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Justizanstalt

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Eingangsbereich der Justizanstalt Wien-Josefstadt.
Außenansicht der Justizanstalt Wien-Simmering.
Luftaufnahme der Justizanstalt für Jugendliche Gerasdorf.

Der Begriff Justizanstalt (JA) bezeichnet in Österreich alle Einrichtungen des judikativen Strafvollzugs. Diese Gefängnisse sind dem Bundesministerium für Justiz unterstellt und für die Durchführung von Freiheitsstrafen und den Maßnahmenvollzug ausgelegt.

Es wird gesetzlich zwischen gerichtlichen Gefangenenhäusern, Strafvollzugsanstalten und Sonderanstalten unterschieden. Maßgeblich für den Vollzug von Freiheitsstrafen in Österreich ist dabei das Strafvollzugsgesetz (StVG) sowie die vom Ministerium festgelegte Vollzugsordnung für Justizanstalten (VZO). Neben der Durchführung der Strafhaft werden in den österreichischen Justizanstalten auch Untersuchungshäftlinge und Inhaftierte des Maßnahmenvollzugs untergebracht.

Österreichisches Strafvollzugswesen

In ganz Österreich befinden sich im Jänner 2007 etwa 8600 Personen in Haft, was ungefähr 0,11 Prozent der österreichischen Gesamtbevölkerung entspricht. Diese Zahl setzt sich zusammen aus etwa 5800 Strafgefangenen, 2100 Untersuchungshäftlingen und rund 650 Personen im Maßnahmenvollzug.[1] Am Stichtag 30. August 2007 kamen auf insgesamt 8560 Haftplätze 8858 Häftlinge. Alle Justizanstalten Österreichs hatten also eine durchschnittliche Auslastung von 103,48 Prozent.[2]

Die höchste Strafe, die ein österreichisches Gericht über eine Person verhängen kann ist nach § 18 des Strafgesetzbuchs die Freiheitsstrafe auf Lebensdauer. Zum Stichtag 3. August 2006 verbüßten 153 Personen – darunter 4 Frauen – eine lebenslange Haftstrafe in österreichischen Gefängnissen. Durchschnittlich werden Gefangene, die zu „lebenslänglich“ verurteilt wurden nach 21 Jahren auf Bewährung bedingt entlassen.[3] In der Regel werden solche Häftlinge in den Strafvollzugsanstalten Graz-Karlau, Stein, Garsten oder Suben untergebracht.

Haftgründe und -arten

In Österreich wird zwischen 8 verschiedenen Arten der Unterbringung in Haft unterschieden. Dabei werden nicht alle Arten in Justizanstalten vollzogen, sondern auch in Arrestzellen der Polizeiinspektionen und in Polizeianhaltezentren.

  • Verwahrungshaft ist eine vorläufige, maximal 48 Stunden dauernde Unterbringung in einer Arrestzelle bei begründetem Straftatverdacht bis zur Vorführung vor den Untersuchungsrichter.
  • Untersuchungshaft ist eine Haftart, in der durch richterlichen Beschluss Verdächtige Personen bis zu zwei Jahre beziehungsweise bis zum Beginn ihrer strafgerichtlichen Hauptverhandlung angehalten werden können. Diese wird in den gerichtlichen Gefangenenhäusern vollzogen.
  • Strafhaft entsteht durch ein gerichtliches Urteil oder durch eine Ersatzfreiheitsstrafe im Fall von uneinbringlichen Geldstrafen. Sie wird entweder in einem gerichtlichen Gefangenenhaus oder in einer Strafvollzugsanstalt vollzogen.
  • Unterbringung im Maßnahmenvollzug ist eine vorbeugende, freiheitsentziehende Maßnahme, die zusätzlich zur fälligen Freiheitsstrafe ausgesprochen und in den Sonderanstalten des Strafvollzugs vollzogen wird.
  • Verwaltungsstrafhaft von 12 Stunden bis zu 6 Wochen kann für verwaltungsstrafrechtliche Tatbestände oder für uneinbringliche Geldstrafen aus dem Verwaltungsstrafrecht verhängt werden. Sie wird in der Regel in Polizeianhaltezentren vollzogen.
  • Polizeiliche Haft ist eine Form der vorläufigen, maximal 24 Stunden dauernden Unterbringung in einer Arrestzelle aufgrund eines Verfahrens wegen eines Delikts des Verwaltungsstrafrechts.
  • Fremdenpolizeiliche Haft bedeutet die unmittelbare Unterbringung von Personen in Arrestzellen der Polizei zur anschließenden Vorführung bei der Fremdenpolizeibehörde.
  • Schubhaft ist die Inhaftierung von zur Abschiebung vorgesehenen Personen in einem Zeitraum von maximal 10 Monaten in einem Polizeilichen Anhaltezentrum.[4]

