Basilika St. Vitus (Ellwangen)

Die Basilika St. Vitus (ehemalige Stiftskirche St. Vitus) ist ein im Mittelpunkt von Ellwangen in Baden-Württemberg stehender, spätromanische Gewölbebau aus dem 13. Jahrhundert. Dieser das Stadtbild prägende Sakralbau dient seit der Säkularisation als katholische Pfarrkirche für die Kernstadt Ellwangen.
Geschichte
Bau der romanischen Stiftskirche
Die Basilika St. Vitus wurde ursprünglich als Stiftskirche für das Kloster Ellwangen erbaut. Nachdem das 764 gegründete Kloster auf 160 Priester angewachsen war, wurde im 12. Jahrhundert der Wunsch nach einer der Stellung des Klosters als Reichsabtei angemessenen Stiftskirche laut. Diese sollte nach dem Ordenspatron dem heiligen Vitus geweiht werden.
Von 1100 bis 1124 entstand ein hochromanischer Neubau der Stiftskirche und der Konventbauten. Brandkatastrophen im Jahre 1100 und 1182 machten jedoch Neubauten notwendig von denen jeder den vorhergehenden übertraf. Die Weihe des ersten Kirchenbaus, der wohl weiter westlich stand als der heutige, nahmen 1124 die Bischöfe Hermann von Augsburg und Ulrich I. von Konstanz vor. Der zweite Kirchenbau für die 1229 ein Abumeister namens Wunnehard bezeugt ist nahm der Naumburger Bischof Engelhard am 3. Oktober 1233 vor.
Ebenfalls bekannt sind die Namen der Äbte unter denen der Kirchenbau stattfand:
Adalbert I. (1136–1173) stammte wohl aus dem Reformkloster Ottobeuren und erneuerte das klösterliche Leben in Ellwangen, der Stauferberater Kuno I. (1188–1221) erbaute auch das Schloss ob Ellwangen als Wehrburg und stieg 1215 sogar zum Reichsfürsten auf. Liturgische Bücher wie ein lateinisches Lektionar und ein Totenbuch die ebenfalls aus dieser Zeit stammen, lassen auf geistliche Blütezeiten im Kloster Ellwangen schließen.
Niedergang des Klosters
Nach 1350 wurden auch im Klostergebiet des Klosters Ellwangen die Folgen von Pest, Missernten und Teuerungen spürbar, es erfolgte sowohl ein wirtschaftlicher als auch ein sittlicher Verfall: Die Zahl der Konventualen schrumpfte stark. Im Jahre 1443 beschädigte ein verheerender Stadtbrand auch Teile des Klosters und des Kirchenbaus. Daraufhin wurde am 14. Januar 1460 mit Einverständnis des Papst Pius II.das Kloster in ein Chorherrenstift umgewandelt.
Das Kanonikerstift
Die nun anbrechenden Zeit des „Stiftes“ war von vielfältigen Änderungen geprägt:
Das reichsunmittelbare Kanonikerstift bestand aus zwölf überwiegend adeligen Kanonikern, zehn Vikaren und einem Fürstpropst. Er wurde vom Stiftskapitel gewählt und musste sich vom Papst bestätigen lassen.
Das mittlerweile fast 250 Jahre alte Gotteshaus war in einem sehr schlechten baulichen Zustand, so dass Propst Albrecht I. von Rechberg den Miltenberger Baumeister Hans Stieglitz mit umfangreichen Renovierungs- und Neubauten betraute:
So entstand 1467 ein neuer Kreuzgang und 1473 die Liebfrauenkapelle.
Barockisierung des Innenraumes
Der mittelalterliche Innenraum wurde 1661–1662 unter Fürstpropst Johann Christoph von Freyberg-Eisenberg durch Wessobrunner Meister barockisiert. Das 18. Jahrhundert empfand diesen frühbarocken Umbau wohl als zu nüchtern und begann ab 1737 mit der Ausgestaltung der Kirche in modernen Rokokoformen.
Bis 1741 arbeiteten die aus Ludwigsburg berufenen norditalienischen Meister Donato Riccardo Retti, Carlo Carlone und Emanuelo Pighini an der Dekoration.
Nach der Säkularisation des Stifts in den Jahren 1802/03 kam die Fürstpropstei an Württemberg. Seitdem dient die mittelalterliche Abteikirche als Gotteshaus der inzwischen knapp 3350 Katholiken zählenden St. Vitus Gemeinde.
