SAVAK
SAVAK (Kurzform von Sazeman-e Ettela'at va Amniat-e Keshvar, Farsi: سازمان اطلاعات و امنیت کشو ), in Europa auch unter der Transskription Saseman Amhiat va Etelaot Keschwar bekannt, war von 1957 bis 1979 der iranische Nachrichtendienst. Sazeman-e Ettela'at va Amniat-e Keshvar ist Farsi und bedeutet übersetzt: Organisation zur Information und zum Schutz des Landes.
Geschichte
Vorgeschichte
In Iran herrschten in den 1950er Jahren heftige Auseinandersetzungen über die politische Zukunft des Landes. So musste der Schah 1951 dem demokratisch gewählten und als Volksheld gefeierten Mohammad Mossadegh den Weg zum Präsidenten des Iran freimachen und im Verlauf der bis 1953 andauernden Regentschaft das Land sogar vorübergehend verlassen. Nur durch den Sturz Mossadeghs in der sogenannten Operation Ajax durch den amerikanischen und britischen Geheimdienst, angeworbene Helfer und schahtreue Truppen konnte Mohammad Reza Pahlavi auf den Pfauenthron zurückkehren.
Den Unmut der Großmächte hatte Mossadegh auf sich gezogen, da er die iranische Ölwirtschaft verstaatlichte und somit dem britischen Einfluss entzog. Die Amerikaner fürchteten durch das Bündnis Mossadeghs mit der kommunistischen Tudeh Partei eine Annäherung Irans an Moskau. Nach diesen Vorkommnissen wollte der Schah seine Position unter allen Umständen festigen. Der SAVAK wurde hierbei sein wichtigstes und wirksamstes Werkzeug. Die Organisation war mit dem Militär verknüpft und verfügte über exekutive und legislative Vollmacht.
Gründung
Der SAVAK wurde offiziell am 20. März 1957 per Gesetz von Mohammad Reza Pahlavi als eine Organisation gegründet, die Informationen über die politische Opposition zum Schahregime zusammentragen und im Falle subersiver Aktivitäten auch handlungsfähig sein sollte. Der SAVAK sollte dem Gesetzestext zufolge "die Interessen des Staates schützen und jede Verschwörung gegen das öffentliche Interesse verhindern".[1] Der Aufbau des Geheimdienstes geschah unter maßgeblicher Schützenhilfe der CIA und des MOSSAD. [2]
Anfänge und Wirkungsweise
Der erste Direktor des Dienstes war Teymur Bachtiar. Bachtiar, selber Großgrundbesitzer, strebte eine Verhinderung der Weißen Revolution an und wollte zu diesem Zwecke angeblich eine Militärdiktatur unter seiner Führung errichten. Bachtiar, der 1961 wegen Vorbereitung eines Staatsstreiches entlassen und 1962 des Landes verwiesen wurde, kam am 7. August 1970 im Irak unter mysteriösen Umständen ums Leben. Er wurde, wie de Villiers schreibt, durch ein Werkzeug hingerichtet, das er selber geschaffen hatte. [3]
Der SAVAK infiltrierte die verschiedenen Oppositionsgruppen in Iran. Die Marxisten und Guerillas, die schiitischen Geistlichen um Ayatollah Ruhollah Chomeini und die einst von Mossadegh gegründete Nationale Front. Mitglieder der Bewegungen wurden verhaftet, entführt, gefoltert und hingerichtet. Die Berichte der wenigen Überlebenden zeugen von einer grenzenlosen Brutalität der Methoden. Amnesty International schätzt die Anzahl an politisch inhaftierten Personen in Iran 1977 auf 25.000 bis 100.000 [4].
Die Prozesse waren Militärtribunale, nach dem Paragraphen für Landesverrat aus dem Jahre 1931, in denen die Erkenntnisse des Geheimdienstes oder unter Folter erzwungene Geständnisse als unumstößliche Beweise galten, während den Angeklagten schon das Recht auf einen eigenen Anwalt entzogen war.[5] Für Landesverrat war die Todesstrafe vorgesehen, die innerhalb von 48 Stunden den Tod durch Erschießen zur Folge hatte. Die Verteidigung des Angeklagten oblag beim Militär, der Schah konnte innerhalb von 6 Tagen einer Berufung zustimmen. [6]
Ein bekannter SAVAK-Häftlinge war Ashraf Dehghani, eine Kommunistin, die im Gefängnis barbarischster Folter ausgesetzt gewesen ist. Ihr gelang 1973 nach zweijähriger Haft die Flucht ins Exil, wo sie 1983 das Buch Folter und Widerstand im Iran veröffentlichte.
