Schalenstein




Als Schalensteine, auch Näpfchen- oder Schälchensteine, werden in der Regel unverlagerte und ansonsten unbearbeitete Steine genannt, in die Menschen runde oder ovale 2 - 8 cm tiefe Vertiefungen von zumeist 4 - 6 cm Durchmesser eingearbeitet haben. Einzelne Steine weisen zusätzlich Wetzspuren auf. Auf französisch werden sie als Pierres à écuelles bezeichnet. In Schweden heißen sie Elfenmühlen (Älvkvarnar), in Dänemark werden sie Skåltegn (Schalenzeichen) und im Volksmund Æbleskivestene genannt. Vom deutschen Volksmund werden sie Blut-, Druiden- Feen-, Opfer-, Teufels- oder Hexensteine genannt. Versuche zeigen, daß mit spitzen Felsstücken in den Fels geschlagene Ausbuchtungen in kurzer Zeit zu glatten Schalen ausgerieben werden können[1]. Schalensteine sind in ganz Europa und außerhalb davon zu finden.
Abgrenzung
Steine mit meist größeren natürlich entstandenen Vertiefungen (Kolke) oder Gletschermühlen, wie sie im Gebirgsraum öfter vorkommen, gehören nicht in diese Gruppe, obwohl die Bezeichnung identisch ist (Schalenstein bei Eisgarn, Schonacher Schalensteinweg). Bei den Reihen auf dem abgebildeten Stein von Maria Waldrast handelt es sich nicht um Schalen, sondern um moderne Vertiefungen zur Vorbereitung der Sprengung des Steines.
Zeitstellung
Die Schälchen selbst sind nur schwer datierbar, aber durch verschiedene Fundzusammenhänge ist ihre Entstehung in der Bronzezeit wohl sicher nachzuweisen. Der vermutlich mit diesen Schalen verbundene Kult verlor mit dem Beginn der Eisenzeit an Bedeutung. Die ältesten Schweizer Schalensteine werden wohl zu Unrecht der Mittelsteinzeit (8.000 bis 4.500 v. Chr.) und nur bedingt der Jungsteinzeit (4.500 bis 1.500 v. Chr.) zugeschrieben. Die Schalensteine gehören nur in Ausnahmefällen in den originären Bereich der Megalithkultur, auch wenn sie auf den Decksteinen von Megalithanlagen (Bunsoh, Sømarke) vorkommen. Ein Drittel aller mecklenburgischen Megalithanlagen haben (mindestens) einen Deckstein, der mit Schalen versehen ist. Die Anlagen Mankmoos (167), Qualitz (122) und Serrahn (107) haben mit Abstand die meisten. Wenn Schalen im Inneren der Megalithanlagen vorkommen, was selten der Fall ist, stammen sie wohl von bronzezeitlichen Nachnutzungen.
Ob dagegen der etwa 50.000 Jahre alte Stein von La Ferrassie, der einen Kinderschädel des Neandertalers bedeckte und an der Unterseite vier Schalen trug, der Urvater der Schalensteine ist, kann nicht gesagt werden. Der Ursprung von einem einzelnen Vorbild ist jedoch sehr unwahrscheinlich.
Deutung
Häufige Deutungsversuche:
- Fruchtbarkeitssymbole
- Kalender, astronomische Zeichen
- Lichtbrennstoffbehälter
- Mörser zum Zerstoßen von Mahlgut
- Spuren von Feuerbohrstellen
- Sternbilddarstellungen
- Wegweiser, Wegzeichen
Am häufigsten findet sich in der Fachliteratur jedoch eine Deutung als Opfergefäße.
Der schweizerische Geologe W. A. Mohler war Zeuge, wie in einem verfallenen Hindutempel Opferwasser in derartige Schalen gegossen wurde, in die Blüten und Blätter gestreut waren. Nach anderen Berichten waren Schalensteine Naturaltäre, auf denen verschiedenen Gottheiten (die angeblich mit Fruchtbarkeitskulten in Verbindung standen) Nahrungsmittel, Blumen oder Räucherpflanzen dargeboten wurden. Gut dokumentiert sind die Südtiroler Schalensteine in der Gegend von Meran und um Latsch im Vintschgau.