Renovierungs- und Umbaumaßnahmen im 20. Jahrhundert
1909/10 wurde die ehemalige Stiftskirche renoviert. Eine erneute, umfassende Restaurierung erfolgte von 1959–64. Im Zuge dieser Arbeiten konnte die romanische Krypta wiederhergestellt werden.
Anlässlich der 1200-Jahr-Feier Ellwangens wurde St. Vitus am 18. Januar 1964 durch Papst Paul VI. der Rang einer Basilica minor verliehen. 1983 feierten Stadt und Kirchengemeinde das 750-jährige Weihejubiläum der Kirche.
Von 1992 bis 1999 erfolgte eine umfassende Restaurierung der durch Witterungseinflüsse erheblich in Mitleidenschaft gezogenen Sandsteinaußenfassade. 2000 wurde die sich unterhalb des Westturms befindliche Michaelskapelle wiederhergestellt. Sehenswert sind besonders die durch Sieger Köder gestalteten Glasfenster.
Der Kirchenbau
Wer Ellwangen besucht, der erblickt schon von Weitem die drei romanischen Türme der Basilika St. Vitus. Zwei dieser Türme ragen auf der Ostseite 42 m hoch empor, ein weiterer schmückt als Dachreiter die Westseite der Basilika. Zusammen mit dem direkt an die Basilika angrenzenden Marktplatz, der zu Zeiten des Klosters und des Chorherrenstiftes ein Friedhof war, stellt die 73 m lange Basilika St. Vitus das Zentrum der Stadt Ellwangen dar. Der Kirchenbau ist umgeben von zahlreichen historischen Bauten. Dazu gehören die den Marktplatz halbkreisförmig begrenzenden barocken Stiftsherrenhäuser, Adelspaläste und Amtsgebäude der Fürstpropstei Ellwangen. Direkt an die Nordwestfassade der Basilika St. Vitus angeschlossen ist die – seit 1802 evangelische – Jesuitenkirche, zu der eine direkte Verbindung existiert.
Außenfassade
St. Vitus ist eine dreischiffige, kreuzförmige, spätromanische Basilika, deren weitgehend originale hochmittelalterliche Architektur außen nur durch einige gotische und barocke Ergänzungen gestört wird. Erbaut wurde die Kirche aus abwechselnd violetten und ockergrauen Sandsteinquadern, der auch hirsuische Einflüsse erkennen lässt. An das Nordschiff fügt sich spätgotische Kreuzgang mit seinen Netzgewölben und der – in den Kreuzgarten ausspringenden – Frauenkapelle an. Vor der Westfassade liegt unten als Querriegel eine – in ihrer originalen romanischen Gestalt erhaltene – Vorhalle, das „Alte Stift“. Darüber hat sich die Michaelskapelle erhalten, ein ebenfalls stilrein überkommener romanischer Raum mit reich verzierten Säulenkapitellen.
Die Südseite des Langhauses ist durch einen Schmuckfries bereichert, die Nordseite erscheint hingegen schlichter. Im 18. Jahrhundert fügte man dem alten Bestand noch die zweigeschossige Sakristei (1699) und die Wolkensteinkapelle (1701) hinzu. Diese Bauteile heben sich schon durch ihren weißen Kalkputz vom mittelalterlichen Sandsteinmauerwerk der romanischen Kirche ab. Steht man auf dem Marktplatz so fällt an der Südseite der Basilika neben der Sakristei eine frühbarocke Sonnenuhr ins Auge die 1634 neu gemalt wurde.