Personal und Budget

Insgesamt waren im Jahr 2007 in den österreichischen Justizanstalten mehr als 3.800 Bedienstete tätig. Zum Stichtag 30. August 2007 waren davon 3.113 Justizwachebedienstete, arbeiteten also als Aufsichts- und Betreuungspersonen für die Häftlinge. 96 davon gehörten der Justizwache Einsatzgruppe an, einer Sondereinheit der österreichischen Justizwache.

Daneben waren noch 96 Sozialarbeiter, 66 Ärzte, 66 Psychologen und Psychotherapeuten sowie 14 Pädagogen beschäftigt. Die Zahl der angestellten Ärzte vermehrte sich seit 1997 um etwa 20 %, die Gesamtmitarbeiterzahl um etwa 25 %.[5]

Der Aufwand für den Strafvollzug betrug im Jahr 2006 knapp 280 Millionen Euro (davon 146 Millionen Personalaufwand und 133 Millionen sachbezogene Kosten).[6]

Ausbrüche und Ausbruchsversuche

In den letzten Jahren ist die Zahl der Ausbrüche und Ausbruchsversuche in Österreich stark zurückgegangen. Waren Mitte der 90er-Jahre noch bis zu 50 Ausbrüche im Jahr zu verzeichnen, so gibt es heute kaum noch erfolgreiche Ausbruchsversuche. Eine Ausnahme von dieser zurückgehenden Statistik stellt das Jahr 2005 dar, in dem 17 Personen die Flucht aus einem österreichischen Gefängnis gelang. Grund für die Abnahme ist eine zunehmende Modernisierung der Sicherheitstechnik in den Justizanstalten.[7]

Im Gegensatz zu anderen Ländern ist der Ausbruch eines Gefangenen aus dem Strafvollzug in Österreich kein strafbares Delikt. Ein Gefängnisausbruch kann somit für den Gefangenen nur eine anstaltsinterne disziplinäre Strafe nach sich ziehen. Allerdings machen sich ausbrechende Häftlinge meistens der schweren Sachbeschädigung (Beschädigung einer Einrichtung der Republik Österreich) oder der schweren Körperverletzung (Verletzung eines Beamten der Justizwache) schuldig. Wer jedoch einen Gefangenen befreit oder befreien will, macht sich der Befreiung von Gefangenen nach § 300 StGB schuldig, es sei denn, man ist selbst Gefangener.[8]

Suizide und Suizidversuche

Durchschnittlich nehmen sich jedes Jahr bis zu 15 Häftlinge in österreichischen Justizanstalten das Leben.[9] Suizide begehen aber nicht nur Insassen mit mehrjährigen Haftstrafen, sondern regelmäßig auch Untersuchungshäftlinge und (hier nicht eingerechnet) Schubhäftlinge. Von 1947 bis 1999 gab es 410 dokumentierte Suizide im österreichischen Strafvollzug.[10] Als Ursache für die meisten Selbstmorde wird von Experten der hohe Stress besonders bei Neuankömmlingen vermutet. Bei der Hälfte aller Suizide ging ein erfolgloser Suizidversuch voraus, in 37 Prozent der Fälle ging dem Selbstmord eine explizite Ankündigung voraus.[11]

