Basler Integrationsmodell
Das Basler Integrationsmodell ist ein von der Ethnologin Dr. phil.Rebekka Ehret entwickeltes und vom Integrationsbeauftragten Thomas Kessler im Kanton Basel-Stadt umgesetztes, fortschrittliches Integrationsmodell. Es beinhaltet Fördermassnahmen für Ausländer, die sich integrieren wollen, jedoch auch scharfe Sanktionen gegen Integrationsunwillige. Das Integrationsmodell richtet sich nach dem Grundsatz "Fördern und Fordern - vom ersten Tag an, verbindlich". Das Modell erlangte grosse Bekanntheit und wird immer wieder als Vorbild für eine erfolgreiche Integrationspolitik herangezogen.
Hintergrund
Die Schweiz hat mit ca. 20% Ausländeranteil die höchste Ausländerrate aller westeuropäischen Länder und insbesondere die Stadt Basel hat eine Ausländerrate von 30%, die fast den ganzen Kanton Basel-Stadt darstellt. Auf der anderen Seite ist die Einbürgerungsquote der Schweiz mit gerade mal 2% einer der niedrigsten Europas, was die 20% Ausländeranteil natürlich wieder ein Stück weit erklärt. Zudem wird in den meisten Ländern nach 6 bis 8 Jahren Aufenthalt eingebürgert, in der Schweiz geschieht dies erst mit 12 Jahren.[1]
Entwicklung des Modells
Für die Amtsperiode 1997-2001 hatte sich der Regierungsrat als einen der von vier Schwerpunkten die „Bevölkerungs- und Stadtentwicklung“ vorgenommen [2]. In diesem Zusammenhang kam man dann auch auf die Integration zu sprechen. Bis zu diesem Zeitpunkt wendete man im Kanton bei der Integrationspolitik den klassischen Defizitansatz an, der sich auf das beseitigen von Integrationsdefiziten konzentrierte. 1999 beauftragte der Basler Regierungsrat die Ethnologin Dr. phil.Rebekka Ehret von der Universität Basel ein Leitbild und Handlungskonzept für die Basler Integrationspolitik zu erarbeiten. Dieses Dokument stellte einen völligen Richtungswechsel dar, da man nun nach dem Prinzip Fördern und Fordern vorging (der sogenannte „ressourcenorientierter Potenzialansatz“). In der einjährigen Ausarbeitung dieses 22-seitigen Dokumentes wurden auch spezifische Fachgruppen und die Migranten selber miteinbezogen[3]. 2001 stimmte der Grosse Rat des Kantons dem Beschluss zur Umsetzung des neuen Leitbildes mit grosser Mehrheit zu. Mit der Umsetzung des Modells wurde der frühere Drogendeligierte der Stadt Basel, Thomas Kessler, beauftragt, der seit 1998 auch das Amt des Integrationsbeauftragten bekleidete.
Das Leitbild
Die drei Leitideen
Das Leitbild baut zuerst einmal auf drei Leitideen auf[4]:
- Das Integrationspolitik baut auf bereits vorhandenem Potential, Errungenschaften, Fähigkeiten und Kompetenzen aller Beteiligten auf. Die Mehrsprachigkeit, kulturelle Vielfalt u.s.w. sind als Chance zu sehen und zu nutzen. Die dadurch nicht vorhandenen Kenntnisse in anderen z.B. sprachlichen Bereiche sind nicht als Defizit wie bisher zu sehen. Stattdessen sollte man auch die Arbeit, schulische und berufliche Bildung bei den Migranten fördern. Dies bringt mehr Erfolg als einfach nur sprachliche Defizite zu beseitigen.
- Die Integration ist ein Prozess der die gesamte Bevölkerung miteinbezieht, alle sind an diesem Prozess beteiligt. Hürden bei der Beteiligung am gesellschaftlichen Leben sind abzubauen in allen Bereichen. Jeder Mensch sollte sich gleichberechtigt.
- Es muss bewusst und sorgsam mit Differenz umgegangen werden, und man darf diese Differenzen weder oberflächlich durch kulturelle oder ethnische Unterschiede erklären noch sollte geschlechterspezifische Unterschiede ignorieren oder neutralisieren. Jeder Mensch wird als Individuum wahrgenommen.