Die Außenfassade wird mitgeprägt durch fünf unversehrt erhaltene Rundbogenportale die den Eintritt in die Basilika St. Vitus ermöglichen: Das Hauptportal (um 1225) auf der Südseite mit seinem reich verzierten Gewände zeigt im Tympanon den erhöhten Christus mit Kreuzzepter zusammen mit Maria und Johannes. Darüber ist wohl Gottvater mit der Erdkugel zu erkennen. Die neuromanischen und mit zwei Löwenköpfen und vier Kränze haltenden Engeln verzierten Bronzetüren (1910) entwarf der Stuttgarter Bildhauer August Koch. Der zweite Eingang auf der Südseite wurde 1701 beim Bau der Wolkensteinkapelle zugemauert. Das Westportal stellt den Einlass ins „Alte Stift“ dar: Das verhältnismäßig einfach gestaltete Spitzbogenportal zeigt im Tympanon die Relieffiguren von den Stiftspatronen Vitus, Sulpizius und Servilianus. Die frühbarocken geschnitzten Eichenholztüren (um 1660) zeigen St. Vitus, einen Putto, das Stiftswappen, Grotesken, Ranken- und Früchtezierrat sowie bronzenen Löwenköpfe. Das dritte Portal ist das ebenfalls reich verzierte Portal im Innenraum, das das „Alte Stift“ vom restlichen Kirchenraum trennt. Ein weiteres-schlicht gehaltenes-Portal ermöglicht den Zutritt in die Basilika von der Nordseite her
Türme und Geläut
Die beiden 42 Meter hohen Haupttürme stehen östlich der Querschiffe neben dem Chor. Das Mauerwerk durchdringt die Wände der Kirche und die Dachflächen der – zu den Absiden weitergeführten – Seitenschiffe. Sichtbar sind drei Geschosse mit Pyramidendächern und einer verhältnismäßig reichen Gliederung aus Rundbogenfriesen, Gesimsbändern und rundbogigen Fensteröffnungen. Dahinter ist dem letzten Chorjoch die halbrunde Hauptapsis angefügt. Links und rechts flankieren schlichte Nebenabsiden die Apsis, unter deren Dachgesims ein Rundbogenfries verläuft. Ein dritter Turm sitzt in der Art eines Dachreiters über dem Westgiebel. Auch dieses Türmchen ist mit einer spitzen Dachpyramide bekrönt.
Der Zweite Weltkrieg ging auch nicht spurlos an der Stiftskirche vorbei: In der Nacht des 22./23. April 1945 während der amerikanischen Belagerung schlugen Granaten in das nördliche Hauptdach und den Nordturm ein und beschädigten diese. Zum Gedenken daran wurde im Nordturm 1948 ein Gedenkstein eingesetzt der bis heute sichtbar ist. Auf der Außenseite trägt dieser den Schriftzug „Salve Spes“ („Sei gegrüßt Hoffnung“), die Innenseite trägt neben einer Beschreibung der Ereignisse und der Jahreszahlen die Inschrift „Gott ist in seiner Stadt, darum wird sie fest bleiben“ und spielt damit auf das Unwetter an, das gegen Ende des Zweiten Weltkrieges eine Bombardierung Ellwangens durch die Alliierten verhinderte.
Das Geläute in der Tonfolge a° - h° - d' - e' - g' - a' - h' - d" gehört zu den schönsten der Diozese. Drei der insgesamt acht Glocken wurden 1545 durch Meister Hans Rosenhart aus Nürnberg gegossen: die Susanna (im Nordturm), die Pieta (ebenfalls Nordturm) und das Weihnachtsglöcklein (im Westreiter). Da weitere drei historische Glocken 1942 dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer gefallen sind, wurden 1956 durch Alfons Bachert in Heilbronn fünf weitere neu gegossen: Die größte mit 5000 kg im Südturm hängende Phillip Jeningen Glocke zu Ehren des in der Liebfrauenkapelle begrabenen Jesuitenpaters, die 3500 kg schwere Canisius Glocke (ebenfalls Südturm), und die kleinere Josefsglocke sowie die Domitilla-bzw. Vitusglocke die im Westreiter hängen.
Innenraum

Im Inneren ist der hochmittelalterliche Ursprung trotz der reichen Rokokoformen noch zu erkennen. Besonders die wulstigen Gewölberippen des Mittelschiffs sind noch gut zu sehen. Die Gewölbe und Wandflächen werden von der reichen, teilweise vollplastischen Stuckdekoration der norditalienischen und tessiner Meister überzogen. Die Kanzel (1737/34) stammt von Donato Riccardo Retti. Vor dem Hochaltar in der Hauptapsis, der von dem Biberacher Hans Dürner 1613 geschaffen wurde,und später durch weitere Altarteile ergänzt wurde, ist seit 1952 der Hauptaltar aus Juramarmor aufgebaut.In dessen Sockel der frühere Stadtpfarrer Otto Häfner die Vitus-Reliquie einsetzten. Über dem Altar schwebt ein modernes Hängekreuz von Rudolf Müller-Erb und Fritz Möhler.
Der vom Ellwanger Bildhauer Viktor Geiselhart ostseitig zusammengestellte Hochaltar trägt heute das Tabernakel. Zwischen den ganz in weiß und golden gehaltenen Statuen Joachims und Annas – den Eltern Marias – sieht man im barocken Assumptabild von 1753 Maria, wie sie von Engeln in den Himmel hinaufgetragen wird und von Gottesboten erwartet wird (gemalt vom Ellwanger Hofmaler Johann Edmund Wiedemann).
