Geschichte der Sowjetunion
Sowjetische Führer der Bolschewiki (1917–1952) und der KPdSU (1952–1991) 1915 — –
1920 — –
1925 — –
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1995 —
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Sowjetunion (russisch Советский Союз/ Transkription Sowetski Sojus) war der gängige, auch zu offiziellen Anlässen gebräuchliche Ausdruck für die Union der sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR), deren Geschichte in diesem Artikel behandelt wird.
Überblick
Die Sowjetunion war nominell eine Föderation unabhängiger Staaten, also ein Bundesstaat mit gemeinsamer Außen- und Sicherheitspolitik, faktisch jedoch ein streng zentralistisch regierter Einheitsstaat. Trotz der formellen relativen Autonomie der Teilrepubliken, Autonomen Gebiete und weiterer Gliederungen und obwohl die Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik (RSFSR) als größte und Gründungsrepublik mit vielen unterschiedlichen Nationalitäten dem Namen nach selbst wieder eine Föderation war, wurde das Land von der Kommunistischen Partei der Sowjetunion von deren Machtzentrale im Moskauer Kreml aus nach kommunistischen Wertvorstellungen diktatorisch geführt. Die einzelnen Gliederungen hatten dabei lediglich eine verwaltungstechnische Mittlerfunktion, um die zentralen Vorgaben umzusetzen. Die aus dem Zarenreich hervorgegangene Russische Föderation als dominierender Gründungsstaat praktizierte einen Kommunismus mit stark ausgeprägter nationalistischer Komponente. Den vielen unterschiedlichen Nationalitäten, Volksgruppen und Kulturen wurden weitgehend russische Sprache und Kultur aufgezwungen, sie wurden russifiziert.
Die Sowjetunion bestand von 1922 bis 1991. Als erster und größter sozialistischer Staat der Erde stieg sie nach dem Zweiten Weltkrieg zur den USA ebenbürtigen zweiten Supermacht und deren weltpolitischem Gegenspieler auf. Verschärft durch Reformversuche des letzten KPdSU-Generalsekretärs sowie ersten und einzigen Präsidenten der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, führten die inneren Spannungen und zunehmende ökonomische Probleme 1991 zum Zerfall des Riesenreichs, der durch einen vereitelten Putschversuch konservativer Militärs gegen Gorbatschow eingeleitet wurde. Russland übernahm als offizieller Rechtsnachfolger zwar die meisten internationalen Verpflichtungen der Sowjetunion, konnte aber nicht verhindern, dass einige der von inneren Unruhen geschüttelten instabilen Nachfolgestaaten als Besitzer von Atomtechnologie zur latenten Gefahr für den Frieden wurden.
Russland und die Oktoberrevolution
Die Oktoberrevolution
- siehe Hauptartikel: Oktoberrevolution
Nachdem im Frühjahr 1917 durch eine bürgerlich geprägte Revolution (Februarrevolution 1917) die Abdankung des Zaren Nikolaus II. erzwungen worden war, konstituierte sich eine bürgerliche Provisorische Regierung unter dem Fürsten Lwow. Parallel dazu bildeten sich Räte (Sowjets) aus Sozialrevolutionären und Kommunisten, die unter der Losung Alle Macht den Sowjets die Revolution weiterführen und die Bildung einer bürgerlichen parlamentarischen Demokratie verhindern wollten. Da sich Russland zu dieser Zeit im Krieg gegen das Deutsche Reich (Erster Weltkrieg) befand, destabilisierte sich die innenpolitische Situation weiter.
Mit der Oktoberrevolution von 1917 wurde die Provisorische Regierung von den marxistisch-kommunistischen Bolschewiki unter Lenin gestürzt. Lenin proklamierte die Sozialistische Sowjetrepublik, die von einem Rat der Volkskommissare (dem Pendant zu einer bürgerlichen Regierung; Ministerrat) unter seiner Führung geleitet wurde. Außerdem schloss Lenin im März 1918 den Friedensvertrag von Brest-Litowsk ab, der zwar erhebliche Nachteile für Sowjetrussland enthielt, aber den Bolschewiki eine Festigung ihrer noch schwachen Macht und den Sieg über die innenpolitischen Gegner ermöglichte.
