Christusorden (Portugal)
Der Orden der Christusritter (Christusorden), portugiesisch Ordem de Cavalaria de Nosso Senhor Jesu Cristo, war ein portugiesischer Ritterorden und ist ein portugiesischer und vatikanischer (Militia Domini Nostri Iesu Christi, Ordine Supremo del Cristo) Verdienstorden.
Vorgeschichte
1307 ordnete Papst Klemes V. an, im Zusammenhang mit den Anklagen und Beschuldigungen der Templer durch Philipp IV., dem Schönen, von Frankreich auf der iberischen Halbinsel ein Konzil abzuhalten, um die Schuld oder Unschuld der Tempelritter in den iberischen Königreichen festzustellen. Das Konzil versammelte sich in Salamanca, darunter der Erzbischof von Lissabon, und stellte die Unschuld des Ordens fest.
1308 schlossen der Portugalportugiesische König Dionysius und Ferdinand IV. von Kastilien ein Abkommen, um die Templer in ihren Königreichen zu schützen und deren Güter vor jedem Zugriff zu bewahren. Dieser Übereinkunft schloß sich später auch der König von Aragon an. Ungeachtet dieser Vereinbarung sowie der Beschlüsse des Konzils von Salamanca ordnete Papst Klemens V. an, die Güter des Ordens einzuziehen. Sogleich versuchten auch in Portugal Vertreter der Kirche, u.a. der Bischof von Guarda, sich der Güter der Templer zu bemächtigen. Der portugiesische König ließ das jedoch nicht zu. Er eröffnete vielmehr ein juristisches Verfahren, um diese Güter in das Eigentum der Krone zu überführen.
Im Januar 1310 bekräftigten die Könige von Portugal und Kastilien erneut ihr Abkommen zum Schutze der Templer, während Papst Klemens V. ein weiteres Konzil zur Untersuchung des Verhaltens der iberischen Templer einberief. Sowohl in Medina del Campo als auch erneut in Salamanca, unter Teilnahme der Bischöfe von Lissabon, D. João, und von Guarda, D. Vasco, traten zwei Konzile zusammen, die beide wiederum die Unschuld der Templer bestätigten. Desweiteren entschieden die weltlichen Gerichte den Antrag des portugiesischen Königs, die Güter der Templer in das Eigentum der Krone zu überführen, als rechtens, da es sich dabei um altes Königsland gehandelt habe, das den Templern nur zur Nutzung überlassen worden sei.
In der Bulle Ad providam verfügte Papst Klemes V. am 2. Mai 1312, die Güter der Templer dem Ritterorden vom Hospital St. Johannis zu Jerusalem (Johanniter), dem späteren Malteserorden, zu übereignen. Ausgenommen von dieser päpstlichen Anordung waren ausdrücklich Portugal, Kastilien, Aragon und Mallorca.
Während 1314 in Paris 54 Templer als Ketzer verbrannt wurden, nahm der portugiesische König ausdrücklich eine Landschenkung des Tempelritters João Soares an.
Für den portugiesischen König bestand auf Grund der Streitigkeiten um den Templerorden die einmalige Gelegenheit, nicht nur einen „national-portugiesischen“ Orden zu schaffen, der stark den Interessen des Königshauses unterworfen war, sondern auch die Abhängigkeiten der bestehenden Ritterorden vom Papst und den kastilischen Orden schrittweise zu lockern. Um die auf portugiesischem Territorium zum Abschluß gekommene Reconquista in Nordafrika fortsetzen zu können, benötigte das portugiesische Königshaus eine militärisch schlagkräftige und ökonomisch starke Macht, die sie sich mit der Gründung der Christusritter sowie der Einbindung der anderen Ritterorden in die königliche Politik schuf.
Gründung
Durch seine beiden wichtigsten Vertreter beim Heiligen Stuhl, dem Kanoniker aus Coimbra Petrus Petri sowie dem Ritter Johannes Laurentii (João Lorenço) de Monteseratio hatte der portugiesische König Dinis 1317 und 1318 mehrfach Widerspruch gegen die Übergabe des Besitzes der Templer an die Johanniter in Portugal vorbringen und auf die Gründung eines eigenständigen portugiesischen Ritterordens orientieren lassen.