Rechtshilfe Liechtenstein

Mit dem Vertrag zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über die Unterbringung von Häftlingen wurde vereinbart, dass auch von Liechtensteiner Gerichten verhängte Haftstrafen in österreichischen Justizanstalten abgebüßt werden. Da das Fürstentum Liechtenstein über keine eigenen Strafvollzugsanstalten verfügte, wurden sämtliche Häftlinge des Kleinstaats für die Dauer ihrer Haftstrafe an die österreichische Justiz überstellt und in österreichischen Justizanstalten untergebracht. Mittlerweile verfügt das Fürstentum über ein eigenes Landesgefängnis mit 22 Haftplätzen, dennoch werden weiterhin Häftlinge mit einer Haftdauer von über 2 Jahren der österreichischen Justiz überstellt. Dies ist nur möglich, wenn der Gefangene wegen einer Tat verurteilt wurde, die auch in Österreich strafbar ist und seine Haftdauer die nach österreichischem Recht maximal festgelegte Haftdauer nicht überschreitet. Weiters dürfen die Häftlinge keine politisch oder steuerrechtlich verurteilten Straftäter sein.

Der Vertrag wurde am 4. Juni 1982 vom damaligen österreichischen Justizminister, Dr. Christian Broda und dem Liechtensteiner Regierungschef, Hans Brunhart unterzeichnet. Die Ratifikationsurkunden zwischen Bundespräsident Rudolf Kirchschläger, gegengezeichnet durch Bundeskanzler Fred Sinowatz, und Fürst Franz Josef II. wurde am 9. Juni 1983 übergeben. Daraufhin trat das Rechtshilfeabkommen am 1. September 1983 in Kraft.[12]

Im Jahr 2002 waren 16 liechtensteinische Häftlinge in österreichischen Strafvollzugsanstalten untergebracht. Dies entspricht knapp 73 Prozent der Gesamtauslastung des liechtensteinischen Landesgefängnisses.[13]

Haftentlastungsprogramm

Im Sommer 2007 schlug Justizministerin Dr. Maria Berger vor, zur Entlastung der überfüllten österreichischen Justizanstalten ein Haftentlastungsprogramm zu beginnen. Dieses sieht vor, dass Personen, welche zu einer Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt wurden, diese nicht antreten, sondern stattdessen gemeinnützige Arbeit verrichten müssen. Das Motto dieser Aktion wurde von der Justizministerin mit „Schwitzen statt Sitzen“ festgelegt. Obwohl der Koalitionspartner der SPÖ in der Bundesregierung Gusenbauer, die ÖVP zunächst skeptisch auf den Vorschlag reagierte, signalisieren nun auch Politiker der Volkspartei Zustimmung zum Haftentlastungsprogramm. Lediglich die Parteien BZÖ und FPÖ lehnen die Einführung nach wie vor ab. Peter Westenthaler, Bündnisobmann des BZÖ meinte in einem Fernsehinterview, dass er die frühzeitige Entlassung von Straftätern, egal aus welchem Grund, als „Aushöhlung der Strafgesetzgebung“ strikt ablehne.[14] Die Justizministerin erwiderte daraufhin, dass sie sich nicht erwarte, dass viele Verurteilte das Programm in Anspruch nehmen werden, vielmehr erwarte sie einen Anstieg bei jenen Personen, die ihre Schulden letztlich doch bezahlen, um der „drohenden“ Arbeit zu entgehen. So sollen laut der Ministerin bis zu 10.000 Haftplätze eingespart werden.[15]

