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Steuerrecht (Schweiz)

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Steuerrecht bezeichnet die Gesamtheit der in der Schweiz geltenden steuerlichen Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung. Geprägt wird das schweizerische Steuerrecht durch eine föderalistische Staatsstruktur und das weitgehende Fehlen einer einheitlichen, für das ganze Staatsgebiet geltenden, gesetzlichen Regelung der direkten Steuern.

Seit dem Jahr 2001 gilt das Steuerharmonisierungsgesetz (kurz StHG). Der Zweck des StHG ist es, eine formelle Steuerharmonisierung unter den 26 verschiedenen kantonalen Steuergesetzen zu erreichen. Jeder Kanton hat ein eigenes Steuergesetz und belastet Einkommen und Vermögen. Zusätzlich gibt es auf Ebene der Gemeinden noch eine abgeleitete Steuerhoheit.

Verfassungsmässige Grundsätze

Die Bundesverfassung (BV) statuiert in Art. 127 Grundsätze der Besteuerung, welche für Bund und Kantone gelten:

  • Legalitätsprinzip: Der Gegenstand einer Steuer, der Kreis der Steuerpflichtigen und die Steuerbemessung sind in einem Gesetz im formellen Sinn festzulegen.
  • Allgemeinheit der Besteuerung, Gleichmässigkeit der Besteuerung, Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit: Diese Grundsätze sind eine Konkretisierung der in Art. 8 BV verankerten Rechtsgleichheit.
  • Verbot interkantonaler Doppelbesteuerung

Steuern des Bundes

Die schweizerische Eidgenossenschaft erhebt sowohl direkte Steuern als auch indirekte Steuern.

Als direkte Steuern werden erhoben:

Steuerart
Einkommensteuer der natürlichen Personen und als Gewinnsteuer bei den juristischen Personen
Verrechnungssteuer als Sicherungssteuer im Sinne der Kapitalertragsteuer
Spielbankenabgabe
Militärpflichtersatz als Ausgleichsleistung von untauglichen Männern für die nichterfüllte Wehrpflicht

Als indirekte Steuern werden erhoben:

Steuerart
Mehrwertsteuer als Mehrwertsteuer mit Normalsatz 7,6%, reduziertem Satz 2,4% und Mischsatz 3,6% (Stand: 2005)
Stempelabgaben als Rechtsverkehrssteuern (z.B. Emissionsabgabe auf die Ausgabe von Aktien)
Tabaksteuer
Biersteuer
Gebrannte Wasser als Steuer auf Spirituosen
Mineralölsteuer
Automobilsteuer
Zölle

Steuern der Kantone

Die 26 Kantone und Halbkantone der Schweiz erheben ebenfalls direkte und indirekte Steuern:

Als direkte Steuern werden erhoben:

Als indirekte Steuern werden erhoben:

Steuern der Gemeinden

Die rund 3000 Gemeinden in der Schweiz haben ebenfalls eine abgeleitete Steuerhoheit. Sie erheben ebenfalls direkte und indirekte Steuern:

Als direkte Steuern werden erhoben:

Als indirekte Steuern werden erhoben:

Die obige Aufstellung soll und kann nicht abschliessend sein. Es bleibt zu erwähnen, dass manche oben genannten Steuern nicht in allen Kantonen erhoben werden. Als Beispiel sei hier die Erbschaft- und Schenkungsteuer genannt, welche in manchen Kantonen exzessiv (z.B. Genf) und in manchen Kantonen gar nicht (z.B. Schwyz) erhoben werden.

Steuerdisparitäten in der Schweiz

Das föderalistische Steuersystem bewirkt einen enormen Steuerwettbewerb und daraus resultierend eine sehr unterschiedliche Steuerbelastung in den verschiedenen Kantonen, aber auch zwischen den Gemeinden. Die Kantone und Gemeinden unterscheiden sich in den Steuersätzen, aber auch in der Berechnung des steuerbaren Einkommen. Dazu kommen unterschiedliche indirekte Steuern und Gebühren.

Während in den Kantonen Uri[1],, Zug, Nidwalden, Tessin und Schwyz wenig Steuern bezahlt werden müssen, liegen am anderen Ende der Skala die Kantone Jura und Wallis. Die Steuerbelastung im Kanton Obwalden hat sich in den letzten Jahren total verändert. Vom teuersten ist er durch eine massive Senkung der Steuersätze und der Einführung der Degressiven Besteuerung per 1. Januar 2006 zum tendenziell steuergünstigsten Kanton der Schweiz geworden, bevor das Bundesgericht die degressive Steuer am 7. Juni 2007 für verfassungswidrig erklärte, da sie dem in Art. 127 Abs. 2 BV verankerten Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit widerspreche.

Steuersystem und Steuerbelastung spielen entsprechend eine wichtige Rolle in der öffentlichen Diskussion, denn der Steuerwettbewerb wirkt als einnahmenseitiges Regulativ für die verschiedenen ausgabenseitigen Wettbewerbe (um das kulturelle Angebot, die Infrastruktur, den Verkehr, die Bildung, etc.), wie Steuersystematiker und Befürworter des Steuerwettbewerbs betonen. Kritiker wenden ein, dass der Druck zu niedrigeren Steuern irgendwann die wichtigen Aufgaben des Staates gefährde. Insbesondere Städte, die mit besonderen Kosten, sog. Zentrumslasten, Leistungen auch für das Umland erbringen, sehen im Steuerwettbewerb eine gefährliche Entwicklung.

Literatur

  • Peter Mäusli-Allenspach, Mathias Oertli; Das schweizerische Steuerrecht
  • Ernst Höhn, Robert Waldburger; Steuerrecht
  • Francis Cagianut, Ernst Höhn; Unternehmungssteuerrecht
  • Daniel R. Gygax, Thomas L. Gerber; Die Steuergesetze des Bundes

Referenzen

  1. Steuerverwaltung des Kantons Uri (19.12.2007): Neues Steuertarifsystem für den Kanton Uri (Medienmitteilung)