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Peloponnesischer Krieg

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Der Peloponnesische Krieg zwischen Athen und dem peloponnesischen Bund, an dessen Spitze Sparta stand, begann im Jahre 431 v. Chr. und dauerte mit einigen Waffenstillständen 27 Jahre bis 404 v. Chr. Der griechische Historiker Thukydides gibt in seiner "Geschichte des Peloponnesischen Kriegs" eine ausführliche zeitgenössische Darstellung der Ursachen und Hintergründe des Kriegs und des Kriegsverlaufs (bis zum Winter des Jahres 411 v. Chr., anschließend fortgesetzt in der Hellenika des Xenophon).

Die Bezeichnung Peloponnesischer Krieg ist nicht zeitgenössisch, sondern kam erst später auf. Thukydides sprach vom "Krieg zwischen den Athenern und den Lakedaimoniern (Spartanern)".

Dabei wird der Konflikt zwischen Athen und Sparta in den Jahren 460 bis 446 v. Chr., der sich unter anderem aus dem Übertritt Megaras zu Athen ergab, als Vorstufe zum "großen Krieg" gesehen (so genannter erster Peloponnesischer Krieg). Beide Kriege müssen im Zusammenhang gesehen werden, da der "große Krieg" im Prinzip nur die Fortführung des ersten Peloponnesischen Krieges war, der keine Entscheidung gebracht und 446 v. Chr. mit einem Patt geendet hatte.

Hellas zu Beginn des Peloponnesischen Krieges

Ursachen und Anlass des Krieges

Ausgangslage

Der Attische Seebund, nach den Perserkriegen 50 Jahre zuvor noch ein freiwilliges Verteidungsbündnis freier griechischer Städte, war inzwischen zu einem reinen Macht- und Zwangsinstrument Athens geworden und diente nun dem Ausbau und der Sicherung der Hegemonie Athens im Raum des Ägäischen Meers. In Athen wurden zudem die so genannten "Langen Mauern" gebaut, die die Stadt - zur See ohnehin unangefochten - auch gegen Bedrohungen auf dem Landweg immun machten.

Der Peloponnesische Bund unter Führung Spartas stellte jedoch ein effektives Gegengewicht zu den Bestrebungen Athens dar, ihr Herrschaftsbereich auf ganz Hellas auszuweiten. Nach dem Frieden von 446 v. Chr. schien ein Gleichgewicht erreicht, da im Friedensvertrag vereinbart wurde, dass man das jeweilige Bündnissystem achten und bei Konflikten ein Schiedsgericht anrufen werde. Bewusst wurde das Verhältnis zu den "neutralen" Poleis ausgeklammert, was sich als folgenschwerer Fehler erweisen sollte. Denn in den dreißiger Jahren des 5. Jahrhunderts v. Chr. flackerte am äußersten Rand der griechischen Welt ein Brandherd auf, der schließlich zum Krieg führen sollte.

Ob die Kriegsschuld nun bei Athen (wegen der Konfrontationspolitik des Perikles) oder bei Sparta lag (wegen dem kalkulierten Risiko eines Krieges, um so Athen zu bezwingen) ist in der Forschung umstritten. Sicher ist, dass aufgrund einer Atmosphäre politischer Verunsicherung, aggressiver Machtpolitik und übersteigerten Prestigedenkens von allen Seiten eine mehr oder weniger große Bereitschaft zum Krieg vorhanden war.

Der Weg in den Krieg

Eine Schlüsselrolle in der Entstehungsphase des Konflikts kam dem spartanischen Bündner Korinth zu, das unabhängig von den großen Bündnissystemen seine Hegemonie im Golf von Ambrakia zu erhalten suchte. Als bei einem Bürgerkrieg in Epidamnos (um 436 v. Chr.) die "demokratische" Partei Korinth, die Adelspartei hingegen Korinths ehemalige Kolonie Kerkyra um Hilfe bat, entstand zwischen diesen beiden Poleis ein Konflikt um die Vorherrschaft im westlichen Meer. Nach ersten Niederlagen gegen Kerkyra rüstete Korinth eine derart große Flotte auf, dass Athen um seinen Status als größte Seemacht fürchtete und deshalb im Sommer 433 v. Chr. ein Defensivbündnis (Epimachia) mit Kerkyra einging, welches über die zweitgrößten Flotte Griechenlands verfügte. Korinth sah damit jedoch eine Verletzung des Friedens von 446 v. Chr. gegeben und wandte sich schließlich an Sparta.

