Zum Inhalt springen

Ahoi

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 21. März 2008 um 21:19 Uhr durch Aalfons (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Ahoi ist ein Signalwort, um ein Schiff oder Boot anzurufen. Es entstammt der deutschen Seemannssprache. Der Adressat wird vor- oder nachgestellt, z. B. „‚Pfeil‘ ahoi!“, „Ahoi ‚Pfeil‘!“. Der Ruf galt als veraltet, ist aber mit zunehmender Beliebtheit des Segelsports wieder gebräuchlicher. In Nebenbedeutungen dient ahoi als Gruß an eine Person, als Verabschiedung oder Warnung. Im deutschen Brauchtum wird ahoi als regionaler Karnevals- beziehungsweise Fastnachtsgruß verwendet. Die maritime Bezeichnung kommt in gleicher oder ähnlicher Schreibung in mehreren germanischen Sprachen vor; Ursprungswort ist das englische ahoy. Im Telefonverkehr in den USA setzte sich ahoy nicht gegen hello durch. Als Anrede oder Gruß ist ahoj in Tschechien und der Slowakei alltäglich.

Die Vorformen a und hoy

Der Ausdruck ist aus den beiden Bestandteilen a und hoy zusammengewachsen[1]. Die schallverstärkende Partikel a wurde gerufen, um weithin gehört zu werden. Zu hoy existieren Ableitungen aus dem Englischen und dem Niederländischen.[2]

Britische Wortforscher[3] führen hoy auf einen gleichnamigen Ruf zurück, der in England gebräuchlich war, um Tiere anzutreiben. Der früheste bekannte Beleg stammt von William Langland, der um 1393 in einem mittelenglischen Versepos schrieb: „And holpen to erie this half acre with `hoy! troly! lolly!“[4], auf Deutsch etwa: „Und half, diesen halben Acre mit Juchhe, tirili und tirila abzuernten.“ Seeleute benutzten hoy in der Nebenform hoay. Der schottische Dichter William Falconer, auch Autor eines nautischen Wörterbuchs, schrieb 1769: "If the master intends to give any order to the people in the main-top, he calls, Main-top, hoay! To which they answer, Holloa!",[5] deutsch sinngemäß: "Wenn der Kapitän den Matrosen oben im Großmast Befehle zu geben beabsichtigt, ruft er: 'Main-top, hoay!' Worauf sie antworten: 'Holloa!'"

Für eine Ableitung vom niederländischen Schiffstyp Hoie (siehe unten) fehlen Nachweise. Für die Herkunft aus dem Englischen, auch in Deutschland anerkannt[6], sprechen die alte Verwendung des Wortes als Ruf und der frühe Beleg sowie Zweifel an der Vermutung, dass eine einzelne Schiffsbezeichnung wortbildend sein konnte, selbst wenn sie verbreitet war.

Die einfachste Ansicht über ahoi hat der deutsche Germanist Gustav Goedel formuliert: „Man muss sich hüten, tiefere Bedeutungen suchen zu wollen, wo keine sind. Das Wort ist eine einfache Interjektion, weiter nichts, gebildet und gewählt von dem Bedürfnis weithin gehört zu werden“[7]

Funktional verwandt mit hoy ist eine ähnlich lautende Gruppe von Ausrufen und Grüßen im germanischen Sprachraum: mittel- und neuenglisch hey, die Parallelform hi, deutsch und niederländisch hei, schwedisch hej[8], ferner die niederländischen Grußform hoi [9] und die gleichlautende alemannische Anrede.


Verbreitung und Verwendung

Allgemeines

Seeleute benutzten das Wort sicherlich länger, als es gedruckt nachweisbar ist. Mündliche Quellen sind nur als Liedertexte erhalten, zu handschriftlichen Quellen etwa in den Nachlässen von Seefahrern fehlen Untersuchungen. Die gedruckten Quellen, die in den Großwörterbüchern der europäischen Sprachen zusammengetragen sind, haben deshalb hinsichtlich der zeitlichen und räumlichen Verbreitung der Ahoy-Wortfamilie nur begrenzte Aussagekraft.

