Zum Inhalt springen

Kernkraftwerk Creys-Malville

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 4. Februar 2008 um 18:46 Uhr durch Hydro (Diskussion | Beiträge) (form, +kat). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Kernkraftwerk Creys-Malville
Kernkraftwerk Superphénix
Kernkraftwerk Superphénix
Lage
Land Frankreich
Daten
Eigentümer Electricité de France
Betreiber Electricité de France
Projektbeginn 1976
Stilllegung 31. Dez. 1998

Stillgelegte Reaktoren (Brutto)

1  (1242 MW)
Eingespeiste Energie seit Inbetriebnahme 3.392 GWh
Stand 27. Juli 2007
Die Datenquelle der jeweiligen Einträge findet sich in der Dokumentation.

Das Kernkraftwerk Superphénix (SPX) liegt an der Rhône bei Creys-Malville in Frankreich, in der Nähe der Schweiz. Es handelt sich dabei um einen sogenannten Schnellen Brüter, welcher seit 1996 keinen Strom mehr produziert und 1997 endgültig stillgelegt wurde.

Bau

Die Arbeiten am Entwurf wurden im Zuge des Verzichts auf Hochtemperaturreaktoren 1968 begonnen. Angesichts der damals schon hohen Preise für Öl und Gas und dem Rückgang der weltweit verfügbaren Mengen an Uran wurde der Reaktortyp des schnellen Brüters gewählt, welcher Plutonium als Brennstoff nutzt. Der Bau des Kernkraftwerks wurde 1972 freigegeben und dauerte von 1974 bis 1981. Strom wurde allerdings erst 1985 erzeugt. Die Gesamtkosten stiegen während der Bauphase enorm an. Das Kraftwerk wurde von NERSA betrieben, gehörte EDF zu 51 %.

Es gab beträchtliche Proteste während der Bauphase. Ein Protestmarsch von 60.000 Menschen wurde 1977 gewaltsam von der CRS aufgelöst. Einer der Protestler, Vital Michalon wurde von einer von der CRS eingesetzten Blendgranate getötet, hunderte wurden zum Teil schwer verletzt.

Raketenangriff

Die andauernden Proteste und Sabotageversuche erreichten in der Nacht des 18. Januar 1982 ihren Höhepunkt. Eine militante Atomkraftgegner-Gruppierung beschoss das noch unfertige Kraftwerk mit fünf Raketen aus einem russischen tragbaren Raketenwerfer, Typ: RPG-7. Zwei der Raketen verfehlten knapp den noch nicht mit radioaktivem Material bestückten Kern des Reaktors und beschädigten das Gebäude leicht, ohne jedoch zu einer Bauverzögerung zu führen (laut Herstellerangaben).

Am 8. Mai 2003 gab Chaïm Nissim, ein Mitglied der Grünen Partei der Schweiz zu, den Angriff durchgeführt zu haben [1]. Die Gruppe um Nissim hätte versucht, über den Terroristen Carlos an Waffen zu kommen und hätte sie schliesslich von der linksextremen belgischen Terrororganisation Cellules Communistes Combattantes erhalten [2].

Betrieb

Die Leistung des Reaktors sollte ursprünglich 1.200 Megawatt betragen. Der experimentelle Aufbau des Reaktors veranlasste den Betreiber zu großer Vorsicht, so dass dieser Wert während der gesamten Betriebszeit nicht erreicht werden konnte. Mit der Zeit kamen weitere Probleme hinzu: Das Flüssig-Natrium-Kühlsystem litt unter Korrosion und Lecks. Nach zwei Zwischenfällen Anfang des Jahres (1989) führte ein dritter zu einer automatischen Sicherheitsabschaltung. Im September 1990 wurde das Kraftwerk geschlossen. Im Dezember 1990 traten nach andauerndem, starken Schneefall strukturelle Schäden an der Gebäudesubstanz auf. Erst 1992 konnte die Stromproduktion wieder aufgenommen werden.

Schließung

Superphénix war seit seiner Planung und dem Bau ein Brennpunkt für viele Atomkraftgegner wie etwa die Grüne Partei Frankreichs. Nach dem Kampf der Naturschützer gegen Superphenix schlossen sich 758 Gruppen von Atomkraftgegnern zur Sortir du nucléaire zusammen. Im Dezember 1996 wurde die Stromproduktion wegen Wartungsarbeiten ausgesetzt. Ein von den Gegnern des Kraftwerks begonnener Gerichtsprozess vor dem Conseil d'État kam zu dem Ergebnis, dass eine Verfügung von 1994, die eine Wiederaufnahme des Betriebes erlaubte, ungültig war.

Im Juni 1997 kündigte Lionel Jospin als eine seiner ersten Taten als Premierminister die Schließung des Kraftwerks an. Er begründete diesen Schritt mit den enormen Kosten, die das Kraftwerk verursachte. In den vorangehenden 10 Jahren hatte das Kraftwerk auf Grund von Fehlfunktionen die meiste Zeit keinen Strom produziert. Es verbrauchte sogar beträchtliche Mengen an Strom, um das Natrium im Kühlsystem oberhalb dessen Schmelztemperatur zu halten[3]. Einige Politiker seiner Regierung einschließlich einiger grüner Minister sowie Befürworter der Nukleartechnik waren jedoch der Meinung, Jospins Entscheidung sei politisch motiviert gewesen, etwa um seinen grünen Koalitionspartner zufrieden zu stellen, und keine Folge rationaler Betrachtungen.

Superphenix war das vorletzte Kernkraftwerk in Westeuropa, welches mit einem Brutreaktor Strom erzeugte. Das französische Kernkraftwerk Phénix ist wieder am Netz. Auch Russland setzt weiter auf Brutreaktoren. Nach einem Bericht des Cour des Comptes von 1996 belaufen sich die Kosten für das Kraftwerk bis heute auf umgerechnet 9,1 Milliarden Euro[3]. Die letzten der 650 Brennstäbe wurden am 18. März 2003 entfernt und befinden sich gegenwärtig in Kühlbecken.

Ähnlich wie nach der Schließung des Dounreay Fast Reactor in Großbritannien wurde 2004 in Erwägung gezogen, eine Anlage zu bauen, die die 5.500 Tonnen Natrium aus dem ehemaligen Kühlsystem in 70.000 Tonnen Beton einschließt.

Daten der Reaktorblöcke

Das Kernkraftwerk Superphénix hat insgesamt einen Block:

Reaktorblock[4] Reaktortyp Netto-
leistung
Brutto-
leistung
Baubeginn Netzsyn-
chronisation
Kommerz-
ieller Betrieb
Abschal-
tung
Superphénix Schneller Brutreaktor 1200 MW 1242 MW 13.12.1976 15.01.1986 nicht genau bekannt 31.12.1998

Siehe auch

Quellen

  1. parlament.ch Motion von Elmar Bigger
  2. http://www.woz.ch/artikel/inhalt/2003/nr20/International/5889.html Artikel in der Wochenzeitung
  3. a b Cour des comptes: Rapport public 1996
  4. Power Reactor Information System der IAEA: „France (French Republic): Nuclear Power Reactors“ (englisch)
  • Superphénix News (französisch)
  • Memento Malville Ausführlicher Text über die Kontroversen um den Bau des Superphénix, aus der Sicht der Protestierenden (französisch)

Vorlage:Koordinate Artikel