Eisenbahnneubaustrecken in Deutschland seit 1949
Seit 1978 entstanden in Deutschland mehrere umfangreiche Streckenneubauten zur Entlastung und Kapazitätssteigerung des Eisenbahnnetzes. Durch die Trassierung für hohe Streckengeschwindigkeiten wurde als Nebeneffekt erstmals ein Hochgeschwindigkeitsverkehr möglich.
Schnellfahrstrecken
Die 327 Kilometer lange Neubaustrecke wurde seit den 1970er Jahren geplant, ab 1973 gebaut und ging pünktlich zum ICE-Start im Juni 1991 in Betrieb. Zum Bau der 327 Kilometer langen Trasse, die durch 63 Tunnel und über 34 Brücken führt, wurden rund 40 Mio. DM pro km aufgewendet. Die Streckenhöchstgeschwindigkeit beträgt 280 km/h, gefahren werden jedoch nur 250 km/h. Planmäßig werden die Bahnhöfe Göttingen, Kassel-Wilhelmshöhe (neu errichtet als Teil der Neubaustrecke) und Fulda angefahren. Die Trasse gilt heute als das Rückgrat des Nord-Süd-Bahnverkehrs in Deutschland. In der Nacht wird die Strecke von Güterzügen genutzt.
Auf dem für die Rekordfahrt speziell hergerichteten südlichen Abschnitt Würzburg-Fulda stellte der Versuchszug ICE-V am 1. Mai 1988 mit einer Geschwindigkeit von 406,9 km/h einen neuen Weltrekord für Schienenfahrzeuge auf, wurde jedoch zwei Jahre später vom französischen TGV (515,3 km/h) von dieser Spitzenposition verdrängt.
Auch auf dieser Strecke gilt die Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h. Die zum ICE-Start im Juni 1991 eröffnete Strecke umfasst zwölf Tunnel und sechs Talbrücken und wird neben dem ICE auch von InterCity-Zügen und teilweise vom Regionalverkehr genutzt. In der Nacht verkehren Güterzüge.
Die hochbelastete Rheintalstrecke Richtung Schweiz wird seit einigen Jahren z.T. viergleisig aus- und neugebaut, z.T. in eine Ausbaustrecke und eine Güterzug-Neubaustrecke aufgetrennt. Der Abschnitt zwischen Rastatt und Offenburg wurde im Dezember 2004 eröffnet, der Rest soll 2012 in Betrieb gehen; das größte Einzelbauwerk der Strecke, der Katzenbergtunnel, soll ab 2005 aufgefahren werden. Streckenhöchstgeschwindigkeit ist auf den neu gebauten Gleisen abschnittsweise 250 km/h.
Um nach der Wiedervereinigung die alten Bundesländer besser mit Berlin zu verbinden, wurde diese Strecke gebaut. Von Hannover nach Wolfsburg wurde die Altstrecke für Geschwindigkeiten bis 200 km/h ausgebaut, von Wolfsburg nach Berlin kann bis zu 250 km/h schnell gefahren werden. Wegen des flachen Profils konnte auf den Bau von Tunneln und Brücken nahezu vollständig verzichtet werden. Auf der Neubaustrecke wurde zum ersten Mal größtenteils die Feste Fahrbahn statt Schotter eingebaut (auf etwa 91 km der 163 km). Die Strecke wurde im September 1998 eröffnet.
Diese Neubaustrecke wurde durch die Überlastung der linken und rechten Rheinstrecke notwendig. Seit ihrer Eröffnung 2002 verbindet die 177 Kilometer lange Strecke die Metropolen Köln und Frankfurt bei einer Reisezeit von rund einer Stunde miteinander. Unterwegs werden die Bahnhöfe Köln-Deutz und Frankfurt-Flughafen von jedem Zug, die Bahnhöfe Siegburg/Bonn, Montabaur und Limburg Süd wechselweise angefahren. Die in weiten Teilen neben der Autobahn 3 verlaufende Strecke umfasst 18 Brücken und 26 Tunnel.
