Komödie
Eine Komödie (=Lustspiel) (altgr. κωμῳδία kōmōidía „singender Umzug“) ist ein Drama mit erheiterndem Handlungsablauf, der in der Regel glücklich endet. Die unterhaltsame Grundstimmung entsteht dabei durch die übertriebene Darstellung menschlicher Schwächen, die neben der Belustigung des Publikums auch auf Kritik abzielen kann.
Die Zuschauer fühlen sich zu den Figuren auf der Bühne entweder hingezogen, weil sie sich in ihnen wieder erkennen und sich mit ihnen leicht identifizieren können, oder aber sie blicken auf sie herab und verlachen sie, weil sie als Ausdruck einer Schwäche empfunden werden, die es zu vermeiden gilt. Schwankt dieses Gefühl, spricht man von einer Tragikomödie.
Geschichte der Komödie
Komödie in Griechenland, Rom und Europa
Die heutige Komödie basiert auf der antiken griechischen Komödie, deren Anfänge bis vor das 6. Jahrhundert vor Christus zurückreichen. Das griechische Wort "Komodia" ist ein Kompositum aus Komos (Umzug) und ado (singen), also singender Umzug und bedeutet die ausgelassene Verehrung des Gottes der Fruchtbarkeit, dem die Satyrn und Mänaden im Rausch folgten. Der Dionysoskult war so beliebt, dass er im 6. Jahrhundert zum Staatskult in Athen erhoben wurde. (Die konkurrierende Ableitung des Wortes von gr. kome (Dorf) ist ein Produkt hellenistischer Gelehrsamkeit, die mit Spekulationen über die Entstehung des K. im Rahmen dörflicher Feste (der sog. ländlichen Dionysien) zusammenhängt, aber sprachlich nicht haltbar ist.)
Regelmäßige Uraufführungen von Komödien fanden vor allem in Athen statt, im Rahmen der Dionysosfeste, an denen alle vier Jahre vier Tage lang zu den "Panathenäen" Aufführungen stattfanden. Am ersten Tag wurden 5 Komödien aufgeführt, dann je 3 Tragödien mit einem Satyrspiel am Ende.
Bei der attischen Komödie werden drei Phasen oder Epochen unterschieden: die Alte Komödie, deren bekanntester Autor Aristophanes ist, die Mittlere Komödie, von der nur Autorennamen, aber keine Theaterstücke erhalten geblieben sind, und die Neue Komödie, als deren bedeutendster Vertreter Menander gilt. Charakteristisch für die Alte Komödie ist eine oft ätzende Kritik an gesellschaftlichen und politischen Zuständen, verbunden mit Angriffen gegen lebende Personen, sowie eine meist nur locker gefügte Handlung, während die Neue Komödie mehr von der Komik der dargestellten Handlung lebt. Die attischen Komödien, besonders die von Menander und seinen Zeitgenossen, wurden im 3. Jahrhundert v. Chr. auch in Rom bekannt und beliebt.
Plautus war der wohl produktivste lateinische Komödienautor. Wie neueste Forschungen nahelegen greift er bereits meist auf griechische Vorlagen zurück. Seine auf Publikumserfolg orientierten Stücke waren auch beim einfachen Volk beliebt; er kultivierte den Typus des listigen kleinen Mannes, der sich gegen die Autoritäten mit Mutterwitz durchsetzt und zum Vorbild für viele Figuren wie Falstaff, Scapin, den Truffaldino der Commedia dell'arte wurde. Ein anderer berühmter römischer Autor war Terentius (Terenz), der die Geschliffenheit der Sprache in der Komödie (z.B. Hecyra) kultivierte.
Die Themen der römischen Komödie sind unpolitisch, die Handlung mit ihren Charakteren überschaubar. Die Autoren begannen sich mit neuen Formen und neuen Inhalten auseinanderzusetzen. So findet sich beispielsweise bei Mimus ein Mischwerk, das Epyllion: er verwendet als Form das hexametrische Versmaß, der Inhalt hat aber nichts heroisches und passt somit nicht zum Versmaß. In dieser Form schrieb auch Theokrit, zum Beispiel in einem Stück über Hirten, die sich während des Schafehütens in hexametrischem Versmaß unterhalten.
