Bedeutungswandel
Bedeutungswandel ist die Bedeutungserweiterung, Bedeutungsverengung und die Bedeutungsverschiebung, eventuell sogar eine Bedeutungsumkehr eines Wortes, einer Wortgruppe oder einer Redewendung.
Mit dem Bedeutungswandel und der Geschichte von Wörtern beschäftigt sich die Etymologie.
Ursachen und Ausbreitung
Ursachen für den Bedeutungswandel sind vielfältig. Unter anderem können Ursachen sein: Bedürfnis nach beschönigender Ausdrucksweise, bildhafte Ausdrucksweise, Bedarf nach einer neuen Bezeichnung für etwas bisher Unbekanntes, Verschwinden bestimmter Gegenstände oder Handlungen aus dem täglichen Leben, Protest gegen bisherige Handlungsweisen oder gesellschaftliche Gruppen, Veränderung des Wortfeldes und der Umgebung, Fehler bei der Übermittlung.
Eine neue Bedeutung tritt oft zunächst in einer bestimmten Sprechergruppe auf und verbreitet sich allmählich. Die alte Bedeutung wird oft verdrängt, sie kann aber auch parallel weiter existieren.
Auftreten können zum Beispiel:
- Wegfall der ursprünglich vorhandenen bezeichneten Gegenstände oder Handlungen durch Weiterentwicklung der Gesellschaft.
- Übernahme von Bedeutungen durch ein anderes Wort.
- Weiterentwicklung der Wissenschaft, die zum Wegfall von Teilbedeutungen führt.
- Psychologische Eigenschaften des Wortes (zum Beispiel kann Absinken der stilistischen Ebene in einem Bereich zum Verschwinden des Wortes in einem anderen Bereich führen.)
- Bedeutungsänderung beim individuellen Spracherwerb (Sprechen lernen) durch andere Zuordnung oder Gewichtung von Eigenschaften.
- Wegfall von Nebenbedeutungen bei kleinen Bedeutungsunterschieden.
- Änderung durch lautliche Verschiebung.
Bedeutungsverbesserung oder -verschlechterung
Bedeutungsverbesserung oder -verschlechterung führt zu einer Änderung der sprachlichen (stilistischen) Ebene. Zum Beispiel kann ein euphemistisch verwendetes Wort die ursprünglich "schlechten" Eigenschaften des vertretenen Wortes übernehmen und dadurch eine Stufe tiefer sinken (Bedeutungsverschlechterung - siehe auch Euphemismus-Tretmühle). Aber auch das Umgekehrte, eine Bedeutungsverbesserung, ist möglich. So ist das Wort "geil", dass noch vor wenigen Jahren im "sexistischen" Sinne verwendet wurde, heute ein Synonym für besondere Anziehungskraft durch "gute" Eigenschaften und erlebte zudem eine Bedeutungserweiterung auf Produktgruppen.
Bedeutungsverschiebung
Bedeutungsverschiebung ist ein Bedeutungswandel eines Wortes oder einer Redewendung, bei dem die Anzahl der Bedeutungen, der Bedeutungsumfang, in etwa gleich bleibt, wobei sich das Wort sich in seiner zentralen Bedeutung verändert. Eine Bedeutungsverschiebung führt im weiteren Verlauf oft zu einer Bedeutungsverengung oder -erweiterung.
Bedeutungsverengung
Bedeutungsverengung ist ein Bedeutungswandel eines Wortes oder einer Redewendung, bei dem die Anzahl der Bedeutungen, der Bedeutungsumfang, abnimmt, dabei aber innerhalb des Bereiches liegt, den das Wort bzw. die Redewendung ursprünglich hatte. Bei der Bedeutungsverengung können bedeutungsunterscheidende Merkmale zu den ursprünglichen Bedeutungen dazukommen.
