Berliner Bankenskandal
Die Bankgesellschaft Berlin entstand 1994 als Holding-Gesellschaft für die Landesbank Berlin, die Berliner Hypotheken- und Pfandbriefbank sowie die Berliner Bank. Diese Konstruktion war schon zu Beginn stark umstritten, da die Landebank eine öffentlich-rechtliche Anstalt ist, während die anderen beiden privatwirtschaftliche Unternehmen waren.
Die Berliner Bankgesellschaft engagiert sich in den Folgejahren über neu gegründete oder aufgekaufte Tochterfirmen und über Kredite im Bau- und Immobiliensektor. Bereits zwei Jahre nach ihrer Gründung muß die Bankgesellschaft die ersten Wertberichtigungen von mehr als zwei Milliarden DM vornehmen.
Um Wachstum zu erzielen, wurden Immobilienfonds mit für die Marktverhältnisse sehr günstigen Konditionen errichtet. So gab es hohe Mietzinsgarantien (selbst wenn die Immobilie leer stehen sollte), eine extrem lange Laufzeit (25 bzw. 30 Jahre) und am Ende eine Rückzahlungsgarantie. Durch rechtliche Konstruktion der Holding war das Land Berlin der letztendliche Bürge für diese Versprechen.
Unter den Immobilien, die von den Fonds erworben wurden, befanden sich vor allem Plattenbauten in den neuen Bundesländern. Diese wurden von der AUBIS-Gruppe, einer Firmenholding zweier CDU-Mitglieder von den verschuldeten Kommunen zu günstigen Konditionen aufgekauft. Die Mittel hierzu stammten aus einem Kredit über 650 Millionen DM, den die BerlinHyp vergab, obwohl AUBIS über fast kein Eigenkapital verfügte.
Als AUBIS 1997 erstmals in finanzielle Bedrängnis geriet, kaufte eine Immobilien-Tochter der Bankgesellschaft 4000 Wohnungen der AUBIS auf und beauftragte diese mit der Sanierung. 1999 wurden weitere Kredite verweigert und die restlichen 10000 Wohnungen gegen den Protest der AUBIS übernommen.
Obwohl sich die Probleme bereits im Jahr 2000 häufen, verbreiten offizielle Stellen noch Optimismus mit positiven Geschäftsberichten und Expansionsplänen. Anfang 2001 kommen die ersten Berichte über Scheingeschäfte, Bilanzierungstricks und finanzielle Schwierigkeiten in die Presse. Anlass war der versuchte Verkauf der Immobilientochter IBAG an eine Scheinfirma auf den Cayman-Inseln, die durch Kredite der Bankgesellschaft finanziert werden sollte.
Im Februar nimmt die Staatanwaltschaft Ermittlungen auf, Anfang März tritt Klaus-Rüdiger Landowsky, der als Archtitekt der Bankgesellschaft und als Graue Eminenz der Berliner CDU gilt, von seinem Posten als Vorstandschef der BerlinHyp zurück, später wird er auch seine Posten in der Berliner CDU sowie im Abgeordnetenhaus zur Verfügung stellen, da ihm unter anderem die Annahme von 40000 DM, überreicht in bar von der AUBIS, vorgeworfen wird. Mitte des Monats wird ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß eingesetzt, der die Vorgänge um die Bankgesellschaft und AUBIS beleuchten soll.
Im weiteren setzen hektische Rettungsversuche ein, die aber zu nichts führen. Im Mai wird klar, daß die Bankgesellschaft 2 Milliarden Euro braucht, um ihre Geschäfte fortführen zu können. Zu diesem Zeitpunkt erfolgen kurz hintereinander Einbrüche in mehrere Gebäude der Bankgesellschaft, die Ermittlungsbehörden können aber keine Zusammenhänge feststellen.
Am 16. Juni 2001 wird der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen durch ein Mißtrauensvotum gestürzt. Die Amtsgeschäfte übernimmt bis zu den Neuwahlen ein rot-grüner Übergangssenat unter Klaus Wowereit. In den folgenden Monaten kommt nach und nach das Ausmaß der Gesetzesverstöße zum Vorschein. So wurden seit langem und systematisch Verluste über Netzwerke von Strohmännern verborgen, Risiken aus Geschäften wurden mit dubiosen Verträgen auf das Land Berlin abgewälzt. Für einen ausgewählten Personenkreis (vor allem Prominente, Mitglieder der Regierungsparteien CDU und SPD, Bankmanager sowie deren Bekanntenkreis) wurden Sonderfonds angeboten, deren Konditionen noch wesentlich besser als die der normalen Immobilienfonds waren. Weiterhin gibt es hohe Abfindungen und Renten für die entlassenen Bankmanager und extrem billige Mietverträge für bankeigene Villen, die von den Managern genutzt werden sowie deren kostenlose Renovierung kommen ans Licht.
Zu Beginn des Jahres 2002 ermittelt die Staatsanwaltschaft in Dutzenden von Fällen. Im Grunewald wird ein AUBIS-Mitarbeiter tot aufgefunden, die Behörden gehen von Selbstmord aus, obwohl später klar wird, das der Mann mit dem Untersuchungsausschuß zusammengearbeitet hatte und daß die AUBIS Einsicht in die vertraulichen Protkolle der Sitzungen hatte. Im April verabschiedet das Abgeordnetenhaus mit der Mehrheit der neuen SPD/PDS-Regierung, daß das Land Risiken aus dem Immobiliengeschäft in Höhe von 21,6 Milliarden Euro übernimmt. Später formiert sich eine Initiative, die dieses Gesetz durch ein Volksbegehren zu Fall bringen will.
Bis zum Frühjahr 2003 bemüht sich das Bankmanagment erfolglos um einen Verkauf der Gesellschaft, parallel dazu werden Sanierungsmaßnahmen eingeleitet. Die juristische Aufarbeitung des Bankenskandals läuft noch, das Land Berlin ist durch Soforthilfen von 2 Milliarden Euro sowie durch die Übernahme der 21,6 Millarden Euro Risiken mittlerweile so gut wie handlungsunfähig.
Links:
http://www.gruene-fraktion-berlin.de/rsvgn/rs_dok/0,,12093,00.htm Ausfürhliche Chronologie des Bankenskandals
http://www.berliner-bankenskandal.de/ Weitere Informationen zum Volksbegehren