Mathematik
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Die Mathematik (altgr. μαθηματικη, von mathema – Wissenschaft, Lernen) ist aus der Untersuchung von Figuren und dem Rechnen mit Zahlen entstanden. Heute versteht man Mathematik ganz allgemein als eine Wissenschaft, die selbstgeschaffene abstrakte Strukturen auf ihre Eigenschaften und Muster untersucht.
Inhalte und Teilgebiete
Die folgende Aufzählung gibt einen ersten Überblick über die Breite mathematischer Themen (siehe auch: Teilgebiete der Mathematik). Es werden wichtige Teilgebiete der Mathematik in der ungefähren Reihenfolge ihrer geschichtlichen Entwicklung genannt (siehe auch: Geschichte der Mathematik):
- die Untersuchung von Figuren (Geometrie - vorklassische Hochkulturen, Euklid),
- das Rechnen mit Zahlen (Arithmetik),
- das Auflösen von Gleichungen (Algebra - Tartaglia, Mittelalter und Rennaissance),
- Untersuchungen zur Teilbarkeit (Zahlentheorie - Euklid, Diophant, Fermat, Leonhard Euler, Riemann, ...),
- das rechnerische Erfassen räumlicher Beziehungen (Analytische Geometrie - Descartes, 1637),
- das Rechnen mit Wahrscheinlichkeiten (Stochastik - u.a. Pascal, Jakob Bernoulli, Laplace, 17.-19. Jh.).
- die Untersuchung von Funktionen, insbesondere deren Wachstum, Krümmung, dem Verhalten im Unendlichen und der Flächeninhalte unter den Kurven (Analysis - Newton und Leibniz, Ende 17. Jh.),
- die Beschreibung physikalischer Felder (Differentialgleichungen, partielle Differentialgleichungen, Vektoranalysis - Leonhard Euler, die Bernoullis, Laplace, Gauß, Poisson, Fourier, Green, Stokes, Hilbert, 18.-19. Jh.),
- die Perfektionierung der Analysis durch die Einbeziehung komplexer Zahlen (Funktionentheorie - Gauß, Cauchy, Weierstraß, 19. Jh.)
- die Vermessung gekrümmter Flächen und Räume (Differentialgeometrie - Gauß, Riemann, Levi-Civita, 19. Jh.)
- das systematische Studium von Symmetrien (Gruppentheorie - u.a. Galois, Abel, Klein, Lie, 19. Jh.),
- die Aufklärung von Paradoxien des Unendlichen (Mengenlehre, Topologie - Cantor, Frege, Russell, Zermelo, Fraenkel, Anfang 20. Jh.)
Etwas abseits steht in dieser Aufzählung die numerische Mathematik, die für konkrete mathematische Probleme aus fast allen oben genannten Bereichen Algorithmen zur zahlenmäßigen Lösung bereitstellt und diese untersucht.
Kategorisierung der Mathematik
Über die Frage zur welcher Kategorie der Wissenschaften die Mathematik gehört, wird seit langer Zeit kontrovers diskutiert. Im englischen und französischen Sprachraum wird Mathematik lediglich als Science eingestuft, eine weitere Differenzierung erfolgt dort in der Regel nicht.
Da die Mathematik sich nicht mit der Natur, sondern mit abstrakten Gebilden befasst, lässt sie sich nicht den Naturwissenschaften zuordnen, auch wenn in Deutschland der Doktor der Mathematik in der Regel als Dr. rer. nat. verliehen wird und die Mathematik die beste bekannte Beschreibungssprache für die Natur liefert.
Einige ordnen sie den Geisteswissenschaften zu, da es mit der Philosophie auch eine Geisteswissenschaft gibt, die auf ähnliche Weise Probleme angeht, wie die Mathematik (wie etwa im Gebiet der Logik).
Wieder andere sehen die Mathematik ähnlich der Informatik als Strukturwissenschaft bzw. Formalwissenschaft an.
Sonderrolle unter den Wissenschaften
Eine Sonderrolle unter den Wissenschaften nimmt die Mathematik bezüglich der Gültigkeit ihrer Erkenntnisse ein. Während z. B. alle naturwissenschaftlichen Erkenntnisse durch neue Experimente falsifiziert werden können und daher prinzipiell vorläufig sind, muss für mathematische Erkenntnisse ein streng logischer Beweis gefunden werden, bevor sie als mathematischer Satz anerkannt werden. Mathematische Aussagen werden also durch reine Gedankenoperationen auseinander hervorgebracht oder aufeinander zurückgeführt. In diesem Sinn sind mathematische Sätze prinzipiell endgültige und allgemeingültige Wahrheiten, sodass Mathematik als die exakte Wissenschaft betrachtet werden kann. Gerade diese Exaktheit ist für viele Menschen das Faszinierende an der Mathematik.