Das englische ahoy stellt wohl die Ursprungsform dar und ist mit Erstbeleg von 1769 als seemännischer Begriff recht jung. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts ist die Wortgruppe um ahoy im Nord- und Ostseeraum dicht belegt. Im ganzen Verbreitungsgebietes als Interjektion benutzt, kommen in einzelnen Sprachen außerdem Verwendungen als Verb (z. B. englisch „to ahoy“, „ahoi sagen“)[10] und als Substantiv (z. B. schwedisch „ohoj“, „das Ahoi“)[11] vor. Unklar ist, wie sich das Wort in Hafenstädten und auf Schiffen mit internationaler Besatzung ausgebreitet hat, insbesondere wie ähnlich lautende Interjektionen die Übernahme in eine Nachbarsprache beeinflusst haben. Im schriftlichen Deutsch steht zwischen Anruf und Angerufenem kein Komma,[12] in anderen Sprachen ist dies uneinheitlich.[13]


Deutsch

Berufsschifffahrt

Auf Deutsch ist das Wort gedruckt erstmals in Heinrich Smidts Roman Michael de Ruiter. Bilder aus Holland's Marine (1846) nachgewiesen: „… bestieg herr van W. mit dem sprachrohr die galerie und rief mit starker stimme: ‚schiff ahoi!‘ nicht lange darauf erschien auf der hütte jenes schiffes ein mann.“[14] Die Handlung des Buchs spielt im 17. Jahrhundert; "ahoi" ist von Smidt in die Zeit gelegt worden.

In Deutschland im 19. Jahrhundert „insgesamt noch selten“[15], um 1910 eine „moderne Nachahmung“ des englischen ahoy[16], ist der Begriff dann ungebräuchlich geworden[17]. Als Warnruf setzte ihn Hans Fallada ein: „Ahoi! Ahoi! Mann über Bord“[18].

Wassersport

Mit zunehmender Beliebtheit des Wassersports seit den 1960er Jahren kam er besonders unter Freizeitseglern wieder auf. Seither wird ahoi! auch als Formelgruß an einen Funktionsträger an Bord benutzt, z. B. „Käptn ahoi!“, oder ganz ohne Zusatz. Die Verwendung gilt heute als unseemännisch, und „diesen Aufschrei [„ahoi!“] vermeiden Sie lieber ganz. Sein Gebrauch wird an Bord übel vermerkt und kann die ganze Sphäre des mühsam geschaffenen Vertrauens zerstören. Dieses schon gestorbene Wort haben die Schlagerdichter wieder aufpoliert“ [19].

Karneval/Fastnacht

„Ahoi“ ist wie „Helau“ und „Alaaf“ ein Ruf der Narren zu Karneval beziehungsweise Fastnacht. Nachdem Schiffer, Hafenarbeiter und Fischer des Binnenlandes den Ausdruck aus der Seemannssprache übernommen hatten, popularisierten ihn die Karnevalsvereine[20]. Jetzt grüßt die Besatzung des Narrenschiffs im Zug das närrische Volk am Straßenrand mit „Ahoi!“ und erhält denselben Gruß zurück. Traditionell ist er in der Kurpfalz verbreitet[21], etwa in Mannheim mit „Monnem“/„Mannem ahoi!“[22] und in Ludwigshafen[23], aber auch in angrenzenden Gebieten wie dem nordbadischen Unterlußheim[24] sowie im südthüringischen Wasungen mit „Woesinge ahoi“[25]. Auf dem Backfischfest der Fischerzunft in Worms wird ebenfalls mit „Ahoi“ gegrüßt[26]. Auch jüngere Karnevalsaktivitäten verweisen auf den Ruf[27][28].

Militär

Für die Benutzung von ahoi in der Kriegsmarine veröffentlichte der Sprachforscher Gustav Goedel 1902 genaue Regeln: „Wird bei Dunkelheit ein auf ein Kriegsschiff zukommendes Boot mit ahoi! angerufen und die Antwort lautet nein! nein! so ist kein Offizier im Boot; ja! ja! so ist ein Offizier oder im Offiziersrang Stehender darinnen; wird der Name des Schiffes geantwortet, so ist der Kommandant im Boot; heißt es ,Flagge'! so kommt ein Flaggoffizier (Admiral).“[29] Diese Vorschriften gelten auch in der U.S. Navy.[30] Die Rufe wurden 1893 erstmals geregelt; ähnliche Vorschriften existieren auch für die Royal Navy.[31]

„Nebel ahoi!“ ist der Schlachtruf der ABC-Abwehrtruppe der Bundeswehr und gehört zum offiziellen militärischen Brauchtum des Heeres.[32] Der Ruf geht auf die Nebeltruppe zurück, eine Kampfgruppe der Wehrmacht, die das Gefechtsfeld chemisch einzunebeln hatte,[33] und „entstand aus Freude über einen gelungenen Nebeleinsatz, wenn also der Nebel ,gut im Ziel lag'“.[34]


