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Kraftstoß

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Physikalische Größe
Name Kraftstoß, Antrieb
Größenart Impuls
Formelzeichen
Größen- und
Einheitensystem
Einheit Dimension
SI N·s
kg·m·s-1
M·L·T-1

Der Kraftstoß ist eine physikalische Größe, die die Formelzeichen oder haben kann.

Der Kraftstoß bezieht sich auf ein geschlossenes System, welches von außen eine Impulsänderung erfährt. Technisch ist die Bezeichnung Antrieb für den Kraftstoß als nicht plötzliche Größe üblich, in Anlehnung an den von Isaac Newton in seinem zweiten Axiom gewählten Ausdrucks vi motrici „Kraft der Bewegung, Antriebskraft“.

Der Kraftstoß ist also gleich der Impulsänderung. Das gilt für jede Antriebskraft, auch die an einem Hebelarm greifende Kraft des Drehimpuls.

Grundlagen

Wenn ein Auto gegen einen Baum fährt erfährt das geschlossene System „Auto“ durch den Aufprall auf den Baum eine Änderung der Geschwindigkeit und damit eine Impulsänderung. Wirkt analog eine Kraft bei einem Stoß auf einen zunächst ruhenden Körper, z. B. beim Abschlag eines Golfballes, so ist der Kraftstoß gleich dem sich daraus ergebenden Impuls des Körpers

 … Impuls
 … Stoßkraft
 … Zeitintervall

Von Antrieb spricht man sowohl, wenn ein Körper kontinuierlich beschleunigt wird, wie auch durch Stoß plötzlich. Ist die Antriebskraft nicht konstant, gilt:

 … Antriebskraft
 … Zeitintervall

Herleitung

Wirkt auf die Masse während des Stoßes die Kraft , so gilt nach Newtons lex secunda:

 … Masse
 … Beschleunigung

Nimmt man an, dass die Beschleunigung im Zeitintervall konstant ist, so gilt:

Dabei ist die Differenz aus der Geschwindigkeit vor und nach dem Stoß.

Also gilt mit , dass der Kraftstoß gleich der Impulsänderung ist:

Zu beachten ist, dass der Kraftstoßvektor die Richtung der Kraft hat, der Impulsvektor aber die des Geschwindigkeitsvektors.

Die Herleitung bei nichtkonstanter Bescheunigung, sowie bei nichtkonstanter Masse verläuft analog, ebenso bei Drehmomenten an konstanten oder variablen Hebelarmen.

Stoß, Stoßkraft und Kraftstoß

Antrieb eines Körpers durch elastischen Stoß eines zweiten Körpers

Wirkt ein Kraftstoß auf einen zunächst ruhenden Körper, z. B. beim Abschlag eines Golfballes, so ist der Kraftstoß gleich dem sich daraus ergebenden Impuls des Körpers. Bei einem solchen Stoß hat die Kraft üblicherweise einen impulsförmigen Verlauf, das heißt sie steigt von null auf einen Höchstwert an und fällt dann wieder auf null ab. Auf Vektorrechnung kann verzichtet werden, wenn die Flugbahn in Stoßrichtung erfolgt, also der Geschwindigkeitsvektor kollinear zum Stoßkraftvektor ist: Es gibt keinen Drall

Aus der Formel lässt sich aber erkennen, dass bei gleichem Kraftstoß die Stoßkraft umso größer ist, je kürzer das Zeitinterval ist:

Wenn die Masse im System als konstant angenommen wird – also in dem Fall, in dem beim Stoß nur ein Körper betrachtet wird – und der Stoß ideal elastisch ist, folgt aus Impulsänderung , dass die Endgeschwindigkeit im Stoßvorgang bei konstanter Kraft nur eine Funktion des Zeitintervalls ist:

Der Stoßverlauf ist kurz im Verhältnis zur Zeit, die der Körper aufgrund der Massenträgheit zum Beschleunigen braucht, daher braucht man ihn nicht genau zu kennen.

Beispiel: Ballspielen und Werfen

In den Ballsportarten entpricht die Situation genau diesen Formeln: Es geht um möglichst unmittelbare Kraftübertragung auf den Ball, dieser ist möglichst hochelastisch, und nur dieser fliegt tunlichst davon.

Die Ballgeschwindigkeit ist bei gleicher Kraft nur eine Funktion des Zeitintervalls

Darum ist beim Golf, wo die Kraft normalerweise wenig steigerbar ist, die Abschlagdynamik das entscheidende Kriterium. Analoges git bei Rückschlagspielen wie Tennis oder Tischtennis. Die Sportmedizin verwendet dafür den Ausdruck Schnellkraft, also austrainierte Muskulatur des Fasertypus FT (fast twitch fibers). Die Schnelligkeit des Krafteinsatzes (der Impuls, der Kraftstoß) ergibt den Antrieb des Balls.