Im August 1318 errichtete der portugiesische König Dinis eine Botschaft beim Heiligen Stuhl, um die Gründung eines neuen Ritterordens, des Ordens der Christusritter, in Portugal genehmigen zu lassen, da seit dem 4. Laterankonzil 1215, das Recht der Genehmigung eines neuen Ordens allein beim Papst lag.
Am 14. März 1319 erteilte Papst Johannes XXII. in der Bulle Ad ea ex quibus cultus die Zustimmung zur Gründung des portugiesischen Christusordens. Als Gegenleistung übergab der portugiesische König unbefristet die in der Algarve gelegene königliche Burg von Castro Marim als zukünftigen Sitz des neuen Ordens. Desweiteren bestimmte der Papst, das die Güter des Tempelordens in Portugal an den neuen Orden übergehen.
In der päpstlichen Bulle wurde weiterhin bestimmt, daß die Ritter des Ordens der Ritterschaft Jesu Christi nach der Regel des Ritterordens von Calatrava zu leben hatten.
Als geistlicher Visitator für den neuen Orden wurde der Abt des in der Diözese von Lissabon gelegenen Zisterzienserklosters von Alcobaça bestimmt, der auch den Treueid des jeweiligen Hochmeisters im Namen des Papstes abzunehmen sowie die Jurisdiktionsgewalt sowohl über die Christusritter als auch über den Ritterorden von Avis hatte.
Wie andere Orden auch legten die Mitglieder des Ordens der Ritterschaft Jesu Christi ein feierliches Gelübde der drei evangelischen Räte Armut, d.h. Verzicht auf persönliches Eigentum, Gehorsam, d.h. Verzicht auf selbständige Lebensplanung, und Ehelosigkeit, d.h. Verzicht auf Bindung an eine Familie, ab. Desweiteren gelobten sie, in strenger gemeinschaftlicher Klausur (zumeist in Ordensburgen) zu leben, den christlichen Glauben zu verbreiten und die Ungläubigen zu bekämpfen.
Auch bei den portugiesischen Christusrittern legten drei verschiedene Gruppen das feierliche Gelübde ab: die adligen Ritter, die hauptsächlich den Waffen- aber auch Pilgerdienst ausübten; die relativ kleine Gruppe der Ordenskapläne, die die geistige Betreuung aller Ordensmitglieder versahen; die große Gruppe der Laienbrüder, die die materielle Versorgung des Ordens absicherten oder ein Handwerk ausübten, aber auch den Waffendienst übernahmen. Der Akt des Ablegens des feierlichen öffentlichen Gelübdes war normalerweise unumkehrbar und machte den, der es ablegte, rechtsunfähig, d.h. er konnte z.B. kein Eigentum mehr erwerben. Rechtsakte die er setzte bzw. Erklärungen, die er abgab, besaßen keine Rechtsgültigkeit mehr.
Neben diesen eigentlichen Ordensmitgliedern, von denen wiederum nur eine relativ geringe Anzahl adlige Ordensritter waren, lebten auf den Ordensgütern eine Vielzahl von Bediensteten, Hörigen, abhängigen Bauern und Handwerkern sowie Menschen die im Umfeld des Ordens in Kriegs- und Friedenszeiten ihr Brot verdienten.
Im November 1319 wurde mit Gil Martins (Aegidius Martini), der bis dahin Meister des Ritterordens von Avis war, der erste Hochmeister gewählt. Der Hochmeister war dem portugiesischen König zur persönlichen Eidesleistung und Mannschaft (Lehensdienst) verpflichtet, woraus dem König jedoch kein Recht auf Ordensbesitz erwuchs. Der Hochmeister sowie die Praezeptoren des Ordens (dem Hochmeister untergeordnete Führungspositionen des Ordens) hatten die Pflicht zur Hoffahrt.