Der Bürgerkrieg
- siehe Hauptartikel: Russischer Bürgerkrieg
Nach der Oktoberrevolution wurde ganz Russland in einen Bürgerkrieg gestürzt, der bis 1921 dauerte. Mehrere Armeen bekämpften sich gegenseitig: die ukrainische Armee unter dem Kommando von Symon Petljura, der sich marodierende Bauernbanden anschlossen; die Rote Armee, in der ebenfalls zahlreiche ukrainische Einheiten vertreten waren; die konterrevolutionäre Weiße Armee mit zahlreichen Kosaken sowie unabhängige Einheiten wie beispielsweise die Machnowschtschina, begründet von Nestor Machno.
Auch fremde Mächte griffen in den russischen Bürgerkrieg ein: Die Entente-Mächte, Japan, Deutschland und eine Reihe weiterer Staaten unterstützten mit Waffen- und Materiallieferungen sowie Interventionstruppen die weißgardistischen Truppen gegen die Sowjets. Nach einem langen und für das geschwächte Land verheerenden Bürgerkrieg wurden schließlich die Hauptkräfte des militärischen Widerstands unter den ehemaligen zaristischen Generalen Koltschak, Denikin und Judenitsch endgültig von den Sowjets besiegt. Neben dem schon zuvor unabhängigen Polen (1917/18), das auch weite Teile der heutigen Ukraine und Weißrussland umfasste, erlangten auch die Baltischen Staaten sowie Finnland durch den Bürgerkrieg die Unabhängigkeit.
Die Kommunistische Partei der Sowjetunion (KPdSU)
- siehe Hauptartikel: Kommunistische Partei der Sowjetunion (KPdSU)
Die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Russlands benannte sich 1918 in Kommunistische Partei Russlands (Bolschewiki) - KPR(B) - um. Lenin, ihr unbestrittener intellektueller Führer und strategischer Kopf der Revolution, formulierte die Leitlinien für den Aufbau eines kommunistischen Staates nach dem Übergang vom Kriegskommunismus (Niederschlagung der Konterrevolution) zum Kommunismus. Er prägte die Doktrin von der Diktatur des Proletariats unter Führung einer elitären zentralistischen Kaderpartei. Als begabter Rhetoriker begeisterte er das einfache Volk mit der griffigen Formel "Kommunismus ist Sowjetmacht plus Elektrifizierung des ganzen Landes" für das nächste strategische Ziel, den schnellen Aufbau eines modernen Industriestaats. Mit seinem Dekret über den Boden bestätigte Lenin die seit der Oktoberrevolution auf dem Land abgelaufene Enteignung der adeligen Grundbesitzer.
Gründung und Entwicklung der UdSSR
Die Revolution hatte schnell von Russland auf die umliegenden Länder der russischen Einflusssphäre übergegriffen und auch dort waren starke kommunistische Kräfte - unterstützt von den russischen Bolschewiki - an die Macht gekommen und hatten Sozialistische Sowjetrepubliken (SSR) ausgerufen. Am 30. Dezember 1922 schlossen sich die Russische Föderative Sowjetrepublik, die Ukrainische SSR, die Weißrussische SSR und die Transkaukasische SFSR zur Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) zusammen. Die Hauptstadt, in der RSFSR bisher der Ausgangspunkt der Revolution Petrograd (später Leningrad), wurde Moskau.
1924 wurden die russischen Kolonien Turkmenien und Usbekistan, 1929 Tadschikistan Sowjetrepubliken.
Am 5. Dezember 1936 wurde die Transkaukasische SFSR als Verbund der Armenischen SSR, Aserbaidschanischen SSR und Georgischen SSR aufgelöst und ihre bisherigen Teilrepubliken wurden Unionsrepubliken in der UdSSR.
Zeitgleich wurde am 5. Dezember 1936 auch die bisherigen autonome Kirgisische ASSR und die Kasachische ASSR als Teil der Russischen SFSR nun zur Kirgisischen SSR und Kasachischen SSR, also zu selbstständigen Unionsrepubliken.
1940 folgte die Okkupation der baltischen Republiken Estland, Lettland und Litauen sowie Moldawiens und des finnischen Teils von Karelien, die als Estnische SSR, Lettische SSR, Litauische SSR, Moldauische SSR und Karelo-Finnische SSR Unionsstaaten wurden.
Karelien verlor jedoch 1956 seinen Status als Unionsrepublik und wurde wieder als Autonome SSR Karelien in die Russische SFSR eingegliedert.
