European Credit Transfer System
Das European Credit Transfer and Accumulation System (ECTS) soll sicherstellen, dass die Leistungen von Studenten an Hochschulen des Europäischen Hochschulraumes vergleichbar und bei einem Wechsel von einer Hochschule zur anderen, auch grenzüberschreitend, anrechenbar sind. Dies ist möglich durch den Erwerb von Leistungspunkten (engl. credit points), das sind Anrechnungseinheiten, die in der Hochschulausbildung durch Leistungsnachweise erworben werden. Diese Art der Bewertung von Leistungen an Hochschulen findet sich vorwiegend in den Bachelor- und Master-Studiengängen an Hochschulen, nicht nur in Deutschland.
In Europa wurde die Einführung des ECTS im Rahmen eines EU-Projektes seit 1989 erprobt, doch erst mit dem Bologna-Prozess ist es zu einem wirklichen europäischen System geworden. In den USA und Kanada gibt es credits schon seit Jahren, allerdings werden sie auf andere Art und Weise genutzt. Mittlerweile sollen credits nicht nur zum Transfer von Studienleistungen genutzt werden, sondern auch zur Akkumulation. Daher heißt ECTS inzwischen auch European Credit Transfer and Accumulation System.
Neben dem Ziel, internationale Vergleichbarkeit herzustellen soll das System auch Studienabbrechern und Arbeitsgebern ermöglichen, ihre Studienleistung im Bewerbungsprozess zu valorisieren. Was heute als verlorene Zeit oder verlorene Investition der Volkswirtschaft betrachtet wird, soll einen Stellenwert erhalten. Arbeitgeber sollen erkennen können, ob ein Student nur "Bummelstudent" war oder ob er eine qualifizierende Beschäftigung mit dem Fach betrieben hat. Aus der Perspektive der betrieblichen Einarbeitung, kann ein Leistungsnachweis mit ECTS auf verkürzte Einarbeitungszeit schließen lassen. Das ist unter dem Aspekt zu langer Studiendauern in Deutschland und hoher Kosten für Human Ressources ein Kriterium für Einstellungsentscheidungen.
Systemsteuernd kann das Bewertungssystem werden, wenn Arbeitgeber sich daran orientieren, Studenten immer nur die qualifiziertesten Lehrer für bestimmte Fächer und Studienabschnitte wählen und sich "das beste" Studium über CreditPoints-Akkumulation erarbeiten. Abstimmen mit den Füssen würde die Bewertung von Universitäten und Hochschullehrern ersetzen. Eine Ansatz mit marktwirtschaftlichem Charakter.
European Credit Transfer System
Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich zum einen auf die Credit Points (Leistungspunkte) sowie die ECTS-Noten, die nach dem für Europa einheitlichen ECTS-Standard („European Credit Transfer and Accumulation System“) vergeben werden.
Credit Points
Credit Points sind Leistungspunkte mit denen der Arbeitsaufwand „gemessen“ wird. Für ein erfolgreich absolviertes Modul vergibt die Hochschule Leistungspunkte (LP) bzw. Credit Points (CP), die der durchschnittlichen Arbeitslast des Studiums („work load“) und der einzelnen Module Rechnung tragen sollen. Grundlage für die Vergabe von Credit Points nach ECTS-Standard ist die Annahme eines in Stunden gemessenen durchschnittlich zu leistenden Arbeitsaufwandes für das Studium. Die Annahme ist ein Aufwand von 1500–1800 Stunden pro akademischem Jahr, der sich in 60 CP ausdrückt. Ein Leistungspunkt entspricht daher 25 bis 30 Arbeitsstunden, wobei sich die KMK für 30 Arbeitsstunden pro CP ausgesprochen hat.
Bislang konnte über die Semesterwochenstunden hinaus nicht berücksichtigt werden, wie viel Lern-, Vor- und Nachbereitungsaufwand durchschnittlich mit einer Veranstaltung verbunden ist. Dies wird durch das CP-System möglich: Wird z. B. ein sehr arbeitsintensives Seminar innerhalb eines Moduls besucht, das sehr viel Textlektüre, Prüfungsvorbereitung und Hausarbeiten erfordert, so wird die aufzuwendende Arbeitslast nicht ausreichend durch die Präsenzzeit an der Universität dokumentiert, wohl aber durch die Zahl der erworbenen CP, indem die CP für das gesamte Modul als die Summe des Aufwandes für die einzelnen Modulteile berechnet werden sollen. Folglich ist es möglich, dass Veranstaltungen mit gleicher Präsenzzeit unter Umständen unterschiedlich viele CP zugewiesen sind. Mit diesem Verfahren soll die Anrechnung von im In- und Ausland erbrachten Studienleistungen wesentlich erleichtert werden.
Werden die Leistungspunkte nach dem ECTS vergeben, dann ist es der Regelfall, dass bei einem Nichtbestehen des Moduls für die Teilleistungen keine CP angerechnet werden.
