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Guido von List

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Guido von List (*5. Oktober 1848 in Wien; †17. Mai 1919 in Berlin) war ein okkulter Autor und Begründer der Ariosophie.

Beeinflusst wurde er von den Schriften Arthur de Gobineaus und Helena Petrovna Blavatskys. Er glaubte an die Existenz einer internationalen jüdischen Weltverschwörung und dass diese die Existenz dessen, das er für die arische Rasse hielt, bedrohe. Außerdem glaubte er an die magische Kraft alter Runen. Beide "Glauben" war nicht unpopulär im West-Europa des neunzehnten Jahrhunderts. Einer von Lists Zeitgenossen war der "Rassenphilosoph" Houston Stewart Chamberlain, unter seinen ideologischen Anhängern und Nachfolgern war Jörg Lanz von Liebenfels.


Biographische Eckdaten:

1848 5. Oktober: Guido List wird in Wien als Sohn des Kaufmanns Karl List und dessen Frau Marie (geb. Killian) geboren.

1868-1870 List leitet die von ihm 1868 gegründete Privatbühne "Walhalla".

1871 Er übernimmt das Sekretariat des Österreichischen Alpenvereins, dessen Jahrbuch er auch redigiert.

ab 1877 Nach dem Tod seines Vaters gibt List den Kaufmannsberuf auf und verschreibt sich nun ganz seinen schriftstellerischen und journalistischen Interessen mit Schwerpunkt auf Geschichte und Brauchtum der Germanen.

1878 26. September: Heirat mit Helene Förster-Peters. Aus der Ehe geht eine Tochter hervor.

1898 Sein Buch "Der Unbesiegbare. Ein Grundzug germanischer Weltanschauung" beschreibt die schon in altgermanischen Sagen prophezeite Gestalt eines gottgleichen Retters, der die Weltherrschaft der Germanen wiederherstellen werde.

1899 Acht Jahre nach dem Tod seiner ersten Frau heiratet List Anna Wittek.

1902 Er erblindet nach einer Augenoperation fast vollständig für elf Monate. Nach dieser "Lebenswende" widmet er sich anhand von Sagen, Monumenten und Runen der pseudo-wissenschaftlichen Untersuchung von Kultur, Religion und Recht des "Ario-Germanentums" mit dem Ziel ihrer Wiederherstellung.

1903 Ein an die Kaiserliche Akademie der Wissenschaften in Wien mit Bitte um Veröffentlichung gesandtes Manuskript wird von dieser kommentarlos abgelehnt, auch einen privaten Verleger für seine esoterisch-okkulten Schriften findet List zunächst nicht.

1905 Unterstützer und Schüler Lists gründen zur Finanzierung seiner "Forschungen" und zur Verbreitung seiner Werke die "Guido-von-List-Gesellschaft", zu deren Mitgliedern unter anderen der Wiener Bürgermeister Karl Lueger (1844-1910) und der Rassetheoretiker Jörg Lanz von Liebenfels (1874-1954) gehören. Die Gesellschaft mit Sitz in Wien, deren Mitgliedschaft zu knapp einem Drittel aus Deutschen besteht, läßt in ihrer Scharnierfunktion für die Verbreitung rassehierarchischer und ariosophischer Ideologeme List zu einem der Vordenker der völkischen Bewegung auch des deutschen Kaiserreichs werden.

1907 Er läßt den vorher schon gelegentlich benutzten Nachnamen "von List" offiziell registrieren als Zeichen seines "Rassenadels". List gründet den mystisch-okkulten Bund "Armanenschaft", der sich als esoterische arische Elite im bevorstehenden "Rassenkampf" gegen rassisch minderwertige Gruppen wie etwa Juden und Slawen versteht. Als Erkennungszeichen der Armanen dient das später auch von anderen völkischen Gruppen benutzte Hakenkreuz.