Infolge eines weiteren Konflikts verhängte Athen (wohl noch im Jahr 433 v. Chr.) per Volksbeschluss (megarisches Psephisma; wobei es umstritten ist, ob es ein oder mehrere Beschlüsse waren) ein Handelsverbot gegen die Polis Megara, mit der Athen seit dem Ende des ersten Peloponnesischen Krieges verfeindet war. Megara, ebenso wie Korinth Mitglied des Peloponnesischen Bundes, setzte nun alles daran, Sparta zum Handeln zu zwingen. Allgemein wird vor allem dieser Beschluss als letztendlich entscheidender Kriegsgrund angesehen, da er Sparta zum Handeln zwang. Diese Einschätzung wurde schon von Zeitgenossen geteilt, so von Aristophanes, der meinte, Perikles wollte dadurch von inneren Schwierigkeiten ablenken:

„Die Quelle des Unheils war der Skandal um Phidias/
daraufhin steckte Perikles, weil er fürchtete, ihn träfe das gleiche Unheil/
weil er sich vor eurem Zorn fürchtete, eurem bissigen Charakter/
nur um sich abzusichern, unsere Stadt in Brand/
warf hinein den kleinen Funken, das megarische Edikt“
(Aristophanes, Eirene, Verse 605 ff.; aufgeführt im Jahre 421 v. Chr.)

Ein dritter Konflikt entwickelte sich schließlich in der Stadt Potideia auf der Chalkidike, einem Mitglied des attischen Seebundes, das ebenfalls gute Beziehungen zur Mutterstadt Korinth pflegte. Als Athen von Potideia verlangte, korinthische Beamte auszuweisen und die Seemauern niederzureißen, trat dieses aus dem Seebund aus. Trotz der Unterstützung durch Korinth konnten die Athener Potideia allerdings schnell einschließen.

Für Thukydides war der wahre Grund allerdings die Furcht der Spartaner vor der Macht Athens, die sie nun beabsichtigten zu brechen. Nach seiner Meinung war der Konflikt letztendlich unvermeidbar, was in der modernen Forschung so jedoch nur bedingt geteilt wird.

Im Sommer 432 v. Chr. forderten die unzufriedenen peloponnesischen Bundesgenossen Sparta auf, auch endlich einzugreifen. In Sparta war es vor allem König Archidamos II., der zur Vernunft riet. Er konnte sich jedoch nicht durchsetzen. Zunächst wurde aber nur festgestellt, dass Athen den dreißigjährigen Frieden von 446 v. Chr. gebrochen hatte. Die auch weiterhin fortgesetzten Verhandlungen mit Athen führten jedoch keine Lösung: in Athen war es vor allem Perikles, der es nun auf einen Krieg ankommen ließ.

Letztendlich waren die Risikobereitschaft des Perikles und die spartanische Furcht vor einem Austreten eines oder mehrerer Bündner aus dem Peloponnesischen Bund (womit Spartas Sicherheitsinteressen tangiert waren, siehe die permanente Helotengefahr) die Hauptgründe für den Krieg. Perikles Absicht war es, Sparta zur Akzeptierung des Dualismus und damit des Seebundes zu zwingen, Sparta musste den Interessen seiner Bündner Rechnung tragen.

Die eigentlichen Kampfhandlungen begannen jedoch erst mit dem Überfall der mit Sparta verbündeten Thebaner auf Plataiai im Frühjahr des Jahres 431 v. Chr.

Kriegsverlauf

Allgemein wird der Peloponnesische Krieg in drei Phasen unterteilt:

  • 1) archidamischer Krieg (benannt nach dem spartanischen König und Feldherrn Archidamos II.), der von 431 v. Chr. bis 421 v. Chr. andauerte.
  • 2) Die Zeit des Nikiasfriedens (fauler Frieden), die von 421 bis etwa 413 v. Chr. andauerte.
  • 3) der dekeleisch-ionische Krieg, da sich die Kampfhandlungen weiter auf Attika ausbreiteten (wo die Spartaner von Dekeleia aus operierten) und auf die ionischen Inseln in der Ägäis. Diese Phase dauerte von 414/413 bis zur Niederlage Athens 404 v. Chr. an.