1922 - 1930: Beginn der Stalin-Ära
1922 Generalsekretär Stalin, 1924 Lenins Tod
Der gesundheitlich angeschlagene Lenin erkrankte, von Schlaganfällen gezeichnet, 1922 ernsthaft und musste sich weitgehend aus der operativen Leitungstätigkeit zurückziehen. Seine vom Krankenbett aus erteilten Ratschläge und Weisungen wurden jedoch noch bis 1923 weitgehend von den Spitzenfunktionären befolgt. Mit Sorge betrachtete er die einsetzenden Kämpfe um seine Nachfolge. Er misstraute dem militärischen Organisator und Kriegskommissar Leo Trotzki, der schon mehrfach von seinen - Lenins - Lehren abgerückt war und sich selbst als "natürlichen" Nachfolger und "Theoretiker" sah.
Dessen Opponent Josef Stalin war inzwischen (1922) zum Generalsekretär der Partei aufgerückt und hatte praktisch unbemerkt von der Funktionärsspitze ein Netzwerk von ihm ergebenen Gefolgsleuten aufgebaut, das ihm die Herrschaft über den Parteiapparat sicherte. In dieser Funktion gelang es ihm, den kranken Lenin fast vollkommen von der Partei zu isolieren. Er kontrollierte den Zugang zum Parteiführer und dessen Korrespondenz. So konnte Lenins Brief mit der eindringlichen Warnung und Forderung an die Partei, Stalin als Generalsekretär abzulösen (in der Geschichtsforschung ist dieses Dokument auch als "Lenins politisches Testament" bekannt), seine Adressaten nicht rechtzeitig erreichen. Der todkranke Revolutionsführer sprach sich gegen einen „Führer“ Stalin aus, da er diesen für ungeeignet hielt.
1924 bis 1930 Stalin festigt seine Macht
Lenins Tod am 21. Januar 1924 führte zu einem erbitterten Nachfolgekampf, in dem sich Partei-Generalsekretär Josef Stalin gegen Leo Trotzki durchsetzte. Stalin festigte seine Macht durch gezielten Terror von 1925 bis 1928 gegen seine Widersacher von „links“ (Leo Trotzki, Grigori Sinowjew, Lew Kamenew, Adolf Joffe) und von 1929 bis 1930 gegen die von „rechts“ (u. a. Nikolai Bucharin, Alexei Rykow, Michail Tomski) sowie jeden, der im Verdacht stand, mit ihnen zu sympathisieren.
Neue Ökonomische Politik (NEP)
- siehe Hauptartikel: Neue Ökonomische Politik
Die "Neue Ökonomische Politik" wurde durch Lenin im März 1921 auf dem X. Parteitag der Russischen Kommunistischen Partei verkündet. Sie löste die Wirtschaftspolitik des Kriegskommunismus ab und stellte einen Versuch dar, durch die Unterstützung der Privatinitative in der Landwirtschaft die Produktivität der Bauern zu verbesseren. Den Bauern wurde gestattet, die Produkte, die ihnen über das Ablieferungssoll hinaus verblieben, im freien Handel mit Preisen des freien Marktes zu veräußern. Die Periode der NEP endete schon 1927 mit dem 15. Parteitag der KPdSU.
1930 - 1940: Kollektivierung und Terror
Fünfjahrespläne und Kollektivierung
Ab 1928 wurde die staatliche Wirtschaft Fünfjahresplänen unterworfen, die Industrialisierung und Infrastruktur, speziell im asiatischen Teil des Landes, vorangetrieben.
Ab 1929/30 wurde die Landwirtschaft kollektiviert; Sowchosen und Kolchosen wurden gebildet. Der Widerstand der reicheren und mittleren Bauern, als „Kulaken“ diffamiert, wurde rücksichtslos gebrochen. Die Folgen einer riesigen Hungersnot an der Wolga, in der Ukraine und im ganzen Land kostete mehreren Millionen Menschen das Leben; genaue Opferzahlen sind nicht bekannt.