Zensurbehörde
Neben der direkten Liquidierung politischer Opposition gegen den Schah, war der SAVAK auch zuständig für die Zensur der Medien und der Literatur. Dafür wurde das Pressegesetz vom 30. Juli 1955 so geformt, dass kritische Äußerungen gegen die Religion und Monarchie mit Gerichtsbeschluss unterdrückt werden konnten. Die Vorzensur oblag bis 1963 dem SAVAK, danach dem neu geschaffenen Informationsministerium [7], welches eine Unterabteilung des Hauptbüros III (siehe unten) darstellte. [8] Geduldet wurden lediglich die Positionen der Schahregierung und ihrer Verbündeten.
Die Zeitungen durften aktuelle Ereignisse nicht kommentieren und lediglich die offizielle Darstellung wortgetreu abdrucken. Verstöße bedeuteten für die Journalisten mitunter Gefängnis und Folter. Schriftsteller, die kritische oder politisch zweideutige Werke vorlegten, mussten ebenfalls mit einem Verbot rechnen. Bis 1970 hatte sich die iranische Presselandschaft auf 60 verschiedene Zeitungen reduziert, von denen der Schah nochmals 37 mit Hinweis auf zu geringe Auflage verbot. Dem Verlagswesen erging es ähnlich. Von 4.000 neuen Büchern im Jahr 1970 sank die Zahl der Neuerscheinungen bis 1975 auf 1.000.[9]
Nachfolger von Bachtiar wurde Hussein Pakravan, der vom Schah 1965 entlassen wurde, weil er zu weich gegenüber Verdächtigen sei. Dessen Nachfolger, Nematollah Nassiri, davor Leiter der kaiserlichen Garde, sollte den richtigen Schneid haben. Am 6. Juni 1978, nach 13 Jahren an der Spitze des SAVAK, wurde er vom Schah durch Nasser Moghadam ersetzt und als Botschafter nach Pakistan berufen. Nassiri galt während seiner Amtszeit als meistgehasster Mann Irans, dem ein Hang zu Grausamkeit und Sadismus nachgesagt wurde. Im Zuge der Islamischen Revolution wurde er am 16. Februar 1979 als einer der ersten SAVAK-Angehörigen hingerichtet.
Die Islamische Revolution
Im Vorjahr der Islamischen Revolution (1978) bekämpfte der SAVAK die Führungsspitze der Kleriker, nahezu alle bekannten Geistlichen im Umfeld Chomeinis wurden inhaftiert. Äußerungen des SAVAK wie die Schmähung Chomeinis im Januar 1978 und den Rat an den Schah, Chomeini aus dem Irak ausweisen zu lassen, haben letztendlich die Revolution beschleunigt. Das straffe, vom SAVAK relativ unbehelligt gebliebene Organisationsnetz des Klerus erwies sich in der Revolutionsvorbereitung als ein Instrument das ausgezeichnet funktionierte und die gelobte Effektivität des SAVAK eindeutig deklassierte.[10]
Als der Schah das Land verließ und Ajatollah Khomeini die politische Macht übernahm, wendete sich das Blatt für den SAVAK. Mitarbeiter, die nicht rechtzeitig die Fronten wechselten, wurden nun Ziel von Inhaftierungen oder Hinrichtungen. 23 Generäle und 30 Offiziere wurden sofort hingerichtet, 80 % der ersten zweihundert Exekutierten gehörten dem Militär oder SAVAK an. [11]
Nach der Islamischen Revolution
Mit dem Machtantritt Chomeinis wurde der SAVAK aufgelöst, durch den neuen Geheim- und Nachrichtendienst VEVAK ersetzt und mit Hilfe der Angehörigen der Vorgängerorganisation aufgebaut. Als erster Direktor fungierte General Hussein Fardust, ein Schulfreund des Schahs, der vom Revolutionsrat angeworben werden konnte [12] und 1985 aufgrund seiner Verbindungen zu Moskau entlassen wurde.