Englisch

Ursprünge

Als frühester englischer Beleg gilt ein Ausruf in Tobias Smolletts The Adventures of Peregrine Pickle (1751): „Ho! the house a hoy!“[35]. Die Verwendung ist noch nicht maritim. Der erste seemannssprachliche Beleg stammt aus William Falconers Marine-Wörterbuch von 1769: „The usual expression is, Hoa, the ship ahoay!“[36], deutsch: „Der übliche Ausdruck ist: "Hoa, Schiff ahoi!“

Im Text eines Arbeitsliedes der Matrosen, eines Shantys, war ahoy wahrscheinlich bereits 1789 öffentlich zu hören, als der englische Komponist und Schriftsteller Charles Dibdin (1745-1814) sein Varieté-Programm The Oddities in London aufführte.[37] Es enthielt sein Lied Ben Backstay über einen Bootsmann mit der Beschreibung: „And none as he so merrily / Could pipe all hands ahoy“,[38] deutsch sinngemäß: „Und niemand sonst konnte so fröhlich alle Matrosen an die Arbeit pfeifen“. Gedruckt erschien der Text erst 1826.[39]

Die Nebenform ohoy

Als Variante von ahoy ist 1885 gedruckt auch die Nebenform ohoy bezeugt.[40] Der Abenteuerschriftsteller Henry Rider Haggard schrieb in seinem Roman King Solomon's Mines[41] über einen englischen Adligen im Kampfgetümmel: „There he stood, the great Dane, ... his hands, his axe, and his armour all red with blood, ... and as he struck he shouted ,O-hoy! O-hoy!' like his Berserkir forefathers“[42], „Dort stand er, der große Däne, ... seine Hände, seine Axt und seine Rüstung, alles rot von Blut, ... und wenn er zuschlug, rief er ,O-hoy! O-hoy!' wie seine Berserker-Vorfahren.“ Die Interjektion kann hier als Anrufung des Gegners wie auch als rhythmisierendes Element bei der Kriegsarbeit verstanden werden.

Die Form ohoy ist ins Dänische, Norwegische und Schwedische entlehnt worden, wo das Wort auch als Taktgeber in Shantys aufgenommen wurde (siehe unten Nordische Sprachen). Die sehr frühen schwedischen Belege ab 1842 im Vergleich zum späten englischen Nachweis von 1885 deuten darauf hin, dass die Form ohoy in England mündlich bereits lange verbreitet war. Dort musste ein gedrucktes ohoy möglicherweise hinter der literarisch und umgangssprachlich bekannteren Form ahoy zurückstehen.

USA, Telefonverkehr

Alexander Graham Bell, der 1876 sein Fernsprecher-Patent anmeldete, schlug ahoy als angemessene Meldung des Angerufenen vor. Doch der Glühbirnen-Erfinder Thomas Edison, in dessen Firma die Vermittlungsstellen für die neue Telefontechnik gebaut wurden, favorisierte einen anderen Ruf. 1877 schrieb er einem Geschäftsmann: „’Hello!’ kann von zehn oder zwanzig Fuß entfernt vernommen werden.“[43]

Edison hatte erkannt, dass der seit dem 17. Jahrhundert belegte englische Ruf halloo[44], deutsch hallo, besser hörbar war, wenn er mit einer vokalischen Aufhellung zu hello wurde[45]. Die Lautstärke war wichtig, denn der Erfinder hatte eine ständig offene Standleitung konzipiert. Um einen Gesprächspartner ans Telefon zu bekommen, sollte der Anrufer ein lautes „Hello!“ in das Mikrophon rufen.

Mit seinen Standleitungen setzte sich Edison gegen das Prinzip der Einzelverbindungen nicht durch. Doch in der Gebrauchsanweisung für seine Telefon-Vermittlungsschränke schrieb er vor, dass die Meldung der Angerufenen „hello“ zu sein habe. Die Anweisung war so erfolgreich, dass in den USA schon in den 1880er Jahren die Vermittlerinnen Hello Girls hießen und das internationale ahoy auf der Strecke blieb.


