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Gabriel Marcel

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Gabriel Marcel (* 7. Dezember 1889 in Paris; † 8. Oktober 1973 ebenda) war ein französischer Philosoph und der führende Vertreter des christlichen Existentialismus.

Leben

Marcel war das einzige Kind eines hohen Staatsbeamten und lernte schon in früher Jugend andere Länder und deren Literatur kennen. Nach seinem Philosophiestudium an der Sorbonne war er bereits zwanzigjährig außerordentlicher Professor für Philosophie (1912 Vendôme, 1915/18 Paris). Während des Ersten Weltkriegs betreute er – aus gesundheitlichen Gründen nicht zum Einsatz an der Front geeignet – im Dienst des Roten Kreuzes die Vermisstenkartei. In dieser Zeit (ab 1914) entstand sein Metaphysisches Tagebuch. Neben seiner Lehrtätigkeit (später auch in Sens, wiederum Paris und Montpellier) war er auch als Lektor und Theaterkritiker im Verlagswesen tätig. Als Sohn nicht praktizierender jüdischer Eltern war er zunächst Atheist, konvertierte aber unter Einfluss seines Freundes Charles Du Bos und François Mauriac 1929 zum Katholizismus. Marcels Hinwendung zur „Mutter Kirche“ kann als Kompensation für den frühen Tod seiner eigenen Mutter verstanden werden (so v. Kloeden im BBKL, siehe unten unter Weblinks).

Beeinflusst durch Henri Bergson und Karl Jaspers wandte sich Marcel noch vor Jean-Paul Sartre dem Existentialismus zu, da ihm dieser Begriff aber zu sehr atheistisch konnotiert erschien, wollte Marcel sich selbst lieber als „Neo-Sokratiker“ bezeichnet wissen. Mit seiner christlichen Einstellung brachte er u. a. Daniel-Rops zum Glauben zurück und regte dessen Leben-Jesu-Forschung an.

In seinen wichtigsten Werken Être et avoir (Sein und Haben, 1935), Le mystère de l’être (Geheimnis des Seins, 1951) und L’homme problematique (Der Mensch als Problem, 1955) wandte sich Marcel gegen das vergegenständlichte Denken der Neuzeit, das sich an materialistisch-technokratischem Haben- und Verfügen-Wollen orientiere. Stattdessen komme es darauf an, sich dem Mysterium des Seins zu öffnen. Die Ebene des Habens müsse in der Liebe transzendiert werden, für welche der andere kein Objekt mehr ist („Er“), sondern im Dialog erfahrbares Gegenüber („Du“). Sartres atheistisch-radikalen Freiheitsbegriff lehnte Marcel ab: Freiheit sei nicht autonom, sondern müsse durch Liebe, Hoffnung und „schöpferische Treue“ gefüllt werden. Die Verbundenheit mit Gott als dem „absoluten Du“ sah Marcel als erstrebenswertes Lebensziel an.

Marcel schrieb auch 28 Theaterstücke, die sich häufig mit der Brüchigkeit menschlicher Existenzen befassen, darunter Le monde cassé (Die zerbrochene Welt, 1933).

Dem deutschen christlichen Existentialisten Peter Wust stand er in seinem Denken nahe; beide kannten sich und schätzten sich gegenseitig. Vor allem im Nachkriegs-Deutschland hielt Marcel zahlreiche (teils publizierte) Vorträge. 1964 wurde ihm der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen.

Werke

  • Sein und Haben. Paderborn 1968 (frz. Original 1935)
  • Homo Viator, Philosophie der Hoffnung. Düsseldorf 1949
  • Geheimnis des Seins. Wien 1952
  • Metaphysisches Tagebuch. Der Philosoph der Hoffnung in seinem geistigen Werdegang. Wien 1955
  • Der Mensch als Problem. Frankfurt 1956
  • Philosophie der Hoffnung. Überwindung des Nihilismus. München 1957
  • Der Untergang der Weisheit. Die Verfinsterung des Verstandes. Heidelberg 1960
  • Gegenwart und Unsterblichkeit. Frankfurt 1961
  • Die Erniedrigung des Menschen. Frankfurt 1964
  • Der Philosoph und der Friede. Die Verletzung des privaten Bereichs und der Verfall der Werte in der heutigen Welt. Frankfurt 1964

Literatur

  • Vincent Berning: Das Wagnis der Treue. Gabriel Marcels Weg zu einer konkreten Philosophie des Schöpferischen. Freiburg i. Br.: Alber, 1973. ISBN 3-495-47273-8.
  • Kenneth T. Gallagher: The Philosophy of Gabriel Marcel. New York: Fordham University Press, 1962. ISBN 0-8232-0471-5.