Stalinsche Säuberung und Terror
Seit 1935 eskalierte Stalin die Verfolgungen und Deportationen von Bürgern, die dem System scheinbar oder tatsächlich im Wege standen. Durch die „Stalinschen Säuberungen“ (russisch „Tschistki“) von 1936 bis 1940 wurde ein systematischer Terror gegen die Menschen betrieben, die angeblich gegen das kommunistische Regime Stalins konspirierten. Die Säuberungsaktionen waren oft als gerichtliche Verfolgung getarnt und durch unter Folter erpresste Geständnisse begründet (Schauprozess). Es wurden ganze Völker der Sowjetunion, ethnische Minderheiten, in Arbeitslager (Gulag) deportiert. „Kulaken“, Priester und Mönche, kirchliche Laien, Großteile der militärischen Führungsspitze, führende Mitglieder der Partei und selbst Angehörige der Opfer wurden ermordet.
Einzelne Schätzungen geben bis zu 20 Millionen Opfer für diese Zeiten an.
1939 - 1945: UdSSR im Zweiten Weltkrieg
Als unmittelbaren Vorboten zum Zweiten Weltkrieg unterzeichneten am 24. August 1939 die Sowjetunion und das Deutsche Reich den Deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt, in dessen Rahmen Interessensgebiete in Polen, im Baltikum und in Rumänien zwischen den Vertragspartnern abgesteckt wurden. Damit wurde faktisch eine Vereinbarung über die Aufteilung und Besetzung der im Vertrag genannten Staaten und Gebiete getroffen.
Am 17. September 1939 erfolgte die sowjetische Besetzung Ostpolens durch die Rote Armee, nachdem die deutsche Wehrmacht bereits am 1. September 1939 den Angriff auf das westliche Polen begonnen hatte. Gemäß dem Deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt war das polnische Staatsgebiet zwischen der Sowjetunion und dem Deutschen Reich in Interessensphären eingeteilt worden, so dass sich deutsche und sowjetische Truppen an der beiderseitig vereinbarten Linie die Hände reichten. Am 6. Oktober kapitulierten die letzten polnischen Truppen. Als Folge des Überfalls auf Polen ermordeten im Jahr 1940 Einheiten des sowjetischen NKWD im Massaker von Katyn zehntausende polnischer Kriegsgefangener.
Am 30. November 1939 begann die Sowjetunion mit dem Überfall auf Finnland den Winterkrieg. Wegen dieses Angriffs wurde die Sowjetunion aus dem Völkerbund ausgeschlossen. Infolge des Krieges musste Finnland Teile seines Staatsgebietes in Karelien an die Sowjetunion abtreten, die dort die Karelo-Finnische Sozialistische Sowjetrepublik errichtete.
Zwischen dem 15. und 17. Juni 1940 besetzte und annektierte die Sowjetunion die drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen sowie am 28. Juni die rumänischen Gebiete Bessarabien (das spätere Moldawien) und die Bukowina.
Am 22. Juni 1941 begann mit der deutschen Invasion in die UdSSR der aus sowjetischer Sicht sogenannte Große Vaterländische Krieg. Anfänglich erzielte die Wehrmacht große Erfolge; Weißrussland wurde innerhalb weniger Wochen erobert. Die Wehrmacht wurde teilweise von der Zivilbevölkerung freundlich begrüßt, weil sie sich die Befreiung von der kommunistischen Herrschaft erhoffte. Diese Hoffnungen wurden allerdings bald enttäuscht, als die nationalsozialistische Führung eine Zivilverwaltung einsetzte (siehe auch unter: Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete, Hinrich Lohse und Erich Koch).
Einen Monat nach dem Überfall Nazideutschlands auf die Sowjetunion überfielen am 24. August 1941 die Sowjetunion und Großbritannien den neutralen Iran. Die Sowjetunion besetzte den Norden, Großbritannien den Südens des Iran.
Der Krieg gegen die Sowjetunion war aus der Sicht der nationalsozialistischen Führung kein gewöhnlicher Krieg, sondern ein Eroberungskrieg (mehr Raum) und Vernichtungskrieg gegen die Bevölkerung. Für die Nazi-Ideologen waren die Russen, Ukrainer, Weißrussen usw. nichts als „slawische Untermenschen“. Nazi-Führer wie etwa Alfred Rosenberg oder Heinrich Himmler hatten schon Pläne ausgearbeitet, wie das eroberte sowjetische Gebiet verwaltet und ausgebeutet werden sollte. Der Generalplan Ost sah die Dezimierung der slawischen Völker um 30 Millionen, die Aussiedlung eines großen Bevölkerungsteils nach Sibirien und die Unterdrückung der Übrigen vor. Der Generalplan Ost und das Programm Heinrich plante bewusst auch die Abschöpfung der Getreideerträge, die wirtschaftliche Ausbeutung des Landes und den Hungertod von Millionen ein (siehe auch unter: Hungerplan).
