Heroin

Heroin (chem.: Diacetylmorphin) wurde 1874 vom Briten C.R.A. Wright erstmalig synthetisiert und ab 1898 von der Firma Bayer (die sich den Markennamen Heroin sicherte) ursprünglich als Schmerz- und Hustenmittel vermarktet. Nach seiner weltweiten Kriminalisierung wird es heute fast ausschließlich als illegale Droge eingesetzt.
Verschreibungsfähiges Medikament ist es dagegen in Großbritannien, wo Diacetylmorphin gegen Schmerzen vom Arzt auch heute noch verschrieben werden kann, was in Deutschland nur bis 1958 der Fall war.
Es entsteht durch eine chemische Reaktion von Morphin mit Essigsäureanhydrid (Acetanhydrid) oder Essigsäurechlorid. Nach der Nomenklatur ist Heroin Diacetylmorphin (C21H23NO5) und gehört zur Gruppe der Opioide, ist aber kein Opiat, da es nicht natürlicherweise im Opium vorkommt.
Wie das Hustenmittel Codein wird Heroin im Körper zu Morphin metabolisiert und wirkt als solches. Erwünscht ist also wie beim Codein die Morphinwirkung. Codein ist nur wesentlich schwächer, weil nur ein kleiner Teil des Codeins in Morphin umgewandelt wird und dies langsam geschieht. Diacetylmorphin dagegen ist eine besonders schnelle und effektive "Transportform" für das Morphin, welches die Opioidrezeptoren auf diese Weise schneller und leichter erreichen kann.
Es wurde 1874 entdeckt und gegen die Entzugssymptome des Morphins eingesetzt, bis 1904 erkannt wurde, dass Heroin zur schnellen Gewöhnung führt, genau wie Morphin. Es wirkt euphorisierend, schmerzlindernd und schlaffördernd, wirkt je nach Applikationsform mit einer Halbwertszeit von vier bis sechs Stunden und ist für die inneren Organe nicht toxisch. Weitere Wirkungen auf den Körper sind die emetische, die atemdepressive und die verstopfende Wirkung. Bei einer Überdosierung gefährlich ist die Atemdepression, die unbehandelt zum Tode führen kann. Um die Wirkung im Falle einer Überdosierung aufzuheben, werden so genannte Opiatantagonisten (z.B. Naloxon) eingesetzt. Zur Linderung der Entzugserscheinungen bei Heroinentzug unter klinischer Aufsicht oder in der Substitution wird z.B. das synthetisch hergestellte Opioid Methadon eingesetzt, welches aber ebenfalls abhängig macht.

Der Besitz, die Herstellung und der Handel mit Heroin (ohne eine entspr. Erlaubnis) ist in Deutschland durch das Betäubungsmittelgesetz unter Strafe gestellt.

Geschichte des Heroins
23 Jahre nach seiner erstmaligen Synthese durch C.R.A. Wright (1874) wurde Heroin am 21. August 1897 von Felix Hoffmann in den Bayer-Labors erneut synthetisiert. 1898 erfolgten pharmakologische Versuche zur Wirksamkeit des Heroins am Menschen. Die Wortmarke "Heroin" wurde am 16. Mai 1898 beim Kaiserlichen Patentamt eingereicht. Weitere Registrierungen in anderen Ländern folgten.
1898 begann die kommerzielle Produktion in großem Stil durch die Firma Bayer. Heroin wurde als oral einzunehmendes Hustenmittel vermarktet und wurde von der Ärzteschaft sowie von den Patienten überaus positiv aufgenommen. Es wurde in dutzenden von Ländern verkauft und Probepackungen wurden an Ärzte verteilt. 1931 stellte Bayer die Produktion wieder ein und entfernte das Produkt aus ihrer Produktpalette. Stattdessen konzentrierte sich die Firma auf ihre zweite, bahnbrechende Entdeckung, das Aspirin.
Heroin wird in der Drogenszene meist "Schore", "Braunes" oder "Gift" genannt.
Der Schwarzmarktpreis für 0,1 Gramm Heroin liegt seit dem Jahr 2004 in der deutschen Drogenszene bei circa 10 Euro.