Niederländisch, Friesisch

Herkunftstheorie

Wenn der Ursprung von ahoi im Niederländischen liegen sollte, kommt hoy von hoie, dem Namen eines Seglers, der heute unter der Bezeichnung Heude bekannt ist[46] Dieser verbreitete Schiffstyp beförderte Passagiere und Fracht längs der Nordseeküste und über den Ärmelkanal. „An Hoye of Dorderyght“, aus der holländischen Handelsstadt Dordrecht, wird 1495 in einem Brief erwähnt; zwei Jahre später taucht „an hoye of Andwarpe“, von Antwerpen, in den Akten des englischen Königs Heinrich VII. auf. In einer Reisebeschreibung von 1624 kommt Kapitän John Smith für die Region zwischen Vlissingen und dem Ijsselmeer auf eine gewaltige Zahl von Segeln: „Holland and Zeland hath twenty thousand saile of Ships and Hoies.“[47] Direkte Belege für eine Herkunft von ahoi aus der Partikel a und dem Substantiv hoie fehlen jedoch; der Ruf gilt auch in der niederländischen Sprachforschung als Übernahme aus dem Englischen.[48]

Quellenlage

Im Niederländischen kommt "aho(o)i, ahoy, ehoi"[49] eher selten vor und ist in zahlreiche Fachwörterbücher nicht aufgenommen.[50] Möglicherweise liegt dies an der Verbreitung des ähnlichen, schnelleren Anrufs hoi. Der Zusammenhang von ahoi und hoi ist unklar; hoi, bereits 1552 als Jauchzer belegt, kann eine Kurzform von ahoi sein oder ahoi eine Erweiterung von hoi. Wahrscheinlich gehört hoi aber zu einer Gruppe von Rufen wie hó, hé und ist mit ahoi nicht enger verwandt.[51] In den 1950er Jahren war ahoi "veraltet"[52]. Der Ausdruck ist aber noch allgemein bekannt[53].

Die Quellenlage zur frühen Verwendung des Wortes ist mangelhaft, weil ahoi im umfangreichen Woordenboek der Nederlandsche Taal (WNT) kein eigenes Lemma erhielt[54], obwohl das Wörterbuch auch Interjektionen erfasst. Auch in den Ergänzungslieferungen zum WNT fehlt dieser Eintrag.[55]. Bei anderen Stichworten im WNT stammen die frühesten Belege, die Formen von ahoi enthalten, aus der Zeit um 1900. In einem 1897 erschienenen Mädchenbuch[56] schrieb die Schriftstellerin Tine van Berken: A-hoi! A-hoi! riep Beer onvermoeid, de hand trechters gewijze aan de mond, deutsch ...rief Beer unermüdlich, die Hand trichterförmig am Mund.[57] 1908 ließ der Schriftsteller George Frans Haspels Sturmgewalten met donderend ahoei, deutsch mit donnerndem Ahoi, auf die Küste prallen.[58] Hier ist die Bedeutung zu Lärm oder Begrüßung erweitert.[59] Die Schreibung ahoei, [a 'hui] gesprochen, enthält zudem ein lautmalerisches Element, falls Haspels mit [hui] auf das Geräusch des Windes anspielte.

Belege für einen Gebrauch von ahoy im Friesischen fehlen in Großwörterbüchern für diese Sprache.[60]


Nordische Sprachen

Formen

Die nordischen Sprachen haben Abkömmlinge der englischen Formen ahoy und ohoy in vielen Schreibungen aufgenommen. Im Dänischen sind es ahoj[61] und ohoj[62], im Norwegischen ohoi[63], im Schwedischen ohoj[64] und å-hoj[65]. In Island wird ohoj manchmal mit vorgestelltem englisch ship kombiniert[66]; als Anrufung ist die Form Sjipp og hoj häufiger.[67] Im nicht zur germanischen Sprachfamilie gehörenden Finnischen ist die Interjektion wohl aus dem Schwedischen zur Form ohoi entlehnt[68].

Frühe Belege

Der dänische Romancier Andreas Nikolai de Saint-Aubain, der unter dem Pseudonym Carl Bernhard veröffentlichte, beschränkt sich 1837 in einem Drama auf die seemännische Redewendung: “,Ahoi, en Sejler!' raabte Matrosen fra Mærset",[69] deutsch ",Ahoi, ein Segler!', rief der Matrose vom Mars".

Die schwedische Autorin Emilie Flygare-Carlén schrieb 1842: „Örnungen reddes till en ny färd på den klarnade böljan; manskabet skrek sitt muntra ,å-hoj!'“[70]. Der deutsche Übersetzer vermied den Ausdruck und formulierte: "Der junge Adler ward zu einer neuen Fahrt durch die klaren Wellen in Bereitschaft gesetzt; die Mannschaft ließ ihr munteres Hiaho erschallen."[71]. In der englischen Übersetzung heißt es hingegen: "The crew of the young Eagle [...] shouted their cheerful ahoys"[72]. 1846 schrieb Flygare-Carlé: „,Båt, ohoj – hvarifrån, hvathän?'“, deutsch ",Boot, ahoi – woher, wohin?'"[73].

