Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit
Als Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten (Abkürzung: BFE) werden Polizeieinheiten - Spezialkräfte - mit besonderen Aufgaben (Polizeidienstvorschrift 100) (Abkürzung: PDV) der Bereitschaftspolizeien (Abkürzung: Bepo) der deutschen Bundesländer und der Bundespolizei bezeichnet.
Die Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten der Bereitschaftspolizei und der Bundespolizei unterstützen andere Polizeikräfte beim Vorgehen gegen gewalttätige Störer und führen beweissichere Festnahmen an den Brennpunkten unfriedlichen Geschehens durch. Hauptaufgabenfeld der BFE ist die Beweissicherung und die Festnahme von Straftätern. Des Weiteren unterstützen sie bei besonderen Lagen im täglichen Dienst den polizeilichen Einzeldienst und sind auch länderübergreifend tätig. Typische Einsatzbereiche der BFE sind Großveranstaltungen, bei denen gewalttätige Auseinandersetzungen zu erwarten sind (Fußballspiele, politische Demonstrationen, Unruhen). Ein weiterer Einsatzbereich ist das Vorbereiten und Durchführen von Razzien. Es gibt durch eine Dienstvorschrift eine klare Abgrenzung zwischen Aufgaben der SEKs und BFEen.
Wenn keine brisanten Vorkommnisse den Einsatz einer BFE erforderlich machen, versehen die Beamten ihren Dienst im polizeilichen Alltagsgeschehen oder werden als Observationseinheiten bzw. für Festnahmen zur Unterstützung der jeweiligen Landeskriminalämter bzw. die BFE der Bundespolizei zur Unterstützung des Bundeskriminalamtes eingesetzt.
Bundespolizei
Die Beweissicherungs- und Festnahmehundertschaft, kurz BFHu, zählt zu den spezialisierten Einheiten der Bundespolizei. Ihre Aufgabe ist die Beweissicherung und die Festnahme.
Die ersten Festnahmeeinheiten wurden in Winsen an der Luhe und Rosenheim nach dem Tod zweier Polizeibeamter 1987, auf der Startbahn 18 West in Frankfurt am Main, gegründet.
Die Bundespolizei verfügt heute über fünf derartige Einheiten im gesamten Bundesgebiet (Uelzen, Blumberg, Sankt Augustin, Hünfeld, Bayreuth). Eine BFHu besteht aus fünf Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten (BFE), Unterstützungsdienst und Versorgungsdienst. Die Polizeibeamten einer BFE sind besonders ausgebildet, ausgestattet und leistungsfähig. Die Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten (BFE) der Landespolizei sowie das bayerische USK bilden das Äquivalent zu den BFHu`en der Bundespolizei.
Ihr Ziel ist es, gezielt einzelne Straftäter beweissichernd aus Versammlungen heraus festzunehmen. Sie werden aber auch in Verfahren gegen die organisierte Kriminalität eingesetzt. Grundsätzlich werden sie dort eingesetzt, wo eine erhöhte Gefährdung gegeben ist, jedoch ein Einsatz der GSG 9 nicht erforderlich erscheint. Dies ist z.B. der Fall, wenn kein Hinweis auf eine Bewaffnung der tatverdächtigen Person vorliegt. Gibt es Hinweise auf die Bewaffnung einer festzunehmenden Person, sollte nach den geltenden Vorschriften der Bundespolizei die GSG 9 angefordert werden.
In der Praxis kann dieser Vorschrift nicht immer Rechnung getragen werden, da bei Personen der organisierten Kriminalität in den seltensten Fällen immer vorher bekannt ist, ob sie bewaffnet sind oder nicht. Dies wird meistens erst bei einem Zugriff festgestellt.
Bundesländer
Baden-Württemberg
In Baden-Württemberg gibt es sechs BFE'en. In den Bereitschaftspolizeiabteilungen Bruchsal (2 Einheiten), Böblingen (2 Einheiten), Göppingen, und Lahr sind die BFE'en stationiert. Die Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten wurden 1997 gegründet. Jede Einheit besteht aus 46 Beamten. Beamte aus den Einsatzabteilungen (Taktische Züge) können sich bei der BFE bewerben. Mit der Bewerbung ist ein "BFE-Test" zu absolvieren. (Zum Dienst in einer Einheit müssen sie eine besondere psychische und körperliche Eignung nachweisen und erhalten eine Weiterbildung). Aufgrund der Vorbereitungen zur Fußballweltmeisterschaft 2006 und der Personalreduzierung bei den TEE (Technische Einsatz Einheit), wurde eine zusätzliche Einheit in Bruchsal aufgestellt. (Da der Personalbestand der BEPO(Bereitschaftspolizei) gehalten werden sollte). Die BFE ist auf sämtlichen Demonstrationen mit Gewaltpotential (Rechts - Linksextremismus) dabei. Weitere Aufgabengebiete umfasst der Fußball (Schutz der Fans in ihren Blöcken), Razzien und Häuserräumungen. Nicht jeden Tag ist eine Demonstration, während der "freien Tage" haben die Beamte Fortbildungen (Sport, Recht etc.), unterstützen die umliegenden Reviere, bewachen Gerichtstermine von Angehörigen der Rocker-Szene, oder bewachen Volksfeste in Großstädten (Auf denen es immer öfter zu Gewaltätigkeiten kommt). Die BFE von Baden-Württemberg ist immer bei Großlagen Länderübergreifend angefordert (Atommülltransporte, Weltmeisterschaften, Europameisterschaften oder auch nur der Grillabend von einem amerikanischen Präsidenten in einer mecklenburgischen Provinz). Sogar in Genf hat man sie schon auf Fotos gesehen (G8 Gipfel).