Sobald man die Basilika St. Vitus betritt, stechen die um 1740 vom tessiner Bildhauer Diego Francesco Carlone (1647–1750) gefertigten übermannsgroßen Figuren hervor. Sie zeigen die Apostel, die Evangelisten und – gegenüber der Kanzel – Christus als Salvator. Die Figuren sind leicht an ihren Attributen zu erkennen; die Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes stehen an den Pfeilern vor dem Hochaltar.
An den Stirnseiten der Querschiffe fallen zwei große, manieristische Altaraufbauten ins Auge. Der Barbara- und Benediktsaltar entstand, wie der Johannes- und Michaelsaltar, im nördlichen Querschiff um 1612. Im südlichen Querschiff sind heute die Pröbstetafeln (Porträts) angebracht, die früher neben den Eingängen zur Krypta hingen. Weiterhin steht im südlichen Querschiff ein kunstvoll gearbeiteter goldener Schrein, in dem die Reliquien der beiden Klostergründer Hariolf und Erlof aufbewahrt werden. Im nördlichen Querschiff fällt besonders eine spätgotische Bronzetafel mit der Pietà ins Auge, die an die Fürstpröpste Johann von Hirnheim und Albrecht I. von Rechberg erinnert. Die qualitätvolle Arbeit wird meist Peter Fischer d. A. zugeschrieben. Außerdem wurde bei Renovierungsarbeiten in den 1960er Jahren eine Wandmalerei im nördlichen Querschiff freigelegt, die die 16. Stiftsheiligen zeigt.
Die dreischiffige Krypta unter der Vierung wurde um 1200 begonnen. Der dreischiffige Raum öffnet sich in je drei Arkaden zu den Querhäusern. Die Kreuzgratgewölbe werden von Rundsäulen gestützt, deren Kapitelle mit Pflanzen- und Tiermotiven geschmückt sind. Der neuromanische Altaraufsatz (um 1880) enthält Reliquien der 16 Stiftsheiligen und erinnert an den geplanten neuromanischen Rückbau des Innenraums, zu dem der damalige Pfarrer Dr. Franz Joseph Schwarz bereits die Entwürfe angefertigt hatte. Erst im Zuge von ausgedehnten Grabungen in Chor und Krypta in den Jahren 1959–1961 wurde die Krypta in ihrer heutigen Form rekonstruiert.
Die Walcker Orgel
Die Basilika besaß wahrscheinlich schon im Spätmittelalter eine Orgel, in alten Chroniken wird zumindest davon berichtet. In das Barockgehäuse das 1776 von Johann Anton Ehrlich gefertigt wurde, baute Werner Walcker-Mayer 1964 im Zuge der Renovierungsarbeiten in der Basilika eine neue Orgel mit drei Manualen, Pedal und 44 Registern ein. 1994 wurde die Orgel dann durch Eduard Wiedenmann restauriert und erweitert, sodass die "Walcker Orgel" heute 45 Stimmen umfasst. Als Besonderheiten wurden Röhrenglocken, ein Cornett, das Vox coelestis und das Krummhorn eingebaut. Die Disposition der Orgel:
Hauptwerk L Man.: Rohrflöte 16';Principal 8';Gernshom 8';Octave 4';Koppelflöte 4';Quinte 2 2/3';Superoktave 2';Cornett 3f 2 2/3';Mixtur 5-6f 2';Trompete 16';Trompete 8';Tremulant;III/;III/I
Schwellwerk IL Man.: Weitprinzipal 8';Holzflöte 8';Harfpfeife 8';Vox coelestis 8';Holzprinzipal 4';Blockflöte 2';Mixtur 4f l';Fagott 16';Trompette hann 8';Vox humana 8';Schalmey 4';Tremulant; III/II
Kronwerk III Man.: Gedeckt 8';Rohrquintade 8';Prinzipal 4';Gemsrohr ged. 4';Quintflöte 2 2/3';Octave 2';Terz l 3/5';Quinte l 1/3';Sifflöte 1';Scharfzimb.4f 2/3';Dulcian 16';Krummhorn 8';Tremulant; Röhrenglocken
Pedalwerk: Prinzipalbaas 16';Subbass 16';Oktavbass 8';Rohrpfeife 8';Waldflöte 4';Choralbass 4';Hintersatz 4f 22/3';Kontrafagott 32'; Posaune 16';Bombarde 8'
Die Kirchenmusik der Basilika St.Vitus ist auch überregional hoch geschätzt: Zahlreiche Chöre sorgen für eine hohe Qualität der Kirchenmusik: So umrahmen in der Stiftskirche beispielsweise der Stiftschor, die Männerschola, die Jugendkantorei oder die Chorschule die Gottesdienste. Kirchenmusikdirektor Prof. Willibald Bezler sorgte fast 40 Jahre lang mit zahlreichen Konzerten für eine lebendige Kirchenmusik und wurde im Juli 2007 in den Ruhestand verabschiedet. Sein Nachfolger ist nun seit August 2007 der A-Musiker und Regionalkantor Thomas Petersen, der in Freiburg und Amsterdam Kirchenmusik studierte.