Lieder

Shantys in nordischen Sprachen haben das Wort als Taktgeber


Tschechisch und Slowakisch

Herkunftstheorien

In den beiden Binnenländern Tschechien und Slowakei, 1918 zur Tschechoslowakei vereint und 1992 verselbständigt, ist „ahoj“ als Gruß alltäglich. Zu den vielen im Verbreitungsgebiet kursierenden Erklärungen dafür[74] gehört:

  • Tschechische Seeleute brachten den Ruf aus Hamburg mit. Dort unterhielt die Spedition Tschechoslowakische Elbe-Schifffahrt[75] seit 1929 ein eigenes Terminal für den Frachtverkehr, komplett mit Wohnschiff Praha.
  • Wenn der Landgang tschechischer Matrosen in den Industriehäfen an Moldau und Oberelbe endete, warnten die Mädchen aus den Hafenbars ihre Freier zum Abschied vor ihrer Berufskrankheit Syphilis mit dem Wortspiel hoj/(ne)hojit: „A hoj! Kdo nehojil, tomu upad“, „Und holla! Wer ihn nicht geheilt hat, dem ist er abgefallen!“
  • Seeleute der tschechoslowakischen Handelsmarine mit ihren zeitweilig 13 Hochseeschiffen brachten das Wort in den Sommerurlauben mit.
  • Über die ursprünglich aus Böhmen und Mähren stammenden evangelischen Herrnhuter Brüder, die im 18. Jahrhundert nach Amerika zogen, floss maritimes Wissen, auch um diese Anrufung, zurück in die alte Heimat.

nazdar, ahoj, čao

Tatsächlich geht die Verbreitung von ahoj auf die 1920er Jahre zurück, als das Kanufahren auf den südmährischen und –böhmischen Flüssen unter tschechischen Jugendlichen und Studenten populär wurde.[76] Die Kanuten bildeten eine Art Wandervogelbewegung; manche nannten sich trempy[77], Tramps, oder skauty[78], Scouts, Pfadfinder. Schon in den 1930er Jahren sahen tschechische Sprachforscher in den skauty Träger und Verbreiter des ahoj.[79]

Diese Gruppen bildeten eine romantische Opposition gegen das als nationalistisch empfundene tschechische Bürgertum. Dessen „Sokol“-Sportvereine mit ihrer Vorliebe für Gymnastik passten nicht zur Aufbruchstimmung der Jugendlichen, die deswegen einen als „international“ und schick empfundenen Sport mit eigenem Gruß kultivierten. Sie stellten ihr aus der Seemannssprache stammendes „ahoj“, möglicherweise aus dem Niederdeutschen übernommen,[80] gegen den Sokol-Ruf „nazdar“, deutsch etwa „Heil“ wie in „Ski Heil“. „Nazdar“ war in der tschechischen und tschechoslowakischen Gesellschaft allgemein gebräuchlich, doch innerhalb weniger Jahrzehnte legte sich das modernere ahoj über das nun ältliche nazdar.

Zur Verbreitung des ahoj hat die ironisierende tschechische und slowakische Sprachlust beigetragen. In der Slowakei kursieren ahoj-Abkömmlinge wie das verniedlichende „ahojček“, deutsch etwa „Ahoichen“, das zum Trinkergruß taugende „ahojka“, „Prösterchen“, ferner die Plural-Anrede „ahojt'e“, „ahoi, Ihr!“ sowie die grammatisch korrekte Wir-Form „ahojme sa“, „wir ahoien“, „wir sagen ahoi“[81]. Im Tschechischen wie im Slowakischen wird ahoj langsam vom wiederum als moderner empfundenen čao verdrängt, das vom italienischen Gruß ciao stammt. Nach Ansicht des aus der Slowakei stammenden Ingenieurs Frank Bures war dies zu bemerken, seit die tschechoslowakische Regierung in den 1960er Jahren die Aufführung von italienischen Kinofilmen zuließ[82].

Akronym im Kirchenkampf

Unter kommunistischer Regierung hat es ahoj im slowakischen Landesteil sogar zum Akronym gebracht: Seit dem Kirchenkampf von 1950 galt es als Abkürzung für die Trostformel Aj hriešnych ochraňuje ježiš, deutsch Jesus schützt auch die Sündigen, oder für das lateinische ad honorem jesum, deutsch Jesus zur Ehre. Demonstrativ benutzten es katholische Jugendliche untereinander. Selbst Pfarrer sprachen die Gläubigen von der Kanzel herab damit an.[83]


Benennungen

Ahoj heißt in Deutschland ein Brausepulver[84].

