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Philipp Wilhelm (Pfalz)

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Kurfürst Philipp Wilhelm von der Pfalz

Philipp Wilhelm von der Pfalz (* 4. Oktober 1615 in Neuburg an der Donau; † 12. September 1690 in Wien) war Pfalzgraf und Herzog von Pfalz-Neuburg (1653-1690), Herzog von Jülich und Berg (1653-1690) sowie Kurfürst von der Pfalz (1685-1690).

Leben

Philipp Wilhelm von der Pfalz (Gemälde von Joachim von Sandrart)

In seiner Jugend genoss er eine katholisch geprägte, jesuitische Ausbildung im Auftrag des Vaters Wolfgang Wilhelm (1578-1653), der ihn so auf die Regierungszeit vorbereitete. Zur Erziehung gehörte auch das Verprügeln und Demutigung des Prinzen in der Öffentlichkeit. Er erlernte noch das Drechsler-Handwerk. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er abwechselnd in Neuburg und in Düsseldorf. Seit etwa dem Ende der 1630er Jahre begann er die Suche nach einer passenden Ehefrau. In die Suche waren der Kaiser, seine Onkel (Kurfürsten von Bayern und Köln), der Papst und andere Herrscher involviert. In Frage kam zuerst eine Prinzessin von Florenz, Verwandte des Kaisers, jedoch die zu hohen Forderungen des toskanischen Herzogs ließen diese Pläne scheitern (der Herzog verlangte die Abdankung des Vaters, damit die Tochter einen Herrscher und nicht Prinzen heirate). Geschmiedet wurde auch eine Ehe mit der Schwester des brandenburgischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm I., der jedoch wenig Interesse an dieser Verbindung zeigte. Philipp und sein Vater spekulierten hier auf einen Ausgleich mit Brandenburg, eventuell auch auf Aussteuer der Prinzessin - das Herzogtum Kleve. Als sich etwa Ende 1641 zeigte, daß die Ehe nicht zustande kommen wird, begann er die Werbung um Anna Katahrina Konstanze von Polen-Litauen. Während des Aufenthaltes am Wiener Hofe erfuhr er, daß ihr Bruder sie mit einem deutschen Prinzen verheiraten möchte. Daraufhin reiste Philipp im Februar 1642 nach Warschau um seine Chancen auskundschaften. Der Warschauer Hof erteilte seine Zustimmung und Philipp kehrte nach Düsseldorf zurück. Wolfgang Wilhelm stimmte der Heirat, die Kaiser und Onkel des Prinzen und der Papst befürworteten, mit Unwillen zu. Am 9. Juni 1642 heiratete er in Warschau (wahrscheinlich in einem silbernen Kleid) Anna Wasa, Prinzessin von Polen-Litauen und von Schweden. Anna brachte eine ansehnliche Aussteuer in die Ehe ein: 243.333 Reichstaler in bar, Kleinodien im Wert von etwa 300.000 Reichstaler, Wertgegenstände aus Gold, Silber, Gobelins und persische Teppiche. Zur Aussteuer gehörten noch die Besitzungen in Italien: Maut in Foggia und Steuern auf Seide und Saffran in Kalabrien und Apruzzo im Wert von 19.043 Dukaten jährlich (Annas Urgroßmutter war Bona Sforza, Herzogin von Bari).


Nach dem Aussterben der kurfürstlichen Linie Pfalz-Simmern im Jahre 1685 wurde Philip Wilhelm neuer Kurfürst der Pfalz. Der neue Kurfürst (geborenen 1615) war älter als seine beiden Vorgänger, die 1617 bzw 1651 geboren waren. Mit ihm gelangte die katholische Linie Pfalz-Neuburg an die Regierung. Der Konfessionswechsel sorgte in der calvinistischen Pfalz für einige Probleme. Zwar hatte sich der neue Kurfürst mit seinem Vorgänger Karl in dessen Todesjahr auf einen Kompromiss geeinigt und Philip Wilhelm hielt sich auch daran, aber das Misstrauen der Calvinisten gegenüber der neuen Regierung wuchs trotzdem an. Der Kurfürst selbst war um eine rechtliche Gleichstellung aller Konfessionen in der Pfalz bemüht. Das allerdings kam bei den Protestanten weniger gut an, weil ja nun auch die Katholiken gleichberechtigt waren. Die Eskalation des Kirchenstreits sollte Philip Wilhelm nicht mehr erleben.

Im Oktober 1687 ernannte der Kurfürst seinen ältesten Sohn Johann Wilhelm zum Statthalter in Heidelberg. Die offenen Fragen im Zusammenhang mit dem Erbe des verstorbenen Kurfürsten Karl II führten nun sehr schnell zu Spannungen mit Frankreich. König Ludwig XIV. erhob im Namen seiner Schwägerin Liselotte von der Pfalz, der Herzogin von Orleans, Ansprüche auf Teile des pfälzischen Erbes (Allodialgut). Verhandlungen blieben erfolglos. Der Streit verschärfte sich und Philip Wilhelm zog sich verbittert nach Neuburg in der Oberpfalz zurück. Gleichzeitig rückten im Herbst 1688 die Franzosen in der Pfalz ein und besetzten unter anderem Heidelberg. Im folgenden Jahr begannen sie mit der systematischen Zerstörung des Landes.

Im Frühjahr 1690 reiste Philip Wilhelm nach Wien. Er wollte der Krönung seines Enkels Joseph zum deutschen König beiwohnen. Dort starb er am 2. September 1690. Viele gute Absichten konnten nicht mehr verwirklicht werden. Er hinterließ ein Land, das nun vollkommen in den Wirren des Pfälzischer Erbfolgekrieg zu versinken drohte.