Die wichtigsten Ämter der Praezeptoren gemäß der Rangfolge waren:
- der Groß-Prior (prior-mor) zuständig für die kirchliche und weltliche Gerichtsbarkeit im Orden sowie die Ausübung der geistlichen Betreuung seiner Mitglieder innerhalb und außerhalb des Ordensbesitzes;
- der Groß-Kommtur (commendador-mor), der bei Tod des Großmeisters und in Abwesenheit des Groß-Priors sowie im Falle der Vakanz dieser Ämter dem Orden vorstand;
- der Schlüsselbewahrer (claveiro), dem die Obhut der Schlüssel des Konvents sowie die Versorgung und Verpflegung der Ordensmitglieder übertragen war;
- der Groß-Sakristan (sacristão-mor), der die Siegel des Ordens, die Archive u.a. verwahrte;
- der Bannerträger (alferes), der bei Prozessionen sowie bei allen Kriegshandlungen, an denen auch der Großmeister teilnahm, das Banner des Ordens trug.
Am 11. Juni 1321 erließ der Hochmeister die ersten Statuten des Ordens für 69 bewaffnete und gerüstete Ritter, 9 Kapläne sowie 6 Sergeanten.
Bereits 1326 erließ der zweite Großmeister, João Lorenço, eine überarbeitete und angepaßte Ordenskonstitution.
weitere Geschichte
Ihr Hauptquartier hatten die Ritter anfangs in Castro Marim an der Grenze zu Kastilien, seit 1366 in der mächtigen Hauptburg des früheren Templerordens in Tomar. Da diese jedoch an einer strategisch ungünstigen Stelle lag, bauten die Ritter den Convento do Cristo an anderer Stelle.
Für Portugal lohnte sich das Asyl des Templerordens: Die Christusritter wurden staatstragend und steuerten viele Innovationen und Entdeckungen zur Seefahrt bei, bis sie 1789 säkularisiert wurden. Bekannte Mitglieder waren unter anderem Heinrich der Seefahrer, Bartolomeu Dias, Vasco da Gama, Pedro Álvares Cabral oder Martin Behaim.
Während der Zeit der Entdeckungen hatte der Christusorden außerordentlichen Einfluss, Heinrich der Seefahrer war einer seiner Großmeister. Seine Karavellen trugen das Emblem des Ordens, das rote Kreuz auf weißem Grund, auf ihren Segeln. 1456 übertrug Papst Kalixt III. dem Christusritterorden die geistliche Jurisdiktion über die neuen Besitzungen in Afrika und Asien.
Den Höhepunkt seiner Ausbreitung hatte der Orden mit ca. 450 Komtureien um 1550 erreicht. Im Jahre 1551 übertrug Papst Julius III. der portugiesischen Krone endgültig das Amt des Großmeisters. Erst als Johann III. die Ritter zu Mönchen machte, ließ ihr Einfluss nach.
Auf das Abzeichen des Christusordens geht auch die dänische Nationalflagge zurück. König Christian IV. ließ dänische Münzen nach dem Vorbild einer portugiesischen Goldmünze prägen, auf der das Christuskreuz und die Worte in hoc signo vinces abgebildet waren.
Seit 1834 ist der Christusorden eine staatliche portugiesische Auszeichnung, die auch nach dem Sturz der Monarchie im Jahre 1910 von den nachfolgenden republikanischen Regierungen verliehen wurde. Gleichzeitig ist er seit 1905 die höchste Auszeichnung des Vatikanischen Staates.
Insignien und Klassen des Ordens
Portugal
Bis zum Sturz der Monarchie im Jahre 1910 hatte der Christusorden drei Klassen: Großkreuz, Komtur mit Stern und Ritter. Das Ordenszeichen des Großkreuzes war ein rot emailliertes Malteser-Kreuz mit weißer Einfassung. Im Mittenmedaillon befand sich ein weißes Lateinisches Kreuz (siehe: Griechisches Kreuz), das auf einem roten Prankenkreuz lag (d.h. dem Lateinischen Kreuz mit sich nach außen verbreiternden Kreuzenden). Das Ordenskreuz war von einem grün emaillierten Lorbeerkranz umgeben und hing an einer goldenen Königskrone. Die übrigen Klassen trugen das einfache Ordenskreuz des Mittenmedaillons der Großkreuze, das an einer goldenen Königskrone hing. Der silberne Ordensstern der 1. und 2. Klasse war achtstrahlig und trug auf dem Mittenmedaillon dasselbe Emblem des Christuskreuzes wie das Ordenszeichen. Der Stern besaß außerdem ein rot emailliertes Emblem des Herzens Jesu auf dem obersten Strahl über dem Mittenmedaillon. Der Orden der 1. Klasse wurde zuerst nur an einer Collane getragen, erst um 1830 führte man die rote Schärpe ein, in derselben Farbe wie das Band der sonstigen Klassen des Ordens.
