigen Stadtteilzentrum.

Mittelalter und Frühe Neuzeit

Das älteste schriftliche Dokument über das Niendorfer Gebiet stammt von 1184 und erwähnt den Kollauer Hof, ein Gehöft am Zusammenfluss von Kollau und Tarpenbek, als Eigentum des Bremer Erzbischofs Siegfried. Niendorf selbst wurde 1343 erstmals urkundlich erwähnt; in diesem Jahr schenkte Bürger Hinrich Halstenbeke sein Eigentum im besagten Dorf dem Hamburger Domkapitel. Der Ort war Teil des Kirchspiels Eppendorf; 1347 verzeichnet das Register des Eppendorfer Pfarramtes in Niendorf sechs steuerpflichtige Bauernstellen. Die weltliche Obrigkeit der Niendorfer war eine Seitenlinie des Hauses Schauenburg. Das Bauerndorf gehörte zur Grafschaft Holstein-Pinneberg. Ab 1640 war es Teil der Pinneberger Waldvogtei in der Herrschaft Pinneberg und stand unter der Oberhoheit Dänemarks.

Am Ende des 18. Jahrhunderts gelangte der kleine Ort zu einer gewissen Bedeutung, als König Christian VII. die dänischen Grenzdörfer aus der Hamburgischen Kirchenorganisation herauslöste und 1768 in Niendorf ein neues Kirchspiel gründete. 1770 wurde die Niendorfer Marktkirche geweiht, seit 1795 gab es zwei große Vieh- und Krammärkte. Neben der Landwirtschaft war die Gewinnung von Torf aus den großen Mooren auf der Niendorfer Gemarkung eine lukrative Einnahmequelle. Die Stecher verkauften das Torf nach Hamburg und Altona, wo die Bier-, Essig- und Branntweinbrenner große Mengen davon brauchten.

Vom 19. Jahrhundert bis heute

1848 versuchten die Schleswig-Holsteiner vergeblich, sich gegen die dänische Herrschaft zu erheben, woran seit 1898 eine Doppeleiche auf dem Tibarg, der Niendorfer Einkaufsstraße, erinnert. Daneben steht ein Gedenkstein mit der Aufschrift: "1848-1898 Up ewig ungedeelt" (Hochdeutsch: "Auf ewig ungeteilt"). Nach dem Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 wurde Niendorf 1867 preußisch.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden zahlreiche Villen und Bürgerhäuser, als wohlhabende Hamburger Niendorf zunächst als Sommersitz und später als Wohnort für sich entdeckten. 1903 entstand im Auftrag des Direktors der Hamburg-Amerika-Linie, Johann Theodor Merck, eine große Villa mit Park im Niendorfer Gehege. Ganz in der Nähe errichtete die Bankiersfamilie Berenberg-Gossler 1909 bis 1911 ein Sommerhaus in Stil einer Jagdhütte, das 1923/24 zum ständigen Wohnsitz erweitert wurde. Beide Gebäude stehen inzwischen unter Denkmalschutz. 1927 schloss sich Niendorf mit den Nachbargemeinden Lokstedt und Schnelsen zu einer Großgemeinde zusammen. Sie wurde am 26. Januar 1937 durch das sogenannte Groß-Hamburg-Gesetz aus dem preußischen Kreis Pinneberg ausgegliedert und der Hansestadt zugeschlagen. Im Juli 1943 wurden bei dem verheerenden Bombenangriff auf Hamburg ("Operation Gomorrha") auch viele strohgedeckte Häuser in der Ortsmitte zerstört.

Die Trockenlegung und Abtorfung der großen Niendorfer Moorgebiete nach dem Kriege und die Umwandlung der wenig rentablen Äcker und Wiesen in Bauland machten Niendorf zu einem der großen Wohngebiete Hamburgs mit rund 40.000 Einwohnern. Vorher lag der Grundwasserspiegel in Niendorf um mehrere Meter höher und es gab viele Quellen, die auch Niendorfs erste Badeanstalt – das Quellbad am Sootbörn – noch bis 1960 speisten.

Angeregt durch Ortsamt und Ortsausschuss erwarb die Stadt Hamburg die vielen privaten Flächen des Niendorfer Geheges und machte hieraus den heutigen Stadtwald. Das Niendorfer Gehege und die Eidelstedter und Schnelsener Feldmark sind zentral gelegene Freizeit- und Erholungsgebiete für alle Hamburger.

Politik

Für die Wahl zur Hamburgischen Bürgerschaft und der Bezirksversammlung gehört Niendorf zum Wahlkreis Lokstedt-Niendorf-Schnelsen.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Am Niendorfer Gehege gelegene Kirche

Kirche am Markt

Die 1770 geweihte Kirche am Niendorfer Markt gilt nach dem Michel als bedeutendstes Barockbauwerk Hamburgs.

Künstlerhaus Sootbörn

Seit 1993 gibt es in der Straße "Am Sootbörn" ein Künstlerhaus mit Ateliers und wechselnden Ausstellungen. Das Gebäude war 1927 bis 1929 als Schule errichtet worden. Architekten waren die Hamburger Gebrüder Langloh. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Unterricht wegen des Fluglärms vom unmittelbar angrenzenden Flughafen Fuhlsbüttel unmöglich. Wegen der Flugsicherheit mussten zudem zwei der ursprünglichen drei Stockwerke abgetragen werden.