Bayern
Bei der Bayerischen Polizei wurde ein anderes Konzept verwirklicht. Die Aufgaben der BFE wird dort von den Unterstützungskommandos (USK) wahrgenommen. Das USK ist zu einem Teil an die bayerische Bereitschaftspolizei angegliedert, der andere Teil untersteht bei der Landespolizei den zuständigen Polizeipräsidien (München und Mittelfranken). Das USK unterhält mehrere Standorte in Bayern und unterstützt andere Bundesländer bei Großlagen.
Berlin
In der Bundeshauptstadt Berlin gibt es zur Zeit noch keine BFEs, da in jeder Hundertschaft je nach Struktur zwischen einem und zwei Festnahmezüge aufgestellt sind. Die BFE Hundertschaften stammen aus dem Prinzip der EbLT (Einsatzbereitschaft für besondere Lagen und einsatzbezogenem Training) der späten 80er Jahre ab, die von dem damaligen Innensenator Lummer gegründet und gefördert wurden. Die EbLT wurde allerdings nach der Regierungsübernahme durch rot/grün in Berlin (Mompersenat) aufgelöst. Das Prinzip der integrierten Aufklärung, Festnahmezügen und Sicherheitszügen wurde insbesondere von dem USK des Freistaates Bayern weitergetragen und entwickelt. Seit 2005 führen die Festnahmezüge in Berlin (i.d.R. 1. Zug einer EHu) die Bezeichnung "BFZ" (Beweissicherungs-und Festnahmezug). Im Prinzip entspricht dies einer BFE, Berlin beschreitet aber in der Bezeichnung "BFZ" abermals eigene Wege. Die BFZ kann ggf. auch mit anderen BFZ zu einem BFK (Beweissicherungs- und Festnahmekommando) zusammengefasst werden. Dies entspricht dann der Größe einer BFHu.
Vorgesehen ist, aus dem BFZ eine Gruppe für den täglichen Dienst herauszulösen, die dann stadtweit agieren kann. Diese Gruppe soll, innerhalb klar abgegrenzter und definierter Aufgaben, Einsätze übernehmen die unterhalb einer "SEK-Lage" liegen. Die volle Einsatzbereitschaft dieser -BFG- ist zur Zeit nicht vorhanden, da aufgrund der finanziellen Lage eine Ausrüstung mit speziellen FEM (ballistische Schilder etc.) noch nicht absehbar ist.
Brandenburg
Das Land Brandenburg hat bei der Bereitschaftspolizei in allen vier Standorten der Einsatzhundertschaften eine BFE aufgestellt, die in Brandenburg, Berlin und dem restlichen Bundesgebiet zum Einsatz kommen kann. Die Einsatzhundertschaften befinden sich an den Standorten Potsdam-Eiche, Oranienburg, Cottbus und Frankfurt/Oder. Eine BFE in der Einsatzhundertschaft ist jeweils der 1. Zug und wird je nach Standort durch zwei bzw. drei weitere Züge bei diversen Einsatzlagen unterstützt.
Bremen
Die Bereitschaftspolizei Bremen verfügt über eine Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit, die ebenfalls häufig bundesweit eingesetzt wird.
Hamburg
Hamburg verfügt über zwei Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten, welche bei der Technischen Einsatzhundertschaft (TEE) angegliedert sind. Außerdem gehören im Gegensatz zu den Einsatzhundertschaften die Wasserwerfer, Taucher und die Technik zur TEE.
Hessen
Die Bereitschaftspolizei der Hessischen Polizei verfügt über vier BFEs, die bei den Bereitschaftspolizeiabteilungen Wiesbaden, Lich, Mühlheim am Main und Kassel stationiert sind.
Die Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit Frankfurt wurde 1987 gegründet, anlässlich der gewalttätigen Demonstrationen "Startbahn 18 West".
Mecklenburg-Vorpommern
Bei der Polizei Mecklenburg-Vorpommern ist die BFE eine selbständige Organisationseinheit der Bereitschaftspolizeiabteilung Schwerin.