Während der Monarchie mussten alle inländischen Ritter adlig und katholisch sein. Die Zahl der Komture war auf 450 begrenzt, die der Ritter uneingeschränkt. Die Ritter des Ordens waren berechtigt, das Ordenskreuz unter ihren Wappen anzubringen.
Die Republik behielt den Orden, erweiterte aber die Klassen auf fünf: Großkreuz, Komtur 1. Klasse mit Stern, Komtur 2. Klasse mit Stern, Offizier und Ritter. Das Ordenszeichen war nun einheitlich für alle Klassen - nur das rote Prankenkreuz, das mit dem weißen Lateinischen Kreuz belegt war, ohne Königskrone als Aufhängung. Der Bruststern (in Gold für die 1. und 2. Klasse, in Silber für die 3. Klasse) erhielt nun 24 durchbrochene Strahlen, das Mittenmedaillon des Kreuzes wurde nicht verändert, aber das Herz-Jesu-Emblem entfernt. Die Ordenszeichen der oberen drei Klassen hingen an einem grün emaillierten Lorbeerkranz, die der unteren zwei an einem einfachen Ring. Das rote Ordensband wurde beibehalten und die Adelsprobe abgeschafft.
Vatikan
Am 14. März 1319 bestätigte der Papst Johannes XXII. die Stiftung des portugiesischen Christusordens, jedoch unter der Bedingung, dass auch der Heilige Stuhl das Recht habe, den Orden zu verleihen. Dies führte zur Entstehung der zwei Zweige des Ordens, die bis heute (2004) existieren.
Der päpstliche Christusorden, der am 7. Februar 1905 von Papst Pius X. reorganisiert wurde, ist einklassig und die höchste Auszeichnung des Vatikans, die sehr selten verliehen wird, vor allem an Staatsoberhäupter und hervorragende Staatsmänner von katholischem Glauben, die besondere Verdienste entweder um die katholische Kirche oder um die Gesellschaft erworben haben. Die Inhaber tragen den Titel Ritter des Christusordens, der Militia Domini Nostri Iesu Christi heißt.
Das Ordenszeichen ist das gleiche wie das des portugiesischen Christusordens - ein rotes Prankenkreuz, das mit einem weißen Lateinischen Kreuz belegt ist. Das Ordenzeichen hängt an einer goldenen Königskrone. Sämtliche Ritter erhalten auch die Collane bei der Verleihung, denn der Orden darf nur an einer Collane getragen werden und hat kein Ordensband. Sie besteht aus dreierlei Gliedern: dem päpstlichen Wappen, dem Ordenskreuz innerhalb eines Lorbeerkranzes und zwischen ihnen goldenem Geflecht. Der silberne Ordensstern ist achtstrahlig und hat im Mittenmedaillon das Ordenskreuz, das von einem grün emaillierten Lorbeerkranz umgeben ist.
Der einzige Protestant, der den Orden erhielt, war Otto von Bismarck (1885). Ein anderer deutscher Ritter des Ordens war Konrad Adenauer.
Literatur
- Dokumente zur Geschichte der europäischen Expansion. hrsg. von Eberhard Schmitt
München (Beck) Bd.I Die mittelalterlichen Ursprünge der europäischen Expansion, hrsg. von Charles Verlinden und E. Schmitt, München (Beck) 1986 450 S. , bes. Dok. 50 Papst Johannes approbiert den portugiesischen Christus-Orden 1319, S. 281 -287;
- Gustav Adolph Ackermann: Ordensbuch sämmtlicher in Europa blühender und erloschener Orden und Ehrenzeichen. Annaberg 1855
- Paul Hieronymussen: Orders, Medals and Decorations of Britain and Europe in Colour. London 1967
- Arnhard Graf Klenau: Europäische Orden ab 1700. München 1978
Siehe auch: Ordensgemeinschaft, Liste der Ordensgemeinschaften, Geschichte Portugals, Zeittafel der Geschichte Portugals, Portugal unter den Burgunderherrschern