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Aussersihl

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Wappen von Aussersihl
Wappen von Aussersihl
Wappen von Zürich
Wappen von Zürich
Aussersihl
Stadtkreis von Zürich
Karte von Aussersihl
Karte von Aussersihl
Koordinaten 681748 / 247971Koordinaten: 47° 22′ 39″ N, 8° 31′ 16″ O; CH1903: 681748 / 247971
Fläche 2,9 km²
Einwohner 26'961 (31. Dez. 2005)
Bevölkerungsdichte 9297 Einwohner/km²
Gliederung
Kreis 4
Quartiere
Datei:Helvetiaplatz.jpg
Helvetiaplatz und Volkshaus
Stauffacher Tramhaltestelle

Aussersihl ist ein Stadtkreis der Stadt Zürich in der Schweiz.

Die ehemals selbständige Gemeinde Aussersihl wurde 1893 eingemeindet. Bei einer neuen Stadtkreiseinteilung 1913 gingen daraus der heutige Kreis 4 sowie der Kreis 5 hervor. Der Name Aussersihl blieb am Kreis 4 haften, sein Zwilling, der Kreis 5, galt als das Industriequartier. Administrativ wird Aussersihl vom statistischen Amt seit 1971 in die drei Verwaltungseinheiten (Quartiere) Werd, Langstrasse und Hard geteilt.

Der Stadtkreis ist gleichzeitig beliebt und verrufen und wird im Volksmund auch "Chreis Cheib" genannt. Das Wort "Cheib" bezeichnet Tierkadaver, im Kreis 4 befindet sich auch der Schlachthof der Stadt.

Wappen

Blasonierung

In Silber ein schwarzer Anker

Als 1787 der Rat von Zürich das Kräuel und die Hard von Wiedikon abtrennte und die neue Gemeinde Aussersihl schuf, wählte diese als Wappen den schwarzen Anker auf silbernem Grund.

Geographie

Lage

Aussersihl liegt südlich der Bahngleise zwischen Hauptbahnhof und Bahnhof Hardbrücke und wird im Osten durch die Sihl von der Altstadt begrenzt. Im Süden grenzt Aussersihl an Wiedikon, die Kreisgrenze verläuft von der Sihlhölzlibrücke am Ulmberg, entlang dem nördlichen Rand der Schimmelstrasse und der linksufrigen Seebahn bis zur Badenerstrasse und von dort aus letzterer entlang weiter bis zum Albisriederplatz. Im Westen grenzt Aussersihl an Altstetten.

Plätze

Geschichte

Bei der Sihlbrücke, in der Gegend der heutigen Tramhaltestelle Stauffacher, befand sich im Mittelalter das Siechenhaus und die Kapelle St. Jakob an der Sihl, am 22. Juli 1443 Schauplatz der Schlacht bei St. Jakob an der Sihl bei der der Zürcher Bürgermeister Rudolf Stüssi fiel.[1]

Eingemeindung

Ausschnitt aus einem Luftbild 1898
Kaserne

Die schlechte wirtschaftliche Lage zwang Ende des 19. Jahrhunderts die Gemeinde Aussersihl, die Stadt Zürich um die Eingemeindung zu bitten. Dabei hatte die Vorortsgemeinde nicht nur eine grössere Fläche, sondern auch mehr Einwohner (1882: ca. 30'000) als die damalige Stadt Zürich (28'000). Neben Aussersihl wurden 1893 zehn weitere selbständige Gemeinden Teil der Stadt Zürich. Die Stadt und die neuen elf Gemeinden wurden in fünf Stadtkreise (I bis V) eingeteilt. Aussersihl und das zugehörige Industriequartier wurden dem Stadtkreis III zugeschlagen, zu welchem Wiedikon gehörte, von welchem man gut 100 Jahre zuvor abgespalten wurde.

Die Einteilung der ursprünglichen fünf Stadtkreise wurde 1913 revidiert und es wurden durch die Dreiteilung des Stadtkreises III und die Zweiteilung des Stadtkreises V, neu acht Stadtkreise (1 bis 8) gebildet. Damit wurde die ehemalige Gemeinde Aussersihl zum heutigen Stadtkreis 4, während das bereits 1875 abgespaltene, aber bisher zu Aussersihl gehörende Industriequartier, zum Stadtkreis 5 wurde. Das Gebiet der ehemaligen Gemeinde Wiedikon wurde zum heutigen Stadtkreis 3.

Die zweite Eingemeindung von 1934 hatte auf Aussersihl keinen Effekt, allerdings wurde bei einer weiteren Revision der Stadtkreise im Jahre 1971, unter anderem Aussersihl vom Statistischen Amt der Stadt Zürich, am Reissbrett in die drei Quartiere Werd, Hard und Langstrasse unterteilt, die fast ausschliesslich eine statistische Bedeutung haben.