Die ersten Kriegsjahre - der archidamische Krieg

Athen besaß gegenüber Sparta ein schwaches Landheer, aber eine starke Flotte. Die von Perikles erdachte Strategie war demnach, einerseits sich nicht auf eine Auseinandersetzung zu Lande einzulassen und die Bevölkerung Attikas hinter den "Langen Mauern" zu schützen, andererseits aber mit der starken Flotte die Küstenstädte der Peloponnes anzugreifen und mit einer Blockierung der Seewege Sparta langsam zu zermürben (wobei diese Strategie wenig originell war; bereits im ersten Peloponnesischen Krieg wurde sie in ähnlicher Weise von dem athenischen Strategen Tolmides ausgeführt).

Perikles im British Museum

Sparta dagegen fiel mit seinem starken Landheer in Attika ein und verwüstete das Umland von Athen. Da es tatsächlich unmöglich war, Athen angesichts der starken Befestigung und des damaligen Stands der Belagerungstechnik einzunehmen, lief auch Spartas Taktik auf eine Zermürbungsstrategie hinaus: der sommerliche Einfall des spartanischen Heeres in Attika wiederholte sich Jahr für Jahr. Die Spartaner verwüsteten das Land und zogen nach einigen Wochen wieder ab. Athen hingegen kostete der Unterhalt der kostspieligen Flotte und die Belagerung Poteidaias Unsummen, was zu schweren Vorwürfen gegenüber Perikles führte, der kurzfristig sogar nicht zum Strategos gewählt wurde. In Athen brach 430 v. Chr. sogar eine Seuche aus (wohl eine Form der Pest), der etwa ein Viertel der Bevölkerung zum Opfer fiel - darunter auch Perikles im Jahr 429 v. Chr..

Der Tod des Perikles brachte eine neue Generation von Politikern ans Ruder: Männer wie Kleon (dem Führer der "Radikaldemokraten" und Befürworter einer aggressiveren Politik) und Nikias (der zu einem Ausgleich mit Sparta riet) stammten nicht aus den alten Adelsgeschlechtern und nutzten als Forum noch stärker die Volksversammlung.

In den folgenden Jahren kam es jedoch zu keiner wirklichen Entscheidung. Den Athenern gelang es jedoch, den korinthischen Golf zu blockieren und somit große Teile der peloponnesischen Flotte lahm zu legen. 428 v. Chr. fiel Mytilene auf Lesbos vom Seebund ab, wurde jedoch bald darauf wieder in das Bündnis gezwungen. 427 v. Chr. kam es schließlich zur so genannten ersten sizilischen Expedition Athens unter Führung des Laches, die jedoch für den Kriegsverlauf keine Bedeutung hatte.

425 v. Chr. schien Athen im Vorteil zu sein: Eine athenische Truppe unter dem Strategen Demosthenes war bei Pylos an der Westküste der Peloponnes gelandet. Eine spartanische Belagerung wurde aufgehoben, wobei sogar mehrere Spartiaten in Gefangenschaft gerieten. Der Ruhm fiel Kleon zu, der zu einer militärischen Entscheidung gegen die Spartaner bei Pylos gedrängt hatte. Sparta, in Sorge um gefangene Spartiaten, zeigte sich schließlich friedenswillig. Athen jedoch ging darauf nicht ein, vor allem unter dem Einfluss des Kleon. Dieser stellte vielmehr unannehmbare Gebietsforderungen, die Sparta ablehnte.

