Operation Oluja
Militäroperation Oluja | |||||||||||||||||
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Teil von: Kroatien-Krieg | |||||||||||||||||
![]() Verlauf der Militäroperation Oluja | |||||||||||||||||
Datum | 4. August bis 7. August 1995 | ||||||||||||||||
Ort | heutige Republik Kroatien | ||||||||||||||||
Ausgang | Eroberung der RSK durch die kroatische Armee | ||||||||||||||||
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Die Militäroperation „Sturm“ (kroat. Operacija Oluja) war eine militärische Großoffensive, bei der die Kroatische Armee und Polizeieinheiten innerhalb von 84 Stunden die seit dem Jahr 1991 von der Jugoslawischen Volksarmee und serbischen Freischärlern kontrollierte und international nicht anerkannte Republik Serbische Krajina, die ein Drittel Kroatiens ausmachte, wieder unter die Kontrolle der kroatischen Ordnungskräfte brachte und den Kroatien-Krieg beendete, bei der es aber zu Kirgesverbrechen und ethnischen Säuberungen gegen die Serben kam.
Die Offensive begann am 4. und endete am 7. August 1995 und stellte die territoriale Einheit der international anerkannten Republik Kroatien her.
Die Kampfhandlungen erstreckten sich entlang einer Kriegsfrontlänge von 630 km und auf einer Gesamtfläche von 10.500 Quadratkilometern.
Bedeutung der Oluja für die Beendigung des Bosnienkrieges
Die Militäroperation Sturm führte durch die vollständige Rückeroberung der durch die selbsternannte Republik Serbische Krajina besetzen Gebiete Kroatiens (damals rd. 32% des Staatsgebietes von Kroatien) zu einem Ende des Krieges in Kroatien und ermöglichte die Wiederherstellung wichtiger Verkehrsverbindungen sowie die Rückkehr von über 170.000 Kroaten, die von der JNA im Jahr 1991 aus ihrer angestammten Heimat vertrieben worden waren bzw. aus Angst flohen. Andererseits flohen nun über 200.000 Serben vor der sich abzeichnenden Niederlage. Die Oberbefehlshaber der RSK befahlen die Evakuierung der Gebiete. Gegen tausende Zivilisten, welche dem Befehl nicht nachkamen, wurden von der kroatischen Armee enthnische Säuberungen durchgeführt. Die Operation Oluja (Sturm) gilt somit nicht nur als entscheidender und vernichtender Schlag gegen die selbsternannte Republik Serbische Krajina, sondern auch als Kehrtwende im Bosnienkrieg, da durch die Operation Oluja die monatelange Belagerung der kurz vor dem Fall stehenden Stadt Bihać zerschlagen wurde. Nach der Rückeroberung der gesamten Krajina sowie der Zerschlagung des Belagerungsringes um Bihać wurde somit ganz West-Bosnien zurückerobert und die fliehende serbische Armee der RSK und Paramilitärs militärisch und moralisch schwer geschlagen.
Unmittelbar nach Beendigung der Operation Oluja wurde gemeinsam mit bosnischen Regierungstruppen die im Abkommen von Split zwischen der bosnischen und kroatischen Regierung vereinbarte Militäroperation Maestral (Nordwestwind) begonnen. Das von Serben kontrollierte Territorium in Bosnien und Herzegowina schrumpfte von 70% auf etwa 47%, durch die deutliche militärische Übermacht der nun gemeinsam koordiniert vorrückenden kroatischen und bosnischen Streitkräfte und der HVO (Hrvatsko Vijeće Obrane, Kroatischer Verteidigungsrat in Bosnien). Die Operation Maestral wurde auf massiven Druck der internationalen Gemeinschaft nach nur wenigen Tagen gestoppt, da man eine Ausweitung des Krieges und ein Hineinziehen Serbiens befürchtete. Die Operation Maestral wird trotz ihres vorzeitigen Stopps als sehr großer militärischer Erfolg gewertet, da dadurch nicht nur große Teile Bosniens befreit wurden, sondern in erster Linie durch die vernichtenden Niederlagen der serbischen Kräfte durch die Operationen Oluja und Maestral der militärische und politische Druck auf Belgrad derart verstärkt wurde, dass diese eine Gefahr der völligen Niederlage in Bosnien sahen und somit zur Unterzeichnung des Friedensabkommens von Dayton gezwungen wurden, was letztendlich zum Ende des Krieges auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens führte.
Vorgeschichte
Im den Jahren 1991 bis 1992 lösten sich Slowenien und Kroatien nach den ersten freien und demokratischen Wahlen seit dem Zweiten Weltkrieg, per Volksentscheid mit jeweils deutlich über 90% für die Unabhängigkeit stimmend, aus dem damaligen Jugoslawien. Diesem Schritt folgte im Jahr darauf Bosnien-Herzegowina und Mazedonien.
Vor der Operation Oluja fiel am 9. Juli 1995 die UN-Schutzzone Srebrenica, in welcher nach der Eroberung durch die Truppen des bis heute flüchtigen Kriegsverbrechers General Ratko Mladić Frauen und Kinder von den Männern ab 16 Jahren getrennt wurden (bis zu 8.000), die Männer daraufhin deportiert und durch Massenerschiessungen ermordet und in den umliegenden Wäldern in Massengräbern vergraben wurden. Dieses größte Kriegsverbrechen seit dem zweiten Weltkrieg in Europa erlangte weltweit traurige Bekanntheit unter dem Namen Massaker von Srebrenica. Nach Srebrenica waren außer Sarajevo lediglich noch Bihać und Goražde als UN-Schutzzone übrig. Die Vojska Republike Srpske (Armee der Republika Srpska) begann kurz vor der Operation Oluja eine massive Militäroperation auf die Stadt Bihać, welche seit Monaten belagert wurde und kurz vor dem Fall stand.
