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Heraldik

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Heraldik (auch Heroldskunst) bedeutet Wappenwesen und umfasst die Bereiche Wappenkunde, Wappenkunst und Wappenrecht. Sie gehört zu den historischen Hilfswissenschaften. Als ihr wissenschaftlicher Begründer gilt Philipp Jacob Spener. Eine wichtige Grundlage für die Heraldik bilden Exlibris (Buchbesitzerzeichen) aus dem Mittelalter, die zu dieser Zeit vorwiegend als Wappen ausgeführt wurden.

Ehedem wurde die Aufsicht über die Wappenführung von Wappenherolden ausgeübt, an deren Spitze ein "Wappenkönig" stehen konnte (heute noch in Großbritannien). Die Wappenkunde beschäftigt sich mit dem Aufbau von Wappen, deren Bedeutung und der Bedeutung der einzelnen Teile und Symbole der Wappen.

In der ersten Hälfte des 12. Jahrhundert wurden erstmals Wappen benötigt, um Ritter, die unter den damals aufkommenden Topfhelmen nicht mehr erkennbar waren, im Turnier oder im Kampf auseinander halten zu können. Sie trugen ihr eigenes Wappen oder das ihres Lehensherrn auf den Schilden. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts durften auch Ritter aus niederem Adel ein eigenes Wappen tragen.

Auch viele englische zum Knight geschlagene Personen besitzen ihr eigenes Wappen, wie beispielsweise Elton John und Paul McCartney.

Nach deutschem Recht darf jede natürliche oder juristische Person ein eigenes Wappen führen, vor der willkürlichen Führung durch Andere ist es dann analog dem Namensrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch geschützt.

Dem europäischen Wappenwesen vergleichbar sind die Mon Japans.

Aufbau des Wappens

Allein ein Wappenschild ist bereits ein vollständiges Wappen. Ergänzt mit einem Helm (teilweise mit Halsschmuck(Helmkleinod)) mit Helmdecken und einer plastischen Helmzier wird es als Vollwappen bezeichnet Ein Wappen des Hochadels besitzt meist sogar Schildhalter, einen Wappenmantel bzw. regierende Monarchen ein Wappenzelt.

Die linearen Einteilungen des Schildes durch gegeneinander gesetzte Farben und Metalle werden als Heroldstücke bezeichnet. Darstellungen von Gegenständen, Natur oder Kultur nennt man Gemeine Figuren. Diese Gemeine Figuren werden wiederum unterteilt in "natürliche" das sind zum Beispiel Menschen, Tiere (auch Fabeltiere) und Pflanzen; sowie in "künstliche", wie Bauwerke,Waffen, Werkzeuge und weitere Alltagsgegenstände wie z.B. ein Schlüssel. Durch die Kombination dieser Elemente ergibt sich eine große Vielfalt an Wappenmotiven.

Beizeichen sind kleinere Zeichen, die in manchen Fällen auch auf einer bestimmten Person zurückzuführen sind. Der Faden, ist ein schmaler, über den Wappenschild gezogener Schrägbalken, welcher schrägrechts vom rechten Obereck nach dem linken Untereck gezogen eine jüngere oder Nebenlinie, schräglinks einen unehelich Gebornen (Bastard, daher Bastardfaden) aus dem Geschlecht bezeichnet. Wenn der Faden gekürzt wird, heißt er Einbruch (rechter oder linker) und hat als solcher seine Stelle im Herzen des Schildes. Viele Wappen, meist Stadtwappen, haben auch einen Schildrand. Ein weiteres Beizeichen ist der Turnierkragen.

Heraldische Farben (Tinkturen)

Für Wappendarstellungen werden nur die folgenden Farben verwendet. Um auch auf Schwarz-Weiß-Bildern die richtigen Farben bestimmen zu können, setzte sich ein System von Schraffuren für diese Farben durch.

Die Metalle:

und die Farben:

  • Schwarz (Sable): gegittert oder ganz schwarz
  • Rot (Sanguine): senkrechte Linien
  • Blau (Azure): waagrechte Linien
  • Grün (Vert): Diagonale Linien von links-oben zu rechts-unten
  • Purpur (Purpure): Diagonale Linien von rechts-oben zu links-unten
  • Braun: Diagonale Linien (links-oben zu rechts-unten) auf senkrechte Linien
  • Grau: gestrichelte senkrechte und gestrichelte waagrechte Linien
  • Fleischfarbe: gestrichelte senkrechte Linien

Grundregel: Metalle dürfen nicht an Metalle grenzen, Farben nicht an Farben, also z.B. nicht "Schwarz-Rot-Gold". Durch das Gegeneinandersetzen von Metallen und Farben in einem Wappen wird eine starke Kontrastwirkung erreicht, die das Wappen schon aus großer Entfernung erkennbar macht. Die Pelzwerke können sowohl mit Metallen und Farben gemeinsam verwandt werden, sie sind ihnen gegenüber "neutral".

einige Pelzwerke
Pelzwerke: 1 Hermelin 2 Wolkenfeh 3 Zinnenfeh 4 Eisenhut
aus Meyers Konversationslexikon 1888

Pelzwerke sind Musterformen, die sich auf Wappen befinden. Hierzu zählen u.a. Eisenhutfeh, Wolkenfeh, Hermelin, Zinnenfeh, Krückenfeh, Kürsch, Pfahlfeh, Wogenfeh, Sturzfeh und Gegenfeh.