1908 Im Buch "Die Armanenschaft der Ario-Germanen" schildert er die Armanen als kulturbringenden arischen Rassenadel, dessen rassische Degeneration durch "Zuchtwahl" der "Herrenmenschen" und durch Versklavung und Vernichtung der "Herdenmenschen" bekämpft werden müsse.

1911 Der "Hohe Armanen Orden" (HAO) wird von List ins Leben gerufen. Der Orden, mit List als "Hohem Meister" an der Spitze, versteht sich als männerbündisch-elitärer Priesterbund zur Bewahrung uralten arischen Geheimwissens und strebt nach Etablierung eines rassereinen und hierarchisierten ario-germanischen Staates.

1915 List deutet in einem Vortrag den Ersten Weltkrieg als apokalyptische Endschlacht zwischen den manichäischen Kräften von Licht und Dunkelheit mit der Hoffnung auf Wiederkehr eines paradiesgleichen germanischen Weltreichs.

1919 21. Mai: Guido von List stirbt auf einer Reise durch Norddeutschland in Berlin an Lungenentzündung.



Werdegang & Einfluss

Seine Erziehung erfolgte nach streng konservativ-katholischen Richtlinien, lies aber Freiraum für eigenständige Interessen. So begeisterte er sich sehr früh für die Natur und begann, gefördert durch seinen Vater, zu malen. Es sind aus seinen frühen Jahren noch Landschaftszeichnungen erhalten. Ebenso interessierte er sich offensichtlich für alte Bauten. Späteren Selbstdarstellungen zufolge entwickelte er in dieser Zeit auch eine Empfindsamkeit gegenüber spirituellen Eindrücken.

Obwohl er sich als Künstler und Gelehrten sah durchlief er auf Betreiben des Vaters eine Ausbildung als Kaufmann. Abseits der Ausbildung und Mithilfe im Geschäft des Vaters schuf er sich freie Nischen. Er durchstreifte die Umgebung von Wien, malte und hielt seine Eindrücke in Prosa und Gedichtform fest. Zusätzlich leitete er von 1868 - 1870 die kleine Privatbühne „Walhalla“. Aber er betätigte sich auch sportlich. Er fand 1871 eine Stelle im damals betont nationalistischen Österreichischen Alpenverein. Dadurch kam er mit deutsch-völkischen Kreisen in Kontakt, deren Weltanschauungen er immer sympathischer fand. Seine außergewöhnlichen Handlungsweisen brachten ihm das Interesse okkult Interessierter ein und so feierte er seine Rituale bald nicht mehr alleine. Trotz allem genoß er den Ruf des „einsamen Wolfes“, was durchaus positiv verstanden wurde.

Nach dem Tod des Vaters 1877 schied er aus der Firma aus und beschloß mit einem kleinen ererbten Vermögen freier Journalist zu werden. In verschiedenen völkisch geprägten Magazinen veröffentlichte er Artikel über seine Heimat. Erste Romane entstanden ab 1884 in einem nationalistisch überhöhten Stil, die germanische Kultur gegenüber der römisch-christlichen als höherwertig darstellend. Mit diesen überzogenen Darstellungen gelang List der Durchbruch im völkischen Lager, dem er zeitlebens treu blieb. Da er auch Verbindungen zur deutschen Szene hatte, veröffentlichte er in deutschen Magazinen entsprechende Artikel. Dabei verknüpfte er seine Überzeugung mit politischen Ansprüchen, die zuweilen mit antijüdischen und rassistischen Auslassungen versehen waren. Bei Recherchen stieß er auf einen alten Wotanskult, dessen Priesterschaft zu einer zentralen Idee seiner politischen Mythologie wurde.

