Raubfischer in Hellas (Roman)
Raubfischer in Hellas ist der bekannteste und auflagenstärkste Roman des Schriftstellers Werner Helwig (1905 – 1985). Er ist der erste Band der so genannten Hellas-Trilogie.

Handlung
Der Autor erzählt die abenteuerliche Geschichte seines Freundes Clemens (d.i. Alfons Hochhauser), der, zivilisationsmüde, ohne festen Wohnsitz unter Bauern, Fischern und Schmugglern an der ägäischen Küste zu leben versucht. Dabei gerät er in die Hände eines Dynamitfischers, der ihn zu einer Art Rudersklavendasein zwingt. Vergeblich versucht Xenophon, wie er von den Griechen genannt wird, die Jäger und selbst Gejagten, die blindlings dem Tag und ihrem Glück vertrauen, zu einem waidgerechten Fischen zurückzuführen.
Entstehungsgeschichte
Dreimal zwischen 1935 und 1938 besuchte Helwig den in Griechenland lebenden österreichischen, aus der Jugendbewegung stammenden Alfons Hochhauser, der ihm von seinem Leben im Pilion erzählte und ihm bei seiner Abreise schriftliche Aufzeichnungen darüber mitgab. Seine Geschichten bildeten die Grundlage, die Helwig durch eigene Hinzufügungen zu dem Roman Raubfischer in Hellas umarbeitete. Der Roman erschien dann 1939, sollte aber Jahre später zum Anlass von langwierigen Streitigkeiten über die Urheberschaft führen.
Ausgaben
Das Buch erlebte zahlreiche Auflagen, und die Rechte wanderten auf kuriose Weise durch ungewöhnlich viele Verlage, in denen jeweils Ausgaben erschienen:
- Asmus, Leipzig 1939
- Edition Tauchnitz, Leipzig 1941 (Mit dem Vermerk: Nur zum Verkauf außerhalb des großdeutschen Reiches.)
- Soldatenbücherei, Leipzig 1943 (Mit dem Vermerk: Nur zum Gebrauch innerhalb der Wehrmacht.)
- Frontbuchhandelsausgabe für die Wehrmacht. Oslo 1944
- Asmus, Konstanz/Stuttgart 1951
- Büchergilde Gutenberg, Frankfurt 1952
- Fischer-Taschenbuch Nr. 51, Frankfurt/Hamburg 1954
- Eugen Diederichs, Düsseldorf/Köln 1957
- Deutsche Hausbücherei, Hamburg 1957
- Jakob Hegner, Köln/Olten 1959
- Deutsche Buchgemeinschaft, Darmstadt 1959
- Jakob Hegner, Köln/Olten 1965 (Sonderausgabe)
- Herbig, München 1972
- Goldmann-Taschenbuch Nr. 3353, München 1975
- Moewig-Taschenbuch Nr. 2134, Rastatt 1981
- Reclam, Stuttgart 1991
Der Roman wurde ins Niederländische, Italienische und Französische (1942: Braconniers de la mer en Grèce) übersetzt. Unter den Titeln Mit Harpune und Dynamit (Diederichs, Düsseldorf 1952) und Xenophon und die Raubfischer (Voggenreiter, Bad Godesberg 1962) gab es auch zwei Jugendbuchbearbeitungen.
Urheberrechts-Auseinandersetzung
Als Alfons Hochhauser von dem Erscheinen des Buches erfuhr, wollte er an den Verlagszahlungen beteiligt werden. Auch war er mit gewissen Stellen des Buches nicht einverstanden. Der Streit, durch den Krieg zunächst unterbrochen, endete 1959 in Genf mit einem außergerichtlichen Vergleich, doch er eskalierte erneut, als das Buch verfilmt werden sollte. Eine Einvernehmlichkeit über die Filmrechte war zunächst nicht zu erreichen. Zwischen Filmgesellschaft, Helwig, Hochhauser bzw. ihren Rechtsanwälten begann eine erbittert geführte Auseinandersetzung über die Aufteilung der Einnahmen und den Inhalt der Filmgeschichte. Da Hochhauser seine Lebensgeschichte nicht im Film verarbeitet haben wollte, wurde das Drehbuch zu einer reinen Liebesgeschichte umgeschrieben. Alle Namen aus den „Raubfischern“ wurden geändert, auch die Ortsnamen. Laut einem Vertrag vom 6. Dezember 1960 verpflichtete sich Hochhauser dann, die alleinige Buchautorschaft von Helwig anzuerkennen. Und beide einigten sich auch finanziell. Dennoch tauchten später noch manchmal Plagiatvorwürfe auf. Hochhauser und Helwig fanden gegen Ende ihres Lebens wieder freundschaftlich zusammen, was ein intensiver Briefwechsel bezeugt. Nach dem Tod Hochhausers (1981) veröffentlichte Helwig einen sehr persönlichen Nekrolog.