Bedeutungsumkehr
Durch Bedeutungsumkehr erhält ein Wort oder eine Redewendung einen Bedeutungswandel, bei dem das Wort eine entgegengesetzte Bedeutung zur ursprünglichen Bedeutung enthält. Wenn beide Bedeutungen zeitweise noch nebeneinander bestehen, bilden sie Antagonyme. Ein Beispiel für die Bedeutungsumkehr ist die Redewendung "einen Schlag versetzen", die ursprünglich "einen Schlag parieren" bedeutete.
Eine Bedeutungsumkehr eines Wortes kann unter anderem spontan durch einen (zunächst) fehlerhaften Gebrauch, durch euphemistischen Gebrauch oder durch allmähliche Bedeutungsverschiebung entstehen.
Eine Bedeutungsumkehr des Inhaltes kann gegebenenfalls auch durch ein Präfix erreicht werden.
Beispiel: Erreichen - Nichterreichen, Sein - Nichtsein.
Logisch bedeutet Bedeutungsumkehr eine Negation.
Bedeutungsumkehr kann auch in den Wertungen stattfinden. So kann etwas, was eine gute Bewertung erhielt, nunmehr eine schlechte Bewertung erhalten. Ein Freund kann zum Feind werden und umgekehrt.
Eine Sprachform, die einen fast vollständigen Bedeutungswandel erlebte, ist die doppelte Verneinung, die ursprünglich eine Verstärkung der Verneinung darstellte, heute aber fast immer als eine Form der "Bejahung" verstanden wird, sofern man die relativ komplizierte Form noch verwendet.
Auf die Frage: "Du kommst wohl nicht mit?" könnte man eigentlich mit "Ja" oder mit "Nein" antworten. Was das aber bedeutet, ist durch die Bedeutungsumkehr nicht klar. Man muss deshalb antworten: "Ja, ich komme nicht mit" (logisch) - oder "Nein, ich komme nicht mit" (doppelte Verneinung).
Eine Bedeutungsumkehr kann durch Ironie und des Sarkasmus erreicht werden. Auf diese Weise bedeutet der Satz: "Das hast du aber wieder mal gut gemacht!" gegebenenfalls: "Das war aber wirklich eine schlechte Leistung."
Beispiele
Weib
Ein klassisches Wort für eine Bedeutungsänderung ist das Wort "Weib". Während es früher für "Frau" stand, hat es heute eine Bedeutungsverengung erfahren und gleichzeitig eine Bedeutungsverschlechterung. Neutral wird es nur noch in wenigen Dialekten verwendet. Hier zeigt sich auch, dass Bedeutungswandel nicht isoliert auftritt, sondern auch das zugehörige Wortfeld beeinflusst. Stand im Althochdeutschen "frouwa" noch für Herrin, hat sich der in der Anrede ausgedrückte Standesunterschied im gleichen Maß abgeschliffen, wie das Wort genutzt wurde um Frauen generell durch die Ansprache aufzuwerten und den als gewöhnlich empfundenen Begriff "Weib" zu meiden. Ein ähnliche Tendenz lässt sich mittlerweile am Beispiel "Dame" beobachten.
Strom
Ein Beispiel für bildhafte Ausdrucksweise bietet der Begriff "Strom" in der Elektrotechnik. Durch die Analogie zum Wasser wurden zunächst einige Eigenschaften erklärt. Heute denkt man bei "elektrischer Strom" kaum noch an Wasser.
Weblinks
- Website von Prof. Keller Herunterladbare Aufsätze zu Bedeutungs- und Sprachwandel]
- Linguistik-Server Essen: Bedeutungswandel
- Martin Frech: Der Bedeutungswandel des Begriffs "Hacker" seit seiner Entstehung zu Beginn der 1960er Jahre (pdf)
- Lexikon der Linguistik: Bedeutungswandel
- Institut für Germanistik, Nordistik und Nederlandistik - FF MU Historische Semantik: "Zur Einführung - Die Struktur des deutschen Wortschatzes"
- Mehrere Autoren: "Warum ändern Dinge ihren Namen?"