Seit dem Jahr 2002 wird in einem bundesdeutschen Modellversuch zur heroingestützten Behandlung geprüft, ob die Substitution mit pharmakologisch reinem Diacetylmorphin Vorteile gegenüber einer Substitution mit anderen Substanzen, z. B. Methadon, aufweist. Der Modellversuch ist zunächst auf drei Jahre begrenzt. Die Hälfte der Substituierten muss dreimal täglich in einer entsprechenden Einrichtung erscheinen und verabreicht sich dort unter medizinischer Aufsicht und einwandfreien hygienischen Bedinungen das Diacetylmorphin intravenös. Die andere Hälfte der Substituierten erhält das Opioid Methadon. Diese Maßnahme ist notwendig, da in dem Modellversuch eindeutig nachgewiesen werden muss, dass die heroingestützte Behandlungsmethode im Vergleich zu einer momentan häufig angewendeten Methode Vorteile aufweist. Da die Behandlung mit Methadon die am weitesten verbreitete Methode in der BRD ist, hat man sich für einem Vergleich mit Methadon entschieden.
Konsumformen
Bekannteste Konsumform für Heroin ist die intravenöse Injektion, nachdem es vorher meist auf einem Löffel zusammen mit Wasser und Ascorbinsäure (Zitronensäure) erhitzt, aufgelöst und dann durch einen sauberen Filter (meist Zigarettenfilter) in eine Spritze gezogen wird.
Abhängige die sich das Heroin nicht mehr intravenös spritzen (umgangssprachlich:"drücken") können, weil ihre Venen kaputt sind, nehmen die Droge oft auch rektal zu sich. Dazu wird die Nadel entfernt, die Spritze circa 1 Zentimeter in den After gesteckt, und dann, nachdem der Schließmuskel zusammengepresst wurde, das Heroin abgedrückt. Die Wirkung des so zu sich genommenen Heroins soll ähnlich stark sein, wie wenn die Droge intravenös zu sich genommen wird.
Wie auch andere pulverförmige Drogen wird Heroin aber auch oft gesnieft.
Eine weitere Konsumform ist das Inhalieren des Rauches. Hierbei wird die Droge auf einer Aluminiumfolie erhitzt und der entstehende Rauch inhaliert. Umgangssprachlich wird diese Konsumform als Blech rauchen (englisch: chasing the dragon) bezeichnet.
Es wurden in vielen deutschen Städten so genannte Drogenkonsumräume eingerichtet, in denen Abhängige unter medizinischer Aufsicht Heroin spritzen können. Hiermit soll vor allem die Zahl der Drogentoten durch Überdosis oder Infektionen gesenkt werden. Es werden saubere Spritzen ausgegeben, um die Verbreitung von Krankheiten einzudämmen. Bayern und Baden-Württemberg lehnen in ihrer Drogenpolitik diese Form der Schadensminimierung (harm reduction) strikt ab, um dem Eindruck vorzubeugen, die Risiken beim Konsum könnten reduziert werden.
Gefahren
Neben dem hohen Suchtpotenzial besteht beim Konsum die umittelbare Gefahr des Atemstillstandes. Besonders wenn Heroin mit anderen Drogen wie Alkohol, Beruhigungs- oder Aufputschmitteln zusammen konsumiert wird, besteht dieses Risiko.
Die in den meisten Staaten illegale Substanz wird häufig von den Händlern mit anderen Substanzen vermischt, um den Gewinn zu steigern. Nach Untersuchungen des BKA fanden sich im Jahre 2003 in 3858 Proben Coffein (99,4 %), Paracetamol (94 %) und Griseofulvin (4,6 %). Von den Zusätzen waren Lactose (3,6 %), Mannit (2,3 %) und Saccharose (1,3 %) am häufigsten enthalten.
Durch den Tausch von gebrauchten Spritzen mit anderen Süchtigen besteht die Gefahr, sich mit Krankheiten wie Hepatitis und HIV zu infizieren.
Häufige Todesursache ist Atemstillstand durch Überdosierung (laut BMGS 85 Prozent der Todesfälle durch unbeabsichtigte, 12 Prozent durch beabsichtigte Überdosierung, also Suizid). Heroin taucht auf dem illegalen Markt in Konzentrationen von etwa 5 bis 20 % Base auf. Dosisschwankungen stellen eine besondere Gefahr dar. Auch kommt es häufig zu Todesfällen, wenn nach längerer Abstinenz nach einem Entzug die gleiche Dosis gespritzt wird, die vor dem Entzug konsumiert wurde.