Nach 1896 ging List betont eigene Wege, blieb aber den politischen Zielen der Deutschvölkischen treu. Er wollte eine germanische Gemeinschaft gründen. Im Jahre 1892 erkrankte er an Schichtstar, er wurde operiert und war daraufhin 11 Monate blind. In dieser Zeit will er zahlreiche Visionen gehabt haben, in denen seine germanische Religion langsam Gestalt annahm. Er nutze diese Zeit um über die Runen und die germanische Lebensweise nachzudenken. Er fand dabei die „arische Ursprache“ und veröffentlichte 1903, wieder sehend, einen Artikel über diese gefundenen Erkenntnisse.

Die Zeichen dieser Ursprache wurden später „Armanenfuthark“ genannt.Über eines der Magazine bekam er Kontakt mit dem deutschen Zweig der Theosophischen Gesellschaft. List übernahm von der Gründerin der Theosophie, Helena Blavatsky, deren Lehre von der Wurzelrasse. Für sie war diese Wurzelrasse, zusammen mit der germanischen Unterrasse, die höchste Entwicklungsstufe der Menschheit.

Es muß aber auch gesagt werden, daß die Lehre von den Wurzelrassen nicht unbedenklich sind. Nach der Meinung der Blavatzky gibt es sieben Rassen, die sich wiederum in sieben Unterassen aufteilen. Angeblich stammt dieses Wissen von Weisen aus dem Himalaja. Allerdings mußte sie nach anderen Angaben Indien verlassen, weil sie die Texte dieser Meistern falsch übersetzte und als gültige Lehre bezeichnete. Der Verdacht, daß es sich um ureigene Auslegungen der Blavatsky handelt liegt hierbei sehr nahe.Aber nichts desto trotz machte ihre Lehre besonders auf deutsche Esoteriker einen nachhaltigen Eindruck.

Aber auch andere Lehren der Blavatzky trafen bei List auf fruchtbaren Boden. Sie wurden, zusammen mit seinen eigenen Glaubenssätzen, zur Grundlage seiner Ariosophie. Unter "Ariosophie" ist eine völkisch-okkulte Geistesrichtung zu verstehen, deren Gründer und bekanntester Vertreter Guido von List war. Diese Lehre besagt, daß die Arier alleine die kulturschöpfende Rasse wären und aufgrund dieser Vorstellung das Recht zur Weltherrschaft besäßen. Seine rassistische Lehre geht aber über die Grundgedanken der Blavatsky hinaus.

List betrachtete sich als der letzte Magier der Armanen, die früher die geistigen Führer, so etwas wie die Priester der "Arier" gewesen seien. So veröffentlichte er 1908 "Die Armanenschaft der Ariogermanen". Als Feind des Deutschtums sah er ganz eindeutig die "internationale jüdische Verschwörung". Er sprach auch bereits von einem rassistischen Staat und sah in einem durch die Arier selbstgewählten "Führer" die neue Herrschergestalt. Zur Unterstützung von List gründete dessen Schüler und Freund Lanz von Liebenfels 1905 in Wien die "Guido-von-List-Gesellschaft", welche in Österreich zu einem Zentrum des rassischen Antisemitismus wurde.

List selber gründete 1911 den "Hohen Armanen Orden" (HAO) als inneren Zirkel der List-Gesellschaft. Auch in Deutschland wurden Guido-von-List-Gesellschaften gegründet und über diese gelangten seine Lehren in das wilhelminische Kaiserreich. Seine Beliebtheit hatte den Effekt, daß er sich immer mehr in ein Sendungsbewußtsein hinein steigerte. Derart hofiert begrüßt er den ersten Weltkrieg als großen Vaterländischen Krieg. Die Niederlage des deutschen Volkes wertete er nur als Läuterung vor der letztendgültigen Errettung der Ariogermanen. Nach dem Zusammenbruch des Habsburger Reiches flüchtete sich List zu Freunden nach Brandenburg. Dort erkrankte er und verstarb im Jahre 1919 an einer Lungenentzündung. Seine Leiche wurde eingeäschert und in seiner Heimatstatt Wien in einem Urnengrab beigesetzt.

