Yaşar Kemal
Yaşar Kemal (*1923 in Hemite in der Provinz Adana) ist der bedeutendste zeitgenössische Romancier der Türkei. Sein wohl populärstes Werk ist "Memed, mein Falke" (1955), das auch verfilmt wurde. Es ist die Geschichte eines Bauernjungen, der aus Wut über die diktatorische und ausbeuterische Herrschaft des Großgrundbesitzers Abdi Aga über fünf Dörfer in der Çukurova zum Räuber, Rebellen und Rächer seines Volkes wird. Der in über 40 Sprachen übersetzte Roman wurde zu einer Legende. In türkischen Kaffeehäusern wird er vorgelesen, wandernde Sänger erzählen ihn nach. 1987 wurde der Roman von Peter Ustinov mit geringem Erfolg verfilmt. Darsteller: Peter Ustinov (Abdi Aga), Herbert Lom, Denis Quilley, Michael Elphick und Simon Dutton (Memed). UK, 110 Min.
Yaşar Kemal, ein kritischer und aktiver Beobachter der Politik in der Türkei, der sich für die Einhaltung der Menschenrechte und für die Kurden einsetzt, wurde dreimal inhaftiert und auch gefoltert. Er erhielt zahlreiche internationale Auszeichnungen und wurde 1972 für den Nobelpreis für Literatur vorgeschlagen.
1997 erhielt Yaşar Kemal den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. In seiner Laudatio auf den Preisträger sagte Günter Grass unter anderem: "In Yaşar Kemals Büchern ist die Darstellung des Rassenwahns als Ausdruck offizieller Regierungspolitik kenntlich. Deshalb ist der Autor den Herrschenden lästig. Deshalb zerren sie ihn immer wieder vor Gericht. Deshalb musste er Gefängnis und Folter erleiden. Deshalb - und um rechtsradikalen Anschlägen zu entgehen - suchte er im Ausland einige Jahre lang Zuflucht. Doch er kehrte nach Istanbul zurück und wird dort, wo er in seiner Sprache und deren Legenden gebettet ist, weiterhin der herrschenden Regierung lästig bleiben."
Memed, mein Falke wurde zu einer Tetralogie. Die weiteren Titel sind Die Disteln brennen (1969), Das Reich der Vierzig Augen (1984) und Memed - Der Flug des Falken (1987). (Die türkischen Titel sind Ince Memed I, Ince Memed II, Ince Memed III und Ince Memed IV.) Die Übersetzungen ins Deutsche erschienen sämtlich im Unionsverlag.