Das Alte Stift

Das „Alte Stift“, wie die romanische Vorhalle im Westen auch genannt wird, entstand an Stelle eines ursprünglich geplanten Westchores ab etwa 1230. Die dreijochige und zweischiffige Halle zeigt schon zaghafte frühgotische Spitzbogenformen und wurde in spätgotischer Zeit um drei Joche verbreitert. Damals schloss man den – ursprünglich nach außen offenen – als Eingangshalle geplanten Raum und schuf als Zugang das schlichte Westportal. Die wuchtigen Architekturformen verweisen auf Vorbilder in Burgund oder dem Elsass. Die abschließenden seitlichen Joche entstanden erst im frühen 17. Jahrhundert in gotisierenden Formen. Im Alten Stift finden sich heute zahlreiche Altäre: Der dritte Fürstpropst Johann Christoph von Westerstetten (1603–1613) ließ den nordwärts aufgestellten Kreuzaltar um 1610 errichten, der aus Sandstein gearbeitet den Ottobeurer Bildhauern Hans und Matthäus Schamm zugeschrieben wird. Weiterhin sind im Alten Stift der Sebastiansaltar zu sehen, der aus Bronze und Stein 1910 von August Koch entworfene Karfreitagsaltar, ein weiterer steinerner Altarschrein und ein Ölberg, der wohl von Hans Stieglitz gefertigt wurde. Sehenswert sind ebenso die nazarenischen Buntglasfenster (um 1871), die Motive aus dem freudenreichen, schmerzhaften und glorreichen Rosenkranz darstellen. Zahlreiche kunstvoll gestaltete Grabmäler von Äbten wie z. B. Abt Kuno II., Fürstpröpsten oder dem Gedenkstein für den Ritter Ulrich von Ahelfingen († 1339) finden sich ebenso im Alten Stift. Eine Besonderheit ist außerdem die ökumenische Pforte, welche im Jahre 1997 feierlich eröffnet wurde. Sie bietet einen Durchgang zur Evangelischen Stadtkirche und ist somit ein Zeichen der Ökumene. Betritt man die Basilika durch das Alte Stift, so sieht man über dem inneren Westportal die mahnende Inschrift:
VOS IGITUR PER QUOS REGITUR DOMUS ISTA NOTETIS NE PEREAT. SI NON HABEAT SUA IURA LUETIS
(Ihr, durch die dieses Gebäude verwaltet wird, achtet darauf dass es nicht zugrunde geht. Wenn ihr nicht auf sein Recht bedacht seid, müsst ihr es büßen).
Die Michaelskapelle
Ein weiteres Kleinod in der Basilika St. Vitus ist die romanische Michaelskapelle die sich über dem „Alten Stift“ -also quasi hinter der Orgel- der Basilika befindet. Ursprünglich war diese kleine Kapelle der Gebetsort der Äbte, erst vor wenigen Jahren wurde sie vom Künstlerpfarrer Sieger Köder ausgestaltet und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Der von Köder gefertigte Altar zeigt unter der Mensa das Handreliquiar des Hl. Vitus und die Stiftsheiligen. An der Rückseite des Altars wurde im Kreis der Heiligen ein Platz für den guten Pater Phillip freigehalten, dessen Heiligsprechung viele Ellwanger sehnsüchtig erwarten. In einer Vertiefung des Altars sind außer den Reliquien des Heiligen Vitus noch Reliquien von Sulpitius und Servilianus enthalten.