Nun begann jedoch 424 v. Chr. der talentierte spartanische General Brasidas mit seinen Operationen in Thrakien, wobei er auf seinem Felzug auch Heloten einsetzte, denen die Freiheit versprochen wurde. Brasidas, der unter dem Motto Freiheit und Autonomie gegen Athens Seebund ins Feld zog, knüpfte Kontakte zu Perdikkas II., dem König von Makedonien, der während des Krieges zwischen Athen und Sparta manövrierte, und schloß ein Bündnis mit ihm. Den Spartanern gelang denn auch die Einnahme des wichtigsten athenischen Stützpunktes in dieser Region, Amphipolis. Hinzu kam im selben Jahr eine schwere Niederlage der Athener beim böotischen Delion, wo sie in offener Feldschlacht unterlagen. Mit den Operationen des Brasidas wurde der Lebensnerv Athens getroffen, denn in jener Region verlief die Getreideroute aus der heutigen Ukraine, die Athens Überleben sicherstellte. Außerdem erhielt Athen aus dieser Region Geld und Holz für den Bau seiner Flotte. Der ehrgeizige Kleon hielt jedoch weiter an seinem harten Kurs gegenüber Sparta fest, während sein politischer Gegner Nikias zu einer Verständigung mit Sparta riet. Zwar kam es zu einem vorübergehenden Waffenstillstand, der jedoch nicht eingehalten wurde, so dass die Kämpfe schon bald wieder aufflackerten.

Während des Krieges kam es auf Seiten der Athener zu zahlreichen Greueltaten an deren Verbündeten, die versuchten den Seebund zu verlassen (wie beispielsweise an Mytilene auf Lesbos 427 v. Chr. oder 416 v. Chr. auf Melos, siehe der berühmte Melierdialog des Thukydides). Dabei muss die unrühmliche Rolle der athenischen Volksversammlung betont werden, die sich leicht zu unklugen Handlungen hinreissen ließ (siehe attische Demokratie). Auch wurden auf Antrag der Volksversammlung die Abgaben der Bündnisgenossen erhöht und effizienter organisiert. Allerdings lässt sich generell feststellen, dass der Krieg Greueltaten auf beiden Seiten verursachte (dass auch Sparta nicht davor gefeit war, Grausamkeiten zu verüben, zeigt die Belagerung von Plataeae). Insgesamt beobahctete Thukydides einen Verfall der Sitten, was er exemplarisch am Beispiel Kerkyra festmachte, wo es bald zu einem weiteren Bürgerkrieg kam.

Mit dem Tod des Kleon und des Brasidas im Jahre 422 v. Chr. bei Amphipolis, wo die Spartaner eine glänzenden Sieg errangen, der aber durch den Verlust ihres besten Generals getrübt wurde, fielen die beiden Hauptgegner einer Verständigung aus. Somit war der Weg frei für einen Friedensvertrag, den Nikias aushandelte und der auch seinen Namen trug: der Nikiasfrieden.

Der Nikiasfrieden - eine trügerische Sicherheit

Der 421 v. Chr. geschlossene so genannte Nikiasfrieden orientierte sich weitgehend am Status quo ante: Sparta sollte seine Gefangenen zurück erhalten und die thrakischen Stützpunkte räumen, wofür Athen im Gegenzug die peloponnesischen Stützpunkte aufgeben sollte, aber einen der beiden Häfen Megaras behalten durfte. Allerdings kam es bereits zu Beginn zu Missstimmungen bei den Athenern und Spartanern, da nicht alle Vertragspunkte erfüllt wurden. So blieben spartanische Truppen weiterhin in Amphipolis stationiert und dachten gar nicht daran, es den Athenern zu übergeben. Währenddessen räumten die Athener nicht ihren peloponnesischen Stützpunkt Pylos, gaben aber wenigstens die Gefangenen frei.

Aber auch Spartas Verbündete, vor allem Korinth und Theben, waren unzufrieden: Ihre Interessen war im Vertrag nicht berücksichtigt worden. Dies führte zu erheblichen Spannungen im peloponnesischen Bund, woraufhin Sparta, unter Vermittlung des Nikias, ein Bündnis mit Athen schloß, welches aber keinen reellen Wert besaß. Denn Argos, selbst eine Demokratie und Spartas Erzrivalin, arbeitete an einem anti-spartanischen Bündnis, wobei es schließich auch einen Pakt mit Athen einging, wo der ehrgeizige und aus ältestem Adel stammende Alkibiades auf einen neuen Krieg mit Sparta hinarbeitete und die Ausgleichspolitik des Nikias unterminierte. Sparta wiederum bekräftigte darauf wieder seine Bande mit Theben und mit Korinth, die sich beide nicht dem argivischen Bündnis anschlossen.