Mitarbeiter
Der Schah gab bei einem Interview am 4. Februar 1974 an, die Zahl der Mitarbeiter des SAVAK nicht zu kennen, schätzte jedoch weniger als 2.000 Agenten. [13] Angesprochen, ob er wisse, dass in seinem Land gefoltert werde, antwortete er mit: Nein. Zeitungsberichte, die über Folter berichteten, bezeichnete er als Lügen. [14] Nach der Revolution kursierten Flugblätter, denen zu entnehmen war, dass der SAVAK 15.000 offizielle und ein Vielfaches an inoffiziellen Mitarbeitern hatte. Nach Newsweek vom 14. Oktober 1974 arbeiteten
- zwischen 30.000 bis 60.000 Personen ständig für den SAVAK, aber sie bilden nur das Gerüst für einen weit größeren Apparat. Nicht weniger als drei Millionen Iraner sind gelegentliche Informanten des SAVAK, in Hotels, Taxis, Schulen, Botschaften, Betrieben und Ämtern, bei Ärzten, selbst in Schlafsälen und Automatenrestaurants, wo die iranischen Studenten leben und essen. [15]
Gliederung
Der SAVAK bestand aus neun Hauptbüros: [16]
- Hauptbüro I war zuständig für: Kader, Lehrgänge, Zeremonie, Korrespondenz und Sekretariat
- Hauptbüro II war zuständig für: Auslandsaufklärung, Kommunismus, Afghanistan, Irak und Jemen
- Hauptbüro III war zuständig für: Tudeh Partei, Nationale Front, Studenten im Ausland
- Hauptbüro IV war zuständig für die Eigensicherung
- Hauptbüro V war die Technikabteilung
- Hauptbüro VI war die Verwaltung
- Hauptbüro VII war zuständig für die Bündnispolitik und den Austausch mit anderen Geheimdiensten. Dabei waren Verbindungsoffiziere von den Ländern: Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Israel, Italien, Jordanien, Pakistan, Saudi-Arabien, Türkei und USA dauerhaft in Teheran.
- Hauptbüro VIII war zuständig für die Gegenspionage
- Hauptbüro IX war die Passabteilung
und zwei Abteilungen für Teheran und die Provinzen, die wiederum in:
- Abteilung für die Nationale Front
- Abteilung für die Kommunistische Partei
- Abteilung für die öffentlichen Einrichtungen
- Abteilung für Arbeiter
- Abteilung für die Universitäten
- Abteilung für die Bazare.
untergliedert wurden.
Finanzmittel
Für das Haushaltsjahr 1972/73 wurde das Budget des SAVAK mit 255 Millionen Dollar, für das folgende Haushaltsjahr mit 310 Millionen Dollar angegeben. [17]
Liste der Direktoren
- Teymur Bachtiar (1957-1961)
- Hussein Pakravan (1961-1965)
- Nematollah Nassiri (1965-1978)
- Nasser Moghadam (1978-1979)
Einzelnachweise
- ↑ Amad Farughy/Jean-Loup Reverier: Persien: Aufbruch ins Chaos?, München 1979, S. 163
- ↑ Henner Fürtig: Die Islamische Republik Iran. 1987. Seite 60
- ↑ Gérard de Villiers: Der Schah. 1976. Seite 395
- ↑ Amnesty International: Jahresbericht 1977, Baden-Baden 1978
- ↑ Bahman Nirumand: Persien, Modell eines Entwicklungslandes, Hamburg 1967, S. 128f
- ↑ Ulrich Gehrke: Iran. Seite 253
- ↑ Ulrich Gehrke: Iran. 1975. Seite 106
- ↑ Harald Irnberger. Seite 30
- ↑ Amad Farughy/Jean-Loup Reverier: Persien: Aufbruch ins Chaos?, München 1979, S. 171ff
- ↑ Henner Fürtig. Die Islamische Republik Iran. Seite 154
- ↑ James A.Bill: The Iranian Revolution and the Changing Power Structure. Seite 124
- ↑ Henner Fürtig: Die Islamische Republik Iran. 1987. Seite 121
- ↑ Gérard de Villiers: Der Schah. 1976. Seite 396 und 410
- ↑ Gérard de Villiers: Der Schah. 1976. Seite 408
- ↑ Amad Farughy/Jean-Loup Reverier: Persien: Aufbruch ins Chaos?, München 1979, S. 169
- ↑ Harald Irnberger. Seite 29
- ↑ Harald Irnberger. Seite 27
Literatur
- Aschraf Dehghani: Folter und Widerstand im Iran. Das Zeugnis des Kampfes einer führenden Volksfedayie Guerillera vom Iran., London 1983.
- Amad Farughy/Jean-Loup Reverier: Persien: Aufbruch ins Chaos? Eine Analyse der Entwicklung im Iran von 1953-1979, München 1979. - ISBN 3-442-03846-4
- Harald Irnberger: SAVAK oder der Folterfreund des Westens. Hamburg. 1977. - ISBN 3-499-14182-5
- Bahman Nirumand: Persien, Modell eines Entwicklungslandes oder Diktatur der freien Welt, Hamburg 1967.
Weblinks
- Seite der Federation of American Scientists: [1]