Chreis Cheib

Lochergut Überbauung
Hardau
Langstrasse
St. Jakobs Kirche beim Stauffacher

Der Ruf des Quartiers als Sammelbecken von Armen, Ausländern und Aussenseitern geht zurück bis ins 19. Jahrhundert, als die damals selbständige Gemeinde Aussersihl durch Zuwanderung zur grössten Stadt der Schweiz geworden war. In Zürich Aussersihl kam es 1896 zu den wohl heftigsten Auseinandersetzungen zwischen Schweizern und Ausländern in der ganzen Geschichte der Immigration. Bekannt geworden unter dem Namen "Italienerkrawall", wo ein Mob aus Schweizern die Läden und Restaurants der Zugewanderten angriff. Die Zuwanderung setzte sich im 20. Jahrhundert fort.

Mit dem Lochergut und den Hardhochhäusern finden sich auch frühe Wohnhochhäuser von Zürich in diesem Kreis, die nach Meinung vieler zur Verslumung des Kreises beigetragen haben. Heute sind dies allerdings gesuchte Wohnadressen für junge Akademiker. Ein weiterer Grund für den Ruf ist das Rotlichtviertel Langstrasse, das teilweise in diesem Kreis liegt.

In den letzten Jahrzehnten hat eine junge Szene aus liberalen Berufen und Künstlern Einzug gehalten. Es findet sich eine lebhafte Galerien, Gastro- und Buchhändlerszene. Die Veränderung des Quartiercharakters ist sichtbar am zentralen Park "Bäckeranlage", der zum Treffpunkt für tout Zurich geworden ist. Das einstige "Kanzlei"-Schulhaus mit dem Kinon Xenix ist ein stadtbekannter Kulturtreff. Ein Aufwertungsprogramm für die Langstrasse wird umgesetzt.

Vielen Menschen gefällt das Leben im Quartier: Im Oktober 2007 veröffentlichte die "Stadtentwicklung Zürich" gemeinsam mit der "Gemeinwesenarbeit Kreis 3,4 und 5" die Resultate einer Quartierbefragung; derzufolge leben 90 Prozent der Befragten gerne im Quartier und möchten hier wohnen bleiben.

Der spezielle Charakter des Quartiers findet in kulturell-politischen Aktionen reizvolle Ausdrucksformen: Als Folge der Zürcher Jugendunruhen bildete sich in den 1980er Jahren aus Protest gegen die Immobilienspekulation ein Verein unabhängiges Aussersihl, der verschiedentlich mittels kantonaler und städtischer Einzelinitiativen versuchte, die Ausgemeindung von Aussersihl zu erreichen.[2] Der Verein 2x2 organisierte 2006 und 2007 einen kulturellen und Künstleraustausch mit dem sozial verwandten Pariser Stadtquartier "Goutte d'Or", eine Art Aussenpolitik von unten.

Sehenswürdigkeiten

Die 1899 bis 1901 erbaute reformierte Kirche St. Jakob ist das einzige Beispiel des Stils der deutschen Neurenaissance im schweizerischen Kirchenbau.

Quellen

  1. Knapp Ch., Borel M. und Attinger V.(Herausg): Geographisches Lexikon der Schweiz. Band 1: AA - Emmengruppe (Seite 105). Neuenburg: Attinger, 1902.
  2. Thomas Stahel: Wo-Wo-Wonige! Stadt- und wohnpolitische Bewegungen in Zürich nach 1968, Dissertation, Seite 88. Zürich 2006 (PDF)

Literatur

  • Hans-Peter Bärtschi: Industrialisierung, Eisenbahnschlachten und Städtebau. Die Entwicklung des Zürcher Industrie- und Arbeiterstadtteils Aussersihl. Verlag Birkhäuser, Basel 1983, ISBN 3-7643-1312-9
  • Hochbaudepartement der Stadt Zürich, Amt für Städtebau: Aussersihl, Industrie / Zürich West. Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich 2004 (Baukultur in Zürich, Band III), ISBN 3-03823-072-3
  • Sabine Fischer und Zora Parici-Ciprys: Die reformierte Kirche St. Jakob am Stauffacher in Zürich. Schweizerische Kunstführer GSK (Band 767), Bern 2005, ISBN 3-85782-767-X
  • Präsidialdepartement der Stadt Zürich, Stadtentwicklung Zürich: Leben im Langstrassenquartier. Zürich 2007 (PDF, 2.6 MB)
  • Willi Wottreng: Stadtgebirge, Melting Pot, Wohnmaschine (Das Lochergut). In: NZZ am Sonntag. 2. April 2006