Sparta hatte dadurch die Hände gegenüber Argos frei, während Athen nach Luft schnappen und sich um seine Probleme in Thrakien kümmern konnte. Argos konnte schließlich keinen Nutzen aus der zeitweisen Schwäche Spartas ziehen, denn 418 v. Chr. wurden seine Streitkräfte von Spartas Aufgebot in der Schlacht von Mantineia geschlagen, während Athen seine Herrschaft über den Seebund konsolidierte (siehe der Melierdialog 416 v. Chr.). Dennoch ließ sich Athen auf ein gewagtes Spiel ein: die Sizilienexpedition.

Alkibiades und der Sizilienfeldzug

Alkibiades gewann in der Erholungszeit nach den Auseinandersetzungen mit Sparta immer mehr Einfluss auf die Volksversammlung und begeisterte die Athener für einen gefährlichen Plan: den Sizilienfeldzug. Ziel war sowohl das Getreide der Insel als auch Pläne für eine Ausdehnung des athenischen Einflussgebiets. Vorgeschobener Grund war ein Hilferuf aus Segesta, das sich so wie einige andere örtlicher Poleis im Konflikt mit Syrakus befand, dem mächtigsten sizilischen Stadtstaat. Alkibiades setzte gegen die Empfehlungen des Nikias, der zur Vernunft riet und den ganzen Plan für zu gewagt hielt, die Expedition durch. Überschattet wurde das Unternehmen bereits vor dessen Beginn, da es in der Stadt zum so genannten Hermenfrevel kam: Unbekannte hatten die Hermesstatuen in der Stadt verstümmelt, was auch als ein Angriff auf die attische Demokratie gedeutet wurde. Alkibiades geriet in Verdacht, doch war dieser wohl unbegründet - was hätte er davon in dieser Situation gewonnen? Man beschloß, vorerst keinen Prozeß gegen Alkibiades anzustrengen, doch sollte dieser Aufschub nicht ohne Folgen bleiben, denn die Verdächtigungen gegen Alkibiades blieben bestehen.

Schließlich zog eine gewaltige Flotte von 134 Trieren und etwa 5.000 Hopliten (die Streitmacht wurde später noch verstärkt) im Jahre 415 v. Chr. nach Sizilien. Die Gesamtstärke der Expedition betrug insgesamt rund 32.000 Mann (6.400 Mann Landungstruppen + über 25.000 Ruderer). Allein das Athener Kontingent (100 Trieren, 1.500 Hopliten) war die bei weitem größte Expeditionsflotte, die je eine einzelne Polis ausgerüstet hatte – noch dazu fern der Heimat. Nach ersten, hart erkämpften Erfolgen wurde Alkibiades jedoch nach Athen zurückberufen, wo er sich einem Prozess stellen sollte: wegen des Hermenfrevels und aufgrund der Anschuldigung, einen Religionsfrevel verübt zu haben (er soll die Mysterien von Eleusis verspottet haben). Er ging daraufhin zum Gegner Sparta über, was der Anfang der Katastrophe für Athen war. Die Athener unter Nikias belagerten zunächst Syrakus, konnten die Belagerung aber nicht lückenlos durchführen. Schließlich wurden die Athener, nun selbst in Gefahr abgeschnitten zu werden und ihrer Flotte beraubt, die im Hafen von Syrakus im Gefecht vernichtet worden war, zum Rückzug gezwungen. Der Großteil der Truppen geriet in Gefangenschaft, in der die meisten von ihnen starben (Herbst 413 v. Chr.), so auch Nikias, der die Expedition nach der Flucht des Alkibiades praktisch geführt hatte. Die so genannte sizilische Expedition war in einer Katastrophe für Athen geendet, welches seine Kräfte bei weitem überspannt hatte.

Sparta und Persien verständigen sich

Von der Katastrophe des Sizilienfeldzugs sollte sich Athen nie wieder wirklich erholen. Sparta erklärte aufgrund athenischer Übergriffe 414 v. Chr. den Nikiasfrieden für gebrochen. Es ging bald darauf in die Offensive und setzte sich 413 v. Chr. auf Rat des Alkibiades im kleinen Ort Dekeleia in Attika fest, von wo aus spartanische Truppen Raubzüge in das attische Territorium unternahmen. Damit befand sich Athen im Zustand einer permanenten Belagerung: mehrere Tausend Sklaven liefen über, die Versorgung von Euböa, wo ein Großteil des athenischen Viehs lagerte, ging nur noch über den Seeweg, und Tag und Nacht mussten die Mauern besetzt sein.