Ahoy lautet die Kurzform für das Ahoy Rotterdam[85], einen großen Veranstaltungsort in den Niederlanden.

Mit amtlichem Namen Ahoj heißt ein Distrikt im Stadtteil Nové Mesto der slowakischen Hauptstadt Bratislava[86]. Dort trafen sich vor dem Zweiten Weltkrieg, als die Gegend noch kaum bebaut war, Jugendliche.[87]

Ahoi, Ahoy und Ahoj bilden manchmal Bestandteile des Titels von Filmen[88], Büchern[89] und Liedern beziehungsweise Tonträgern[90].

Belege

  1. Friedrich Kluge, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 24. Auflage, Berlin, New York 2002, ISBN 3-11-017473-1, s.v. ahoi
  2. Dietmar Bartz, Seemannssprache, Bielefeld 2007, s.v. ahoi; derselbe, Wie das Ahoj nach Böhmen kam, in: mare, Die Zeitschrift der Meere, Heft 21 (2000), S.33-37, hier S.36f.
  3. John A. Simpson, The Oxford English Dictionary (zitiert: OED), 2. ed., Clarendon Press, Oxford, 1989, s.v. hoy sb.2
  4. In der Überlieferung And holpen ere þis half acre wiþ how trolly lolly hier[1], abgerufen am 21.11.2007
  5. William Falconer, An universal dictionary of the Marine, London 1769, s. v. Holloa, zitiert nach OED s. v. hoy int.
  6. Kluge, Wörterbuch, a.a.0.
  7. Goedel, a.a.O.
  8. OED s.v. hey, hi
  9. nl.wikipedia: Hoi[2], aufgerufen am 15.11.2007
  10. z. B. OED s.v. ahoy
  11. Svenska Akademien, Ordbok över svenska språket, Bd. 18, Lund 1949, s.v. ohoj
  12. Duden. Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in zehn Bänden, Mannheim 1999, ISBN 3-411-04743-7, s.v. ahoi
  13. siehe Zitate in den jeweiligen Sprachen
  14. Jacob und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, 2. Aufl. Leipzig, Stuttgart 1983ff s.v. ahoi, Zitat in der Schreibweise des Wörterbuchs
  15. Jacob und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, 2. Aufl. Leipzig, Stuttgart 1983ff s.v. ahoi
  16. Friedrich Kluge: Seemannssprache. Wortgeschichtliches Handbuch deutscher Schifferausdrücke älterer und neuerer Zeit. Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses, Halle a. d. Saale 1908 (Nachdruck der Ausgabe 1911: Hain, Meisenheim 1973, ISBN 3-920307-10-0), s.v. ahoi
  17. Wolfram Claviez, Seemännisches Wörterbuch, Delius Klasing Verlag, Bielefeld 1973, ISBN 3-7688-0166-7, s.v. ahoi
  18. Hans Fallada, Wer einmal aus dem Blechnapf frisst, Berlin 1934, zitiert nach: Hermann Paul, Deutsches Wörterbuch, 9. Aufl. 1992, ISBN 3-484-10679-4, s.v. ahoi
  19. Arnold Rehm, Alles über Schiff und See. Eine fröhliche Verklarung für Küstenbewohner und Landratten, Kabel-Verlag, Hamburg 1985, ISBN 3-8225-0026-7, S. 19
  20. Bartz S. 36
  21. Webseite „Kurpfalz-ahoi“ [3], aufgerufen am 15.11.2007
  22. Webseite der „Feueriogarde“ Mannheim[4], aufgerufen am 15.11.2007
  23. Website der „Rheinschanze“ Ludwigshafen[5], aufgerufen am 15.11.2007
  24. Website der „Luxe“ Unterlußheim [6], aufgerufen am 15.11.2007
  25. Webseite der „Fachwerks- und Karnevalsstadt Wasungen“ [7], aufgerufen am 15.11.2007
  26. Webseite für das Backfischfest [8], aufgerufen am 15.11.2007
  27. Webseite des Augustendorfer Karnevals-Vereins[9], aufgerufen am 15.11.2007
  28. Webseite der „StattGarde Colonia Ahoj“[10], aufgerufen am 15.11.2007
  29. Gustav Goedel, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Seemannssprache, Kiel, Leipzig 1902 s.v. ahoi!
  30. Handbücher: [11] und [12]
  31. [13]