Anwendungsgebiete
Die Mathematik ist in allen Wissenschaften anwendbar, die ausreichend formalisiert sind. Daraus ergibt sich ein enges Wechselspiel mit Anwendungen in empirischen Wissenschaften. Über viele Jahrhunderte hinweg hat die Mathematik Anregungen aus der Astronomie, der Geodäsie, der Physik und der Ökonomie aufgenommen und umgekehrt die Grundlagen für den Fortschritt dieser Fächer bereitgestellt. Beispielsweise hat Newton die Infinitesimalrechnung entwickelt, um das physikalische Konzept "Kraft gleich Impulsänderung" mathematisch zu fassen; Fourier hat beim Studium der Wellengleichung die Grundlage für den modernen Funktionsbegriff gelegt; Gauß hat im Rahmen der Hannoverschen Landesvermessung die Methode der kleinsten Fehlerquadrate entwickelt und das Lösen von linearen Gleichungen systematisiert.
Umgekehrt haben Mathematiker zuweilen Theorien entwickelt, die erst später überraschende praktische Anwendungen gefunden haben wie die Boolesche Algebra in der Digitaltechnik oder der Differentialformenkalkül in der Allgemeinen Relativitätstheorie. Ferner galt lange Zeit die Beschäftigung mit der Zahlentheorie als reine intellektuelle Spielerei ohne praktischen Nutzen, ohne sie wären heute allerdings die moderne Kryptographie und ihre vielfältigen Anwendungen im Internet nicht denkbar.
Siehe auch den Artikel Angewandte Mathematik.
Fortschreiten durch Problemlösen
Kennzeichnend für die Mathematik ist weiterhin die Weise, wie sie durch das Bearbeiten von "eigentlich zu schweren" Problemen voranschreitet.
Sobald ein Grundschüler das Addieren natürlicher Zahlen gelernt hat, ist er in der Lage, folgende Frage zu verstehen und durch Probieren zu beantworten: "Welche Zahl muss man zu 5 addieren, um 3 zu erhalten?". Die systematische Lösung solcher Aufgaben aber erfordert die Einführung eines neuen Konzepts: der Subtraktion. Sobald aber die Subtraktion definiert ist, kann man die Frage stellen "was ist 3 minus 5?", die auf eine negative Zahl und damit bereits über die Grundschulmathematik hinausführt.
Ebenso wie in diesem elementaren Beispiel beim individuellen Erlernen ist die Mathematik auch in ihrer Geschichte fortgeschritten: auf jedem erreichten Stand ist es möglich, wohldefinierte Aufgaben zu stellen, zu deren Lösung weitaus anspruchsvollere Mittel nötig sind. Oft sind zwischen der Formulierung eines Problems und seiner Lösung viele Jahrhunderte vergangen und ist mit der Problemlösung schließlich ein völlig neues Teilgebiet begründet worden: so konnten mit der Infinitesimalrechnung im 17. Jahrhundert Probleme gelöst werden, die seit der Antike offen waren.
Auch eine negative Antwort, der Beweis der Unlösbarkeit eines Problems, kann die Mathematik voranbringen: so ist aus gescheiterten Versuchen zur Auflösung algebraischer Gleichungen die Gruppentheorie entstanden.
Axiomatische Formulierung
Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts, vereinzelt schon seit der Antike, wird die Mathematik in Form von Theorien präsentiert, die mit Aussagen beginnen, welche als wahr angesehen werden; daraus werden dann weitere wahre Aussagen hergeleitet. Diese Herleitung geschieht dabei nach genau festgelegten Schlussregeln. Die Aussagen, mit denen die Theorie anfängt, nennt man Axiome, die daraus hergeleiteten nennt man Sätze. Die Herleitung selbst ist ein Beweis des Satzes. In der Praxis spielen noch Definitionen eine Rolle, sie gehören aber zum Handwerkszeug der Logik, das vorausgesetzt wird. Aufgrund dieses Aufbaus der mathematischen Theorien bezeichnet man sie als axiomatische Theorien.