Zudem hatte Athen 414 v. Chr. in Kleinasien einen lokalen Rebellen unterstützt, so dass es sich nun auch mit dem Perserreich überwarf, was schwerwiegende Folgen haben sollte. Persien nahm nun Konakt zu Sparta auf. In Verhandlungen mit dem persischen Satrapen in Sardes, Tissaphernes, wurden insgesamt drei Vertragsentwürfe ausgehandelt. 412 v. Chr. verpflichtete sich Sparta schließlich, Kleinasien an Persien abzutreten, wofür es im Gegenzug regelmäßige, aber keineswegs besonders umfangreiche Geldzahlungen erhielt.

Diese für Athen prekäre Situation nutzten mehrere Mitglieder des Seebundes und fielen 412 v. Chr. und in den folgenden Jahren von Athen ab, während die spartanische Flotte, gebaut mit persischem Gold, recht erfolgreich in der Ägäis operierte, wobei es aber nicht gelang, die athenische Flotte zu schlagen. Allerdings betrieb der persische Satrap Tissaphernes auch nach Abschluß des Vertrags mit Sparta eine wankelmütige Politik, um so den Zermürbungskrieg zwischen Athen und Sparta zum Vorteil Persiens in die Länge zu ziehen, wozu er angeblich von Alkibiades ermutigt worden war, der schon längst nicht mehr in der Gunst Spartas stand (angeblich hatte er die Frau König Agis II. verführt).

Oligarchischer Umsturz in Athen

In Athen war währenddessen die Atmosphäre stark angespannt. Militärisch war die Situation ernst, standen doch nun spartanische Truppen sogar in Kleinasien, und auch in finanzieller Hinsicht ergaben sich Probleme: Man war sogar an die letzten Finanzreserven herangegangen, die man bei Kriegsausbruch zurückgelegt hatte. Diese Lage bereitete nun den Boden für den oligarchischen Verfassungsumsturz des Jahres 411 v. Chr. Bei der von Samos aus operierenden Flotte hatten sich mehrere oligarchisch gesinnte Kommandeure zusammengeschlossen. Sie hatten genug von der Politik ihrer Heimatstadt, die zur sizilischen Expedition und den damit verbundenen Aderlass geführt hatte. In ihren Bestrebungen wurden sie von Alkibiades ermutigt, welcher mit der spartanischen Flotte in der Ägäis operierte. Aufgrund seiner gefährdeten Position plante er wieder einen Seitenwechsel und machte den Verschwörern Glauben, dass, wenn in Athen eine Oligarchie an der Macht wäre, auch das Perserreich zu einem Ausgleich bereit sei und er, Alkibiades, wieder nach Athen kommen kommen würde.

Die Verschwörer gingen systematisch vor und knüpften Kontakt zu den oligarchisch gesinnten Hetairien (lockeren Verbindungen von Adligen). Einer der Wortführer der Oligarchen, Peisandros, erklärte vor der Volksversammlung, dass die Verfassung, so wie sie nun bestünde, nicht den Erfordernissen des Krieges Rechnung tragen würde. In einer von den Hetairien geschaffenen Atmosphäre von Angst und Verunsicherung stimmte die Versammlung der Bildung eines Komitees zu, welches eine neue Verfassung erarbeiten sollte.

So entmachteten die Oligarchen im Frühjahr 411 v. Chr. die Volksversammlung und erreichten schließlich die Einsetzung eines Rates der 400, der eine neue Verfassung vorbereiten sollte, wobei aber nur noch 5000 Hopliten in der Volksversammlung stimmberechtigt sein sollten und die Zahlungen an die Bevölkerung eingestellt werden sollten (Mai/Juni 411 v. Chr.). Die Versammlung der 5000 trat erst gar nicht zusammen und der Rat der 400 übte alle Macht aus. Doch weder gelang ein Übereinkommen mit Persien (die Oligarchen sahen sich dabei von Alkibiades Versprechen getäuscht) noch wurde ein Frieden mit Sparta geschlossen, wo man gar nicht daran dachte, in dieser günstigen Lage einzulenken.