Am 7. November 2007 wurde die Gesetzesvorlage vom Ministerrat abgesegnet und dem Nationalrat übergeben. Dieser genehmigte den Gesetzesvorschlag mit einer Reihe anderer Gesetzesänderungen in seiner Sitzung am 5. Dezember. Das neue Haftentlastungspaket erlangte damit am 1. Januar 2008 Rechtsgültigkeit.[16]

Organisation und Kontrolle

Sämtliche österreichischen Justizanstalten unterstehen in erster Linie dem Bundesministerium für Justiz, welches als Oberste Vollzugsbehörde bezeichnet wird. Die Vollzugsoberbehörde ist die so genannte Vollzugsdirektion, die dem Ministerium direkt unterstellt ist. Weiters sind die Vollzugskommissionen sowie weitere staatliche und internationale Organisationen zur Kontrolle des Strafvollzugs in Österreich berechtigt.

Vollzugsdirektion

Das Bundesministerium für Justiz, Sitz der Vollzugsdirektion.

Die Vollzugsdirektion ist die so genannte Vollzugsoberbehörde und damit direkt dem Bundesministerium für Justiz unterstellt. Sie ist die dritte Instanz bei vollzugsrechtlichen Entscheidungen und regelt beinahe alle Bereiche der einzelnen Justizanstalten. Sie ist genauso für die Errichtung und Erhaltung der Gefängnisse zuständig, wie für den ordnungsgemäßen Betrieb selbiger. Ihr kommen eine Vielzahl von Entscheidungen zu, angefangen von Sanktionen gegen Häftlinge über Freigänger bis hin zur Entlassung von Gefangenen. Der Leiter der Vollzugsdirektion ist genau genommen der operative Leiter des gesamten österreichischen Strafvollzugs. Ihm ist nur noch der Bundesminister für Justiz vorgesetzt.

Vollzugskammer

In jedem Oberlandesgericht ist eine (in Wien zwei) Vollzugskammern eingerichtet. Diese sind die zweite Beschwerdeinstanz für Strafgefangene. Falls diese gegen eine Entscheidung des Anstaltsleiters (1. Instanz) berufen, hat die Vollzugskammer über die Beschwerde zu entscheiden. Sie setzt sich zusammen aus einem Berufsrichter, einem Vollzugsbediensteten (meistens einem Anstaltsleiter) sowie einer weiteren Person, die eines von beidem sein kann. Die Mitglieder der Kammern werden vom Bundesminister für Justiz auf Vorschlag des Präsidenten des Oberlandesgerichts für eine Dauer von sechs Jahren bestellt.

Vollzugskommission

Das Landesgericht Feldkirch, Sitz der Vorarlberger Vollzugskommission.

Am Sitz jedes Landesgerichts für Strafsachen in den jeweiligen Bundeshauptstädten ist eine Vollzugskommission eingerichtet. Davon gibt es zwei Ausnahmen: In Vorarlberg befindet sich die Vollzugskommission am Landesgericht in Feldkirch und in Niederösterreich existieren in Sankt Pölten zwei Vollzugskommissionen, die jeweils die Sprengel der Landesgerichte Sankt Pölten und Wiener Neustadt beziehungsweise Krems und Korneuburg abzudecken haben. Diese Kommissionen stehen den jeweiligen Justizanstalten ihres Gerichtsbezirks vor und haben eine mittelbare Gewalt über diese. Die Vollzugskommission muss verpflichtend mindestens einmal im Jahr alle ihr unterstehenden Justizanstalten besuchen und dem Ministerium im selben Zeitraum schriftlichen Bescheid über ihre Tätigkeit geben.

Die Kommission setzt sich aus jeweils sieben Vertrauenspersonen zusammen und wählt aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden und dessen Stellvertreter für die Dauer eines Jahres. Vier Vertrauenspersonen, von denen mindestens zwei nicht im öffentlichen Dienst tätig sein dürfen und mindestens eine weiblich sein muss hat das Bundesministerium für Justiz auf Vorschlag des jeweiligen Landeshauptmanns zu bestellen. Jeweils einen Kandidaten können das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit und das Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz bestellen. Ein weiteres Kommissionsmitglied entstammt dem Verwaltungsapparat des Justizministeriums.