  32. Bundesministerium der Verteidigung, Inspekteur des Heeres, Tradionspflege im Heer, Wegweiser, Bonn 1999, Abschnitt 4.17
  33. Hans Rielau, Die Geschichte der Nebeltruppe, Köln 1966
  34. Chronologie der Nebelwerfer-Kameradschaft[14]
  35. OED s.v. ahoy
  36. Falconer's Dictionary of the Marine, hier zitiert nach der Ausgabe von 1780, s. v. Hailing[15]
  37. The Musical Times and Singing Class Circular, Bd. 27, Nr. 516 v. 1.2.1886, S. 68-72
  38. Liedtext [16]
  39. The Universal Songster or Museum of Mirth, London 1826.
  40. OED s.v. ohoy
  41. en.wikipedia: King Solomon's Mines[17], aufgerufen am 8.3.2008
  42. Volltext[18], aufgerufen am 8.3.2008
  43. en.wikipedia: Hello[19], aufgerufen am 15.11.2007
  44. OED s.v. halloo
  45. en.wikipedia: Hello[20], aufgerufen am 15.11.2007
  46. nl.wikipedia: Heude[21], aufgerufen am 15.11.2007; dazu Eelco Verwijs, Jacob Verdam, Middelnederlandsch woordenboek, Bd. 3 (1894) s.v. hoede 2, sowie Woordenboek der Nederlandsche Taal, Bd. 6 (1912), s.v. heude
  47. OED s.v. hoy sb.1
  48. Marlies Philippa, Etymologisch woordenboek van het Nederlands, 2. Auflage Amsterdam 2004, s.v. ahoi
  49. Jan Hendrik van Dale, Cornelis Kruyskamp, Groot woordenboek der Nederlandse taal, 8. Auflage 's-Gravenhage 1961 und 11. Auflage 1984, s.v. ahoi
  50. Matthias de Vries, Woordenboek der Nederlandsche Taal, 's-Gravenhage (=Den Haag), 1882-1998; Jan de Vries, Nederlands etymologisch woordenboek, 3. Auflage, Leiden 1992; Jan de Vries, Felicien de Tollenaere, Etymologisch Woordenboek, 21. Aufl., Utrecht 2000; Johannes Franck, Etymologisch woordenboek der Nederlandsche taal, 's-Gravenhage 1912, Nachdruck 's-Gravenhage 1971; P. A. F. van Veen, Etymologisch Woordenboek, Utrecht 1991; Roxane Vandenberghe, Woordenboek van de Vlaamse dialecten, Reihe 1, Teil 2, Lieferung 7, De zeevisser, Gent 2000.
  51. Het Woordenboek der Nederlandsche Taal op Internet s.v. hoi[22]
  52. A. Kolsteren, Vreemde-Woordenboek, Utrecht 1956, zitiert nach Philippa, ebd.
  53. Philippa, ebd.
  54. WNT Band 1 (1882)
  55. J. A. N. Knuttel, Woordenboek der Nederlandsche taal, Supplementen, 's-Gravenhage 1956; Alphonsus Moerdijk, Woordenboek der Nederlandsche Taal, Aanvullingen, 's-Gravenhage 2001
  56. Tine van Berken, De dochters van de generaal (Die Töchter des Generals), Amsterdam 1897
  57. WNT Band 17 (1960), 's-Gravenhage 1960, s.v. trechter
  58. George Frans Haspels, Onder den Brandaris, Amsterdam 1908, zitiert in WNT Band 14, 's-Gravenhage 1936, s.v. schudden
  59. Philippa, a.a.O.
  60. Wurdboek fan de fryske taal, Ljouwert (=Leeuwarden) 1984-, ISBN 90-6553-024-X; Waling Dijkstra, Friesch woordenboek, Leeuwarden 1901-1911, Nachdruck Amsterdam, Niederwalluf 1971
  61. Verner Dahlerup et al., Ordbog over det danske sprag, Bd.1 Kopenhagen 1919 s.v. ahoj, ISBN 87-00-23301-3
  62. Verner Dahlerup et al., Ordbog over det danske sprag, Bd. 15, Kopenhagen 1934, s.v. ohoj
  63. Marit Hovdenak, Nynorskordboka, 3. Aufl., Oslo 2001 s.v. ohoi. Tor Guttu, Aschehoug og Gyldendals store norske ordbok, 4. Aufl. Oslo 1994, ISBN 82-573-0312-7 s.v. ohoi. Trygve Knudsen, Alf Sommerfelt, Norsk riksmålsordbok, Bd. 3, Oslo 1947 s.v. ohoi
  64. Svenska Akademien, Ordbok över svenska språket, Bd. 18, Lund 1949
  65. ebenda
  66. Liedtext[23]
  67. Vergleichende Google-Suche auf Seiten in isländischer Sprache: "ship ohoj" mit 44, "Sjipp og hoj" mit 113 Treffern, aufgerufen am 18.3.2008