Dank der weiterhin demokratisch gesinnten Flotte, bei dessen Rudermannschaften die Oligarchen keine Unterstützung fanden, konnte der Umsturz bald wieder rückgängig gemacht werden, zumal bei den Oligarchen Männer wie Theramenes in eine gemäßigte Richtung tendierten. Bereits nach wenigen Monaten wurde der Rat der 400 entmachtet und es trat eine Versammlung der 5000 zusammen, bevor 410 v. Chr. die Demokratie wieder eingerichtet wurde, samt den Maßnahmen zur Allimentierung der Bevölkerung. Alkibiades war schon vorher zu den Demokraten übergewechselt und hatte sich zum Führer der demokratischen Gegenbewegung auf Samos gemacht, nachdem die Oligarchen ihn aufgrund des nicht zustandegekommenen Ausgleichs mit Persien außen vor gelaßen hatten.

Lysander und das Ende des Krieges

Der erneute Seitenwechsel des Alkibiades nützte Athen nichts mehr, trotz einer Reihe athenischer Siege, so bei Kyzikos 410 v. Chr. (wonach Sparta noch einmal zum Frieden bereit gewesen war, was in Athen aber von den radikalen Demokraten unter Führung des Kleophon abgewiesen worden war), denn bald schon erwuchs Alkibiades ein ebenbürtiger Gegner, der ihm in mancher Hinsicht sogar überlegen war.

407 v. Chr. war der erfahrene spartanische General Lysander nach Kleinasien gegangen und hatte dort Kontakt zum persischen Prinzen Kyros den Jüngeren aufgenommen, der sich von Lysander tief beeindruckt zeigte. Persien beendete seine Schaukelpolitik endgültig und Sparta erhielt nun alles im Überfluss. In dieser letzten Phase des dekeleisch-ionischen Kriegs verlor Athen zunächst gegen die Spartaner unter Lysander die Schlacht von Notion 407 v. Chr. (was zur Abberufung des Alkibiades führte, obwohl dieser selbst nicht anwesend gewesen war), gewann aber noch die Schlacht bei den Arginusen (einer Inselgruppe in der Ägäis) im Jahre 406 v. Chr. Es war die größte Seeschlacht, die sich die Griechen jemals gegeneinander geliefert hatten und sie endete mit einem glänzenden Sieg für Athen. Allerdings kam es aufgrund der unterlassenen Rettung von athenischen Seeleute zum berüchtigten Arginusenprozess, der mit der Hinrichtung mehrerer athenischer Strategen endete, womit Athen sich selbst aber auch erfahrener Militärs beraubte.

Die Niederlage bei Aigospotamoi im Jahre 405 v. Chr. (eigentlich mehr ein Handstreich als eine Schlacht) besiegelte denn das Schicksal Athens, welches nun über keine intakte Flotte mehr verfügte, während die Spartaner unter Lysander das Meer beherrschten. In der Stadt breitete sich Panik aus: Man befürchtete, dass man nun mit ihnen so umgehen würde, wie sie selbst in der Vergangenheit mit besiegten Gegnern verfahren waren. Nur Samos hielt noch zu den Athenern, alle anderen Bündner waren längst abgefallen oder unterwarfen sich nun lieber den Spartanern. Lysander beorderte Einheiten nach Samos (deren Bürger nun das attische Bürgerrecht erhielten, was eine zu späte Einsicht der Athener darstellte, die ihre Bündner nur noch wie Untertanen behandelt hatten), der Rest der Flotte setzte Kurs auf den Piräus, während zwei spartanische Heere sich vor Athen vereinigten. Die Stadt wurde eingekesselt und musste schließlich ausgehungert im Frühjahr des Jahres 404 v. Chr. kapitulieren.