Umgekehrt gilt bei den Wurfsportarten, dass der Sportler versucht, möglichst langen Kontakt mit dem Wurfgerät zu haben, um die Maximalkraft, die er aufbringen kann, möglichst lange wirken zu lassen. Beim Volleyball, das man mit den Fingerspitzen spielt, gilt das „Schieben“ – das Nicht-prellen-lassen – als Foul: Es lassen sich schiebend bei gleicher Kraft im längeren Intervall wesentlich höhere Impulse übertragen: Es herrscht beim Wurf kontinuierlicher Antrieb, statt einem momentanem Stoß.

Daneben kann die Kraft aus einem Drehmoment heraus über den Hebelarm gesteigert werden. Sowohl beim Schlagen mit Stock und Schläger wie beim Werfen etwa mit Seil beim Hammerwurf: Darum sind diese Maße in den Wetbewerbssportarten streng reglementiert. Dann ist die Winkelgeschwindigkeit entscheidend, also wieder die Dynamik des Krafteinsatzes.

Der Mensch hat mit der Speerschleuder dieses Prinzip des Antriebs schon vor mindestens 10.000 Jahren entdeckt, aber schon vor mindestens 250.000 Jahren[1], aus der Stoßwaffe den Wurfspeer entwickelt, der im Aufprall eine enorme Stoßwirkung erzielt – die Wirkung als Fernwaffe ist da ein „Nebeneffekt“.[2]

Antrieb, Antriebskraft und Antriebsmoment

Dass der „Antrieb“ in der Maschinen- und Antriebstechnik eine Impulsänderung, also „Masse mal Beschleunigung mal Zeit“, ist, ist intuitiv vorerst nicht einleuchtend. Der Grund liegt darin, dass alle realen physischen Objekte einem mechanischen Widerstand unterworfen sind, also in der Bewegung „von selbst“ immer langsammer werden. Daher muss auch nur um einen Körper in gleichmässiger Geschwindigkeit zu halten – ob Translationsbewegung oder Rotationsbewegung – permanent gegen die bremsenden Kräfte der Widerstände und ihre (negative) Bescheunigung gegenbeschleunigt werden. Erst wenn der Antrieb größer ist als die Summe aller Widerstände, entsteht tatsächliches „Schnellerwerden“ oder Vortrieb.

Die Bezeichnung „Kraftstoß“ kommt ursprünglich aus der Stoßtheorie. Dass der Antrieb im allgemeinen dieselbe Größe ist, hat historische Gründe, weil sowohl bei einer Dampfmaschine wie auch einem Verbrennungsmotor die Kraft stoßweise erzeugt wird. Dabei wird sie nicht direkt als Schub, sondern über ein Drehmoment übertragen, und man spricht von Antriebsmoment. Erst im Kontakt zum Boden (als Gegenkraft des Bodenwiderstands), zu einem Treibriemen, beim Heben zu einer Last, u.s.w. wieder als Kraft spürbar wird. Sie setzt aber immer als Moment am Gerät an, weil sie seltenst im Schwerpunkt angesiedelt ist. Nur etwa bei Strahltriebwerken oder einem Segelschiff kann man von einer direkt wirksamen Antriebskraft sprechen.

Trotzdem ist insbesondere in der Antriebstechnik – unabhängig ob in Straßen-, Schienen-, Wasser-, Luft oder Raumfahrt – die physikalische Größe des Antriebs, also die Impulsänderung, der ausschlaggebende Wert, weil das Gewicht keine Konstante ist, und daher im allgemeinen auch nicht die Masse: Die Rechnung soll für beladenen wie unbeladenen Zustand gelten, der Treibstoff nimmt bei PKWs bis 10 %, bei Raketen bis 99 % der Masse ein und nimmt in Abhängigkeit von der aufgebrachten Antriebsleistung ab, bei Schiffen ist der Tiefgang - also die Massenverteilung zwischen den Medien Wasser und Luft - neben der Ladung insbesondere von der Geschwindigkeit abhängig, in der Luft- und Raumfahrt das Gewicht als Gegenkraft zum Steigantrieb entsprechend auch von der Flughöhe. Erst im Weltraum herrschen annähernd widerstandsfreie Verhältnisse, aber auch nur annähernd, die meisten Satelliten sind noch einem geringen Luftwiderstand unterworfen und müssen regelmäßig Antrieb für Bahnkorrekturen aufbringen, und im Sonnensystem herrscht noch Antrieb durch den Sonnenwind und Widerstand durch Stäube.

Es gilt also allgemein zum Zeitpunkt t in Bezug auf t0:

Der Antrieb ist die Änderung der Beschleunigung in Bezug auf die zu beschleunigende Masse im Bemessungszeitraum

Analoges gilt für zahlreiche andere technische Anwendungen mit Antriebsanlage, von Kränen über Aufzüge bis zu Kraftwerken im Antrieb stomlastabhängiger Turbinen.


Literatur

Einzelnachweise

  1. Schöninger Speere, siehe dort
  2. U. Stodiek: Zur Technologie der jungpaläolithischen Speerschleuder. Eine Studie auf Basis archäologischer, ethnologischer und experimenteller Erkenntnisse. Tübinger Monogr. Urgesch. 9, Tübingen 1993