Wirkungen
Verfilmung
1959 verfilmte Horst Hächler als seine zweite Regiearbeit die Raubfischer in Hellas. Seine Frau Maria Schell spielte die Hauptrolle; weitere Darsteller waren Cliff Robertson und Cameron Mitchell. Die Verfilmung hatte nur noch wenig mit der Handlung des ursprünglichen Romans zu tun und war ein Flop, der Film wurde von der Presse einmütig (die FAZ meinte, der Regisseur hätte keine genaue Vorstellung vom Wesen einer Filmballade) verrissen.
Griechenlandfahrten der Bündischen Jugend
Der Roman stieß bei der Bündischen Jugend der Nachkriegszeit auf großes Interesse. Er reizte Jugendgruppen – Helwigs Spuren folgend – zu abenteuerlichen Erkundungsfahrten nach Griechenland, über deren Erlebnisse dann in ihren Zeitschriften (z.B. Das Lagerfeuer, Der Eisbrecher) zahlreiche Berichte erschienen.
Literarische Wertung
Der Roman wurde sehr unterschiedlich bewertet und interpretiert[1] [2]. Er liest sich wie ein Abenteuerbuch, ist aber mehr als dies, mehr als nur die Darstellung eines Griechenlands, wie man es vergebens in Reiseführern suchen würde. Ein Leitgedanke ist die Zivilisationsflucht, und bei diesem Thema zeigt sich bei Helwig ein geradezu vorausschauender ökologischer Aspekt. Als der Roman 1939 erschien, wurde er bald neben Ernst Jüngers „Auf den Marmorklippen" das meist gelesene Buch. Da es als maskierte Stellungnahme zum Zwangsregime der Nazis verstanden werden konnte, wurde es 1940 den „nicht zu fördernden Büchern" zugerechnet und erschien im Krieg nur noch in Drucken für die Frontsoldaten, vermutlich als kleines Ventil bei der Betreuung der Frontsoldaten. Heute wirkt die oftmals wortmächtige und mit mythologischen Bildern versehene Sprache des Autors nicht unbedingt mehr zeitgemäß, obwohl Helwigs sinnliche Sprachkunst weiterhin auch anerkannt wird.
Die Hellas-Trilogie

Das Buch Raubfischer in Hellas wird als erster Band der so genannten „Hellas-Trilogie“ angesehen. 1941 erschien als zweiter Band Im Dickicht des Pelion, in dem der Protagonist zeitweise nicht mehr an der Küste, sondern als Hirte im Landesinnern lebt. Erst nach dem Krieg (1953) konnte der Abschluss-Band Reise ohne Heimkehr herauskommen; es ist die Beschreibung einer Entfremdung zwischen Autor und Buchhelden, aber auch ein Abschied vom Griechenlandbild der ersten beiden Romane. Gemeinsam in einem Verlag erschien die Trilogie erst mit der späten Reclam-Taschenbuchausgabe (1991ff).
Einzelnachweise
- ↑ Carsten Würmann: Fluchtversuche aus der Moderne. Lebensentwürfe in Werner Helwigs Roman „Raubfischer in Hellas“. In: Spielräume des einzelnen. Literatur in der Weimarer Republik und im „Dritten Reich“. Weidler Buchverlag. Berlin 1999. ISBN 3-89693-141-5. (Dieser Band ist zugleich als Heft 30/31 des JUNI. Magazins für Literatur und Politik erschienen.)
- ↑ Dorota Cygan: Zum Außenseiter verdammt – Außenseitergeschichten bei Werner Helwig und Sergiusz Piasecki. In: „Zwischen den Zeiten. Junge Literatur in Deutschland zwischen 1933 bis 1945“. Uta Beiküfner, Hania Siebenpfeiffer (Hrsg.). S. 61–81. Berlin 2000. ISBN 3-8311-0309-7
Literatur
- Werner Benndorf: Raubfischer in Hellas. In: Das deutsche Wort Nr. 6/1939. Berlin
- Ernst von Schenk: Werner Helwigs Hellas-Romane. In: Schweizer Annalen Nr. 2/1945. Aarau
- Erik Martin: Raubfischer in Hellas. In: Muschelhaufen 26A. Viersen 1991. ISSN 0085-3593
- Erik Martin: Die Griechenlandromane Werner Helwigs. In: Der Eisbrecher Nr. 4/1988. Heidenheim. ISSN 0342-1597
- Erik Martin: Werner Helwig und Alfons Hochhauser. Freundschaft und jahrzehntelanger Streit um die „Raubfischer in Hellas“. In: Muschelhaufen Nr.39/40. Viersen 2000. ISSN 0085-3593
- Steffi Granitz: Der Erzähler, der Narr und seine Frau. Eine Reise zu den Schauplätzen der wunderlichen Griechenlandromane Werner Helwigs. In: Neue Zürcher Zeitung v. 24./25. August 2002