Schildformen und Helme

Beeinflusst durch die Entwicklung der Waffentechnik und Kunststile änderte sich auch die Darstellung der Wappen im Verlauf der Jahrhunderte:

Die früheste verwendete Schildform ist der, vom 12. Jahrhundert bis ins 14. Jahrhundert verwendete, Dreieckschild (Beispiel: Essen), dessen Seiten nach außen gebogen sind. Der zugehörige Helm ist der Topfhelm, der teilweise mit einem Stoffüberzug versehen ist.

Im 13. Jahrhundert entstand der Halbrundschild, der für die Wappendarstellungen mehr Raum bot. Insbesondere mehrfeldrige Wappen, die nun aufkommen, benötigen den größeren Raum in der unteren Wappenhälfte. Der aus dem Topfhelm entwickelte Kübelhelm ist bereits mit stoffbahnenartigen Helmdecken versehen, die nur in geringem Maße eingeschnitten sind.

Während des 14. Jahrhunderts wandelt sich der Kübelhelm zum, im Turnier verwendeten ,Stechhelm, dessen Helmdecken nun schon stärker eingeschnitten und eingerollt sind.

Später wurde die Sehöffnung des Stechhelms vergrößert und mit senkrecht verlaufenden Metallbügeln versehen. Diese Form wird als Spangenhelm bezeichnet. Die Helmdecken sind nun nicht mehr als Stoffbahnen erkennbar, sondern ähneln ornamentalem Laubwerk.

Die Wappendarstellungen zeigen mehr und mehr unheraldische (d. h. von den tatsächlich gebrauchten Schilden abweichende) Schildformen: die Tartsche, ein im Turnier gebrauchten Schild mit Einschnitt auf der (heraldisch:) rechten Seite, der so genannten Speerruhe, den symmetrischen, langezogenen Roßstirnschild, der vor Allem in Italien gebräuchlich war, u.a..

Schließlich verschwindet der eigentliche Schild in den überbordenden Rahmen der Barock- und Rokkokozeit und wird mit Schildhaltern, Wappenmänteln und -zelten sowie anderem Zubehör umgeben.

Diese Periode wird als Verfallszeit der Heraldik bezeichnet. Erst die Wiederentdeckung des Wappenwesens während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts führte zu einer neuen Blütezeit der Heraldik. Namhafte Künstler wie z. B. Otto Hupp verwendeten für Ihre Wappendarstellungen Formen des 13. bis 15. Jahrhunderts.

Detailliert wird diese Entwicklung in: Walter Leonhardt, Das große Buch der Wappenkunst, München 1978 gezeigt. Hier werden Wappendarstellungen in großer Zahl und in einem "klassisch-modernen" Stil gezeigt.

Heroldsbilder

Schildtopographie, verschiedene Formen
Schildtopographie:1 Geteilt, 2 Gespalten, 3 und 4 Mischform von 1 und 2,
5 und 6 Geviert, 7 und 8 schräg geteilt
aus Meyers Konversationslexikon 1888

Viele Wappen bestehen oft aus nur zwei bis vier Farben. Diese sind entweder geteilt (s. Bild 1 bzw. 7 u. 8),gespalten (s. Bild 2), gepfählt (Pfahl, drei senkrechte Felder), gebalkt (Balken, drei waagrechte Felder), geviert (s. Bild 5 u. 6), geachtet (acht gleich große Felder), geschacht (mehrere gleich große Felder), gekreuzt (Kreuz), ein Deichsel (Y-Form), Hauptpfahl (T-Form), geständert (geviert und schräg geviert), gewellt (Wellenlinien), ein Sparren (Nach oben deutende V-Form), mit Zinnen gespaltet, Zick-Zack, ein Faden (dünner Balken) oder im Schneckenschnitt.

