Zum Inhalt springen

Liber valoris

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 4. Februar 2008 um 11:44 Uhr durch Blaufisch (Diskussion | Beiträge) (Nachweise, Literatur, Links). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Der "Liber Valoris ecclesiarum Coloniensis dioceses" (wörtlich übersetzt: "Werte-Buch" der Kirchen der Diözese Köln), meist kurz als "Liber Valoris" oder auch als "Libervaloris" bezeichnet, war im späten Mittelalter ein Abgabeverzeichnis an die Kölner Kirche: Der Liber Valoris enthält Angaben über die Einkünfte sämtlicher kirchlichen Institutionen im Bistum Köln; aufgeführt sind die geldwerten Bestände aus Stiften, Klöstern, Pfarrkirchen und Kapellen. Die Auflistung aller Pfarrstellen oder Kirchengemeinden im Kölner Diözesanbereich diente insbesondere der Ermittlung des zehnten Teils der Erträge; insofern bildeten diese Erhebungen die Grundlage zur Eintreibung des Zehnten oder Kreuzzugzehnten oder der Decimae, ein Anteil also, der als s.g. „Subsidium Charitativum“ dem Erzbischof von Köln zustand. Die im Liber Valoris festgelegten Sätze waren mindestens bis zum Jahre 1548 Berechnungsgrundlage für die Festlegung von Abgaben, die vergleichbar sind mit den heutigen Kirchensteuern. Wie vor allem Urkunden des 13. Jahrhunderts erhellen, stellte die Zehntberechtigung der Kirche die vermögensrechtliche Grundlage ihrer Verpflichtung dar, für den Bau, den Erhalt und die Ausstattung der Gotteshäuser Sorge zu tragen.

Mit dem Liber Valoris handelt es sich um das älteste bislang bezeugte Güterverzeichnis aller Pfarrgemeinden im Bistum Köln. Zugleich weist dieses Heberegister mit einer zeitlichen Spanne seiner Neuauflagen, die vom 13. bis ins 16. Jahrhundert reicht, eine außergewöhnliche Persistenz auf. Im Landesarchiv Nordrhein-Westfalen (Hauptstaatsarchiv Düsseldorf) liegt der Liber Valoris in mehreren Fassungen aus den Jahren um 1300 (vermutlich 1308), 1378, 1390, ca. 1440, 1510 und 1575 (s. Kurköln VIII Nr. 13/1-5, 22/2 und Hs. L V I) vor.

Die Bezeichnung "Liber Valoris" geht auf den Pfarrer Hubert Mooren aus Wachtendonk zurück, der in den Urkunden des Stiftes Xanten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts einen Codex ohne Titel mit eben diesen Aufzeichnungen fand. Diese Handschrift stammt aus dem Jahre 1348. Ihre ursprüngliche Bezeichnung lautete: Registrum decimarum civitatis et cleri Coloniensis.

Wenn vom Liber Valoris die Rede ist, so ist in der Regel das Vermögensbuch aus dem Anfang des 14. Jahrhunderts (wahrscheinlich 1308) gemeint, dessen Aufzeichnungen unter dem Kölner Erzbischof Heinrich von Virneburg erfolgten. Wohl gilt dieses Zehntverzeichnis mit seinen uns erstmals sichtbar vorliegenden Eintragungen als das älteste tatsächlich überlieferte Manuskript des Liber Valoris; es ist jedoch lediglich als Abschrift aus der Zeit um 1400 erhalten (s.a. Kurköln VIII Nr. 13/1). Bis heute ist seine Datierung nicht eindeutig geklärt. Manche Autoren sprechen von einem Aufzeichnungszeitraum "um 1300". Für die Mehrzahl der Forscher gibt es jedoch hinreichend Hinweise für ein Entstehungsdatum von 1308. - Gerade jene frühe Fassung aus ca. 1300 / 1308 erscheint besonders bedeutsam, denn sie führt mit Tausenden von Gemeinde-Nennungen eine Vielzahl von neu entstandenen Pfarreien (Pastorate, Vikariate) im Erzbistum Köln auf. - Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass etliche Ortseintragungen für das Kölner Erzbistum bereits von einem älteren Abgabenbuch übernommen wurden, das spätestens 1250 entstanden ist: Die Pfarren Weilerswist, Glehn oder auch Hilberath bei Rheinbach beziehen sich auf einen erstmaligen Eintrag in einen Liber Valoris bereits um 1274. Die Kirche St. Dionysius in Duisburg-Mündelheim soll sogar in einem Liber Valoris aus dem Jahre 1221 bezeugt sein. Vermutlich existier(t)en noch frühere Heberegister aus der Erzdiözese Köln. Alle jene mutmaßlichen Fassungen des Liber Valoris aus der Zeit vor 1300 sind jedoch nicht mehr auffindbar.