Noten
Die ECTS-Noten unterscheiden sich grundsätzlich von traditionellen Noten, indem sie eine Reihung der Studierenden statt einer vermeintlich absoluten Qualität der Leistung wiedergeben. Die ECTS-Bewertungsskala gliedert die Leistung der Studierenden nach statistischen Gesichtspunkten. Daher sind statistische Daten über die Leistung der Studierenden Voraussetzung für die Anwendung des ECTS Bewertungssystems.[1]
Die erfolgreichen Studierenden erhalten folgende Noten:
- A (beste 10 %)
- B (nächste 25 %)
- C (nächste 30 %)
- D (nächste 25 %)
- E (nächste 10 %)
Werden Prüfungsleistungen nicht bestanden, erhalten Studierende folgende Noten:
- FX (nicht bestanden, es sind Verbesserungen erforderlich, bevor die Leistungen anerkannt werden können)
- F (nicht bestanden, es sind erhebliche Verbesserungen erforderlich)
Ein Vorteil des ECTS ist, dass es das in Deutschland verbreitete Problem der „Notenentwertung“ meidet[2]
Veraltete Umrechnung
Im Juli 2000 hatte die Hochschulrektorenkonferenz noch empfohlen, die ECTS-Noten durch eine feste Umrechnungstabelle zu bestimmen, jedoch kurz darauf diese Empfehlung zurückgenommen und seitdem ebenfalls die relative Notengebung unterstützt, wie auch die Kultusministerkonferenz. [3]
Einige Hochschulen verwenden jedoch noch die veraltete feste Umrechnung, beispielsweise nach einer der folgenden Skalen
- 1,0;1,3 (A); 1,7;2,0 (B); 2,3,2,7 (C); 3,0,3,3 (D); 3,7,4,0 (E); 4,3;4,7;5,0 (FX, F)
- 1,0–1,5 (A); 1,6–2,0 (B); 2,1–3,0 (C); 3,1–3,5 (D); 3,6–4,0 (E); 4,1–5,0 (F) [4]
- 1,0–1,5 (A); >1,5–2,0 (B); >2,0–2,5 (C); >2,5–3,5 (D); >3,5–4,0 (E); >4,0 (F) [5]
Modul
Ein Modul ist eine Lehreinheit bei Bachelor- und Master-Studiengängen, die fachlich sinnvoll aus ein bis mehreren Lehrveranstaltungen an einer Hochschule zusammengesetzt sein sollte. Ein Modul kann sich über ein oder zwei Semester erstrecken. In der Regel sollte es möglich sein, Modul 2 auch besuchen zu können, wenn Modul 1 nicht besucht wurde. Dies soll den Austausch mit anderen Institutionen ermöglichen.
Kritik
Das Leistungspunktesystem (ebenso wie das ECTS) macht Prüfungen/Module nicht vergleichbar, da die Punkte subjektiv vergeben werden und somit an unterschiedlichen Hochschulen für eine gleiche Leistung unterschiedlich viele Leistungspunkte vergeben werden. Selbst der Transfer zwischen Fakultäten der gleichen Hochschule ist häufig nicht oder nur unter Verlust oder Gewinn von Leistungspunkten möglich. So werden in Tübingen für ein Proseminar gleicher Anforderung im Fach Geschichtswissenschaft 12 und im Fach Politikwissenschaft 4–6 ECTS-Punkte vergeben.
Es sei nicht möglich, ein vergleichbares System zu erstellen. Dies zeigt sich auch darin, dass für gleiche Studiengänge von gleicher Dauer unterschiedliche Leistungspunkte vergeben werden. Es wird befürchtet, dass das System noch weiter divergieren wird, wie das in Australien oder den USA schon geschehen ist. In einigen Studiengängen in Deutschland ist dies schon geschehen. Mit ECTS-Punkten wird nur der Arbeitsaufwand „gemessen“, nicht aber das Niveau der jeweiligen Lehrveranstaltung.
Trotz der Leistungspunkte wird immer noch individuell geprüft, ob diese auch anerkennbar sind, somit kann man Kreditpunkte höchstens als fakultätsinternes Maß sehen, um individuelle Veranstaltungen zu gewichten.[6]
Quellen
- ↑ Europäisches System zur Übertragung und Akkumulierung von Studienleistungen (ECTS), Europäische Kommission
- ↑ Prüfungsnoten an Hochschulen 1996, 1998 und 2000 nach ausgewählten Studienbereichen und Studienfächern, Arbeitsbericht des Wissenschaftsrats, 2002
- ↑ Hochschulrektorenkonferenz: European Credit Transfer and Accumulation System (ECTS)
- ↑ Beispielsweise Universität Göttingen, [1]
- ↑ Beispielsweise Technische Fachhochschule Berlin, [2]
- ↑ Lernen im Gleichschritt – die schöne neue Hochschulwelt, NachDenkSeiten.de, 07.08.2007
Siehe auch
Bachelor, Master, Diploma Supplement, ECVET, Fakultätsentwicklung, Bologna-Prozess, Akkreditierung, Modul (Hochschule)
Weblinks
- Informationen zum European Credit Transfer System bei der EU
- ECTS Users’ Guide: European Credit Transfer and Accumulation and the Diploma Supplement Directorate-General for Education and Culture, 17 August 2004