Auch sehr gefährlich ist der Konsum zusammen mit anderen Drogen, wie Barbituraten und Alkohol. Alkohol kehrt die Wirkung vieler beruhigender Medikamente oft ins Gegenteil um. Wird nach kombiniertem Konsum dieser Substanzen Heroin konsumiert, so hat das oft tödliche Folgen. Viele vermeintliche Herointote sterben wegen der Wechselwirkungen mehrerer Substanzen.
Modellversuch zur Heroingestützten Behandlung
Der Bund hat in Kooperation mit mehreren Bundesländern und den Städten Frankfurt, Hamburg, Köln, Bonn, Hannover, München und Karlsruhe das Modellprojekt zur Heroingestützenbehandlung ins Leben gerufen. Im März 2002 lief das Modellprojekt in Bonn an, die anderen Städte folgten nach und nach. Die Klienten wurden in 2 Gruppen geteilt, welche durch losverfahren gebildet wurden, die eine bekommt 1 jahr Methadon zur Oraleinnahme und kann, als anreiz, nach dem Jahr zur Heroingruppe wechseln, die andere Gruppe bekommt 2 Jahre pharmakologisch reines Heroin (Diacethylmorphin) zur injektion, welche sie unter Medizinischer aufsicht und unter hygienisch einwandfreien bedingungen bis zu 3 mal täglich in einer extra dafür eröffneten Heroinambulanz konsumieren. Diese beiden Gruppen sind wiederrum in jeweils 2 geteilt, die einen werden von Case-Managern und die anderen von Drogenberatern (Psychoedukation) Betreut. Insgesamt nehmen 1.120 Klienten an dem Projekt teil. Die Trennung in Experimental- (Heroin) und Kontroll-(Methadon) Gruppe ist bei einer klinischen Arzneimittelprüfung, die für die mögliche Zulassung von Heroin als Medikament Voraussetzung ist, erforderlich. Die Wirkung der medikamentösen Therapie bei der Experimentalgruppe wird mit der Wirkung eines als Standardtherapie eingesetzten Medikaments bei der Kontrollgruppe verglichen um festzustellen, ob das neue Medikament den vorhandenen gegenüber überlegen ist. Das Projekt war ursprünglich auf 2 bzw. 3 Jahre angelegt, 2 Jahre Studie und 1 Jahr auswärtung der Studie, wurde aber im August 2004 bis 2006 verlängert, da man die Patienten nicht wieder auf die Strasse setzen wollte, da erst 2006 über die Zulassung von Heroin als Medikament entschieden werden kann. In manchen Ländern, wie z.B. Gross Britannien ist Heroin verschreibungsfähig und wird von Ärzten meistens an Heroinsüchtige verschrieben. In der Schweiz und den Niederlanden liefen schon ähnliche Versuche einer Heroingestützten Behandlung welche sehr positive Ergebnisse erzielte.
Literatur
- Michael de Ridder: Heroin. Vom Arzneimittel zur Droge. Frankfurt/Main, New York: Campus, 2000.
- Herbert Elias: Der Heroinrausch. Fünfunddreißig Interviews zur Pharmakopsychologie von Diacetylmorphin. 2001. ISBN 3-86135-221-4
- Lutz Klein: Heroinsucht, Ursachenforschung und Therapie. Biografische Interviews mit Heroinabhängigen. Campus Forschung Bd.755. 1997. ISBN 3-593-35828-X
- Andre Seidenberg, Ueli Honegger: Methadon, Heroin und andere Opioide. Medizinisches Manual für die ambulante opioidgestützte Behandlung. 1998. ISBN 3-456-82908-6
- Hans-Georg Behr: Weltmacht Droge. Das Geschäft mit der Sucht. Pabel/Moewig, Rastatt 1985. ISBN 3-430-11293-1
Weblinks
- Offizielle Seite zum Bundesdeutschen Heroinmodellprojekt
- http://www.m-ww.de/pharmakologie/drogen/heroin.html
- dmoz-Verzeichnis zu Heroin
- Happy Birthday, Heroin! Eine Laudatio, reproduziert am 26. Juni 1998 auf der Party zum 100. Jahrestag der Registrierung von Heroin als Markenzeichen
- Geschichte eines Hustensaftes - Die Finanzielle Perspektive hinter Heroin, auch in Relation zu Cannabis