Merkwürdigkeit: Die im Jahre 1666 angefertigte und am Rande mit Bemerkungen von 1668 versehene Inventarliste umfasste 335 Positionen mit 2144 Gegenständen aus Silber und Gold im Besitz des Herzogs.

Heirat und Nachkommen

Prinzessin Leopoldine Eleonore von der Pfalz-Neuburg

Am 9. Juni 1642 heiratete er in Warschau die Tochter des polnischen Königs Sigismund III. und Konstanze von Österreich, Anna Katharina Konstanze (1619-1651), Prinzessin von Polen-Litauen und Schweden aus dem Hause Wasa. Aus der Ehe ging ein Sohn hervor:

  • Sohn, tot geboren (*/† 18. Juli 1645 in Neuburg an der Donau)

In Schwalbach heiratete Wilhelm am 3. September 1653 zwanzig Jahre jüngere Prinzessin Elisabeth Amalia Magdalena (30.01.1635-4.8.1709), die Tochter des Landgrafen Georg II. von Hessen-Darmstadt. In den 24 Jahren Ehe war Elisabeth 23 Mal schwanger, davon wurden 17 Kinder lebend geboren:

  1. ∞ 1678 Erzherzogin Maria Anna Josepha von Österreich (1654-1689)
  2. ∞ 1691 Anna Maria Luisa von Medici (1667-1743)
  1. ∞ 1688 Prinzessin Ludwika Karolina Charlotte von Radziwiłł-Birze (1667-1695), Witwe des Prinzen Ludwig von Brandenburg
  2. ∞ 1701 Prinzessin Theresa Katharina Lubomirska (1683-1712)
  3. ∞ 1728/29 (morg.) Gräfin Violante Maria Theresa von Thurn und Taxis (1683-1734)
  1. ∞ 1690 Herzog Odoardo II. Farnese von Parma und Piacenza (1666-1693)
  2. ∞ 1696 Herzog Francesco Farnese von Parma und Piacenza (1678-1727)

Literatur

  • Ernst Baumgarten: Der Kampf des Pfalzgrafen Philipp Wilhelm mit den jülich-bergischen Ständen von 1669-1672, Düsseldorf 1903.
  • Robert Hassencamp: Der Ehebund der polnischen Prinzessin Anna Catharina Constantia mit Philipp Wilhelm v. Pfalz=Neuburg und seine politischen Folgen, Zeitschrift der Historischen Gesellschaft für die Provinz Posen 9(1894), S. 411-419.
  • Robert Hassencamp: Die Bewerbung des Pfalzgrafen Philipp Wilhelm von Neuburg um die polnische Krone, Zeitschrift der Historischen Gesellschaft für die Provinz Posen 11(1896), S. 275-320.
  • Robert Hassencamp: Ein brandenburgisch-bergisches Eheproject im Jahre 1641, Beiträge zur Geschichte des Niederrheins. Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins 10(1895), S. 225-243.
  • Wilhelm Maier: Die geplante Heirat Philipp Wilhelms von Pfalz-Neuburg mit der Schwester des Grossen Kurfürsten, Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein insbesondere die alte Erzdiözese Köln 87(1909), S. 162-173.
  • Klaus Jaitner: Die Konfessionspolitik des Pfalzgrafen Philipp Wilhelm von Neuburg in Jülich-Berg von 1647-1679, (Reformationsgeschichtliche Studien und Texte 107), Münster/Westf. 1973, ISBN 3-402-03714-9.
  • Willi Paetzer: Philipp Wilhelm (1615–1690). Kurfürst von der Pfalz 1685–1690. Shaker, Aachen 2005, ISBN 3-8322-3579-5.
  • Hans Schmid: Das Haus Pfalz-Neuburg in der europäischen Politik des 17. Jahrhunderts, Mannheimer Hefte 2(1992), S. 106-120.
  • Horst H. Stierhof (Hg.), Max Oppel (Red.): 475 Jahre Fürstentum Pfalz-Neuburg. Ausstellung im Schloß Grünau bei Neuburg an der Donau. 20. Juni 1980 - 19. Oktober 1980, München 1980.
  • Karl Kollnig: Die Kurfürsten von der Pfalz, Heidelberg 1993, ISBN 3-929295-04-0.
  • Otto R. Redlich: Die Schätze der herzoglichen Silberkammer zu Düsseldorf im 17. Jahrhundert. Nach den Akten des Düsseldorfer Staats-Archivs. Beiträge zur Geschichte des Niederrheins. Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins 8(1894), S. 109-138.
  • N.N. (Fbr=Heinrich Ferber?): Die Garderobe des Pfalzgrafen Philipp Wilhelm, spätern Herzogs von Jülich-Berg, auf seiner Reise nach Polen zur Vermählung mit Anna Catharina Constantia, Tochter des Königs Sigismund von Polen 1642, Beiträge zur Geschichte des Niederrheins. Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins 7(1893), S. 438-439.
  • Rudolf Tilly: Vom Blühen und Sterben des Pfalz-Neuburgischen Fürstengeschlechts, Das Tor, Düsseldorfer Heimatblätter 1()1975), S. 18-19 (dort Quellenangabe zum Brief Elisabeths an Eleonore über Geschwister).

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VorgängerAmtNachfolger
Wolfgang WilhelmHerzog von Jülich und Berg
16531679
Johann Wilhelm II.
VorgängerAmtNachfolger
Wolfgang WilhelmHerzog und Pfalzgraf von der Pfalz-Neuburg
16531690
Johann Wilhelm
VorgängerAmtNachfolger
Karl II.Kurfürst von der Pfalz
16851690
Johann Wilhelm