Niedersachsen
Die Bereitschaftspolizei der Polizei in Niedersachsen hat drei BFE jeweils in den Bereitschaftspolizeiabteilungen Hannover, Braunschweig und Oldenburg, die jeweils einer Einsatzhundertschaft zugeordnet sind, aber im Einsatzfall selbständig agieren.
Nordrhein-Westfalen
Die Polizei Nordrhein-Westfalen hat bis heute auf die Aufstellung spezieller Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten verzichtet, was auch mit der etwas anderen Struktur der Bereitschaftspolizei dort insgesamt zusammenhängt. Die 18 Einsatzhundertschaften sowie die drei Technischen Einsatzeinheiten (TEE) sind dezentral den Polizeipräsidien zugeordnet und nehmen alle auch Aufgaben einer BFE wahr.
Saarland
Die BFE im Saarland ist als 1.Zug der Saarländischen Einsatzhundertschaft angegliedert und operiert entweder eigenständig oder als Einsatzeinheit in der Hundertschaft.
Sachsen
Der Freistaat Sachsen unterhält bei der Bereitschaftspolizei drei BFEs in Dresden, Leipzig und Chemnitz, die aus jeweils 40 Polizeivollzugsbeamten bestehen. Außerdem gibt es noch bei den IP/ZDen (Inspektion Prävention / Zentrale Dienste) der Polizeidirektionen Leipzig, Dresden und Chemnitz-Erzgebirge Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten, welche die Schutzpolizei außerhalb ihrer bfe-typischen Einsätze bei der Bekämpfung der ganzalltäglichen Kriminalität unterstützen.
Sachsen-Anhalt
Im Land Sachsen-Anhalt gibt es eine BF-T-Hundertschaft mit drei BFEen und einer TEE bei der Landesbereitschaftspolizei in Magdeburg.
Schleswig-Holstein
Bei der Polizeidirektion für Aus- und Fortbildung und für die Bereitschaftspolizei in Eutin hat das Land Schleswig-Holstein eine BFE eingerichtet, die der dort stationierten 1. Einsatzhunderschaft angegliedert ist.
Rheinland-Pfalz
In Rheinland-Pfalz gibt es zwei BFE, die bei der 11.Einsatzhundertschaft in Enkenbach-Alsenborn und bei der 22.Einsatzhundertschaft in Koblenz angesiedelt sind.
Thüringen
Der Freistaat Thüringen besitzt drei BFE, die in den Hundertschaften der Bereitschaftspolizei in Erfurt stationiert sind.
Ausrüstung
Die Ausrüstung der Beamten bei den BFEs ist für ein hohes Gewaltpotential und Störeraufkommen ausgelegt, und unterscheidet sich daher von der Ausrüstung der Beamten im Streifendienst oder der Einsatzhundertschaft teilweise erheblich.
Besondere Einsatzmittel
- Befehlskraftwagen
- Bearbeitungsfahrzeuge (Einsatzfahrzeug mit Computerarbeitsplätzen und mehr Funkgeräten)
- Zivilfahrzeuge
- Observierungsfahrzeuge
- Observierungsequipment (kleine Kameras etc.)
- schwere Körperschutzausstattung
- ballistische Schutzwesten
- Flammschutz/-hemmende Kleidung (Overall, Flammschutzhaube)
- Beinholster
- Tonfa (Einsatzmehrzweckstock (EMS) / Mehrzweckeinsatzstock (MES))
- Einweghandfesseln
- Eindringwerkzeuge wie Ramme, Brechstange, Kuhfuß und anderes Kleinwerkzeug
- Abschussgeräte/Pistolen für Tränengas oder Blendgranaten (je nach Bundesland)
- Tragbare Feuerlöscher
- Spezielle Foto- und Videoausrüstung mit Möglichkeiten der digitalen Bildbearbeitung
- Laptop mit Möglichkeiten der Online-Bearbeitung
- Mobiltelefone, Mobilfaxgerät und Drucker
- Maschinenpistolen
- Pistolen
- Taser (je nach Bundesland)
- Pfefferspray
Gliederung
Die Gliederung einer Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit weicht in den Bundesländern leicht voneinander ab, eine beispielhafte Gliederung sieht folgendermaßen aus:
- Führungstrupp - 4 PVB (Polizeivollzugsbeamte)
- Bearbeitungstrupp - 4 PVB (Erstellt die Dokumente zur Gewahrsamnahme / Festnahme für den Gefangentransportdienst)
- Beweissicherungstrupp - 6 PVB (Erhebt die Bilder der Straftat für das Gericht)
- 6 Festnahmetrupps - je 5 PVB (Nach dem der Beweissicherungstrupp tätig wurde, müssen die Verursache nach ihren Personalien befragt werden, die macht der Festnahmetrupp. Es wird meist nicht bis zum Ende gewartet sonder gezielt aus der Menge der Verursacher herausgegriffen)
Daraus ergibt sich eine Einsatzstärke von theoretischen 44 Beamten.