Hierzu siehe: Blasonierung

Gemeine Figuren

Wappentiere

Ein Großteil der Gemeinen Figuren machen Tier aus. Diese Tiere, Wappentiere genannt, symbolisieren eine Eigenschaft, die der Wappennutzer hat oder ausstrahlen möchte. Sehr beliebt sind Löwen, Bären, Leoparden, Adler, Delphine, Widder oder Stiere, aber auch Fabelwesen wie der Greif, das Einhorn, der Doppeladler und der Lindwurm. Oft nutzen Städte/Nationen Tiere die heilig, oft vertreten oder Landestiere sind.

Weitere Gemeine Figuren

Neben Menschendarstellungen gehören zu den gemeinen Figuren auch Pflanzen wie die Rose, die Lilie (Fleur-de-Lis) oder die "starke" Eiche. Oft sind Gemeine Figuren auch Bauwerke oder Gegenstände aus einer Legende oder aus der Religion wie z. B. der Schlüssel (Bremen) oder der Bischofsstab (Basel).

Gestaltungsregeln

Um ein Wappen eindeutig erkennbar zu machen sollte die Anzahl der Farben, Felder und Figuren möglichst gering sein und die Figuren sollten den Schild weitgehend ausfüllen: "Weniger ist Mehr".

Ebenso ist die "Farbregel" zu beachten: von zwei Feldern eines Wappens sollte jeweils eines in einer "Farbe" das andere in einem "Metall" tingiert sein. Diese Regel gilt auch für das Schildfeld und eine aufgelegte gemeine Figur.

Eine typische Möglichkeit der Heraldik, die Anzahl der Wappenmotive zu erweitern ist die Tingierung in ge-(ver-)wechselten Farben, d. h. der Schild ist z. B. geteilt und eine aufgelegte Gemeine Figur, oder ein weiteres Heroldsbild, weist jeweils die Farbe des gegenüberliegenden Feldes auf.

Der Schild kann nicht nur mit geraden Linien in Felder geteilt werden, sondern auch mit beliebig geformten so genannten Schnitten: z.B. im Wellenschnitt geteilt, im Zinnenschnitt gespalten, ein Doppelwolkenbord, durch Zahnschnitt abgetrenntes Schildhaupt u.s.w.

Füllen Gemeine Figuren nicht den gesamten Schild aus, ist anzugeben an welcher Stelle sie sich befinden. Dazu werden Bezeichnungen verwendet, die sich häufig an den Heroldsbildern orientieren: Hauptstelle, Fußstelle, rechte oder linke Flanke, Herzstelle u.s.w.

s. auch: Blasonierung

Wappenarten

Bürgerliche Wappen sind Wappen von Bürgern, die keinen Adelstitel oder ähnliches besitzen. Es wird der (geschlossene) Stechhelm und der Wulst genutzt. Beispiel: Martin Luther.

Das Adelswappen ist ein Wappen, welches adligen Familien zugehört. Seit 1450 darf das Adelswappen als einziges einen Bügel- oder Spangenhelm tragen. Heute benutzt man auch oft eine Krone. Die Rangkronen bestimmen den Adelsgrad. Man unterscheidet ein einfaches Adelswappen und ein doppeltes Adelswappen. Beispiele: Otto von Bismarck (einfach), von Beneckendorf und von Hindenburg (doppelt).

Stadtwappen der Stadt Essen. Ein Allianzwappen
Stadtwappen der Stadt Essen. Ein Allianzwappen

Allianzwappen (Ehewappen, Heiratswappen) entstehen bei Verbindungen zweier Wappen, zum Beispiel durch Heirat von wappentragenden Adligen oder Städten, um ihre Zusammengehörigkeit zu symbolisieren. Beispiel: Essen.

In Stadtwappen befinden sich gewöhnlich keine Helme oder ähnliche Zusätze, jedoch oft Mauerkronen. Fast jede Stadt besitzt ein Stadtwappen.

Staatswappen sind die Wappen von Nationen. Sie können alles erdenkliche beinhalten, sogar zwei Kronen gleichzeitig (Bsp. Luxemburg). Ähnlich sind die Landeswappen, die den einzelnen Bundesländer gehören. Viele besitzen Schildhalter, d.h. Figuren, die das eigentliche Wappen halten. Zusammen mit dem eigentlichen Wappenschild, der Helmzier (z.B. eine Krone) bilden sie das vollständige Wappen. Fast jede Nation besitzt ein Staatswappen. Einige wenige, (Frankreich, einige ehem. franz. Kolonien) verwenden kein Wappen im eigentlichen Sinn, sondern ein Staatssiegel.

Sprechende Wappen (Redende Wappen) sind Wappen, deren Darstellungen auf den Namen des Trägers Bezug nehmen.

Weitere Wappenarten: Familien-, Territorial-, Herrschafts-, Geschlechts-, Zunft-, Haus-, Kloster-, Vereins- und Amtswappen.

Begriffe der Heraldik

Abaissé

Siehe auch: Studentenwappen, Flagge, Wachsend