Die deutsche Besatzung hatte schreckliche Folgen für die Bevölkerung und die Wirtschaft der Sowjetunion. Die deutsche Wehrmacht, die SS und die Polizei wüteten unter der Bevölkerung Russlands, der Ukraine, Weißrusslands und der baltischen Sowjetrepubliken und brachten etwa 10 Millionen Zivilisten um, häufig unter dem Vorwand der „Partisanenbekämpfung“ oder „Bandenbekämpfung“. Mehrere Millionen Menschen wurden unter schlimmsten Bedingungen als Zwangsarbeiter nach Deutschland deportiert. Besonders die russischen, ukrainischen, baltischen und weißrussischen Juden wurden unter der deutschen Besatzung erschossen oder in die Vernichtungslager, wie etwa Auschwitz oder Treblinka deportiert (siehe auch unter: Einsatzgruppen, Holocaust, Verbrechen der Wehrmacht und Geschichte der Juden in der Sowjetunion). Teilweise beteiligten sich auch russische, ukrainische oder weißrussische Kollaborateure an den Erschießungen.
Durch die Kriegshandlungen wurden etwa 1.700 Städte und etwa 70.000 Dörfer zerstört, woran sowohl die deutsche Wehrmacht als auch die Rote Armee beteiligt war (siehe auch unter: Taktik der verbrannten Erde). Die Kämpfe zerstörten etwa 1.000 Kirchen und 500 Synagogen. Vielfach kam es auch zu anderen Kriegsverbrechen, wie etwa Vergewaltigungen oder Plünderungen von Privathäusern, Museen oder Galerien.
Ende 1942 bis Anfang 1943 zeichnete sich in der Schlacht um Stalingrad der Sieg der Roten Armee und die Wende im Zweiten Weltkrieg ab. Bis 1945 befreite die Rote Armee ihr Land und anschließend weitere Länder Ost-, Mittel- und Südosteuropas von der deutschen Besatzung.
Von den 2.562.000 jüdischen Flüchtlingen aus den von Deutschland besetzten Gebieten in den Jahren 1935 bis 1941 fanden 1.930.000 oder 75,3 Prozent eine neue Heimat in der Sowjetunion. Von den insgesamt vier Millionen Juden, die im Frühling 1941 auf dem von Deutschen besetzten Gebiet in der Sowjetunion gewohnt hatten, wurden etwa drei Millionen umgebracht.
1945 - 1953: Kalter Krieg
Der Kalte Krieg begann mit dem Ende des zweiten Weltkrieges, der Berlinblockade 1948 und der erfolgreichen Zündung der ersten sowjetischen Atombombe im Rahmen des sowjetischen Atombomben-Projekts am 29. August 1949. Stalin leistete auch Hilfestellung im chinesischen Bürgerkrieg sowie bei der darauffolgenden Industrialisierung Chinas und dessen Eingreifen im Koreakrieg (Stellvertreterkrieg).
In den nächsten Jahrzehnten war die Welt vom Duell der Supermächte USA und Sowjetunion gekennzeichnet. Die Sowjets stützten sich hierbei auf den Warschauer Pakt, der aus den im Zweiten Weltkrieg gewonnenen Satellitenstaaten (Polen, Tschechoslowakei, Ungarn, DDR, Rumänien, Bulgarien) bestand. Nach dem Tod Stalins wurden die Beziehungen zu China schwieriger und nach der Kubakrise kam es zum Bruch zwischen Peking und Moskau. Dies war ein schwerer Schlag für die Sowjetführung, die darauf bedacht war, die Führungsrolle im Weltkommunismus zu behalten. Zudem wandte sich Peking mit Nixons Chinabesuch den USA zu und verschob damit das geopolitische Gleichgewicht, das sich nach der amerikanischen Niederlage im Vietnamkrieg gerade zu wenden schien, zu Ungunsten Moskaus.