Andere Kontrolleinrichtungen

Neben der justizinternen Kontrolle durch die Vollzugsbehörden und der unabhängigen Vollzugskommission gibt es noch zwei weitere wichtige Organisationen, die den Strafvollzug in Österreich regelmäßig kontrollieren. Zum einen wurde die Volksanwaltschaft mit einer Art „Ombudsfunktion“ ausgestattet. Sie kann die Zustände in österreichischen Gefängnissen jederzeit prüfen und hat dem Parlament jährlich Bericht zu erstatten. Daneben gibt es noch die internationale Organisation „Commitee for the Prevention of Torture and Inhumane or Degrading Treatment or Punishment“, also das Komitee für Folterprävention der Europäischen Union. Dieses besuchte bislang viermal österreichische Haftanstalten, zuletzt im Jahr 2004.

Unterbringungsformen

Strafgefangene in Österreich werden im Normalvollzug in Gemeinschaftszellen untergebracht. Obgleich das Strafvollzugsgesetz für die Zeit der Nachtruhe eine Einzelunterbringung der Inhaftierten vorsieht, sind diese meistens aus organisatorischen Gründen auch in der Nacht in Gemeinschaftszellen eingeschlossen. Am Tag sind im Normalvollzug die Türen von Zellen und Gemeinschaftsräumen im Allgemeinen nicht verschlossen. Für den gesonderten Vollzug an Gefangenen mit psychischen Besonderheiten ist der Absatz zum Maßnahmenvollzug zu beachten.

Einzelhaft

Ein Gefangener kann als besondere Form einer Disziplinarstrafe oder auf eigenen Wunsch einzeln inhaftiert werden. Falls der Häftling während der Zeit, die er in Einzelhaft verbringt keine Besuche empfängt, muss er zumindest einmal am Tag von einem Beamten der Justizwache kontrolliert werden. Unterbringungen in Einzelhaft mit einer Dauer von über vier Wochen sind nur mit Zustimmung des Vollzugsgerichts zulässig, das darüber auf Antrag des Anstaltsleiters zu entscheiden hat. Dem Vollzugsgericht obliegt es außerdem die Dauer der Einzelinhaftierung zu bestimmen. Bei einer Einzelunterbringung von Gefangenen über sechs Wochen hat der Häftling diese ausdrücklich zu verlangen und der Anstaltsarzt muss sie genehmigen.

Gelockerter Vollzug

Bei entsprechender guter Führung können Häftlinge in Österreich im Rahmen ihrer Freiheitsstrafe im gelockerten Strafvollzug untergebracht werden. Die häufigste Form einer solchen Vollzugslockerung ist die Unterbringung im offenen Vollzug. In diesem Fall werden die Aufenthaltsräume der Strafgefangenen nicht mehr abgesperrt, sie können sich damit frei im Anstaltsgelände bewegen. Weiters kann die Bewachung bei der Arbeit auch außerhalb der Anstalt beschränkt oder aufgehoben werden. Eine weitere Form der Vollzugslockerung kann mit der Berufsausbildung außerhalb der Justizanstalt gewährt werden. Dem Gefangenen können zudem zwei Ausgänge im Monat zugebilligt werden. Die Entscheidung über den gelockerten Vollzug obliegt immer dem jeweiligen Anstaltsleiter.

Erstvollzug

Falls ein Häftling zum ersten Mal eine Freiheitsstrafe in einem österreichischen Gefängnis verbüßt, muss er von den restlichen Gefangenen getrennt im Erstvollzug untergebracht werden. Gefangene, die eine Strafdauer von über drei Jahren zu verbüßen haben, können auf dieses Recht verzichten. Während des Tages ist diese Trennung allerdings nicht vorgesehen, sie wirkt sich nur auf die Zellenunterbringung der Häftlinge aus. Sträflinge von denen ein schädlicher Einfluss auf Mitgefangene befürchtet wird, haben kein Recht auf Unterbringung im Erstvollzug.

