Reflexaudion
Ein Reflexaudion ist eine Schaltungsanordnung mit einem Transistor, die nach den Begriffen, die sich in der Zeit der Elektronenröhre herausgebildet hatten, weder eine Reflexschaltung noch eine Schaltung mit der auch als Audiongleichrichtung bezeichneten Gittergleichrichtung ist. Die Wortbildung bezieht sich auf die effektive, weil zweifache Nutzung der Röhre in der Reflexschaltung und auf die dreifache Nutzung in der typischen Schaltung als Audion mit Rückkopplung, wie sie aus dem Volksempfänger und dem industriell gefertigten Einkreisempfänger bekannt war.
Die Wirkprinzipien der Reflexschaltung und der Gittergleichrichtung, die auch als Audiongleichrichtung bezeichnet wird, schließen sich insoweit aus, als es zum Wesen der Gittergleichrichtung gehört, dass an der steuernden Elektrode sowohl das niederfrequente als auch das hochfrequente Signal als Summe liegen. Um diese als Audion bezeichnete Anordnung darüber hinaus in einer Reflexschaltung zu betreiben, muss die weitere (Hoch-)Frequenz in einem anderen Frequenzbereich liegen.
- Zum Beispiel müsste das verstärkende Bauteil (Röhre) in einem Super zunächst die Empfangsfrequenz verstärken (sogenannte Vorstufe), um dann nach der Mischung und einer eventuellen ZF-Verstärkung die ZF gleichzurichten. Eine derartige Anordnung ist wegen der damit verbundenen Probleme (unerwünschte Mischprodukte) unüblich.
Dieser Widerspruch zwischen „Reflex“ und „Audion“ besteht bei allen Schaltungsanordnungen mit vorhandener oder möglicher Rückkopplung des modulierten Signals, deren Urheber eine Bezeichnung wählen, die den Wortbestandteil „Audion“ enthält, also auch bei einem „Transistoraudion in Reflexschaltung“.
Das Anliegen der verdienstvollen Autoren dürfte es gewesen sein, zur Verbreitung des damals noch neuartigen Transistors durch die Verwendung der bewährten Bezeichnung „Audion“ beizutragen. Zudem gab es für die vielen verschiedenen Varianten von Empfangsschaltungen zu allen Zeiten entsprechend viele phantasievolle Bezeichnungen.
Das Reflexaudion nach Hagen Jakubaschk
Die von Hagen Jakubaschk in einem Kinderbuch[1] vorgeschlagene Schaltung hat den Begriff für viele Bastler geprägt und bedarf deshalb der genaueren Beschreibung.
Die Einordnung einer Schaltung, deren Wirkungsweise zunächst unbekannt ist, kann ganz einfach abgeschätzt werden, indem man ein sinusförmiges, gleichanteilfreies Eingangssignal voraussetzt und den mittleren Strom durch den jeweiligen Arbeitswiderstand (z. B. Kopfhörer) betrachtet:
- Bei der Einweggleichrichtung und der Zweiweggleichrichtung mit oder ohne Ladekondensator steigt dieser Strom mit der Amplitude des Eingangssignals.
- Bei der Gleichrichtung am Sperrpunkt (Anodengleichrichtung) steigt der Anodenstrom, also der mittlere Strom durch einen in die Anodenleitung geschalteten Kopfhörer.
- Bei der Gittergleichrichtung, die auch als Audiongleichrichtung bezeichnet wird, sinkt der Anodenstrom.
- Die Kathodengleichrichtung entspricht der Einweggleichrichtung.
- Bei der hier betrachteten Schaltung kann sich der mittlere Kollektorstrom nicht ändern, weil es an der Basis keinen anderen Gleichstrompfad als den Basiswiderstand gibt.
- Vorweggenommen sei die Schaltung des „Transistoraudion in Reflexschaltung“. Hier steigt der Kollektorstrom, weil die Gleichrichtung den Arbeitspunkt verschiebt.
Bei den beiden hier betrachteten Schaltungen kann es sich also nicht um das Modell der Gittergleichrichtung handeln.
Differentielle Amplitudendemodulation
Eine genauere Betrachtung wird erleichetert, wenn der folgende Begriff ausgehend von dem bekannten Begriffssystem neu eingeführt wird:
Die Differentielle Amplitudendemodulation ist ein Verfahren zur Demodulation amplitudenmodulierter Signale, bei dem das Ausgangssignal der Differenz der aufeinander folgenden Amplitudenwerte proportional ist, also der Änderungsgeschwindigkeit des modulierenden Signals.
Das Ausgangssignal enthält keine verwertbare Information über den Wert der Amplitude des zugeführten Signals, es handelt sich deshalb nicht um eine Amplitudendemodulation.

Beschreibung der Schaltung von Hagen Jakubaschk
Ohne Eingangssignal bestimmt der Strom durch den Widerstand Rb den Basistrom und über die Stromverstärkung den Kollektorstrom. Somit ist der Arbeitspunkt gegeben.