Aus dem geschriebenen geht bereits hervor, daß die damalige Zeit, der Zeitgeist, in solchen Vorstellungen sich bewegte. Das 19. Jahrhundert war die Zeit der Nationalstaaten, die bis weit ins 20 Jahrhundert hineinreichte. Die Vorstellungen Lists waren in Europa der damaligen Zeit an der Tagesordnung. Aus diesen Ideen entstanden nicht nur in Deutschland, das es ja erst seit 1877 gab, völkisch orientierte Gruppen, mit rassistischen Tendenzen verschiedener Intensität. Es war aber auch die Zeit in der der Antisemitismus wieder einmal aus der Mottenkiste der Zeit geholt wurde, dieses Mal mit politischer Zielsetzung. Es tauchten in Europa entsprechende Pamphlete auf. Das bekannteste waren wohl die „Prothokolle der Weisen von Zion“.

Wie daraus die „jüdische Weltverschwörung“ wurde ist nicht genau geklärt. Bekannt ist, daß bereits am Anfang der „Oktoberrevolution“ die fiktiven „Protokolle“ auftauchten. Auf jeden Fall ist der Kern dieser Verschwörungstheorie die fiktive Versammlung von Zionisten unter der Leitung von Theodor Herzel. Er ist eine Person der Zeitgeschichte, dies ist unbestritten. Die zwölf Protokolle jedoch, die eine Mitschrift dieser Zusammenkünfte darstellen sollen, sind fiktiv. Hier muß also eine reale Person dazu her halten gegen die Juden als Ganzes zu polemisieren und zu hetzen. Obwohl längstens der Ursprung dieser „Protokolle“ bekannt ist, werden sie auch heute noch als wahr angesehen und immer wieder neu aufgelegt.

Tatsache ist aber auch, daß Adolf Hitler in seiner autodidaktischen Zeit in Wien mit den Ideen verschiedener völkischer Gruppen und Richtungen zusammenkam, auch mit den Ideen von List, und sich daraus sein Weltbild zusammen bastelte. Einige Autoren meinen sogar, daß er Mitglied im Armanenorden war. Die auf diese Art gewonnene Ideologie hat er in Deutschland vertieft und in der NSDAP verwirklicht, die erst unter Hitler zu dem wurde was sie dann später war: Die Partei des Diktators, von dem die scheußlichsten Verbrechen ausgingen! Es darf hier aber ein Verweis auf die „Thule-Gesellschaft“ nicht fehlen. Als eine der maßgebenden Organisationen zur Gründung wird der Armanenorden genannt. Damals bestand eine weitreichende Verflechtung der völkischen Gruppen aus denen sich die Ideologie der Thule-Gesellschaft gründete. Aus dieser Gesellschaft stammten die obersten Vertreter des Dritten Reiches

Einfluss auf Hitlers Führungsriege

Es ist aber leider auch Tatsache, daß die völkischen Gruppen mit ihrer Idee vom Volksführer, am Untergang des ersten deutschen Demokratieversuches mit beteiligt waren. Sie haben zusammen mit den großen christlichen Kirchen den Ast abgesägt auf dem sie saßen: Die Weimarer Republik. Demokratie war für alle oben genannten Kreise suspekt und unannehmbar. Die Zeit der Weimarer Republik war jedoch die Blütezeit der völkischen Gruppen. Diese Gruppen benützte Hitler als Steigbügelhalter für seine Zwecke. Die Hoffnung dieser Gruppen nach einem Sieg Hitlers gegenüber den Christlichen Religionen besser zum Zuge zu kommen, enttäuschte der Diktator schwer. Zwar wurden die wenigsten Gruppen direkt verboten, aber sie wurden kurz gehalten. Diese Kreise hätten besser Hitlers Buch „Mein Kampf“ gelesen, denn in diesem warnt er explicit vor den völkischen Gruppen.


Siehe auch: Vordenker des Nationalsozialismus