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Nordzypern

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Nordzypern bezeichnet den Nordteil der im Mittelmeer gelegenen Insel Zypern. Seit 1974 wird der Begriff verwendet, um den nördlich der UNFICYP-Pufferzone gelegenen Teil Zyperns zu beschreiben.

Vor 1974

Im Jahr 1960 erlangte die Insel Zypern, die zuvor eine britische Kronkolonie war, die Unabhängigkeit. Dieser neugegründete Staat erhielt den Namen Republik Zypern.

Zu diesem Zeitpunkt stellten die türkischsprachigen Zyprer circa ein Fünftel und die griechischsprachigen Zyprer circa vier Fünftel der Bevölkerung der Insel. In den nördlichen Teilen des Staates war die Bevölkerung überwiegend türkischsprachig, in den südlichen Teilen überwiegend griechischsprachig.

Um trotz der Sprachunterschiede ein Zusammenleben der verschiedenen Bevölkerungsgruppen in einem Staat zu gewährleisten, schlossen die Republik Zypern, das Vereinigte Königreich, die Türkei und Griechenland einen Garantievertrag ab, in dem sie versicherten, die Unabhängigkeit, die territoriale Intergrität und die Unteilbarkeit der Republik Zypern zu verteidigen.

1963, bereits drei Jahre nach der Unabhängigkeit Zyperns kam es zu einer ersten großen Welle von Übergriffen zwischen den griechisch- und türkischsprachigen Zyprern. Obwohl die Vereinten Nationen bereits 1964 die UNFICYP-Friedensmission nach Zypern entsandte, dauerten die gegenseitigen Übergriffe bis Ende 1967 an.

Putsch und türkische Invasion 1974

UNFICYP-Pufferzone, Nord- und Südzypern
UNFICYP-Pufferzone, Nord- und Südzypern

Am 15. Juli 1974 putschten griechischsprachige Militärs erfolgreich gegen die Regierung und erklärten den Präsidenten der Republik Zypern, Makarios, für abgesetzt. Nachdem die anderen Garantiemächte ein Eingreifen abgelehnt hatten, begann am 20. Juli 1974 - unter Berufung auf den Garantievertrag - eine türkische Invasion auf Zypern. Bis gut einen Monat später ein Waffenstillstand zwischen der Türkei und der Republik Zypern geschlossen wurde, hatte die Türkei circa 36 Prozent der Insel Zypern besetzt. Entgegen der Bestimmungen des Garantievertrages wurde die Insel de facto in einen türkisch kontrollierte Nordteil und einen von der Republik Zypern kontrollierten Südteil geteilt.

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verurteilte die türkische Invasion. Um ein Wiederaufflammen der Kämpfe zu verhindern, richteten die Blauhelmsoldaten der UNFICYP eine Pufferzone zwischen dem türkisch besetzten Nordteil und dem unter der Kontrolle der Republik Zypern verbliebenen Südteil der Insel ein. Seither bezeichnet der Begriff Nordzypern den nördlich dieser Pufferzone gelegenen Teil Zyperns.

Politische Strukturen

Hauptartikel: Türkische Republik Nordzypern

In Nordzypern wurde 1975 der Türkische Bundesstaat von Zypern proklamiert. Der VN-Sicherheitsrat erklärte die Proklamation für nichtig. Der Türkische Teilstaat von Zypern war international nicht anerkannt, es handelte sich um ein stabilisiertes De-facto-Regime. Die Republik Zypern betrachtete Nordzypern damals wie heute als Teil ihres Staatsgebietes.

Im Jahr 1983 erklärte sich der vormalige Türkische Bundesstaat von Zypern unter dem Namen Türkische Republik Nordzypern für unabhängig. Der VN-Sicherheitsrat stellt die Nichtigkeit der Unabhängigkeitserklärung fest und bekräftigte, dass Nordzypern noch immer Teil der Republik Zypern sei. Der VN-Sicherheitsrat forderte die Türkei erneut auf, ihre Streitkräfte aus Nordzypern abzuziehen. Die Türkische Republik Zypern ist international nicht anerkannt. Es handelt sich hierbei ebenfalls um ein stabilisiertes De-Facto-Regime.

Bevölkerungsstruktur

Als Folge der jahrelang andauernden Übergriffe und der türkischen Invasion war es zu Fluchtbewegungen zwischen dem Süd- und Nordteil der Insel Zypern gekommen gekommen, an deren Ende Nordzypern beinahe ausschließlich von türkischsprachigen Zyprern bewohnt wurde.

Seit 1975 wurde von der Türkei und dem Türkischen Bundesstaat von Zypern bzw. der Türkischen Republik Nordzypern die Ansiedlung von über 100.000 Festlandtürken in Nordzypern gefördert. Dies bewirkte eine Änderung der Bevölkerungsstruktur sowohl in Nordzypern als auch auf der gesamten Insel Zypern: Der Anteil der Bevölkerung Nordzyperns an dem der gesamten Insel Zypern stieg auf gut ein Drittel. In Nordzypern (Bevölkerung nach einer Volkszählung von 2006: 264.000) sind fast die Hälfte der Einwohner nicht auf Zypern geboren worden.

Die Türkische Republik Nordzypern verleiht den aus der Türkei übergesiedelten Festlandtürken auf Antrag ihre Staatsbürgerschaft. Seit 2004 wurden insgesamt 60 Menschen die Staatsbürgerschaft verlieren, darunter 2 italienischen Abgeordneten.

EU-Beitritt der Republik Zypern

Die Republik Zypern trat am 1. Mai 2004 der Europäischen Union bei. Da auch die EU Nordzypern als integralen Bestandteil der Republik Zypern ansieht, ergab sich dadurch die paradoxe Situation, dass mit der Republik Zypern ein Staat beitrat, der nicht die Herrschaft über sein ganzes Staatsgebiet ausübt. Die Besetzung Nordzyperns durch türkische Truppen stellt nach Ansicht der EU eine Grenzverletzung gemeinschaftlichen Territoriums dar. Aufgrund des bestehenden Status quo und der sich durch die Grenzverletzung eigentlich ergebenden Konsequenzen bezeichnet die EU Nordzypern als besonderes EU-Gebiet, auf welchem EU-Recht zur Zeit nicht durchgesetzt werden kann.

Da die Türkei als Folge des Zypernkonfliktes, in dem die Regierung in Ankara als Schutzmacht der türkischsprachigen Zyprer auftrat, die Republik Zypern nicht anerkennt, wurde Nordzypern zu einem entscheidenden Stolperstein bei den Verhandlungen über den EU-Beitritt der Türkei: Die Türkei lehnt eine Ausweitung der mit der EU geschlossenen Zollunion auf das EU-Mitglied Zypern ab und öffnet ihre Häfen und Flughäfen nicht für das Anlaufen von zyprischen Schiffen und Flugzeugen.

Siehe auch