Emanuel Treu
Emanuel Treu (* 8. August 1915 in Wien; † 13. August 1976 ebenda) war ein österreichischer Widerstandskämpfer und einer der bedeutendsten Diplomaten der Republik Österreich in der Nachkriegszeit.
Leben
1938, bald nach dem Anschluss Österreichs an das 3. Reich, wurde Emanuel Treu, damals noch Jus-Student, wegen seiner Verweigerung als Pfadfinderführer am Aufbau der Hitlerjugend (HJ) mitzuwirken, im Hauptquartier der Gestapo im vormaligen Hotel Metropol in Wien verhaftet und gefoltert. Es gelang ihm jedoch noch vor der Überführung ins Konzentrationslager die Flucht aus Österreich. Auf dem Weg nach England, wo sich viele österreichische Pfadfinder einfanden um den Kampf gegen Hitler aufzunehmen, wurde er in der Schweiz angehalten und auf Verlangen der Behörden des Reiches verhaftet; er blieb drei Jahre in diversen Internierungslager inhaftiert, so auch u.a. im Lager Girenbad wo er den Tod des berühmten österreichischen Tenors Joseph Schmidt miterleben musste. Ab 1941-1942 konnte er sich dem österreichischen Widerstand zuwenden und wurde dort eine der zentralen Figuren der Bewegung O5 in der Schweiz und gründete mitten in der Kriegszeit einen Österreichischen Club in Genf. Ab diesem Zeitpunkt überquerte er wiederholt die Grenze nach Österreich um den politischen Kampf mit den österreichischen Widerstandskämpfern zu führen, lehnte es aber ab mit der Schusswaffe auf Menschen zu schiessen. So konzentrierte er seine Arbeit im Weiteren auf politische Ziele; so begann er schon frühzeitig Verhandlungen mit den Alliierten über den Status Österreichs nach dem Krieg, die dann durch Fritz Molden weitergeführt werden konnten und war Verbindungsmann zur französischen Widerstandsbewegung (Résistance). Diese und andere Aktionen machten es ihm möglich, nachdem er 1946 in das österreichische Außenamt eingetreten war, auch einen wesentlichen Beitrag zunächst als Sekretär von Bundesminister Karl Gruber und später als Mitarbeiter von Bundeskanzler Dr. Bruno Kreisky bei den Staatsvertragsverhandlungen, die Österreich 1955 schließlich zur Freiheit verhalfen, zu leisten.
Seine diplomatische Laufbahn führte ihn aber zunächst in das vormalige Jugoslawien, wo er unter abenteuerlichen Bedingungen seinen Auftrag die österreichischen Kriegsgefangenen der Wehrmacht ausfindig zu machen und sie von Josip Broz Tito frei zu bekommen, erfolgreich erledigen konnte, wodurch diese noch vor deren Übergabe und Verlegung in die damalige Sowjetunion nach Österreich zurückkehren konnten. In Belgrad lernte er seine zweite Frau Christina Popovic kennen, die ihm bei dieser Aktion mithalf und auch ihr Leben riskiert hatte. Aus dieser Ehe entstanden die Söhne Thomas M. Treu und Martin „Timmy“ Treu.
Sein beruflicher Weg führte ihn auch nach Großbritannien, Brasilien, Kolumbien und in die Schweiz, wo er wischen 1960 und 1966 in Genf der österreichische Vertreter beim Europäischen Büro der Vereinten Nationen und bei diversen anderen internationalen Organisationen (Internationales Rotes Kreuz, Weltgesundheitsorganisation, u.a.) war. Hier entfaltete er sein diplomatisches Können bei der GATT und der EFTA, in denen er auch wichtige Positionen einnahm. Er wurde im Weiteren als parteiloser Beamter Berater aller österreichischer Aussenminister in Wirtschafts- und Handelsfragen. Er gilt daher auch als einer der Väter des Beitrittes Österreichs zur Europäischen Gemeinschaft und war der Lehrer vieler erfolgreicher Diplomaten auf dem Weg zum vereinten Europa.
Nach Wien zurückgekehrt begründete er 1968 eine neue Abteilung im Aussenamt, das „Büro für Internationale Organisationen und Konferenzen“, und war dann mehrere Jahre Beamter der Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (UNIDO) und der Internationale Atomenergieorganisation der UNO (IAEA) als Berater der Direktoren dieser zwei Organisationen; er war dabei auch für den Bau der UNO-City in Wien verantwortlich.
1974 wurde Botschafter Dr. Emanuel Treu Direktor der Diplomatischen Akademie in Wien, wo er auch schon viele Jahre zuvor als Lehrer für die angehenden Diplomaten gewirkt hatte. Er leitete dabei die Modernisierung und den Umbau dieser alten Institution ein, verstarb aber 1976 unerwartet im 61. Lebensjahr. Sein vielseitiges Engagement für seine Heimat Österreich und seine Menschlichkeit prägten auch das Bild der Begräbnisfeierlichkeiten, die fast einem Staatsbegräbnis glichen und an denen zahlreiche Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kunst teilnahmen.
Literatur
- Der Ruf des Gewissens. Der österreichische Freiheitskampf 1938-45, Otto Molden, 1958
- Exilland Schweiz. Lebensbedingungen und Schicksale österreichischer Flüchtlinge 1938-45, Claudia Hoerschelmann, StudienVerlag 1997
Personendaten | |
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NAME | Treu, Emanuel |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Diplomat und Widerstandskämpfer |
GEBURTSDATUM | 8. August 1915 |
GEBURTSORT | Wien |
STERBEDATUM | 13. August 1976 |
STERBEORT | Wien |