Mittelalter
Im Mittelalter fanden geistliche Spiele statt, in denen Teufelsszenen das Boshafte und Komische darstellten. Im ausgehenden Mittelalter entstanden auch weltliche Spiele, vor allem Schwänke, einfache Dialoge, maskierte Umzüge, die volksnahe Handlungen zur Belustigung der Zuschauer darstellen: Streitszenen, Gerichtsszenen, Eheszenen, z.B. die Fastnachtsspiele ("vasnaht" heißt "Austreibung des Bösen"). Sie werden zur Quelle des Volkstheaters, das u.a. zur Commedia dell'arte führte, was die Entwicklung des Teufels Hellekin (aus dem Normannischen)zum Arlechino zeigt. Es ist eine gesamteuropäische Entwicklung. Erwähnenswert ist das Schweizer "Urner Tellenspiel" aus dem 15. Jh und Fastnachtsspiele, die den Papst und den Ablasshandel verspotten (Niklas Manuel Deutsch aus Bern).
Das deutsche Barockdrama des 17. Jahrhunderts betrachtete das Fastnachtsspiel als derb und pöbelhaft und berief sich auf die antike Tradition. In Italien entstand seit dem 16. Jh die Stegreifkomödie der Commedia dell'arte, in der nur die grobe Handlung festgelegt wurde. Die Charaktere waren von vornherein festgelegt. Sie entwickelten die Handlung im Stegreif, aus der Situation heraus. Das Publikum spielte auch eine Rolle durch seine Reaktionen. Von der Commedia dell'arte ist das europäische Theater (bis Brecht, Giorgio Strehler und Dario Fò) entscheidend beeinflusst worden.
In England schuf Shakespeare seit Ende des 16. Jahrhunderts viele Komödien: "Komödie der Irrungen", "Verlorne Liebesmüh", "Die beiden Veroneser", "Ein Sommernachtstraum", "Der Widerspenstigen Zähmung" u.a. Oft liegen Scherz und Ernst dicht beieinander. 1642 wurden in England alle Theateraufführungen verboten, was einen Einbruch in der Entwicklung des Theaters bedeutete. Im 17. Jh enstand die "comedy of manners", also die Sitten-und Gesellschaftskomödie.
Um die gleiche Zeit, also im 16./17. Jh, gab es auch in Spanien eine bedeutende Entwicklung des Theaters mit Fernando de Rojas "Celestina" (die später von Max Frisch im "Don Juan" aufgegriffen wird), Calderon und Lope de Vega. Missverständnisse, Intrigen, Verwirrungen, verbotene Liebe und Täuschung durch Masken sind die Mittel der beliebten Komödien. Dagegen wirken die Komödien von Gryphius und Opitz eher schwerfällig.
16. Jahrhundert
Die Komödie ist nach Aristoteles' Poetik die Theaterform der geringeren Menschen, was in der Antike nicht problematisch war. Im 17./18. Jahrhundert wurde diese Aussage sozial verstanden. Zur Zeit der prägenden französischen Klassik war das Personal der Tragödie vorwiegend aristokratisch, das Personal der Komödie vorwiegend bürgerlich (Ständeklausel). Weil das Bürgerliche nach dieser Definition von vornherein lächerlich war, was die bürgerlichen Theatergänger vor den Kopf stieß, entwickelten sich seit dem 18. Jahrhundert Formen der Komödie, die sich gegenüber der Posse abzugrenzen bemühten, auch Formen der Komödie, die gar nicht heiter, sondern sentimental bis tragisch waren wie die französische Opéra comique, sowie das Bürgerliche Trauerspiel.
17. Jahrhundert
Jean-Baptiste Poquelin, bekannt als [Molière], ist in Frankreich der Meister der Komödie. Er verspottet und kritisiert die Schwächen seiner Mitmenschen, bestimmter Berufsstände, intriganter (politischer und gesellschaftlicher) Handlungsweisen und schafft Meisterwerke der Charakterkomödie. Er schöpft aus der [[]][[Commedia dell'arte[[}][[Birgithenri 11:15, 6. Mär. 2008 (CET)]]und zieht anfangs mit einem Wandertheater durch die Lande, bis er später ein eigenes Theater bekommt, die [[]]Comédie française[[]]. Das Schaffen Molières hat [[]]Ariane Mnouchkine[[]] mit ihrer Schauspielertruppe in ihrem Film über ihn nachempfunden.