Niendorfer Gehege

In Niendorf liegt der Stadtwald Niendorfer Gehege, in dem die "Schutzgemeinschaft Deutscher Wald" ansässig ist. Westlich schließt sich daran die Eidelstedter Feldmark an.

Wirtschaft, Sozial- und Infrastruktur

Niendorf hat eine ausgewogene Sozialstruktur. Das Durchschnittseinkommen liegt etwas über dem Hamburger Mittelwert, der Anteil der Hartz IV-Empfänger lag 2007 bei 4,9 Prozent (Hamburger Durchschnitt: 11,8 Prozent). Niendorf ist überwiegend mit Einfamilienhäusern bebaut, es gibt aber auch Wohnblocks und in Niendorf-Nord eine Hochhaussiedlung. Niendorf hat ein gut ausgebautes Netz von Schulen, mit mehreren Grundschulen, Haupt- und Realschulen, Gymnasien und einer Gesamtschule. Der Sportverein, NTSV (Niendorfer Turn- und Sportverein), wurde 1919 gegründet, und verfügt über ein reichhaltiges Angebot an verschiedenen Sportarten. Seit 1990 spielen die Hamburg Dodgers Base- und Softball im NTSV.

Verkehr

Durch die 1985 eingeweihte und 1991 bis Niendorf-Nord verlängerte U-Bahn-Linie 2 und den Metro-Bus 5 ist der Stadtteil gut an die Innenstadt angebunden. Belastungen für die Wohnqualität bringt die Nähe zum Flughafen Hamburg-Fuhlsbüttel und die vielbefahrene Bundesstraße 447 mit sich, die zur nahegelegenen Bundesautobahn 7 führt. Von 1907 bis 1978 fuhr die Straßenbahn nach Niendorf.


Der Tibarg

Zentrum Niendorfs ist der Tibarg, eine Fußgängerzone mit vielen Geschäften, dem Busbahnhof, der U-Bahn-Station und dem Ortsamt Lokstedt. Der Name Tibarg erinnert an das Thing, den Versammlungsort der Germanen. Die Läden entstanden erst nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs. Vorher prägten Bauernhöfe und Wohnhäuser die Straße, bis 1963 gab es noch einen Hufschmied. Am nördlichen Ende hat sich das 2002 eröffnete Tibarg-Einkaufscenter zu einem Anziehungspunkt entwickelt, im Süden des Tibarg dagegen haben sich neben den etablierten Fachgeschäften mehrere Billig-Discount-Geschäfte etabliert.

Prominente Niendorfer

Einer der (zeitweise) reichsten Deutschen wohnt in Niendorf: Der Hamburger Milliardär und Investor Karl Ehlerding hat hier sein Haus. 2006 geriet seine Beteiligungsgesellschaft WCM in finanzielle Schwierigkeiten. In den 1960er-Jahren lebte der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki in einer, wie er schreibt, "bescheidenen und sehr engen Wohnung" im Ubierweg in Niendorf. Der Schauspieler Til Schweiger hat 2003 die alte Merck-Villa im Niendorfer Gehege gekauft und lebte dort zeitweilig mit seiner Familie. Auch Rocksängerin Suzi Quatro hat ein Haus in Niendorf und die Schauspielerin Evelyn Hamann besuchte das örtliche Bondenwald-Gymnasium. Auf dem alten Friedhof in Niendorf ist sie beigesetzt, in der Nähe des Grabes ihrer Mutter. Stefan Effenberg ist in Niendorf im Keltenweg aufgewachsen, wo die Eltern noch heute wohnen. Er besuchte die nahegelegene Realschule Sachsenweg, war allerdings kein Spieler beim Niendorfer Turn und Sportverein, sondern bei Viktoria und später in Bramfeld. Der Spieler des VfL Wolfsburg Alexander Laas stammt aus Niendorf.

Niendorf in der Romanliteratur

Ildikó von Kürthy beschreibt in ihrem Roman "Herzsprung" aus dem Jahre 2001 das Niendorfer Gehege als einen der "Glücks- und Liebesorte" ihrer Heldin: "Die Waldlichtung im Niendorfer Gehege, wo wir uns unbeobachtet glaubten - und erst beim Anziehen feststellten, dass wir das nicht waren." 2004 erschien der Krimi "Im Gehege" von Martina Borger und Maria Elisabeth Straub (früher Autorin der "Lindenstraße"), der in Niendorf spielt.


Literatur

  • Horst Grigat (Hrsg.): Hamburg-Niendorf von der Steinzeit bis zur Gegenwart. Selbstverlag, Hamburg 1972
  • Horst Grigat (Hrsg.): Hamburg-Niendorf von der Steinzeit bis zur Gegenwart, Band II 1971-1991. Selbstverlag, Hamburg 1991
  • Katharina Marut-Schröter / Jan Schröter: Niendorf Lokstedt Schnelsen im Wandel. Medien-Verlag Schubert, Hamburg 1992
Commons: Hamburg-Niendorf – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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