Umsetzungsideen
Im Leitpapier wurden verschiedene, natürlich auf Basel bezogene, Umsetzungsideen erkläutert[5]:
In der Schule wird der Schwerpunkt auf die Sprachkenntnisse der Schüler gelegt, die Deutsch als Zweitsprache besitzen, sodass diese wenn nötig in Deutsch gefördert werden. Jedes Kind soll in der Schule die gleichen Chancen besitzen. Die Berufs- und Erwachsenenbildung soll besser strukturiert werden. In der Erwachsenenbildung sollen neben Sprachkursen auch Staatskunde, Kurse speziell für Eltern, Laufbahnberatung und Nachholen des Grundschulabschlusses angeboten werden. Ausserdem sollen im Ausland erworbene Abschlüsse möglichst anerkennt werden.
Im Bereich der Erwerbstätigkeit soll eine Informationskampagne in der Privatwirtschaft durchgeführt werden, sodass die Betriebe die bei Ihnen beschäftigten Migranten selber fördern und über Integrationsangebote informieren. Bei öffentlichen Betrieben werden Migranten systematisch gefördert.
In den Quartieren sollen Quartierbüros eingerichtet werden, die als Arm der Verwaltung näher bei der Bevölkerung sind. Diese Büros arbeiten mit den verschiedenen Abteilungen der Verwaltung zusammen. Weiter wird vorgeschlagen Mediatoren einzusetzen, die die Rolle eines Art Friedensrichters aus der Bevölkerung in ihrem Quartier übernehmen. Diese Massnahmen sollen passend in die bereits vorhanden Quartierstrukturen eingebaut werden.
Es soll um die Diskussion um die Integration zu versachlichen eine Öffentlichkeitskampagne gestartet werden. Im Leitpapier wurde dafür die Gründung eines Fachgreniums vorgeschlagen. Mittlerweile existieren in Basel Plakatkampagnen mit Slogans gegen Diskriminierung. Zudem versorgt Integration Basel die Bevölkerung so gut es geht mit Informationen, um sie in den Integrationsprozess einzubinden. Falls bei speziellen Punkten In,formationsbedarf besteht müssen diese für die Öffentlichkeit erarbeitet werden.
Um die Gleichberechtigung zu gewährleisten, sollten die Migranten auch auf politischer Ebene Mitspracherecht besitzen. Wenn dieses Integrationsmodell Erfolg haben sollte, müsste man den Migranten das Stimm- und Wahlrecht anerkennen. Konkrete politische Ziele bis 2002 in diesem Bereich waren die Einführung des kantonalen Wahl- und Stimmrechts für Ausländer (das noch nicht verwirklicht wurde, jedoch ist eine entsprechende kantonale Initiative am laufen).
Umsetzung
Dieser Abschnitt behandelt die Umsetzung dieses Modells im Kanton Basel-Stadt durch Thomas Kessler.
Öffentlichkeitsarbeit
In den Jahren 2000 bis 2005 lief eine Kampagne in den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft unter dem Namen „Tatsachen gegen Vorurteile“. Seit 2005 läuft die Kampagne „Aller Anfang ist Begegnung“, die neu zusätzlich auch in Zusammenarbeit mit den Kantonen Aargau und Solothurn gestartet wurde. Mittlerweile ist auch der Kanton Bern hinzugestossen und auch der Kanton Jura hat bereits Interesse angemeldet. In dieser Kampagne wird vorwiegend mittels Inseraten in Gratis-, Lokal- und Quartierzeitungen sowie Amtspublikationen geworben. Dieses Projekt wird von der Eidgenössische Ausländerkommission (EKA) des Bundes unterstützt.
Seit dem Jahr 2000 erscheint jährlich (früher halbjährlich) die Migrationszeitung "MIX" in einer Auflage von 400'000 Exemplaren[6], die gratis in den Kantonen beider Basel sowie in den grösseren Gemeinden in Aargau und Solothurn verteilt wird.
Integration Basel unterstützte auch schon zwei Filme von Basler Filmmachern finanziell, die die Diskussion zu diesem Thema fördern.
Die Kampagne besitzt ein gut ausgebautes Internetangebot, so kann man auch das Leitbild, die Migrationszeitung und diverse Broschüren direkt aus dem Internet herunterladen oder sich zum Teil gratis mit der Post nach Hause liefern lassen.
Referenzen
- ↑ Broschüre Integration Basel 2006
- ↑ Leitbild zur Integration, Punkt 2.2, Seite 5
- ↑ Regierungsrat Basel - Medienmitteilung vom 10. September 1999
- ↑ Leitbild zur Integration, Punkt 2, Seiten 4-6
- ↑ Leitbild zur Integration, Punkt 4, Seite 12-22
- ↑ Integration Basel - Eigene Projekte