Fahrlässigkeitsvollzug

Strafgefangene, die wegen einer fahrlässig begangenen Straftat inhaftiert sind, haben ein Recht auf gesonderte Unterbringung. Weiters müssen solche Häftlinge an Unterrichtsstunden zur Unfallverhütung und an Erste Hilfe-Kursen teilnehmen. Diese Unterbringungsform entfällt für Häftlinge, die früher bereits zweimal oder öfter wegen eines vorsätzlich begangenen Verbrechens rechtskräftig verurteilt wurden.

Arten von Justizanstalten

Gesetzlich werden die Justizanstalten in Gerichtliche Gefangenenhäuser, Strafvollzugsanstalten und Sonderanstalten unterschieden. In der Praxis kommen zu diesen Typen noch spezielle Strafanstalten für Jugendliche, für weibliche Straftäterinnen sowie für Lungenkranke Inhaftierte.

Gerichtliche Gefangenenhäuser

Es existieren 16 gerichtliche Gefangenenhäuser im Bundesgebiet. Ein Gefängnis wird als gerichtliches Gefangenenhaus bezeichnet, wenn es einem Landesgericht oder einem Gericht ähnlicher Instanz angehört. Meistens sind diese Gefängnisse baulich direkt an das Gerichtsgebäude angeschlossen oder befinden sich in unmittelbarer Nähe des selbigen. Eine Ausnahme bildet hier die Justizanstalt Innsbruck, die sich etwas außerhalb der Stadt etwa 4 bis 5 Kilometer vom Landesgericht entfernt befindet. Im Gefängnistyp des Gerichtlichen Gefangenenhauses werden vornehmlich Untersuchungshäftlinge festgehalten sowie Freiheitsstrafen bis zu 18 Monaten abgebüßt.

Strafvollzugsanstalten

Die Strafvollzugsanstalten sind keinem Gericht angeschlossen, sondern decken meistens mehrere Gerichtssprengel ab. Sie sind zuständig für den Vollzug von Haftstrafen mit einer Dauer von über 18 Monaten bis lebenslänglich. Ausnahmen können nur dann gemacht werden, wenn die entsprechende Strafvollzugsanstalt nicht für die Einleitung des Vollzugs geeignet ist. In diesem Fall kann die Strafe im Gerichtlichen Gefangenenhaus des heimatlichen Gerichtssprengels eingeleitet werden und der Strafgefangene wird erst anschließend in eine Strafvollzugsanstalt überstellt.

Von den 8 Strafvollzugsanstalten in Österreich sind 7 Männerstrafvollzugsanstalten. Daneben gibt es eine Frauenstrafvollzugsanstalt in Schwarzau am Steinfeld, welche auch für weibliche Jugendliche und den Maßnahmenvollzug bei Frauen zuständig ist. Lediglich fünf Prozent aller österreichischen Häftlinge sind weiblich.

Es gibt keine Vorschriften für die Unterbringung der Gefangenen unter Berücksichtigung ihrer Gefährlichkeit, jedoch entscheidet die Vollzugsdirektion als weisungsbefugtes Vollzugsorgan in Fällen von überdurchschnittlicher Gefährdung meist auf eine Unterbringung in den Justizanstalten Graz-Karlau, Stein, Suben oder Garsten.