Innenpolitisch litt die Sowjetunion an den Schwächen der kommunistischen Planwirtschaft und der damit einhergehenden Bürokratie, die nur ein schwaches Wirtschaftsleben zuließ: Ein Industriearbeiter verdiente in der Stadt durchschnittlich 600 bis 800 Rubel, ein Kilogramm Butter kostete aber 68 Rubel, ein Paar Schuhe mittlerer Qualität 200. Zudem wurde die Herrschaft der kommunistischen Einheitspartei KPdSU nach innen abgesichert und Kritik am System wurde unterdrückt, Dissidenten wurden verbannt oder unter Hausarrest gestellt. Der Anteil der für den kalten Krieg unerlässlichen Rüstungsausgaben am Bruttosozialprodukt war, im Vergleich mit westlichen Staaten, exorbitant hoch und belastete die sowjetische Volkswirtschaft zusätzlich.
1953 - 1964: Chruschtschow
Nach Stalins Tod wurde 1953 Nikita Chruschtschow Erster Sekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) und 1958 auch Regierungschef. Er vereinte damit wieder (wie Stalin von 1941 bis 1953) das höchste Parteiamt der KPdSU mit dem mächtigsten Staatsamt als Ministerpräsident in einer Person. Auf dem XX. Parteitag der KPdSU leitete Chruschtschow 1956 die Entstalinisierung und eine liberalere Parteipolitik ein.
Im Verhältnis zu den USA vertrat er das Prinzip der "friedlichen Koexistenz" der Systeme und verkündete das Ziel, den Kapitalismus vor allem auf wirtschaftlicher Ebene zu besiegen (Systemkonkurrenz). Vom 15. bis zum 27. September 1959 besuchte er auf Einladung Dwight D. Eisenhowers als erster sowjetischer Regierungschef die USA.
Zur Zeit von Chruschtschow und John F. Kennedy kam es 1962 zur Kuba-Krise mit den USA, die zu einem Dritten Weltkrieg hätte führen können. Wegen seines Kurses der "Friedlichen Koexistenz" distanzierte sich die Kommunistische Partei der Volksrepublik China von der KPdSU, eine Spaltung zwischen den kommunistischen Parteien, die bis zum Untergang der Sowjetunion bestehen blieb.
1964 wurde Chruschtschow als Folge der gescheiterten Wirtschaftspolitik und der gestörten Beziehungen zu China von seinen Ämtern als Erster Sekretär und Ministerpräsident enthoben.
1964 - 1985: Breschnew und seine Nachfolger
1964: Breschnew
Nach Chruschtschows Sturz kam es kurzfristig wieder zu einer kollektiven Führung, doch bald setzte sich Leonid Breschnew machtpolitisch gegen seine Rivalen Alexei Nikolajewitsch Kossygin und Nikolai Podgorny durch. 1968 ließ er den Prager Frühling durch eine Militär-Intervention niederwerfen und etablierte die so genannte Breschnew-Doktrin, mit der die UdSSR die begrenzte Souveränität der Warschauer-Pakt-Staaten postulierte. Er nahm am KSZE-Prozess teil, der seinen Abschluss 1975 in der Schlussakte von Helsinki fand. Im Dezember 1979 befahl er den Einmarsch in Afghanistan. Diese Unternehmung entwickelte sich zu einem Debakel und trug wesentlich zum Niedergang der Sowjetunion bei (siehe auch Afghanistankrieg). Breschnews Nachfolger Juri Andropow (1982-1984) und Konstantin Tschernenko (1984-1985) waren nur kurze Zeit Generalsekretär. Sie starben beide nach kurzer Amtszeit.
1982: Juri Andropow
Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Leonid Breschnew, in dessen letzten Jahren sich deutliche Stagnationserscheinungen gezeigt hatten, und seinem nur 13 Monate im Amt befindlichen Nachfolger Konstantin Tschernenko, war Andropow an einer umfassenden Belebung der sowjetischen Politik im Inneren und Äußeren interessiert.
Am 12. November 1982 wurde er mit 68 Jahren trotz seines ernsten Gesundheitszustandes zum Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) gewählt. Am 16. Juni 1983 wurde Andropow zudem Vorsitzender des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR und somit Staatsoberhaupt. Diabetes, Bluthochdruck und chronisches Nierenversagen konstatierten derweil die Ärzte. Auch ein Anschluss an eine künstliche Niere besserte seinen Zustand nicht. In den letzten sechs Monaten seines Lebens nahm Andropow keine öffentlichen Termine mehr wahr. Nach nur 15 Monaten Regierungszeit, von denen er die letzten 5 Monate aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme kaum regierungsfähig war, verstarb er in Moskau.