Bereits aus karolingischer Zeit, also spätestens seit dem 9. Jahrhundert, sind vereinzelte Liegenschaftsverzeichnisse als Grundlagen für Abgaben an die Obrigkeit überliefert (so zum Beispiel der bedeutende Prümer Urbar, der ebenfalls weite Gegenden des Rheinlandes und darüber hinaus benennt). Doch keine dieser frühen Erhebungen umfasst ein derart großes und zugleich in sich geschlossenes Gebiet von immerhin 25 Dekanaten (der Erzdiözese Köln) wie der Liber Valoris im ausgehenden Mittelalter.

Als mutmaßlich ältestes Verzeichnis aller Pfarrkirchen im Bistum Köln bedeutet der Liber Valoris, insbesondere mit der Fassung aus 1308, für etliche Ortschaften in der Region zugleich den ältesten beurkundeten Beleg; das Verzeichniswerk stellt somit einen eminent wichtigen Nachweis dar für die Existenz zahlreicher überwiegend ländlich geprägter Gemeinden im Übergang vom Spätmittelalter zur frühen Neuzeit. Aufgrund der Beurkundung ihrer Ersterwähnung im Liber Valoris aus 1308 dürfen sich im laufenden Jahr 2008 etliche Kommunen, die dem Bereich der mittelalterlichen Kölner Diözesan-Verwaltung zugeordnet waren, über ein 700-Jahres- Jubiläum freuen: Zu ihnen gehören die Gemeinde Kürten im Bergischen Land oder auch die Stadt Mechernich in der Nordeifel.


Nachweise, Literatur

Nachweise im Landesarchiv Nordrhein-Westfalen (Hauptstaatsarchiv Düsseldorf: Fassungen der Jahre 1308, 1378, 1390, ca. 1440, 1510 und 1575 unter Kurköln VIII Nr. 13/1-5, 22/2 und Hs. L V I; Fassung von 1308 unter Kurköln VIII Nr. 13/1 (als Abschrift aus der Zeit um 1400)

siehe auch: Nachweis unter A 1 D; Bestand 295 im Historischen Archiv der Stadt Köln: 1917 angefertigte Photographie des Liber Valoris von 1308 [Schätzung der Jahreseinkünfte der geistlichen Pfründen der Erzdiözese Köln] / nach HS A 175 Staatsarchiv Düsseldorf(f).


  • Friedrich Wilhelm Oediger (Hrsg.): Die Erzdiözese Köln um 1300, Heft 1: Der Liber Valoris (= Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde XII, Erläuterungen zum geschichtlichen Atlas der Rheinlande Bd. 9, 1), Bonn 1967 (allgemeine Erläuterungen; Transkriptionen ab S. 29)
  • Anton Josef Binterim und Joseph Hubert Mooren: Die alte und neue

Erzdiözese Köln in Dekanate eingetheilt oder das Erzbisthum Köln mit den Stiften, Dekanaten, Pfarreien und Vikarien, sammt deren Einkommen und Collatoren wie es war … Als ein Beitrag zur Geographie, Statistik und Geschichte des Erzbisthums Köln. Simon Müller, Mainz 1828-1831. Sign.: Cb 920 u. IV 485 - - - - - ( Gemeinsam mit seinem engen Freund, dem Pfarrer von Wachtendonk Joseph Hubert Mooren /1797-1887, gab Binterim dieses vierbändige Werk heraus, das über drei Jahre hinweg erschien. Der erste Band besteht aus der mit vielen Anmerkungen versehenen Textedition des von Mooren entdeckten und benannten Liber valoris, das u.a. "ein vollständiges Verzeichnis aller Pfarrkirchen der kölnischen Diözese im vierzehnten Jahrhundert nach ihrer Einteilung in Dekanate" und deren Jahreseinkünfte beinhaltet. Daneben findet sich auch ein Kölner Kirchenkalender aus dem 14. Jh. und ein solcher aus Xanten aus dem 13. Jh. Eine akkurat ausgearbeitete Karte der alten Erzdiözese Köln ist beigegeben. )