Jugendstrafvollzugsanstalten

Rund drei Prozent aller Häftlinge in Österreich sind Jugendliche, rund acht Prozent werden als „junge Erwachsene“ bezeichnet. Neben den regulären Abteilungen des Jugendstrafvollzugs in nahezu jeder anderen Justizanstalt gibt es deshalb eine eigene Jugendstrafvollzugsanstalt in Gerasdorf. In dieser werden männliche Jugendliche von 14 bis 29 Jahren inhaftiert, daneben stehen auch Abteilungen zur Unterbringung Jugendlicher Häftlinge des Maßnahmenvollzugs zur Verfügung. Weibliche Jugendliche werden generell in der Frauenvollzugsanstalt Schwarzau inhaftiert. Bis zum Jahr 2003 war in Wien Erdberg zudem eine Justizanstalt für Jugendliche für den Jugendgerichtshof eingerichtet. Seit der Auflösung des Gerichtshofs sind die jugendlichen Sträflinge in einer eigenen Jugendabteilung der Justizanstalt Wien-Josefstadt untergebracht.

Sonderanstalten

Die Justizanstalt Mittersteig mit Behandlungsauftrag für zurechnungsfähige geistig abnorme Rechtsbrecher

Hauptartikel siehe Maßnahmenvollzug

Neben der regulären Haftstrafe gibt es in Österreich die Möglichkeit, Straftäter in einer Haftanstalt im Zuge des Maßnahmenvollzugs unterzubringen. Diese Inhaftierung ist unabhängig von der begangenen Tat oder der zu verbüßenden Strafe, sie ist allein abhängig von der Gefährlichkeit des Täters. Ein Täter kann in eine Anstalt für gefährliche Rückfallstäter, eine Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher oder eine Anstalt für geistesabnorme Rechtsbrecher eingewiesen werden. Die erste Maßnahme bezieht sich auf die Gefährlichkeit des Täters, der Maßnahmenvollzug gegen entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher ist mit einer Zwangseinweisung in den Drogenentzug gleichzustellen und die Maßnahmen gegen geistig abnorme Rechtsbrecher haben den Charakter einer psychiatrischen Unterbringung.

Während der Vollzug für Maßnahmen gegen entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher in nahezu jeder Justizanstalt in Österreich durchgeführt werden kann, ist für gefährliche Rückfallstäter eine Inhaftierung in der Justizanstalt Sonnberg in Hollabrunn und für geistig abnorme Rechtsbrecher eine Unterbringung entweder in der Justizanstalt Göllersdorf in Göllersdorf (nicht Zurechnungsfähige) oder in der Justizanstalt Wien Mittersteig (für Zurechnungsfähige) vorgesehen.

Auch die Justizanstalt für Jugendliche in Gerasdorf, die im Abschnitt Jugendstrafvollzugsanstalten behandelt wird, fällt offiziell unter die Bezeichnung Sonderanstalt.

Standorte

Hauptartikel siehe Liste der Justizanstalten in Österreich

Standorte der österreichischen Justizanstalten.
Standorte der österreichischen Justizanstalten.

Im gesamten Bundesgebiet bestehen insgesamt 28 Justizanstalten. Diesen sind 16 Außenstellen angegliedert, welche teilweise als landwirtschaftliche Betriebe geführt werden. Die Häftlinge können in Österreich im Normalfall zur Arbeit in den Gefängnisbetrieben verpflichtet werden.

In den einzelnen Bundesländern sind unterschiedlich viele Justizanstalten angesiedelt. Spitzenreiter unter den Ländern ist dabei Niederösterreich mit 10 Standorten. Die größte Justizanstalt in Österreich ist die Justizanstalt Josefstadt in Wien mit einer Kapazität von im Jahr 2007 1057 Insassen, das kleinste Gefängnis ist die Justizanstalt Steyr mit 63 Haftplätzen.