Die Großoffensive der Serben gegen die Enklave Bihać, eine weitere UNO-„Sicherheitszone“, hatte bereits begonnen: Etwa 70 Prozent Bosnien-Herzegowinas waren zu jener Zeit noch unter serbischer Kontrolle. Die seit Monaten belagerte und ausgehungerte Stadt stand kurz vor dem Fall, da die ohnehin nur leicht und unzureichend bewaffneten Verteidiger und die Bevölkerung seit Monaten nahezu vollständig von Hilfslieferungen und Nachschub abgeschnitten und somit massiv geschwächt waren.
Der bosnische Kommandant der Verteidigung von Bihać, Atif Dudaković, appellierte verzweifelt an die kroatische Regierung, mit der Operation Oluja so schnell wie möglich zu beginnen, um den Fall der Stadt zu verhindern. Heute liegen Informationen vor, dass auch die USA und die NATO Kroatien politisch unterstützten und ebenso forderten, die Operation schnellstmöglich zu beginnen. Mit der Operation Oluja wurde die serbische Belagerung von Bihać beendet und ganz Westbosnien durch die darauf folgende Operation Maestral von den Serben zurückerobert. Während der Operationen Oluja und Maestral kam es, abgesehen von den massiven militärischen Erfolgen der kroatischen und bosnischen Truppen, in einigen Fällen zu Racheakten,Kriegsverbrechen sowie ethnischen Säuberungen gegenüber serbischen Truppenteilen und der serbischen Zivilbevölkerung, welche zum Großteil weiter Richtung Ostbosnien in die sogenannte und international nicht anerkannte Republika Srpska floh. Einige bosnische Kommandanten und kroatische Generäle stehen diesbezüglich in Den Haag vor dem internationalen Gerichtshof unter Anklage.
Die Operation Oluja, ihre Bedeutung, Durchführung und Effekte werden sehr kontrovers diskutiert und analysiert, da diese seitens der Kroaten und Bosnier als Befreiungsschlag und größter militärischer Erfolg gegen den serbischen Aggressor angesehen wird, welche die endgültige Kehrtwende und Niederlage Serbiens im Jugoslawienkrieg einläutete und somit zu dessen Ende führte.
Von serbischer Seite gilt wiederum u.a. die Operation Oluja, abgesehen von der größten militärischen Niederlage im Jugoslawienkrieg, als Synonym für Vertreibung und ihrerseits erlittene Kriegsverbrechen und Verwüstungen.
Kriegsverbrechen
Während der Operationen Oluja und Maestral kam es zu Rache- und Vergeltungsaktionen, sowie völkerrechtswidrigen Übegriffen an der serbischen Zivilbevölkerung und den geschlagenen serbischen Truppenteilen. Das Tribunal in Den Haag spricht von Plünderungen, Brandschatzungen, Zerstörungen, unmenschlicher Behandlung,Demütigung und ethnischer Säuberung. Laut ICTY-Anklage soll General Ante Gotovina maßgeblich dafür verantwortlich sein. Jedoch sieht die Anklage auch eine Verwicklung der damaligen Staatsspitze unter Präsident Franjo Tuđman in die Planung und Durchführung der systematischen Repressionen und Vertreibungen, anhand der sogenannten Transskripte von Brijuni, welche umstritten und von kroatischer Seite als Fälschungen bezeichnet werden. Infolge der Festnahme Gotovinas am 8. Dezember 2005 auf den Kanarischen Inseln ist eine gerichtliche Aufarbeitung der Aktion Oluja vor dem Haager Kriegsverbrechertribunal möglich geworden.
Grosse Teile der serbischen Bevölkerung flohen bereits, von ihren politischen Führern dazu aufgefordert, vor Eintreffen der kroatischen Armee, laut der Anklageschrift des ICTY insgesamt zwischen 150.000 und 200.000 Personen. Darunter befanden sich etwa ca. 40.000 bewaffnete Freischärler, die Armee der Republik Serbische Krajina", welche auf Grund der massiven kroatischen Übermacht schnell geschlagen wurde und sich zum Teil ergab. Reste der sogenannten Krajina-Armee, vor allem die motorisierten und gepanzerten Einheiten, flohen in die serbischen Gebiete in Bosnien und liessen große Mengen an militärischem Gerät, Ausrüstung und Munition zurück.
Am 11. August veröffentlichte das kroatische Verteidigungsministerium, dass auf der kroatischen Seite während dieser Polizei- und Militäroperation 174 Soldaten gefallen sind und 1.430 Soldaten verwundet wurden.
Nach einem Bericht des kroatischen Helsinki-Komitees vom 1. August 1996 kamen während der Offensive insgesamt 526 Serben ums Leben, etwa 410 Soldaten und 116 Zivilisten, die Zahl der Verwundeten wird auf mehrere Tausend geschätzt, wobei von serbischer Seite aus von einer wesentlich grösseren Opferanzahl gesprochen wird. In den folgenden Monaten kamen mindestens 150 weitere serbische Zivilisten und Militärangehörige, darunter viele ältere Menschen, die nicht geflohen waren, ums Leben, 110 Personen verschwanden spurlos.
Laut dem Jahresbericht 1996 von amnesty international wurden die meisten außerhalb von Kampfhandlungen getöteten Serben Opfer von Brandschatzungen, Misshandlungen, Racheakten oder außergesetzlichen Hinrichtungen. Dies wurde von einem Untersuchungsteam der UNO festgestellt.