Ebenfalls durch Sieger Köder wurden die beiden Glasfenster gestaltet die- nach Westen und Süden zeigend- der Michaelskapelle Licht spenden. Das nach Westen zeigende „Abendfenster“ kommt besonders gut bei untergehender Sonne in den Abendstunden zur Geltung. Es zeigt den Abendstern und die Abendröte, im Vordergrund ist eine Betende Person zu sehen die sich über eine aufgeschlagene Seite aus dem Neuen Testament beugt. Es handelt sich dabei um die Offenbarung des Johannes, der Betrachter kann noch die Stelle „Ich bin das Alpha und das…“ lesen. Das nach Süden gerichtete Michaelsfenster ist weniger farbig gestaltet, sondern in weiß und schwarz gehalten. Zu erkennen sind Flügel die an den Engel Michael erinnern sollen und ein Buch.
Die Michaelskapelle ist quasi ein blick in die Vergangenheit der Stiftskirche: Sie ist noch in ihrem ursprünglichen romanischen Baustil erhalten und gibt einen Eindruck davon wie die gesamte Basilika vor ihrer Barockisierung wohl ausgesehen hat. Fehlend ist einzig das Kreuzgratgewölbe, das durch eine Decke aus Eichendielen ersetzt wurde. Darauf wurden von Sieger Köder auf einfachem weiß goldenem Grund drei Hände gemalt aus der eine Frau und ein Mann hervorsehen. Dieses Deckengemälde symbolisiert die Dreifaltigkeit Gottes durch die wir Menschen geschützt werden.
Die Liebfrauenkapelle und der Kreuzgang

Der spätgotische Kreuzgang ist im Norden an das romanische Langhauses angefügt. Vier netzgewölbte Flügel umschließen den Kreuzgarten. Der Westflügel öffnet sich zur Liebfrauenkapelle (1473) mit dem viel besuchten Grab des Jesuitenpaters Philipp Jeningen (1642–1704). Die Grabstätte des im Volk überaus beliebten Jesuitenpaters, der in und um Ellwangen wirkte, wurde 1953 hierher verlegt und wird heute gern von vielen Gläubigen von nah und fern bittend und dankend aufgesucht. Ebenso finden alljährlich Wallfahrten zum Grab des „guten Pater Phillip“ statt, die von der Aktion Spurensuche organisiert werden. Von Wilhelm Geyer wurden 1949/1950 die Buntglasfenster der Liebfrauenkapelle gearbeitet, die das Marienleben dokumentieren.
Im Nordwesten stößt die Stiftskirche an die barocke Jesuitenkirche (1724), die heute als evangelische Stadtkirche dient und durch eine Verbindungstür mit der westlichen Vorhalle der Stiftskirche verbunden ist. Das anschließende Jesuitenkolleg entstand von 1720 bis 1723.
Pfarrer
Bis 1818 waren vorwiegend die Vikare des Chorherrenstiftes für die Seelsorge zuständig. Die meisten seit der Säkularisation in der Basilika St. Vitus wirkenden Pfarrer waren auch Dekane des Dekanats Ellwangen, Kammerer oder Bischöfliche Kommissare und Stadtpfarrer:
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775. Weihejahr 2008
Am 3. Oktober 2008 jährt sich die Weihe der Basilika St. Vitus zum 775. Mal. Kirchenmusikalische und kulturelle Veranstaltungen begleiten diese Feierlichkeiten über das gesamte Jahr. Ihren Höhepunkt erreichen sie im Besuch des Kardinals Walter Kasper am Ostermontag und des Bischofs der Diözese Rottenburg-Stuttgart am 3. Oktober 2008.
Bilder
- Ansichten der Basilika St. Vitus Ellwangen
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Blick über die Stadt auf die Basilika St. Vitus
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Basilika St. Vitus von Süden aus dem Turm der Marienkirche gesehen
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Glasfenster im Alten Stift
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Blick vom Dach der Basilika St. Vitus auf die direkt angeschlossene Evangelische Stadtkirche Ellwangen
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Karfreitagstabernakel im Alten Stift
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Nordseite der Basilika
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Ellwanger Marktplatz vor der Basilika
Literatur
- Otto Beck: Die Stiftsbasilika St. Vitus in Ellwangen – Führer durch ein sehenswertes Gotteshaus. Lindenberg, 2003. ISBN 3-89870-005-4
- Bruno Bushart: Stiftskirche Ellwangen. München, 1953
- Bruno Bushart: Die Basilika zum heiligen Vitus in Ellwangen. Ellwangen, 1988