  68. Beleg
  69. Lykkens Yndling, Kopenhagen 1837, zitiert nach: Carl Bernhard, Udvalgte Skrifter, Bd. 6, Kopenhagen 1896, S. 288. Er übersetzte das Buch im selben Jahr ins Deutsche: Das Glückskind, Kopenhagen 1837. Übersetzungen in andere Sprachen waren nicht festzustellen.
  70. Emilie Flygare-Carlén, Rosen på Tistelön, Stockholm 1842, S.495
  71. Die Rose von Tistelön, übersetzt von Gottlob Fink, 7 Bändchen in 2 Bänden, Band 2, Stuttgart 1843, S. 123. Die Übersetzungen Berlin 1842 und Leipzig 19xx konnten nicht geprüft werden, ebensowenig die niederländische Fassung, De roos van Tistelön, Haarlem 1843. Eine Übersetzung in andere Sprachen als die in diesem Absatz zitierten vor 1875 war nicht nachweisbar.
  72. The Rose of Tistelön, übersetzt von Mary Howitt, Bd. 2, London 1844, S. 77
  73. Emilie Flygare-Carlén, Enslingen på Johannis-skäret, Bd. 2, Norrköpping 1846, S. 277, deutsch Der Einsiedler auf der Johannis-Klippe, Berlin 1846, Stuttgart 1846, Grimma 1847
  74. Diese Aufzählung beruht auf einer Umfrage in der Newsgroup soc.culture.czecho-slovak vom 16.4.1998 [24], aufgerufen am 15.11.2007
  75. „Tschechische Elbschifffahrt ohne Hamburger StandbeinBericht“, Bericht von Radio Praha[25], aufgerufen am 15.11.2007
  76. Dietmar Bartz, Wie das Ahoj nach Böhmen kam, in: mare, Die Zeitschrift der Meere, Heft 21 (2000), S.33-37
  77. cs.wikipedia: Tramp[26], aufgerufen am 15.11.2007
  78. cs.wikipedia: Skauting[27], aufgerufen am 15.11.2007
  79. Přiruční slovník jazyka českého (Handwörterbuch der tschechischen Sprache), Bd. 1, Prag 1935-37 s.v. ahoj; trampy bei Jiři Rejzek, Český etymologický slovník (Tschechisches etymologisches Wörterbuch), Voznice 2001/Prag 2004, ISBN 80-85927-85-3, s.v. ahoj
  80. Václav Machek, Etymologický slovník jazyka českého (Etymologisches Wörterbuch der tschechischen Sprache), 2. Aufl. Prag 1968, s.v. ahoj
  81. Braňo Hochel, Slovník slovenského slangu (Wörterbuch des slowakischen Slangs), Bratislava 1993, ISBN 80-85518-05-8, s.v. ahoj
  82. [28], aufgerufen am 15.11.2007
  83. Mündliche Auskunft des Philologen Ľudovit Petraško, Universität Prešov, an Dietmar Bartz, 1998
  84. Webseite für das Ahoj-Brausepulver[29], aufgerufen am 15.11.2007
  85. [30], aufgerufen am 15.11.2007
  86. Kommunale Gliederung von Bratislava[31], , aufgerufen am 15.11.2007
  87. Bericht der Tageszeitung Sme, 13. 6. 2006, aufgerufen am 15.3.2008. Dem Denkmalpfleger Otto Doško zufolge „erhielt der Ort seinen Name dank der Skauty, die sich hier während der Ersten Republik aufhielten. Sie begrüßten sich untereinander mit dem Gruß ahoj. Auch die Schenke, in der sich die Skauty trafen, nannte sich Ahojka.“[32]. Zu Ahojka siehe oben den Abschnitt nazdar, ahoj, čao.
  88. z.B. Titelsuche bei imdb.com[33], aufgerufen am 15.11.2007
  89. z.B. Titelsuche im Online-Katalg der Deutschen Natonalbibliothek[34], aufgerufen am 15.11.2007
  90. Eine Suchmaschine für beide Verwendungen bietet allmusic.com[35], aufgerufen am 15.11.2007

Literatur

Außer Einträgen in Wörterbüchern und anderen Nachschlagewerken ist als Literatur nur nachweisbar:

  • Dietmar Bartz, Wie das Ahoj nach Böhmen kam, in: mare, Die Zeitschrift der Meere, Heft 21 (2000), S.33-37.
Wiktionary: WikiSaurus:Begrüßungsformel – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen