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Saalburger Marmor

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Saalburger Marmor ist im gesteinskundlichen Sinne kein Marmor, sondern ein Kalkstein aus der Gegend der Gemeinde Saalburg-Ebersdorf in Thüringen. Bekannt ist das Gesteinsvorkommen seit 1743, die Gewinnung und Verarbeitung dieses Natursteins begann im Jahre 1888. Dieses Gestein gibt es in unterschiedlichen Farbtönen und hat eine deutsche Tradition; schrieb und schreibt Baugeschichte. Insbesondere die Verwendung dieses Kalksteins und der Verbleib desselben aus der Neuen Reichskanzlei Hitlers gab und gibt weiterhin Anlass für Gerüchte.

Geschichte

Saalburger Marmorwerke

Die Säulen an der Fassade des Berliner Doms bestehen aus Saalburger Marmor

Im Jahre 1743 wird der Saalburger Marmor vom Archivar Johann Gottfried Büchner als De Mamibus in Voigtlandia zitiert. Im Jahre 1886 pachtete der Bauunternehmer Magnus Rödel mit dem Baumeister Christian Heidecke den Schieferbruch Franzenberg bei Grumbach in der Nähe von Wurzbach. Heidecke wurde auf den Kalksteinbruch an der sogenannten Schafbrücke unterhalb der Bärenmühle bei Wurzbach aufmerksam und pachtete diesen am 1. Januar 1887. Beide kauften 1888 die sogenannte Herrenmühle und bauten diese zu den Saalburger Marmorwerken aus. Es wurden Gattersägen, Schleifmaschinen und Steinsägen gekauft und 1890 wurde die Maschinenhalle fertiggestellt. In diesen Werkstätten entstanden beispielsweise die einen Meter dicken Säulen des Berliner Doms. 1889 hatte das Werk 70 Arbeiter und ein Jahr später 80. Vor dem Ersten Weltkrieg erhielten die Saalburger den Auftrag für Säulen für den Kaiserpalast in Peking. Die Steinladung nach Peking ging nach dem Kriegsbeginn auf dem Seeweg verloren und zehn hohe Säulen blieben in den Werkstätten liegen. Nach dem Krieg führten die Baumeister Heidecke und der Ministerialrat Johannes Grube und der Bremer Fritz Kaye die Firma weiter, ab 1925 Heidecke alleine. Im Frühjahr 1931 führte Heidecke mit Josef Hauser die Saalburger Marmorwerke gemeinsam. Die Stadt Saalburg erhielt einen Eisenbahnanschluss und das Werk siedelte nach Saalburg um, da das Unternehmen von der Stadt einen kostenlosen Bauplatz mit Bahnanschluss zur Verfügung gestellt bekam.

Josef Hauser, dessen Lebensmaximum lautete: „Bereit sein ist alles“,[1] übernahm nach dem Tod durch Ertrinken von Georg Heidecke im Jahre 1932 in der Bleilochtalsperre die Anteile der Heideck'schen Erben und führte den Betrieb alleine weiter. Diese schicksalhafte Wendung hatte für das Saalburger Marmorwerk große Bedeutung, denn Hauser war ein überzeugter Nationalsozialist und suchte die Nähe führender Nazis wie Adolf Hitler und Fritz Sauckel. Hauser gründete in seinem Betrieb eine sogenannte Werkschar, die sich in Uniform anlässlich der 50-Jahr-Feier in der Festschrift unter einer Standarte mit Hakenkreuz präsentierte. Das Personal wird durch ihn zur Gefolgschaft bzw. zu Gefolgschaftsmitgliedern und der Pg. Hauser (Pg. = Parteigenosse) zum Betriebsführer.[2] Hauser lässt sich in der 50-Jahre-Broschüre mit dem Parteiabzeichen der NSDAP am Rever abbilden. Und um sich bei den Herrschenden anzubiedern, kann Fritz Sauckel, der Gauleiter in Thüringen, nicht nur ein Vorwort in der Firmenbroschüre schreiben, sondern sein Bildnis wird groß auf einer ganzen Seite abgebildet. Daher war es nicht verwunderlich, dass die Firma Aufträge von den Nazis erhielt.

Hitlers Speisesaal

Am spektakulärsten und bekanntesten sind die Einbauten von Saalburger Marmor im Speisesaal und in weiteren Anbauten der Neuen Reichskanzlei in Berlin:

„Der Führer selbst hatte für diese 12 wuchtigen Säulen von über sechs Meter Höhe, 16 Wandlisenen und 4 Ecklisenen, die für den Speisesaal der Reichskanzlei bestimmt waren, im Deutschen Museum in München Buntrosa-ruhig ausgewählt. Die Arbeiten begannen im Gottschall-Bruch. (..) Die Arbeiten wurden zur gesetzten Frist abgeliefert und fanden die Anerkennung des Führers und Reichskanzlers Adolf Hitler. Josef Hauser stand vor dem Führer im Speisesaal und durfte diese Anerkennung entgegennehmen.“[3]

Der Verbleib der Säulen und der massiven Einbauten der Neuen Reichskanzlei blieb nach dem Krieg ungeklärt und nach 1945 wurde in der DDR für repräsentative Bauten Saalburger Marmor verbaut. Daher entstanden zahlreiche Gerüchte über die Wiederverwendung des Material aus der Neuen Reichskanzlei. Diese Vermutungen betreffen das Foyer der Humboldt-Universität, den U-Bahnhof Mohrenstraße und die sowjetischen Ehrenmale (Treptower Park, Tiergarten und Schönholzer Heide) in Berlin. Nach einer genauen mineralogischen Überprüfung der dort verarbeiteten Steinmaterialien haben diese Gerüchte keinen Bestand.[4]

Nach 1945

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Firma als VEB Saalburger Marmorwerke weiter betrieben. Nach der Wende gründete sich im November 1991 die Saalburger Marmorwerke GmbH als Verarbeiter von Naturstein und die TNW Natursteinwerke GmbH und Co. KG als Rohstofflieferant. Die TNW Natursteinwerke produziert heute vorrangig Brechprodukte fur den Strassenbau.

Gesteinsvorkommen

Den Kalkstein gab es mit mehreren Handelsnamen und aus unterschiedlichen Steinbrüchen im Jahre 1938:

  • Im Vogelsberg-Steinbruch (ab 1907) und Gottschall-Steinbruch (ab 1897) bei Tegau: Altrot (Farbe tiefdunkelrot). Buntrosa-ruhig (Gottschall-Steinbruch) und Buntrosa lebhaft. Edelgrau
  • Im Steinbruch Kapfenberg bei Pahren: Kapfenberg (dunkel- bis schwarzgrau)
  • Im Steinbruch Tanna: Königsrot (Farbe dunkelrot bis dunkelviolett und rot mit weißen oder rötlich gefärbten Calzitadern.
  • Im Steinbruch Rothenacker: Violett

Heute findet lediglich in 5 Steinbrüchen Materialabbau statt.

Bauwerke und Werksteinarbeiten

Fassadenelemente des berühmten Hotel Elephant in Weimar bestehen aus Saalburger Marmor

Literatur

  • 50 Jahre Arbeit, Saalburger Marmorwerke, 1888 - 1938. Am Tag des 50jährigen Bestehens, Kupp, Reichenstein & Helmrich, Schleiz o.J. (1938).

Einzelnachweise

  1. Saalburger Marmorwerke, S. 12, siehe Lit.
  2. Saalburger Marmorwerke, S. 4, siehe Lit.
  3. Saalburger Marmorwerke, S. 22, siehe Lit.
  4. Hans-Ernst Mittig: Marmor der Reichskanzlei. In: Dieter Bingen, Hans-Martin Hinz (Hrsg.): Die Schleifung, Zerstörung und Wiederaufbau historischer Bauten in Deutschland und Polen. Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 2005, ISBN 3-447-05096-9.