Auf der ganzen Trasse ist die feste Fahrbahn verlegt, die größere Kurvenüberhöhungen zulässt und nahezu wartungsfrei ist. Zum ersten Mal wird auf dieser Strecke in Deutschland planmäßig eine Geschwindigkeit von 300 km/h erreicht. Wegen der großen Steigungen von bis zu 40 Promille kann die Strecke ausschließlich vom sehr stark motorisierten ICE 3 befahren werden.
Auf Grund der zunehmenden Beliebtheit der Strecke konnte seit Eröffnung der Strecke der Flugverkehr zwischen Köln und Frankfurt erheblich reduziert werden.
siehe auch: Schnellfahrstrecke Köln-Rhein/Main
Nürnberg-Ingolstadt-München (im Bau)
Die Neubaustrecke Nürnberg-Ingolstadt und die Ausbaustrecke Ingolstadt-München (insgesamt 171 km) sind beide Teil des Verkehrsprojekts Deutsche Einheit und stellen die Verlängerung der Verbindung Berlin-Erfurt-Nürnberg bis nach München dar. Die Strecke wurde 1998 begonnen, und soll zum Fahrplanwechsel Ende 2006 ans Netz gehen, was in jüngster Zeit als immer unsicherer gilt (Financial Times Deutschland vom 27.8.2004). Die Fahrzeit zwischen Nürnberg und München soll von ca. 102 um 38 Minuten auf 64 Minuten sinken. Auf der NBS zwischen Nürnberg und Ingolstadt, die zum größten Teil entlang der Autobahn 9 verläuft, sollen dann Geschwindigkeiten von bis zu 300 km/h möglich sein, auf der ABS bis München bis zu 200 km/h. Die Baukosten für die gesamte Strecke betragen ca. 3,6 Mrd. Euro.
S-Bahn-Neubaustrecken
S-Bahn-Neubaustrecken wurden gebaut in:
- Dortmund: S1 vom Hauptbahnhof über die Universität bis Bochum (1984)
- Frankfurt am Main: Tunnelstrecke
- Hamburg: Tunnelstrecken in Hamburg und Harburg
- Köln: Schleife mit Tunnelstrecke Köln-Chorweiler
- München: Tunnelstrecke, S1 (ab Neufahrn) und S 8 (ab Ismaning) zum Flughafen
- Stuttgart: Tunnelstrecke und S 1 zum Flughafen
Sonstige Neubaustrecken
Folgende kleinere Neubauten sind, v.a. im Gefolge der deutschen Wiedervereinigung, zu verzeichnen:
- Wolgast Hafen - Wolgaster Fähre: Anschluss der Usedomer Bäderbahn ans Festland
- Seebad Ahlbeck - Ahlbeck Grenze: eingleisiger Neubau der Usedomer Bäderbahn auf mit Kriegsende abgebauter Strecke mit Perspektive des Weiterbaues nach Swinemünde in Polen
- Abzweig Borchtitz - Sassnitz Fährhafen: Verlegung des Fährbetriebs von Sassnitz in den früheren Fährhafen Mukran
- Vienenburg - Stapelburg: Lückenschluss zwischen Ost und West auf völlig neuer Trasse
- Riffelriß - Zugspitzplatt: Einrichtung einer neuen Bergstation (1990)
- Cottbus - Peitz: Zweigleisiger Neubau (inclusive neuer Bahnhöfe/Haltepunkte) der Hauptstrecke nach Frankfurt/Oder im Zuge der Inanspruchnahme der alten Strecke durch den Braunkohlentagebau, Inbetriebnahme 2003
Verbindungskurven, Güterumgehungsbahnen etc. sind prinzipiell auch als Neubaustrecken zu rechnen, darunter:
- Drütte - Salzgitter-Bad: Neubau von 13,6 km Güterbahn v.a. für den Transport von Flüssigmetallen (1956)
- Eichenberger Kurve: Verbindung der Strecken aus Thüringen und aus Göttingen vor dem Bahnhof Eichenberg
- Schlömer Kurve: Umfahrung des Kopfbahnhofs Neuenmarkt-Wirsberg zwischen Bayreuth und Hof
- Rosenheimer Kurve: Umfahrung des Kopfbahnhofs Rosenheim auf der "Korridorstrecke" zwischen Salzburg und Innsbruck (1982)