Eigentümer der Liegenschaften

Von 28 in Österreich bestehenden Justizanstalten befinden sich 12 im direkten Eigentum der Republik. Dazu zählen alle Strafvollzugsanstalten sowie die Sonderanstalten Gerasdorf, Göllersdorf und Wien-Mittersteig und das Gerichtliche Gefangenenhaus in Innsbruck. Außerdem sind die Gebäude von 8 Außenstellen Bundeseigentum. Die weiteren Gerichtlichen Gefangenenhäuser und Außenstellen befinden sich mit einer Ausnahme im Besitz der Bundesimmobiliengesellschaft, einer Bau- und Verwaltungsgesellschaft die sich wiederum selbst hundertprozentig im Besitz der Republik Österreich befindet. Dem Gerichtlichen Gefangenenhaus in Steyr kommt in diesem Sinne eine besondere Stellung zu, da sich das Gebäude der kleinsten eigenständigen Justizanstalt Österreichs im Besitz der Statutarstadt Steyr befindet.[17]

Geplante Justizanstalten

Insgesamt plant das Justizministerium ab dem Jahr 2007 bis zu 200 Millionen Euro für neue Infrastruktur auszugeben. Damit sollen auch zwei neue Justizzentren, also Gerichte mit angeschlossener Justizanstalt neu gebaut werden. Zudem werden die Justizanstalten in Feldkirch, St. Pölten, Krems, Eisenstadt und Graz umgebaut, erweitert und saniert.

Bereits für das Jahr 2010 ist die Fertigstellung des Justizzentrums Wien-Baumgasse geplant. In der angeschlossenen Justizanstalt Wien-Baumgasse sollen 230 jugendliche Häftlinge, 90 Frauen und 100 Inhaftierte des Maßnahmenvollzugs untergebracht werden. Im Gebäude des neuen Justizzentrums soll auch wieder der 2003 aufgelöste Jugendgerichtshof untergebracht werden.

Als zweites großes Projekt für den Neubau eines Justizzentrums ist die Errichtung eines Gebäudes auf den „Pöll Gründen“ in Korneuburg geplant. Diese Planung soll voraussichtlich bis 2011 in die Tat umgesetzt werden.[18]

Einzelnachweise

  1. Angaben laut Bundesministerium für Justiz.
  2. Anfragebeantwortung der Bundesministerin für Justiz zum Thema Aktuelle Häftlingszahlen.
  3. Artikel der Salzburger Nachrichten zum Thema Lebenslange Haft: Fakten und Fachmeinungen.
  4. Studie des Instituts für Rechts- und Kriminalsoziologie zum Thema Ausländische Gefangene in österreichischen Justizanstalten und Polizeianhaltezentren. Angaben aus dem Absatz „Übersicht über Strafen und Maßnahmen“.
  5. Anfragebeantwortung der Bundesministerin für Justiz zum Thema Personal in den österreichischen Justizanstalten.
  6. Budgetangagaben laut Bundesministerium für Justiz.
  7. Anfragebeantwortung der Bundesministerin für Justiz zum Thema Ausbrüche aus Justizanstalten.
  8. Zeitungsartikel Abgeseilt des Bundesministeriums für Inneres.
  9. Bericht von Ö1 zum Thema Freitod ist kein Ausweg.
  10. Bericht zum Thema Deprivation versus Importation: ein Erklärungsmodell für die Zunahme von Suiziden in Haftanstalten.
  11. Bericht zum Thema Welche Relevanz hat die dokumentierte Suizidalität in Gefangenensuiziden?.
  12. Siehe BGBl. Nr. 354/1983; Vertrag zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über die Unterbringung von Häftlingen.
  13. Ressortbericht der liechtensteinischen Justiz aus dem Jahr 2002.
  14. Sinngemäßes Zitat Peter Westenthalter aus dem Ö1-Mittagsjournal vom 21. August 2007.
  15. Aussage der Justizministerin aus dem orf.at-Bericht.
  16. Presseaussendung des BMJ zur Absegnung des Gesetzesvorschlags im Ministerrat.
  17. Anfragebeantwortung der Bundesministerin für Justiz zum Thema Kosten für "Justizgebäude".
  18. Information des BMJ zum Neubau von Justizzentren.

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