Ihre Hohlform ist jedoch vorzeitlich, etwa zum Zwecke der Aufnahme von Flüssigkeiten. Durch die parallele Existenz horizontaler und vertikaler Schalen an manchen Steinen gilt dies inzwischen als unwahrscheinlich. Das Trilithentor am Südtempel der Mnajdra auf Malta ist mit einer Grübchenverzierung völlig bedeckt. Sie legen die Vermutung nahe, dass es bei diesen Exemplaren also vermutlich nicht um die Aufnahme von Substanzen ging. Auch das Erzeugen von Steinmehl, als Aphrodisiakum oder für andere Zwecke, war wohl nicht der Zweck der vorzeitlichen Bohrungen. Es gab unter Umständen auch Felsen mit Hierogrammen, die vermutlich mit (roter oder weißer) Farbe ausgelegt waren, um einen sakralen Ort zu kennzeichnen. Einer der größten ist der von St. Luc im Val d`Annivers, im Wallis, in der Schweiz mit über 300 Schalen.

Felsen an exponierten Lagen mit herrlichem Panoramablick können als Kalender zur exakten Einteilung der Jahreszeiten verwendet werden. Nach erfolgter Positionsmessung der Sonne mit Hilfe eines Schatten werfenden Stabes können Sonnwenden über die am Felsen angebrachten Schalen errechnet und vorhergesagt werden[2].
Gelegentlich sind Schalensteine mit Rutschsteinen vergesellschaftet (Beispiele in Südtirol), für die ein Zusammenhang mit Fruchtbarkeitsritualen tradiert wird.
Standorte einiger Schalensteine
- Schalenstein als Deckstein der Sømarkedyssen Megalithanlage bei Magleby auf Møn, Dänemark (unbenannte Parameter 1:54_59_28_N_12_30_3.3_E_type:landmark_region:DK_dim:10, 2:54° 59′ 28″ N, 12° 30′ 3″ O )
- Schalenstein von Bunsoh im Kreis Dithmarschen, Deutschland (unbenannte Parameter 1:54_9_54.2_N_9_18_25.6_E_type:landmark_region:DE-SH_dim:20, 2:54° 9′ 54″ N, 9° 18′ 26″ O )
- Schalenstein bei Restrup im Landkreis Osnabrück, Deutschland (unbenannte Parameter 1:52_34_28.6_N_7_46_29.7_E_type:landmark_region:DE-NI, 2:52° 34′ 29″ N, 7° 46′ 30″ O )
- Schalenstein bei Wiershausen im Landkreis Göttingen, Deutschland (unbenannte Parameter 1:51_25_59.50_N_09_42_44_E_type:landmark_region:DE-NI, 2:51° 25' 59,50" N, 09° 42' 44" O , am Waldrand unter einer Eiche)
- Heiliger Stein in Niederösterreich, Österreich
- Schalenstein bei Grenchen im Kanton Solothurn, Schweiz (unbenannte Parameter 1:47_10_57.73_N_07_23_6.16_E_type:landmark_region:CH-SO, 2:47° 10' 57,73" N, 07° 23' 6,16" O )
- Schalenstein in St. Peter am Bichl in Kärnten, Österreich (unbenannte Parameter 1:46_41_51.8_N_14_16_8.5_E_type:landmark_region:AT-2_dim:20, 2:46° 41′ 52″ N, 14° 16′ 9″ O )
- Schalensteine am Sonnenberg im Vinschgau, Italien (unbenannte Parameter 1:46_37_38.92_N_10_52_45.62_E_type:landmark_region:IT, 2:46° 37' 38,92" N, 10° 52' 45,62" O )
Siehe auch
Referenzen
- ↑ Franz Neururer, Jahreszeitenberechnung mit Schalensteinen, 2008, S. 5 ff Link
- ↑ Franz Neururer, Jahreszeitenberechnung mit Schalensteinen, 2008, S. 7 ff Link