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Informationsgesellschaft

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Der Begriff Informationsgesellschaft bezeichnet das Leitbild einer auf Informations- und Kommunikationstechnologien basierenden Transformationsgesellschaft und Ökonomie. Der Prozess, durch den sich eine postindustrielle oder postmoderne Informationsgesellschaft bildet, wird als Informatisierung bezeichnet (Nora/Minc 1979).

Je nach Schwerpunkt kann dabei unterschieden werden zwischen

  • Informationsökonomiegesellschaft - Betonung der wirtschaftlichen Veränderungen, z.B. Herausbildung eines "quartären" Sektors;
  • Informationstechnologiegesellschaft - IuK-Technologien als wesentlicher Faktor der wirtschaftlichen (und gesellschaftlichen) Entwicklung;
  • Informationsbenutzungsgesellschaft - Betonung des Nutzungsaspekts und der Bedeutung für die Menschen in einer Informationsgesellschaft; auch "informierte Gesellschaft" (Steinbuch 1966), "informationsbewusste Gesellschaft" (Wersig 1973).

Begriff

Bereits 1948 prognostizierte der amerikanische Wissenschaftler Norbert Wiener die Entstehung einer "Informationsgesellschaft".

Ebenfalls zu erwähnen wäre hier Pierre Teilhard de Chardin und sein Buch Mensch im Kosmos aus den 1920er Jahren, in dem er eine Vernetzung der Menschen und die Wandlung der Erde von einer Biosphäre in eine Soziosphäre prognostiziert. Die Erde verwandele sich demnach also von einem Biotop in ein denkendes Wesen. De Chardin beschreibt das Ziel unserer Evolution mit Hilfe der Technik als das Zusammenwachsen der Einzelwesen zu einem großen Gemein-Wesen, die er als Noosphäre bezeichnet.

Die engeren Vorläufer des Leitbilds wurden in den 1960er Jahren entwickelt, als ein Wandel in der Beschäftigungsstruktur der industrialisierten Staaten bemerkt wurde, der zunächst als Dienstleistungsgesellschaft bezeichnet wurde. Zu diesen Vorläuferbegriffen gehört die Informierte Gesellschaft (Steinbuch 1968, Haefner 1980 u.a.) und die Postindustrielle Gesellschaft (Bell 1973).

Der Begriff der Informationsgesellschaft wurde dann in den 1980er Jahren aus einem Teilbereich dieses tertiären Dienstleistungssektors ausdifferenziert, der nicht direkt zum Bruttosozialprodukt beitrug und mehr oder minder mit der Verarbeitung von Information zu tun hatte; diese Veränderungen werden auch als zweite industrielle Revolution oder kommunikative Revolution (Wersig 1985) bezeichnet.

Die Utopie der Informationsgesellschaft wurde vor allem während der 1990er Jahre im Rahmen der Diskussion um die Information Highways thematisiert und entwickelt sich dort zunehmend zu einem sinnentleerten Schlagwort. In der öffentlichen Diskussion weiter diskreditiert wurde der Begriff im Zuge des "Platzens" der so genannten Internet-Blase der New Economy. Auf politischer Ebene wurde insbesondere John Perry Barlows Adaption der Frontier-Metapher auf das Internet kontrovers diskutiert. In Europa wurde der Begriff der Freiheitlichen Informationsinfrastruktur als techo-liberale Vision zur politischen Kommunikation der Frontier-Metapher entgegen gesetzt

Im Zusammenhang mit der Digitale Kluft-Hypothese fordert Rademacher einen Marshallplan der Informationsgesellschaft.

Zu den Merkmalen der Informationsgesellschaft zählt u.a. die Informationsexplosion.

Der Wissenschaftstheoretiker Helmut F. Spinner bezeichnet die Informationsgesellschaft als Vorstufe oder Degenerationsform der Wissensgesellschaft (vgl. [1], [2]), wobei Spinner allerdings einen anderen Informationsbegriff verwendet.

Komplexität

Viele Autoren der Gegenwart wie Beck, Habermas, Lytoard und Giddens betrachten Komplexität als ein wesentliches Merkmal unserer Transformationsgesellschaft; die Komplexität führt zu Ungewißheit, daraus ergibt sich ein Gefühl der Überforderung. Als Lösung dieses Dilemmas liegt es nahe zu versuchen, die Komplexität und damit auch die Ungewißheit zu verringern. Genau dies leistet Information: "Information ist die Verringerung von Ungewißheit" (Wersig 1971). Zur Bewältigung von Welt ist also eine Komplexitätsreduktionsgesellschaft bzw. Informationsgesellschaft anzustreben.

Bewährte Hilfsmittel der Komplexitätsreduktion sind beispielsweise:

Hilfsmittel zur Reduktion der Handlungskomplexität sind beispielsweise:

  • Weiterentwicklung unserer Sinne,
  • Weiterentwicklung des Konzepts des Management.

Hilfsmittel zur Reduktion der Wissenskomplexität sind beispielsweise:

Weiterführende Angaben

Literatur

  • Daniel Bell: "The coming of post-industrial society. A venture in social forecasting", New York, NY: Basic Books 1973, (deutsch: "Die nachindustrielle Gesellschaft", Frankfurt M.: Campus-V. 1975).
  • Bundesministerium für Wirtschaft (Hrsg.): Info 2000: Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft, Bonn 1996.
  • Bill Gates: Der Weg nach vorn. Die Zukunft der Informationsgesellschaft. München 1997.
  • Nicholas Negroponte: Total digital. Die Welt zwischen 0 und 1 oder die Zukunft der Kommunikation. München 1997.
  • Gernot Wersig: Die Komplexität der Informationsgesellschaft, Konstanz 1996, ISBN 3-87940-573-5
  • Andreas Borrmann, Rainer Gerdzen: Kulturtechniken der Informationsgesellschaft, 1996
  • Sybille Krämer: Medien, Computer, Realität. Wirklichkeitsvorstellungen und Neue Medien, 1998
  • Peter A. Bruck, Guntram Geser: Schulen auf dem Weg in die Informationsgesellschaft, 2000
  • G. Knorz, Rainer Kuhlen: Informationskompetenz - Basiskompetenz in der Informationsgesellschaft. Konstanz 2000.
  • H. Krcmar: Informationsmanagement, Berlin usw: Springer, 2003
  • Herbert Kubicek: Die sogenannte Informationsgesellschaft. Neue Informations- und Kommunikationstechniken als Instrument konservativer Gesellschaftsveränderung. In: Elmar Altvater u.a.: Arbeit 2000, Hamburg 1985, S. 76-109.
  • Herbert Kubicek, Arno Rolf: Mikropolis. Mit Computernetzen in die "Informationsgesellschaft". Hamburg 1995.

Siehe auch

Digitale Kluft und Wissenskluft, WSIS, Freie Informationsinfrastruktur, Informationskultur, Globales Dorf, Informationswissenschaft, Transition und Transformation, Allgemeinbildung, Postfordismus, Infosphäre