Komödien waren über lange Zeit bei Wandertheatern zu Hause. Ab dem 16. Jahrhundert begann in Europa die Einrichtung fester Häuser, die aber meist weiter von wandernden englischen und italienischen Theatertruppen bespielt wurden. In Italien entwickelte sich die Commedia dell'Arte als volksnahe Theaterform, die auch nach Mittel- und Westeuropa ausstrahlte. In Wien entstand die Alt-Wiener Volkskomödie zu deren bedeutendsten Vertretern im 19. Jahrhundert Ferdinand Raimund und Johann Nepomuk Nestroy wurden.
Molières Nachfolger [[]]Marivaux[[]] schreibt über 30 Komödien, die sich allerdings untereinander sehr ähneln. Sie behandeln vor allem das Thema der Liebe und Intrige, sind leicht geschrieben und haben vorwiegend Unterhaltungswert - ohne allerdings seicht zu sein.
18. Jahrhundert
Bedeutende Nachfolger Molières waren vor allem der Däne [[]]Ludwig Holberg[[]], der Italiener [[]]Carlo Goldoni[[]] und der Franzose [[]]Beaumarchais[[]]. Ein häufiges Thema ist u.a. das Verhältnis "Herr und Diener", das nicht nur im Stück "Diener zweier Herren" von [[]]Goldoni[[]] thematisiert wird, sondern ein wichtiges Thema der Aufklärung ist. Allerdings gab es auch in Frankreich die Tradition des [[]]"Vaudeville"[[]](von den mittelalterlichen Spottliedern "Vau de Vire" abgeleitet, eine Art Sittenbild und Posse mit Gesang. Der Venezianer [[]]Carlo Graf Gozzi[[]] (Ende des 18. Jh) beruft sich wieder auf die Tradition der Commedia dell'arte und übt großen Einfluss auf Musik und Literatur des 20. Jahrhunderts aus.
Eine Wiederbelebung des Volksschauspiels und von Elementen der Commedia dell'Arte erfolgte in Italien durch Dario Fo.
In Deutschland übte die Aufklärung einen großen Einfluss auf das literarische Schaffen und die Auseinandersetzung mit der Literatur aus. Der Einfluss der französischen Literatur war bedeutend. Die Gestalt des "Hanswurst" hatte ihren Siegeszug auf der Bühne angetreten, auf der Albernheiten, Grobheiten, sexuelle Anspielungen in aller Deutlichkeit zur Belustigung des Volkes dargestellt wurden. Das Ehepaar Gottsched betrachtete sich als die Erneuerer des Theaters. [[]]Johann Christoph Gottsched[[]] verkündete im 11. Kapitel seiner Theaterschrift [[]] "Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen"[[]], dass die Spaßmacherei minderwertig sei, indem er die Komödie definiert als "Nachahmung einer lasterhaften Handlung, die durch ihr lächerliches Wesen den Zuschauer belustigen, aber zugleich erbauen kann".
Aber der eigentliche Reformer war [[]]Gotthold Ephraim Lessing[[]], der das Theater von der Pike auf kannte und sich auch theoretisch von Grund auf mit ihm auseinandersetzte ([[]]"Hamburgische Dramaturgie"[[]]. Er forderte Wahrhaftigkeit in bezug auf die Handlung als auch auf die Personen und setzte sich neu mit der aristotelischen Theorie auseinander, auch im Hinblick auf ihre Rezeption durch die französischen Klassiker, die Brüder [[]]Pierre und Thomas Corneille[[]] sowie [[]]Racine[[]]. In seiner Jugend schrieb lessing mehrere Lustspiele, bekannt ist aber wohl nur [[]]"Minna von Barnhelm"[[]]. Die Dichter des [[]]"Sturm und Drang"[[]], [[]]Klinger[[]], [[]]Lenz[[]], [[]]Wagner[[]]und der junge [[]]Goethe[[]]schrieben Lustspiele, die auf ihre Zeit politisch-sozial bezogen waren, aber auch auf die antike Tradition. Parodien, Satiren, Scherzspiele wendeten sich gegen die Zustände der Zeit. Sie übten Gesellschaftskritik.
An der Wende zum 19. Jahrhundert stehen die Komödien von [[]]Iffland[[]] und [[]]Kotzebue[[]], die leicht und unterhaltsam sind, wobei die Komödie [[]]"Die deutschen Kleinstädter"[[]] noch heute aktuell sein kann!
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts behauptet die Komödie [[]]"Der zerbrochene Krug"[[]] von [[]]Heinrich von Kleist[[]]ihren literarischen Rang, sein Theaterstück [[]]"Amphitryon"[[]] ist eher eine [[]]Tragikomödie[[]].
