Die unwürdige Greisin
In der Kalendergeschichte „Die unwürdige Greisin“ von Bertolt Brecht geht es um eine Frau, die hintereinander zwei Leben führt, wobei besonders ihr zweites, freies Leben in den Augen ihrer Kinder unwürdig ist.
Das erste Leben der Frau dauert etwa sechzig Jahre. Sie lebt unter Entbehrungen, denn sie muss sich um ihren Mann kümmern und fünf Kinder erziehen. Nach dem Tod ihres Mannes aber beginnt die Greisin, die letzten Jahre ihres Lebens zu genießen, indem sie Kinos und Gasthöfe besucht und neue Freunde findet. Dass sie ein selbstbestimmtes Leben führt und sich kaum noch an Konventionen orientiert, empört besonders einen ihrer Söhne, einen Buchdrucker, weil seine Familie sehr bescheiden leben muss und er erwartet, dass sich seine Mutter auch für ihre Enkel aufopfert. Schließlich stirbt die Greisin im Alter von 74 Jahren.
Die Erzählung kritisiert die Geschlechtsrollen und insbesondere die Rollenzuweisung an Mütter und Großmütter, von denen erwartet wird, dass sie nicht selbstbestimmt leben, sondern sich ständig aufopfern. Selbstbestimmung von älteren Frauen wird als unwürdig angesehen.
Der biographische Hintergrund der Erzählung könnte Brechts eigene Großmutter sein, die in Achern lebte.
Verfilmungen
1965 wurde der Stoff vom französischen Regisseur René Allio erfolgreich unter dem Titel Die unwürdige Greisin (Originaltitel: La vieille dame indigne) mit Sylvie und Victor Lanoux in den Hauptrollen verfilmt.
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