Folgen des Krieges

Der Krieg hatte die Macht Athens gebrochen. Der Seebund wurde aufgelöst, die Flotte ausgeliefert und eine pro-spartanische Oligarchie an die Macht gebracht (welche jedoch 403 v. Chr. beseitigt wurde). In der Ägäis wurden pro-spartanische Regime (so genannte Dekarchien) installiert und spartanische Garnisonen eingerichtet. Dennoch wurde Athen nicht zerstört, wie von Korinth und Theben gewünscht. Sparta wollte kein Machtvakuum entstehen lassen, zumal es selbst große Schwierigkeiten hatte: Man war mit dem Ruf nach Freiheit und Selbstbestimmung gegen Athen zu Felde gezogen, hatte Persien aber im Gegenzug für dessen Hilfe die Abtretung der kleinasiatischen Küste zugesichert. Dies kam nicht mehr in Frage, so dass Sparta nun gegen das Perserreich Krieg führen musste. Die spartanische Hegemonie sollte ohnehin nur wenige Jahrzehnte dauern, doch auch danach kam es zu keinem modus vivendi. Am Ende dieser Entwicklung stand der ehrgeizige König von Makedonien, Philipp II.

Das goldene Zeitalter des klassischen Griechenlands wurde durch diesen antiken Weltkrieg, der von Sizilien bis nach Kleinasien getobt hatte und in dem jede größere Macht der Region involviert gewesen war, zerstört. Zudem war das politische Gleichgewicht destabilisiert worden. Auch die politische Macht Athens war dahin (sieht man von der Restauration des Seebunds im 4. Jahrhundert ab, der jedoch weit hinter dem ersten Seebund zurück blieb), kulturell jedoch blieb die Stadt noch für Jahrhunderte führend, bis sie schließlich von der Spätantike bis ins 19. Jahrhundert hinein in der Bedeutungslosigkeit verschwand.

Siehe auch: Antikes Griechenland

Literatur

Wichtigste Quelle ist Thukydides, aber auch Diodor, Plutarch und für die letzten Kriegsjahre Xenophon sind neben diversen anderen Quellen von Bedeutung (beispielsweise Inschriften, Komödien, historische Fragmente sowie das wohl aus der Schule des Aristoteles stammende Werk Athenaion politeia). Die Literatur zum Thema Peloponnesischer Krieg ist uferlos, es sei daher nur eine kleine Auswahl genannt.

Quellen

  • Plutarch: Große Griechen und Römer, herausgegeben von Konrat Ziegler, 6 Bde., Zürich 1954. (Bibliothek der alten Welt, mehrere Nachdrucke)
  • Thukydides: Geschichte des Peloponnesischen Krieges, hrsg. von H. Vrestska und W. Rinner (Reclam), Stuttgart 2000, ISBN 3-150-01808-0
  • Xenophon: Hellenika, übersetzt von G. Strasburger, München 1970.

Sekundärliteratur in Auswahl

  • Bruno Bleckmann: Athens Weg in die Niederlage. Die letzten Jahre des Peloponnesischen Kriegs, Stuttgart 1998.
  • Donald Kagan, The Peloponnesian War, New York 2003. Aktuellstes Werk. Kagan hat ein vierbändiges Standardwerk zum Pelop. Krieg verfasst, wobei dieses Buch eine für das breitere Publikum geschriebene Darstellung ist, allerdings auf hohem Niveau.
  • Derselbe:The Outbreak of the Peloponnesian War, Ithaca/New York 1969.
  • Derselbe:The Archidamian War, Ithaca 1974.
  • Derselbe:The Peace of Nicias and the Sicilian Expedition, Ithaca 1981.
  • Derselbe:The Fall of the Athenian Empire, Ithaca 1987.
  • Russell Meiggs:The Athenian Empire, Oxford 1972. Detaillierte Darstellung des attischen Seereiches, einschließlich des Peloponnesischen Kriegs.
  • Raimund Schulz: Athen und Sparta (Reihe Geschichte kompakt. Antike), Darmstadt 2003. Intelligente und kompakte Darstellung, welche gleichzeitig die zentralen Forschungsmeinungen gut verständlich darstellt.
  • G.E.M. de Ste Croix: The Origins of the Peloponnesian War, London 1972. Sehr gute Zusammenfassung über die Bedingungen, die zum Ausbruch des Krieges führten, allerdings mit einer anti-spartanischen Haltung.
  • Karl-Wilhelm Welwei: Das klassische Athen. Demokratie und Machtpolitik im 5. und 4. Jahrhundert, Darmstadt 1999, S. 140 ff. Hervorragende Detailstudie zur Entstehung der Hegemonie Athens. Dort auch zahlreiche Verweise auf die moderne Forschungsliteratur.