Die von diesen Theorien behandelten Gegenstände sind abstrakte mathematische Strukturen, die ebenfalls durch Axiome definiert werden. Während in den anderen Wissenschaften die behandelten Gegenstände vorgegeben sind und danach die Methoden zur Untersuchung dieser Gegenstände geschaffen werden, ist bei der Mathematik umgekehrt die Methode vorgegeben und die damit untersuchbaren Gegenstände werden erst danach erschaffen. In dieser Weise nimmt und nahm die Mathematik immer eine Sonderstellung unter den Wissenschaften ein.
Die Weiterentwicklung der Mathematik geschah und geschieht dagegen oft durch Sammlungen von Sätzen, Beweisen und Definitionen, die nicht axiomatisch strukturiert sind, sondern vor allem durch die Intuition und Erfahrung der beteiligten Mathematiker geprägt sind. Die Umwandlung in eine axiomatische Theorie erfolgt erst später, wenn weitere Mathematiker sich mit den dann nicht mehr ganz so neuen Ideen beschäftigen.
Allerdings sind der Axiomatisierung der Mathematik auch Grenzen gesetzt, Kurt Gödel zeigte um 1930 in dem nach ihm benannten Unvollständigkeitssatz, dass es wahre Aussagen in jedem mathematischen Axiomensystem gibt, die nicht bewiesen werden können. Weitere Ergebnisse zur prinzipiellen Berechenbarkeit und zur prinzipiellen Entscheidbarkeit mathematischer Sätze wurden von Gregory Chaitin gefunden.
Mathematik als menschliche Tätigkeit
Auch nichtmenschliche Lebewesen, speziell Tiere sind in begrenztem Umfang fähig, mathematische Leistungen zu erbringen, siehe dazu den Artikel Phylogenese mathematischer Fähigkeiten.
Mathematik als Schulfach
Siehe Mathematik in der Schule, Mathematikdidaktik.
Mathematik als Studienfach und Beruf
Menschen, die sich beruflich mit der Entwicklung und der Anwendung der Mathematik beschäftigen, nennt man Mathematiker.
Neben der reinen und angewandten Mathematik ist neuerdings die Computermathematik als Studienfach getreten.
Geschichte
Die Mathematik ist eine der ältesten Wissenschaften überhaupt. Eine erste Blüte erlebte sie in der Antike, in Griechenland und im Hellenismus, von dort datiert die Orientierung an der Aufgabenstellung des »rein logischen Beweisens« und die erste Axiomatisierung, nämlich die euklidische Geometrie. Im Mittelalter überlebte sie unabhängig voneinander im frühen Humanismus der Universitäten und in der arabischen Welt. Die Entwicklung in der Neuzeit ist erst durch die Naturwissenschaften (ab 1600), dann sehr stark durch den innermathematischen Prozess der Axiomatisierung (ab etwa 1850) und schließlich die Entwicklung der Computertechnik (ab 1930) bestimmt worden.
Für ausführlichere Informationen siehe den Artikel Geschichte der Mathematik.
Zitate
"Do not worry about your difficulties in mathematics; I can assure you that mine are still greater." Albert Einstein
"Jede Wissenschaft bedarf der Mathematik, die Mathematik bedarf keiner." Jakob Bernoulli
"Erstaunlich und entzückend ist die Macht zwingender Beweise, und so sind allein die mathematischen geartet." Galileo Galilei
"Mathematics may be defined as the subject in which we never know what we are talking about, nor whether what we are saying is true." Bertrand Russell
Weblinks
- Mathematik und Informatik von Wolfgang Moebius
- "5 Minuten Mathematik" Regelmäßige Kolumne des Mathematikprofessors Ehrhard Behrends zur Popularisierung der Mathematik
- Wikibooks: Regal Mathematik - Deutsche Wikibooks zum Thema Mathematik, Mathematik in mehreren Bänden
- Zeugnisse über Mathematik
- webmath.com - solve your math problem Hervorragende englischsprachige Seite mit Berechnungsprogrammen zu unzähligen Problemen und deren Lösungswegen!
- matheplanet
- Mathematik-Wissen.de Mathematik für Schüler
Literatur
- Hans Kaiser, Wilfried Nöbauer: Geschichte der Mathematik. DE: ISBN 3-486-11595-2 Ö: ISBN 3-209-02212-7
- Richard Courant, Herbert Robbins: Was ist Mathematik?. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 2000 ISBN 354063777X
- Glaeser, Georg: Der Mathematische Werkzeugkasten. Elsevier - Spektrum Akademischer Verlag, 2004. ISBN 3-8274-1485-7.