19. Jahrhundert
Die deutsche Romantik ist eher arm an Komödien, obwohl sie ihre Dichter Meister der Satire und Ironie sind. Es überwiegen das Gedicht und der Roman bzw. die Novelle.Erst mit [[]]Raimund[[]] und [[]]Nestroy[[]] in Wien, die an das Volkstheater, das barocke Jesuitendrama und die Commedia dell'arte anknüpfen, entsteht wieder die Komödiendichtung von Rang.
Typen der Komödie
- nach der Form
- Charakterkomödie: eine einzelne Person steht im Vordergrund (Der Schwierige von Hugo von Hofmannsthal, Der Geizige von Jean-Baptiste Molière).
- Typenkomödie: charakterisiert durch ein typisches, durch Masken, Gestik oder Kostüme wiedererkennbares Rollenpersonal (Commedia dell'Arte).
- Situationskomödie: Verwicklung der Handlungsstränge, eine Verkettung überraschender Umstände, sowie Verwicklungen und Intrigen (Der zerbrochne Krug von Heinrich von Kleist); siehe auch: Sitcom
- Konversationsstück: spielt in höheren Gesellschaftskreisen und lebt von der geistreichen Konversation (Eugène Scribe, Victorien Sardou, Sacha Guitry, Bunbury von Oscar Wilde, Scrupules (Der Dieb), von Octave Mirbeau, George Bernard Shaw, Dr. med. Hiob Prätorius von Curt Goetz)
- nach dem Inhalt.
- Intrigenkomödie (Die lustigen Weiber von Windsor von William Shakespeare).
- Satirisch-gesellschaftskritische Komödie (Die Hose von Carl Sternheim, Les affaires sont les affaires (Geschäft ist Geschäft), von Octave Mirbeau (1903).
- Groteske: benannt nach den seltsam verschnörkelten Wandmalereien in der Grotte des Titus-Palastes in Rom, typisch sind grausige, bizarre Situationen, die lächerlich dargestellt sind (Der Besuch der alten Dame und Die Physiker von Friedrich Dürrenmatt, Die Kleinbürgerhochzeit von Bertolt Brecht, Biedermann und die Brandstifter von Max Frisch, Überlebensgroß Herr Krott von Martin Walser).
- Boulevardkomödie (Das Haus in Montevideo von Curt Goetz, Komödie im Dunkeln von Peter Shaffer).
Kraft und Schwäche
Dramatische Figuren stimmen einen zur Identifikation entweder durch ihre Willenskraft (Draufgänger), Verstandeskraft (Tausendsassa) oder moralische Kraft (Ritter) – umgekehrt komische Figuren, mit denen man sich nicht identifiziert wegen ihrer Willensschwäche (Hampelmann), Verstandesschwäche (Stümper) oder moralischen Schwäche (Tunichtgut).
- Schelm und Narr
Der Schelm oder Schalk ist in diesem Zusammenhang der selber "nicht-komische" Held einer Komödie, der seinen Widersacher zum Narren macht. Der Schelm ist jemand, mit dem man sich identifiziert, da er über Verstandeskraft (Witz) verfügt. Es kann Komödien ohne Schelme, nicht aber ohne Narren geben (sonst gäb's nichts zu lachen).
Die deutsche Übersetzung des Wortes "Komodia" mit Lustspiel tauchte erstmals im Titel eines anonymen Stücks des 16. Jahrhunderts auf und wurde dann im 17. Jahrhundert von Andreas Gryphius aufgegriffen und seit dem 18. Jahrhundert synonym für Komödie verwendet. Seit dem 20. Jahrhundert bezeichnet man oft vor allem Konversationsstücke als Lustspiele.
Siehe auch
Literatur
- Helmut Arntzen: Die ernste Komödie. Das deutsche Lustspiel von Lessing bis Kleist. München 1968.
- Helmut Arntzen (Hrsg.): Komödiensprache. Beiträge zum deutschen Lustspiel zwischen dem 17.und dem 20. Jahrhundert. Münster 1988.
- Bernhard Greiner: Die Komödie. Tübingen 1992.
- Walter Hinck (Hrsg.): Die deutsche Komödie. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Düsseldorf 1977.
- Helmut Prang: Geschichte des Lustspiels. Stuttgart 1968.