Als Eingangssignal wird der Strom bestrachtet, der der Basis des bipolaren Transistors über den Kondendator Cb zugeführt wird.
Solange die Amplitude dieses Stroms kleiner als die Gleichkomponente des Basisstroms ist, wird das Eingangssignal weitgehend linear verstärkt. Es gibt somit keine Demodulation.
Bei höheren Signalpegeln sperrt zeitweilig die von Basis und Emitter gebildete Diode, und der den Arbeitspunkt bestimmende Strom führt während der Dauer der Unterschreitung der Schwellspannung zu einer Aufladung des Kondensators. In der übrigen Zeit wird der Kondensator über die Diodenwirkung entladen. Anschaulich kann gesagt werden, dass die Fläche konstant ist, die von dem sinusförmigen Signal und der Schwellspannung, die auch als Nulllinie interpretiert werden kann, umschlossen wird. Der über eine Periode gemittelte Wert des Kollektorstromes ändert sich nicht.
Bei noch höherem Signalpegel verringert sich der Stromflusswinkel durch die Basis-Emitter-Diode, und der Spitzenstrom steigt, weil die genannte Fläche konstant bleibt.
Interessant ist die Situation, in der sich die Amplitude verändert. Dann führt der Strom durch Rb zu einer Veränderung der Ladung an Cb. Dadurch sinkt oder steigt der pro Periode gemittelte Strom vorübergehend. Die zeitweilige Veränderung dieses Mittelwertes wird am Ausgang als NF-Signal abgegeben. Weil das NF-Signal der Änderung der Amplitude und nicht der Amplitude selbst proportional ist, handelt es sich bei der Anordnung um ein Diffrenzierglied für das NF-Signal. Dies ist der Anlass für die Einführung des Begriffes „Differentielle Amplitudendemodulation“ in Analogie zur „Differentiellen Pulscodemodulation“.
Wirkung der Rückkopplung
Das über die Rückkopplung auf den Eingangskreis zurückgeführte Signal vergrößert das steuernde Signal und führt so zu einer größeren Verstärkung und zu einer Verringerung der Dämpfung des Schwingkreises, der ja durch die Basis-Emitter-Diode niederohmig belastet wird. Dabei wird durch den Schwingkreis nur die Grundfrequenz aus dem beschnittenen Signal herausgefiltert. Die Verstärkung im Rückkopplungskreis ist aber vom Signalverlauf des modulierenden Signals abhängig. Der Rückkopplungskreis erfüllt deshalb auch nicht annähernd die Voraussetzungen an ein LTI-System, was die Voraussetzung für einen stabilen Betrieb wäre.
Informationstheoretische Sicht
Die Schaltung ist in dem Bestreben entstanden, ein Transistoraudion zu entwickeln.
Die Wirkung ist jedoch unter dem Gesichtspunkt der Informationsverarbeitung gerade umgekehrt zum Röhrenaudion: Genau der Teil der Information, der beim Röhrenaudion zu Recht vernachlässigt wird (er liegt dort unter 1% der Amplitude), ist hier größer und wird ausgewertet.
Die Wirkung einer Anordnung aus Modulator und der hier betrachteten Schaltung kann mit der einer Anordnung verglichen werden, bei der das NF-Signal vor der Modulation differenziert und das modulierte Signal normal demoduliert wird. Weil auch ein differenziertes NF-Signal genügend Information enthält, ist dieser aus theoretischer Sicht wesentliche Unterschied nicht aufgefallen und führt auch bei Fachleuten noch heute zur Verwirrung. Die Differentiation führt zu einer Abhängigkeit der Amplitude des modulierenden Signals von seiner Frequenz, die im interessierenden Bereich proportional zur Frequenz ansteigt. Dieser Effekt ist aber bei der ohnehin eingeschränkten Wiedergabequalität damaliger Kopfhörer nicht auffällig.
Anwendung
Die differentielle Amplitudendemodulation tritt auch als Dreckeffekt bei der Gittergleichrichtung auf. Sie wäre patentwürdig, wenn eine wirklich vorteilhafte Anwendung vorgeschlagen würde.

Das Transistoraudion in Reflexschaltung nach Karl-Heiz Schubert
Auch Karl-Heinz Schubert knüpfte in seiner durchaus fundierten Serie „Praktisches Radiobasteln“ [2] an den großen Erfolg der Gittergleichrichtung an. In diesem Fall handelt es sich um eine echte Reflexschaltung mit einem Demodulator in Spannungsverdopplerschaltung, aber nicht um ein Audion mit dem Wirkprinzip der Gittergleichrichtung. Uneingeschränkt zutreffend wäre die Bezeichnung „Transistorempfänger in Reflexschaltung“.
Die Addition des hochfrequenten und des niederfrequenten Signals ist dargestellt, der Transistor arbeitet weitgehend linear. Der Arbeitspunkt wird mit eingestellt und verschiebt sich mit steigendem Signal in Richtung eines höheren Kollektorstromes.
Die Zeitkonstante der Gleichrichtung hat den für Rundfunkzwecke typischen Wert in der Größenordnung von 10-4s.