1984: Konstantin Tschernenko
Im Jahre 1984, im Alter von 72 Jahren, wurde er Generalsekretär der KPdSU; zu dieser Zeit litt er unter Asthma und war schwer krank. Wie sein Vorgänger, Juri Andropow, war Tschernenko nur kurze Zeit Generalsekretär. Er starb nach dreizehnmonatiger Amtszeit. Sein Nachfolger wurde Michail Gorbatschow. Tschernenko ist der letzte sowjetische Staatsmann, der an der Kremlmauer beerdigt wurde.
1985 - 1991: Gorbatschow

Reformen durch Glasnost und Perestrojka
Mit der Wahl Michail Sergejewitsch Gorbatschows zum Parteichef der Kommunistischen Partei setzten sich 1985 die Kräfte durch, die nur in entschlossenen und tief greifenden Reformen den letzten Ausweg aus der damaligen schwierigen wirtschaftlichen Situation in der Sowjetunion sahen.
Der Anfang der Ära Gorbatschow war überschattet von der Katastrophe von Tschernobyl; nach und nach wurde im Zuge der Politik Gorbatschows die wirtschaftliche und politische Krise deutlicher, was durch seine Politik von Glasnost (Transparenz) und Perestrojka (Umgestaltung) wiederum bewusst offengelegt wurde. Auch außerhalb der politischen Klasse, in der Bevölkerung, wurde nun immer offener Kritik geäußert. Die Nomenklatura war jedoch anfangs überzeugt, die Kontrolle über die Entwicklung durch aktive Mitarbeit behalten zu können. Sie wurde jedoch schließlich von der Eigendynamik der Entwicklung überrollt.
Auflösung der UdSSR
Während des Putschversuchs von 1991, auch bekannt als Augustputsch, setzte eine Gruppe von Funktionären der KPdSU ihren Präsidenten Gorbatschow vorübergehend ab und versuchte, die Kontrolle über das Land zu erlangen. Obgleich der Putschversuch in nur drei Tagen scheiterte und Gorbatschow wieder eingesetzt wurde, beschleunigte das Ereignis den Zerfall der UdSSR. Im März 1990 erklärte Litauen, am 20. August 1991 Estland und am 21. August 1991 Lettland als erste ihre Unabhängigkeit von der UdSSR; am 12. Dezember 1991 folgte die Russische SFSR, am 16. Dezember Kasachstan und am 25. Dezember Georgien. Der erstarkte Jelzin übernahm die Kontrolle über Medien und Schlüsselministerien. Schrittweise demontierte und entmachtete er Gorbatschow (Rücktritt am 25. Dezember 1991), den höchsten Machtinhaber der ehemaligen Supermacht. Schließlich vollzog der Oberste Sowjet am 31. Dezember 1991 die Auflösung der Sowjetunion. Es blieben die nunmehr 15 souveränen Staaten der Union. Die Rechtsnachfolge der UdSSR übernahm - unter Jelzins Führung - die Russische Föderation.
Eine spätere Nichtigkeitserklärung der russischen Duma vom 15. März 1996, die von der KPRF beantragt wurde und eine Mehrheit erlangte, blieb folgenlos.[1] Der damalige ukrainische Staatspräsident kommentierte die Angelegenheit so:
„Man kann die Geschichte nicht zurückspulen wie ein Tonbandgerät.“
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Einzelnachweise
- ↑ Drucksache 13/4404 vom 19.04.1996 der deutschen Bundesregierung mit Antwort der deutschen Bundesregierung auf eine Anfrage von Klaus Dieter Reichardt zur Nichtigkeitserklärung der Auflösung der UdSSR von der russischen Staatsduma
- ↑ Zitat aus dem Artikel zum Verhältnis der Beziehungen der Ukraine zu Russland aus der digitalen Bibliothek der Friedrich Ebert Stiftung
Literatur
- Orlando Figes: Die Tragödie eines Volkes, Goldmann Verlag, 2001, ISBN 3-442-15075-2
- Michail Heller, Alexander Nekrich: Geschichte der Sowjetunion, Athenäum, Königstein/Ts. 1981.
- Manfred Hildermeier: Die Sowjetunion 1917 - 1991, Oldenbourg, 2001, ISBN 3-486-56179-0